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Vorlage - 240/2019  

 
 
Betreff: "ÖPNV - neu denken" - Gründung eines ÖPNV-Vollverbundes mit Beteiligung des Ostalbkreises (Vorberatung)
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nahverkehr   
Beratungsfolge:
Kreistag Vorberatung
05.11.2019 
Sitzung des Kreistags zur Kenntnis genommen   
Kreistag Entscheidung
Anlagen:
Anlage 1 Verbindliche Zusage - ÖPNV neu denken
Anlage 2 Organisationsstruktur KreisVerkehr Schwäbisch Hall GmbH
Anlage 3 Mögliches Organigramm der neuen GmbH

Antrag der Verwaltung

 

Der Kreistag nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis. Die Kreistagsfraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Freie Wähler und AfD werden gebeten, in Hinblick auf die Sitzung des Kreistags am 26. November 2019, Mitglieder eines Vollverbund-Aufsichtsrates zu benennen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Die ÖPNV-Struktur des Ostalbkreises zeichnet sich durch eine äußerst kleinteilige Organisationsstruktur aus. So gibt es derzeit nicht weniger als 19 konzessionierte Busunternehmen. Selbst für das mittelstandsgeprägte Baden-Württemberg ist dies eine beachtlich hohe Zahl.

 

Landesweit einmalig existieren zwei autarke, unterschiedliche Aufgabenspektren wahrnehmende Verbundorganisationen nebeneinander: die OstalbMobil GmbH und die FahrBus Ostalb GmbH. Erstere vereinigt alle im ÖPNV tätigen Unternehmen, letztere den Großteil, nicht aber die großen Stadtbusunternehmen Aalens und Schwäbisch Gmünds.

 

Beide Institutionen sind sogenannte Unternehmensverbünde, getragen ausschließlich von den jeweiligen Verkehrsunternehmen. Finanziert über entsprechende vertragliche Regelungen durch den Ostalbkreis, entweder hälftig (OstalbMobil) oder anteilig (FahrBus Ostalb).

 

Die Erledigung von Aufgaben geschieht daher dezentral. In der Konsequenz sind damit langwierige Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse verbunden. Dieser Umstand ist nicht länger hinnehmbar, verlangen doch Gesellschaft und Politik ein höheres Maß an Zielstrebigkeit bei der Umsetzung mobilitätspolitischer Vorstellungen.

 

Eine zeitgemäße institutionelle Struktur des Ostalb-ÖPNV ist lang getragener Wunsch des Ostalbkreises. Diese soll an einer Stelle zentrale Aufgaben konzentriert wahrnehmen und losgelöst von individuellen Eigeninteressen einzelner Unternehmen agieren.

 

Die im Jahr 2015 gegründete OstalbMobil GmbH verfügt derzeit, wenngleich ausgezeichnete Arbeit leistend, weder über die personelle Ausstattung, noch über adäquate Kompetenzen, um die an sie formulierten Aufgaben abbilden zu können. Analog gilt dies für die FahrBus Ostalb GmbH. Daher sollen beide miteinander fusionieren, bzw. der Geschäftsbetrieb von FahrBus an OstalbMobil übergehen (Formel: Aus OstalbMobil und FahrBus wird OstalbMobil).

 

 

ÖPNV – neu denken

 

Hintergrund:

 

Gemäß Beschlussfassung zur Linienbündelung bereitet der Landkreis derzeit die wettbewerblichen Verfahren entlang der sogenannten Laufzeitentreppe vor. Davon unbenommen war es stets Ziel, außerhalb dieses Weges, auf dem Verhandlungsverfahren mit den Verkehrsunternehmen zu gemeinsam getragenen Lösungen zu kommen, welche den ÖPNV im Ostalbkreis tiefgreifend reformieren und nachhaltig voranbringen. In der letztlichen Konsequenz könnten Ausschreibeverfahren überflüssig werden.

 

In mehreren Verhandlungsrunden erklärten sich die Unternehmen bereit, engagiert an einem solchen Prozess mitzuwirken. Resultat war die „verbindliche Zusage“ (siehe Anhang), getragen und gezeichnet von allen Verkehrsunternehmen. Auf diese Weise ließen sich im Einvernehmen tarifliche Maßnahmen rasch umsetzen (z. B. überfällige Einführung eines Senioren-Tickets) und verkehrliche Planungen inkl. Aufwertungen kurz- bzw. mittelfristig (Erarbeitung eines großen Verkehrskonzeptes) angehen.

