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Antrag der Verwaltung
Der Kreistag des Ostalbkreises schließt sich den Forderungen des vom Deutschen Städtetag, Deutschen Landkreistag, Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. im Oktober 2014 verabschiedeten „Gemeinsamen Positionspapier zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen“ an.
Der Kreistag des Ostalbkreises fordert die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf, sich im Rahmen der Verhandlungen zu TTIP in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden bei der EU-Kommission für die Belange der Kommunen und die von den kommunalen Spitzenverbänden formulierten Forderungen aus dem „Gemeinsamen Positionspapier zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen“ einzusetzen.
Der Kreistag des Ostalbkreises fordert alle regionalen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Bundestags sowie des Landtags Baden-Württemberg auf, sich im Rahmen der Verhandlungen zu TTIP für die Belange der Kommunen und die von den kommunalen Spitzenverbänden formulierten Forderungen aus dem „Gemeinsamen Positionspapier zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen“ einzusetzen. Werden die Forderungen aus dem Positionspapier nicht beachtet, werden alle regionalen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Bundestags sowie des Landtags Baden-Württemberg aufgefordert, dem Freihandelsabkommen nicht zuzustimmen.
Sachverhalt/Begründung
Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2015 wurde von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, dass sich die Landkreisverwaltung mit einem Schreiben an die Bundesregierung wendet, welches folgende Anregungen und Bedenken beinhaltet:
Gegenstand des Transatlantischen Freihandelsabkommens
Seit Juli 2013 verhandeln die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), um das wirtschaftliche Potenzial der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen besser auszuschöpfen. Grundsätzliche Ambition ist es, Handelshemmnisse, insbesondere Zölle und nichttarifäre Hemmnisse, zu beseitigen und so den Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen zwischen den Handelspartnern zu erleichtern. Dienstleistungsmärkte sollen unter Zuhilfenahme von Regelungen über Investitionen, Dienstleistungen, Normen und Standards weiter geöffnet werden. Im Kern der Verhandlungen geht es um die Einrichtung einer transatlantischen Freihandelszone verbunden mit der Chance, dass mit Europa und den USA die zwei größten Handelsräume weltweit Maßstäbe setzen. TTIP kann zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen Globalisierung beitragen. Ziel ist eine stärkere Öffnung der Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks. Zudem sollen mit TTIP Einschränkungen für kommerzielle Dienstleistungen verringert, Investitionssicherheit und Wettbewerbsgleichheit verbessert und der Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf allen staatlichen Ebenen vereinfacht werden.
Ein weiterer Bestandteil der Verhandlungen ist ein Investorenschutzmechanismus (Investor to State Dispute Settlement, ISDS). Dieses – in vielen Freihandelsabkommen durchaus übliche – Instrument soll Investoren durch Einschaltung internationaler und eigens zu besetzender Streitschlichtungsgremien vor Verstaatlichung von Unternehmenseigentum und ähnlichen Risiken bewahren. Problematisch hieran ist, dass dadurch der ordentliche Rechtsweg vor den Gerichten der Teilnehmerländer der Investitionspartnerschaft praktisch ausgeschlossen wird. Dies erscheint zwischen rechtsstaatlich konsolidierten und entwickelten Handelspartnern wie den USA und der EU als unnötig, wie auch die deutsche Bundesregierung bestätigt.
Das TTIP-Abkommen soll sich aus drei Hauptkomponenten zusammensetzen:
1. Marktzugang 2. Regulierungsfragen und nichttarifäre Hemmnisse (z.B. Importquoten, Exportbeschränkungen) 3. Regeln
Diese drei Komponenten werden parallel ausgehandelt und Teil eines Gesamtpakets, das ausschließlich Bestimmungen über den Handel und handelsrelevante Bereiche beinhaltet und zwischen den beiden Vertragsparteien Anwendung findet.
Verhandlungspartner
Die Verhandlungen über TTIP werden auf europäischer Seite von der EU-Kommission von der mit einem Verhandlungsmandat der nationalen Regierungen ausgestatteten Generaldirektion Handel (DG TRADE) geführt. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist die für die TTIP-Verhandlungen politisch verantwortliche EU-Kommissarin. Ignacio Garcia Bercero aus der Generaldirektion Handel ist der Hauptverhandlungsführer der EU-Kommission.
