Bürgerinformationssystem
Antrag der VerwaltungDer Ausschuss für Bildung und Finanzen empfiehlt / der Kreistag beschließt
Sachverhalt/Begründung
Eine schnelle Internetanbindung ist zum zentralen Standortfaktor für Unternehmen aber auch für private Haushalte und im Wettbewerb bei der Gewinnung junger qualifizierter Arbeitskräfte geworden. Der Telekommunikationsmarkt ist seit 1994 liberalisiert. Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur erfolgt marktgetrieben nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten. Folglich liegen bevölkerungsarme Gebiete und der ländlichen Raum im Netzausbau zurück. Dort wird auch kein flächendeckender und bedarfsgerechter Netzausbau auf absehbare Zeit stattfinden. Der Bedarf an Bandbreite (Datenübertragungsraten) wird weiter erheblich steigen. Dies gilt für den privaten wie gewerblichen Bereich in gleicher Weise. Die Fachhochschule Furtwangen geht aktuell bezogen auf einen Zeitraum von fünf Jahren von Steigerungsraten bei Privatkunden mit dem Faktor 2,5 und bei gewerblichen Kunden mit dem Faktor 2,0 aus. Die wesentlichen Breitbandanbieter, welche in der Initiative D 21 zusammengeschlossen sind, gehen sogar von höheren Steigerungsraten aus, im mobilen Bereich wird der Faktor 10 als realistisch angesehen. Zudem fragen private Kunden vermehrt nach Spitzenübertragungsgeschwindigkeiten von 150 MB/s nach, um z.B. ein gutes „Home Entertainment“ zu erhalten. Zunehmend kommen intelligente Steuerungslösungen für den gewerblichen und privaten Bereich auf den Markt, die hohe und stabile Bandbreiten erfordern. Besonders zu beachten ist dabei, dass künftig der Upload (Hochladen der Daten) eine entscheidende Rolle spielen wird. Die Fernseh-/CoaxKabel wie auch die anderen kupferbasierten Produkte wie ADSL und VDSL weisen im derzeitigen Ausbaustand deutliche Schwächen beim Upload auf. Der Bedarf an höheren Bandbreiten kann deshalb mittelfristig nur über Glasfasernetze (FTTB[1]) gedeckt werden. Selbst in heute gut versorgten Gemeinden müssen die Netze weiter ausgebaut werden. Der Ausbau muss dabei sukzessive erfolgen und wird zur Daueraufgabe werden. Jedes Haus muss gleich, wie dies beim Strom und beim Wasser der Fall ist, an das schnelle Internet angeschlossen werden. Deshalb ist auch „das langfristige politische Ziel des Landes Baden-Württemberg (…) die flächendeckende Verfügbarkeit von FTTB, da diese Technologie allein in der Lage ist, für die nächsten Jahrzehnte den zu erwartenden Bedarf an Bandbreite sicher zu decken.“[2] Bisher standen „Einzelfall-Lösungen“ im Vordergrund, um einen bestehenden akuten Bedarf zu befriedigen. Bei dem angestrebten mittelfristigen Ziel einer kostengünstigen, flächendeckenden und funktionierenden Glasfaserinfrastruktur ist dieses Vorgehen nicht mehr angezeigt. Vielmehr sollten die Kommunen gezielt bei allen Tiefbaumaßnahmen im Gemeindegebiet eine entsprechende Infrastruktur mit verlegen, sofern die Erschließung nicht marktgetrieben erfolgt. Die Planung einzelner Maßnahmen, Straßenzüge oder Ähnliches ist nicht sinnvoll, da nur durch eine Gesamtplanung gewährleistet wird, dass die Einzelteile der Infrastruktur sinnvoll zusammenwachsen können. Dies erfordert eine strategische Planung größerer Einheiten, im Idealfall des gesamten Gemeindegebiets oder, wie im Ostalbkreis modellhaft für Baden-Württemberg erfolgt, für das gesamte Kreisgebiet. Ein interkommunales Vorgehen hat hier große Vorteile, da hierdurch die Kosten deutlich reduziert und zudem höhere Fördersätze ausgeschöpft werden können. Bei der Höhe der zu erwartenden Investitionskosten ermöglichen geringere Fixkosten sowie bessere und erweiterte Fördermöglichkeiten weitere Handlungsspielräume für die Kommunen. Das erforderliche Knowhow wird an einer Stelle vorgehalten. Im Hinblick auf die im Förderverfahren notwendigen Schritte der Ist-Zustandserhebung wie auch der Markterkundung werden erst größere interkommunale Zusammenschlüsse zum Ansprechpartner für die großen Breitbandbetreiber. Sofern kommunale Breitbandnetze errichtet werden, müssen diese für den Betrieb ausgeschrieben werden. Die Ausschreibungsverfahren sind in der Regel sehr aufwändig. Die Ausschreibung muss nach den Vorgaben der EU-Kommission spätestens nach sieben (bis 12) Jahren wiederholt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass für den Betrieb der kommunalen Netzinfrastruktur ein oder mehrere Betreiber gefunden werden, steigt mit zunehmender Netzgröße. In gleicher Weise steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommunen für den Betrieb der kommunalen Netzinfrastruktur Pachtentgelte erhalten, mit welchen sie ihre Breitbandnetze zumindest in Teilen refinanzieren können.