 


In der „verbindlichen Zusage“ wird ein grundsätzlich guter Ansatz gesehen, gemeinsam den Neustrukturierungsprozess des Ostalb-ÖPNV in die Hand zu nehmen. (Hinweis: die enthaltenden Aspekte befinden sich noch im Verhandlungsstadium und bedürfen der Konkretisierung).

 

Im Gegenzug besteht die Bereitschaft seitens des Landkreises, die Laufzeitentreppe der Linienbündelungskonzeption in einem ersten Schritt zu verschieben und bei Erfolg der Reformmaßnahmen u. U. auszusetzen.

 

 

Aufgaben und Organisation des künftigen Vollverbundes

 

Es ist aus Sicht der Landkreisverwaltung zwingend notwendig, die neue OstalbMobil GmbH als sogenannten Mischverbund zu organisieren. Somit würde der Landkreis Mitgesellschafter werden und über die Organe der Gesellschaft (Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat) entlang seines Finanzierungs-/Stammkapitalanteils zu 50 % beteiligt. Zur exemplarischen Einordnung enthält die Vorlage eine Anlage zur Organisationsstruktur im Landkreis Schwäbisch Hall („KreisVerkehr Schwäbisch Hall GmbH“).

 

Dieses Vorgehen stützt sich auf landesseitige Bestrebungen, den Aufgabenträgern (i. d. R. Landkreisen) insgesamt größeres Gewicht und Gestaltungsspielräume zu übertragen.

 

Der Verbund erbringt für seine Gesellschafter und verbundenen Unternehmen nachstehende Aufgaben. Diese sollen zentralisiert in einem kooperativen Miteinander entwickelt bzw. erledigt werden:

 

  1. Verbundtarif:

Der Verbund erbringt alle notwendigen Arbeiten zur Gestaltung und Umsetzung des OstalbMobil-Tarifs. Dieser ist der verpflichtend anzuwendende Fahrpreis gegenüber dem Fahrgast im gesamten Bedienungsgebiet. Zusätzliche Förderungen (z. B. Fahrpreisreduzierungen) können durch Dritte (z. B. Firmen, Städte, Gemeinden) in Abstimmung mit dem Verbund und dem Aufgabenträger erfolgen.

1.1             Pflege des OstalbMobil-Tarifs

1.2             Weiterentwicklung des OstalbMobil-Tarif und der Produktpalette

1.3             Vorbereitung und Umsetzung einer großen Tarifreform

1.4             Unterstützung der Genehmigungsbehörden bei Tarifmaßnahmen
 

  1. Abrechnung / Verrechnung / Statistik:
    Der Verbund ist mit der Betreuung und dem Betrieb der Verrechnungsstelle zur Abwicklung und Abrechnung aller OstalbMobil-Tarifprodukte und weiterer Tarif-Produkte mit allen Partnern sowie der Verrechnung und dem Clearing von unbaren Verkaufs- und Aufladevorgängen sowie elektronischen Verkaufsvorgängen beauftragt.
    1.           Abrechnungen mit den Verkehrsunternehmen
    2.           Abrechnungen mit dem Ostalbkreis
    3.           Abrechnungen gegenüber Dritten
    4.           Vollzug des finanziellen Ausgleichs
    5.           Überwachung der Auswirkungen der Abgabepreis- und der Nachfrageentwicklung, Führen von Statistiken
    6.           WEB-Clearing
    7.           Betrieb, Betreuung und Weiterentwicklung der erforderlichen Hard- und Software


  1. Verkehrsgestaltung:
    Der Verbund ist für den Bereich des Busverkehrs mit einer nachfrageorientierten und verkehrsträgerübergreifenden Angebotsplanung beauftragt. Die Belange der Einzelgesellschafter (Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen) sind zu berücksichtigen. Eigene Angebotsplanungen der Verkehrsunternehmen sind in Abstimmung mit dem Verbund möglich.
    1.           Allgemeine Planungsaufgaben
    2.           Vorbereitung und Umsetzung eines großen Verkehrskonzeptes mit kreisweiter Vertaktung
    3.           Planungen im Busverkehr
    4.           Planungen für Aufgabenträger
    5.           Durchführung regelmäßiger Fahrplanbesprechungen

 