Die EU hat für die mehr als 20 Arbeitsgruppen jeweils Verhandlungsführer benannt. Die EU-Verhandlungsführer werden von Experten aus den jeweiligen Generaldirektionen der EU-Kommission und den verschiedenen Regulierungsbehörden begleitet. Zusätzlich hat die EU-Kommission Ende Januar 2014 ein 14-köpfiges Beratungsgremium berufen, das sich aus Experten aus dem Verbraucherschutz und den Gewerkschaften und verschiedener Wirtschaftsbranchen zusammensetzt.
Auf US-Seite ist der Handelsbeauftragte der USA, Michael Froman (Office of the United States Trade Representative - USTR), politisch verantwortlich. Hauptverhandlungsführer der US-Seite ist Dan Mullaney.
Bisherige Aktivitäten
Bis zum heutigen Tag fanden insgesamt sieben Verhandlungsrunden zwischen den Vertragsparteien statt.
Nr. Zeitraum Ort
I 8. bis 12. Juli 2013 Washington D.C. II 11. bis 15. November 2013 Brüssel III 16. bis 20. Dezember 2013 Washington D.C. IV 10. bis 14. März 2014 Brüssel V 19. bis 23. Mai 2014 Arlington, Virginia VI 14. bis 18. Juli 2014 Brüssel VII 29. Sept. bis 3. Okt. 2014 Chevy Chase, Maryland VIII 2. bis 6. Februar 2015 Brüssel
Im Zuge der ersten Verhandlungsrunde, die vom 8. bis 12. Juli 2013 in Washington (USA) stattfand, diskutierten die Verhandlungsgruppen über eine Bandbreite von Themen, von Marktzugangsfragen für Agrar- und Industriegüter über geistige Eigentumsrechte bis hin zum Investitionsschutz. Unternehmenslobbyisten hatten zur Halbzeit der Verhandlungsrunde die Möglichkeit, ihre Sichtweise der Dinge darzulegen und sich mit den Verhandlungsführern im Gespräch auszutauschen.
In der zweiten Verhandlungsrunde, die im November 2013 in Brüssel stattfand, wurde vor allem über Investitionsregeln und regulatorische Barrieren, und wie ebendiese beseitigt werden sollen, diskutiert. Es wurde zum Ziel gesetzt, eine Expertengruppe einzurichten, die im permanenten Kontakt zu den europäischen Verhandlungsgruppen steht.
Im Zuge der dritten Verhandlungsrunde, die vom 16. bis 20. Dezember 2013 erneut in Washington stattfand, wurden laut der EU-Kommission erhebliche Fortschritte bei den Kernthemen Marktzugang und Regulierungen erzielt.
Die vierte TTIP-Verhandlungsrunde fand vom 10. bis 14. März 2014 in Brüssel statt. Inhaltlich ging es dabei insbesondere um die Förderungsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen im transatlantischen Handel. Weiter fanden Diskussionen zu Informationstechnologien, Chemie, KFZ, Medizinprodukten, Pharmazeutika und Textilien statt.
Vom 19. bis 23. Mai 2014 fand in Arlington, Virginia, die fünfte Verhandlungsrunde statt. Schwerpunkte der Beratungen lagen im Bereich Agrarthemen sowie bei Investor-Staat-Schiedsverfahren/Investitionsschutz. Die Verhandlungsführer betonten erneut, dass TTIP nicht dazu führen werde, Standards zu senken oder die regulatorische Autonomie der USA, der EU oder ihrer Mitgliedstaaten zu schwächen. Weder werde Hormonfleisch in der EU zugelassen, noch werde es Änderungen bei den Zulassungsbedingungen und Kennzeichnungsverpflichtungen der EU im Hinblick auf Genetisch Veränderte Organismen (GVO) geben.
Vom 14. bis 18. Juli 2014 fand in Brüssel die sechste Verhandlungsrunde zum geplanten TTIP-Abkommen statt. In den Gesprächen standen Zollsenkungen und eine Annäherung bei Vorschriften, Regulierungen und Standards bei Dienstleistungen, Urheberrecht, Telekommunikation und Umwelt auf der Tagesordnung.