  1. Betriebliche Aufgaben:
    Der Verbund stellt den ordnungsgemäßen Betrieb zur Abwicklung des OstalbMobil-Tarifs sicher. Er kann mit weiteren bestellten und vergüteten betrieblichen Aufgaben betraut werden.
    1.           Vereinheitlichen der Haltestellenausstattung
    2.           Allgemeine betriebliche Aufgaben
    3.           Optionale Aufgaben

 

  1. Öffentliche Aufgaben:
    Der Verbund ist Ansprechpartner in allen Verbund- und Tariffragen für:
    1.           Kunden / Fahrgäste
    2.           Land / Landkreis / Gemeinden / andere Verbünde
    3.           Vertragspartner des Verbundes  
    4.           Dritte, z. B. Verbände

 

  1. Fahrgastinformation / Marketing:
    Der Verbund steuert alle Marketingaktivitäten, die Werbung sowie die Öffentlichkeitsarbeit von OstalbMobil und koordiniert die Fahrgastinformation verbundweit. Er hat durch geeignete Maßnahmen eine stete öffentliche Präsenz des Verbundes sicher zu stellen.
    1.           Medien, Außendarstellung
    2.           Fahrplandaten inkl. dynamische Fahrgastinformation
    3.           Marketing / Werbung
    4.           Service- und Beratungsstellen in Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd inkl. Kundenberatung und Beschwerdemanagement

 

  1. Vertrieb:
    Der Verbund ist für die Vorbereitung, Steuerung und Weiterentwicklung der Aktivitäten zum zukunftsorientierten Vertrieb der Tarifprodukte von OstalbMobil verantwortlich.
    1.           Einheitliche Abo-Verwaltung, gemeinsamen Abo-Datenbank
    2.           Abwicklung des Ostalb-Abos für Schülerinnen und Schüler
    3.           Elektronisches Ticketing

 

  1. Technik:
    Der Verbund gewährleistet die ordnungsgemäße technische Abwicklung des OstalbMobil-Tarifs inklusive den Belangen der Fahrgastinformation.
    1.           Tarifserver
    2.           Verrechnungsserver
    3.           E-Ticket Deutschland
    4.           Koordination der Neubeschaffung und Betreuung von Fahrscheindruckern

 

  1. Personelle und kaufmännische Verwaltung inkl. Controlling:
    OstalbMobil gewährleistet die Sicherstellung aller Aktivitäten zur organisatorischen, personellen und verwaltungstechnischen Abwicklung aus den dem Verbund zugewiesenen Aufgaben.
    1.           Wirtschaftsplan/Bilanz
    2.           in Zusammenarbeit mit Steuerberater/Wirtschaftsprüfer
    3.           Personal
    4.           Geschäftliche Abwicklung

 

Eine denkbare organisatorische Gestaltung findet sich im Anhang.

 

 

Bewertung:

 

Die große Chance einer starken Verbundgesellschaft ist, dass das funktionierende ÖPNV-System im Ostalbkreis bestehen bleibt. Die neue Struktur ermöglicht durch die Einbeziehung aller relevanten Partner des Ostalb-ÖPNV die Chance eines höheren Einvernehmens und den Abbau von Konfrontationslinien zwischen den Verkehrsunternehmen, da diese in einer Verbundgesellschaft mitarbeiten. Minderheitenpositionen bzw. –Interessen werden gegenüber dem heutigen Zustand deutlich erschwert. Ein wichtiger Punkt ist, dass der Landkreis und die Kreispolitik über die Gremien der Verbundgesellschaft direkten Einfluss nehmen (Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung). Vor allem aber können viele Maßnahmen zum Ausbau des ÖPNV in allen Raumschaften des Ostalbkreises schneller für die Fahrgäste umgesetzt werden. Knackpunkt ist aber immer: Der Vollverbund muss schlagkräftig sein und muss seine nach der Verträgen übertragenen Aufgaben und Kompetenzen adäquat nutzen. Gerade im Bereich der Verkehrsgestaltung muss die Aufgabenwahrnehmung weit über den derzeitigen Stand hinausgehen.

 

 

Prozessbeförderung:

 

Um diesen notwendigen Prozess optimal zu unterstützen, möchte der Landkreis für das kommende Jahr im Rahmen der Haushaltsberatungen ein Budget von 1 Million Euro beantragen.

 

Darüber hinaus wurde bereits Kontakt mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg aufgenommen, um auszuloten inwiefern hier landesseitige Unterstützungen, z. B. im Rahmen von Modellvorhaben denkbar sind.

 

 

Weiteres Verfahren:

 

Vor Verbundgründung zum 1. Januar 2020 müssen die Namen der künftigen Aufsichtsratsmitglieder aus gesellschaftsrechtlichen und notariellen Gründen notwendigerweise bekannt sein. Bislang ist folgende Aufteilung für den Aufsichtsrat geplant: Er bestünde aus sechs Mitgliedern des Kreistages, zzgl. dem Landrat. Zudem sind sieben Mitglieder von Seiten der Verkehrsunternehmen vorgesehen. Darüber hinaus wäre noch ein Vertreter des Landes, jedoch nur in beratender Funktion, Teil des Gremiums.

 

 

Dies bedeutet, dass die Fraktion der CDU zwei Mitglieder, die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Freie Wähler und AfD jeweils ein Mitglied in den Aufsichtsrat künftig entsenden können. Sie werden daher gebeten, diese Mitglieder für den Aufsichtsrat zu bestimmen und der Kreisverwaltung zu übermitteln, so dass in der Sitzung des Kreistags am 26. November die Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden können. Den Aufsichtsratsvorsitz übernähme der amtierende Landrat, welcher bei Stimmengleichheit die entscheidende Stimme besäße.

 

Der Gründungs- und Verhandlungsprozess zwischen den beteiligten Partnern, dem Landkreis, den Unternehmen, OstalbMobil und FahrBus, läuft derzeit – begleitet durch die gemeinsam beauftragte Unternehmensberatung Ernst&Young – auf Hochtouren.

 

Zur Sitzung am 26. November 2019 ergeht eine umfassende, diese Sitzungsvorlage ergänzende Berichterstattung, welche den Verhandlungsgang und die Abwägungsprozesse für einzelne den Gesellschaftervertrag der neuen OstalbMobil GmbH und die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der neuen OstalbMobil GmbH betreffenden Regeln, widerspiegeln wird. Dies betrifft auch ggf. anzupassende Regelungen bei der Finanzierungsstruktur („Haustarif-Systematik“).

 

In der Sitzung erginge dann auch der Beschlussvorschlag zur „Umsetzung der Neustrukturierung von OstalbMobil“ (entstehend aus der Fusion von OstalbMobil und FahrBus).


Finanzierung und Folgekosten

 

Obgleich der Landkreis von insgesamt schlagkräftigeren Strukturen ausgeht und Synergien erwartet, sind mit dieser Maßnahme alleine keine signifikanten Einsparpotentiale verbunden.

 

Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass die öffentlichen Ausgaben für den ÖPNV in den kommenden Jahren steigen werden. Der Wunsch mehr Fahrgäste für öffentliche Verkehrsmittel zu gewinnen, ist notwendigerweise mit höheren Investitionen in die ÖPNV-Bedienung, sei es dem quantitativen Ausbau von Verkehrsangeboten, als auch qualitativ, etwa bei der Ausstattung der Fahrzeuge (E-Antriebe, Digitalisierung) oder der Senkung von Nutzungshemmnissen (z.B. niedrigere, verständlichere Fahrpreise) verbunden. Auch wenn damit das angestrebte Ansteigen der Fahrgastzahlen und somit der anteiligen Nutzerfinanzierung erreicht werden sollte, so wird es den notwendigerweise erforderlichen Mitteleinsatz nur bedingt ausgleichen können.

 

 

 

 

 

 

 


Anlagen

 

Anlage 1: „Verbindliche Zusage - ÖPNV neu denken“

Anlage 2: Organisationsstruktur „KreisVerkehr Schwäbisch Hall GmbH“

Anlage 3: Mögliches Organigramm der neuen GmbH


 

Sichtvermerke

 

gez. Gehlhaus, Geschäftsbereich Nahverkehr

gez. Wagenblast, Dezernat VII

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Pavel, Landrat

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 Verbindliche Zusage - ÖPNV neu denken (1155 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 2 Organisationsstruktur KreisVerkehr Schwäbisch Hall GmbH (382 KB)    
Anlage 3 3 Anlage 3 Mögliches Organigramm der neuen GmbH (195 KB)    
Stammbaum:
240/2019   "ÖPNV - neu denken" - Gründung eines ÖPNV-Vollverbundes mit Beteiligung des Ostalbkreises (Vorberatung)   Geschäftsbereich Nahverkehr   Bericht
240-2/2019   "ÖPNV - neu denken" - Gründung eines ÖPNV-Vollverbundes mit Beteiligung des Ostalbkreises   Geschäftsbereich Nahverkehr   Beschlussvorlage