Am 13. Juli 2014 lief die öffentliche Konsultation zu Investor-Staat-Schiedsverfahren und zum Investitionsschutz aus. Die EU-Kommission hat insgesamt über 150.000 Stellungnahmen ausgewertet und die Ergebnisse im Internet veröffentlicht. Schwerpunkt der 6. TTIP-Verhandlungsrunde Mitte Juli 2014 war unter anderem die regulatorische Zusammenarbeit. Aufbauend auf der vergangenen Verhandlungsrunde wurden weitere Diskussionen zu der Rolle von Stakeholdern in regulatorischen Konsultationsprozessen sowie zu den verschiedenen Verfahren bei der Gesetzesfolgenabschätzung geführt. Im Bereich Marktzugang - also beim Abbau von Zöllen, der Öffnung der Dienstleistungsmärkte und bei öffentlicher Beschaffung - wurde intensiv weiter verhandelt. Die EU hat nunmehr - nach den USA - ebenfalls ein Angebot zur Öffnung der Dienstleistungsmärkte der EU vorgelegt. Das Angebot wurde eng mit den Mitgliedstaaten abgestimmt und stellt sicher, dass sensible Bereiche wie etwa die Daseinsvorsorge oder aber auch der Bereich der audiovisuellen Dienstleistungen ausgenommen sind. Auf Basis der nunmehr von beiden Seiten vorliegenden Texte fanden detaillierte Gespräche statt. Im Bereich öffentliche Beschaffung geht es der EU insbesondere um eine diskriminierungsfreie Behandlung von europäischen Unternehmen auch auf regionaler und lokaler Ebene. Die US-Regierung muss hier aus EU-Sicht konkrete Schritte zur Einbindung der US-Bundesstaaten vornehmen. Auf dieser Basis wurde durch die Kommission intensiv verhandelt.
Vom 29. September bis 3. Oktober 2014 fand in Chevy Chase, Maryland (USA) die siebte Verhandlungsrunde zum geplanten TTIP-Abkommen statt. Der Fokus dieser siebten Verhandlungsrunde lag insbesondere auf der zweiten Komponente, dem regulatorischen Bereich. Bezüglich des Marktzugangs für Dienstleistungen wurden die Gespräche auf Basis entsprechender Vorschläge von beiden Seiten fortgeführt. Man habe sich darauf konzentriert, die Vorschläge genau zu prüfen und dem Verhandlungspartner zu erklären. Schließlich wurden im Bereich der dritten Komponente, der Regeln, die Gespräche insbesondere über Energie und Rohstoffe, Zoll- und Handelserleichterungen sowie geistige Eigentumsrechte und Regeln für kleine und mittlere Unternehmen fortgeführt. Angesprochen wurden auch die Sektoren Maschinenbau, Automobile, Arzneimittel sowie andere Medizinprodukte. Bezüglich Standards bekräftigten beide Verhandlungspartner erneut, dass weder Umwelt- oder Datenschutz noch Gesundheits- oder Verbraucherstandards durch TTIP gefährdet würden. Das viel kritisierte Thema Investorenschutz wurde nicht diskutiert und ebenfalls ungeklärt blieb, ob es ein gesondertes Kapitel zum Bereich Energie in den TTIP-Verhandlungen geben wird.
Am 6. Februar 2015 sind in Brüssel Beratungen zur achten Verhandlungsrunde zwischen der EU und den USA zu TTIP, der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft, zu Ende gegangen. Auf der Agenda der fünftägigen Verhandlungen standen Regulierung und Standards u. a. bei Energie und Rohstoffen sowie im Öffentlichen Beschaffungswesen. Weitere Themen waren Regulierungen in Sachen Pflanzenschutz, für Lebensmittel und geografisch geschützte Angaben. Zudem ging es unter anderem um Regeln zur Nachhaltigkeit, zum Abbau von Zöllen, Wettbewerb und kleinere und mittlere Unternehmen. Fragen des Investorenschutzes und von Investor-Staat-Schiedsverfahren standen in dieser Verhandlungsrunde nicht auf der Agenda.
Die Ergebnisse wurden von den Chefunterhändlern der EU und den USA, Ignacio Garcia Bercero und Dan Mullaney, bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Zur Frage der regulatorischen Kooperation hat die EU-Kommission klargestellt, dass die Zusammenarbeit im regulatorischen Bereich nicht die eigenen Möglichkeiten beeinträchtigen dürfe, Regelungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in jedwedem Politikbereich zu erlassen. Die EU-Kommission kündigte zudem zwei weitere Verhandlungsrunden bis zur Sommerpause an. Die nächste Verhandlungsrunde soll voraussichtlich im April 2015 in den USA stattfinden.
Das geplante Abkommen wird von Teilen der Politik, Journalisten, Verbraucherschutz- und Umweltschutzorganisationen sowie Nichtregierungsorganisationen massiv kritisiert.
Auf Grund der zahlreichen Proteste und Bedenken gegen TTIP hat die Kommission (KOM) eine Konsultation zu den Investorenschutzbestimmungen durchgeführt. Dieser Aspekt der TTIP wird derzeit zwischen der KOM und den USA nicht verhandelt.
Ein Problem wird kommunalerseits in der sog.“Ratchet-Klausel“ gesehen. Diese besagt, dass einmal durchgeführte Privatisierungen (bzw. ein einmal hergestellter privatwirtschaftlich organisierter Marktzustand) nicht wieder verstaatlicht (bzw. rekommunalisiert) werden darf. Ob und in welcher Form eine solche Klausel eingeführt wird, bleibt indes noch offen.
Im Einzelnen stehen folgende (kommunale) Bedenken in der Diskussion:
Welche Chancen birgt das Transatlantische Freihandelsabkommen?
Welche Risiken birgt TTIP?
Fazit
Das Wachstumspotenzial der Wirtschaft und des Bruttoinlandsprodukts der EU stellen sicherlich das größte Argument für die Vereinbarung einer TTIP zwischen den USA und der Europäischen Union dar. Aufgrund der Chancen, die sich für die europäischen Unternehmen ergeben, ist es sicher sinnvoll und richtig, diese Verhandlungen weiterhin zu verfolgen und zu einem guten Abschluss zu bringen.
Die Arbeitsplätze die durch das Abkommen geschaffen werden können, benötigt die EU dringend, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Arbeitslosigkeit zu senken. Vielen europäischen Unternehmen würde sich die Möglichkeit bieten, anstelle in Übersee Produktionsstandorte zu eröffnen, in ihre bestehenden europäischen Standorte zu investieren und hier für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu sorgen.
Besonders in europäischen Krisenzeiten ist der Export für die EU ein wichtiges Standbein, welches nicht stark genug sein kann. Aufgrund der starken Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA kann das Abkommen für beide Seiten Chancen eröffnen. Der Welthandel insgesamt kann dadurch deutlich vereinfacht und vergünstigt werden, was sich für die Verbraucher positiv auswirkt.
Mit der gegenseitigen Anerkennung von Standards sind die Firmen nicht mehr gezwungen, ihre Produkte für jeden Zielmarkt zu adaptieren bzw. gänzlich neue Produkte zu entwickeln. Dies spart Produktionskosten, sorgt für Produktvielfalt und kurbelt den Wettbewerb an.
Ohne Zweifel sind all diese Chancen und positiven Ansätze auch von Risiken begleitet, die es bei den weiteren Verhandlungen zu beseitigen oder zu minimieren gilt. Naturgemäß haben beide Verhandlungsparteien ein hohes Interesse daran, ihre bisherigen Standards so weit als möglich beizubehalten. Insofern kann das „Unterfangen TTIP“ nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn sich beide Verhandlungsparteien aufeinander zu bewegen und Kompromisse eingehen.
Hierbei den richtigen Mittelweg zu finden, wird sicherlich - auch im Hinblick auf die große öffentliche Diskussion - schwierig und bedarf noch einiger Verhandlungsrunden. Dabei sollte außer Frage stehen, dass die im Grundgesetz verankerte kommunale Selbstverwaltung durch internationale Abkommen nicht entkräftet werden darf. Bei allen positiven Aspekten und Chancen sollten die verantwortlichen Verhandlungsführer aufgefordert werden, dieses Abkommen nicht einfach Hals über Kopf zu verabschieden, sondern sich umfassend mit den einzelnen Themenbereichen zu befassen. Mit sieben Verhandlungsrunden ist hier noch längst nicht alle Arbeit getan. Die EU erhält durch eine TTIP große Chancen, jedoch müssen die Risiken berücksichtigt und möglichst umfassend beseitigt werden. Es gilt weiterhin, die Verbraucher, unseren Staat und seine Kommunen zu schützen und die höchstmöglichen Standards beizubehalten.
Das TTIP-Abkommen kann letztendlich nur für beide Seiten einen echten Gewinn darstellen, wenn es in möglichst hohem Umfang auch vom Vertrauen der Bürger getragen wird.
Anlagen
Sichtvermerke
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