Ausgehend von der geschilderten Sachlage ist vorgesehen, einen großen interkommunalen Verbund zum Breitbandausbau zu gründen. Hierzu wurde in einem ersten Schritt der Verein zur Förderung neuer Medien und Technologien im ländlichen Raum e.V. am 16. September 2013 von 69 Mitgliedern - darunter der Ostalbkreis - gegründet. Ziel war es, interessierte Kommunen und Kommunen mit ähnlichen Problemlagen zu bündeln und gemeinsam mit diesen einen künftigen rechts- und handlungsfähigen interkommunalen Verbund auszuarbeiten und diesen dann in einem zweiten Schritt zu gründen. Zum Stand 28.1.2015 zählt der Verein 163 Mitglieder, darunter 150 Städte, Gemeinden und Landkreise, 10 persönliche Mitglieder und drei Fördermitglieder. Das Mitgliedsgebiet erstreckt sich über die Landkreise Heidenheim, Biberach, Ravensburg, Sigmaringen, Reutlingen, Tübingen, Rottweil, Freudenstadt, Alb-Donau-Kreis, Bodenseekreis, Ostalbkreis und Zollernalbkreis. In dieser Gebietskulisse gibt es unterschiedliche Strukturen, Versorgungslagen und Ansprüche, die alle vom zukünftigen interkommunalen Verbund abgedeckt und erfüllt werden sollen. Der Vorstand des Vereins zur Förderung neuer Medien und Technologien im ländlichen Raum e. V. hat ab November 2013 die Organisationsstruktur, die Rechtsform sowie die Finanzierung für einen interkommunalen Verbund ausgearbeitet. Dies erfolgte mit externer Begleitung durch das Breitbandbüro des Bundes, die Firma ateneKOM GmbH und das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Ergänzend wurde ein Erfahrungsaustausch mit anderen interkommunalen Verbünden und interkommunalen Verbünden in Gründung geführt. Das Vorhaben, einen rechts- und handlungsfähigen interkommunalen Verbund in dieser Größenordnung zu gründen, wurde vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz als Modellprojekt anerkannt, welches bundesweit einmalig sei und eine hohe Ausstrahlungskraft habe. Es solle als Muster für andere gelten. Der Vorstand legte der Ausarbeitung für den interkommunalen Verbund stichwortartig folgende Überlegungen zugrunde:
Die Grundüberlegungen sowie sämtliche zum aktuellen Stand ausgearbeiteten Unterlagen sind dieser Vorlage als Anlagen 1 bis 10 beigefügt. Die Mitgliederversammlung des Vereins hat am 29. September 2014 einstimmig die Gründung eines rechts- und handlungsfähigen interkommunalen Verbundes auf Grundlage der beigefügten Unterlagen beschlossen. Die erforderlichen Gremienbeschlüsse sollen bis 31.03.2015 herbeigeführt werden. Nachfolgend der Beschluss im Wortlaut: Beschluss:
3. Beitritt zum geplanten Verbund Komm.Pakt.net
Für den Beitritt des Landkreises und der Kommunen im Ostalbkreis zum geplanten Verbund Komm.Pakt.net sind die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Varianten denkbar. Die genannten Beträge gehen von der Annahme aus, dass sich alle 42 Kommunen am Verbund beteiligen. Andernfalls würden sich die Beträge entsprechend reduzieren.
Bei Variante 3 bringen sich die Kommunen mit der Stammkapitaleinlage in den Verbund ein. Der Landkreis trägt im Gegenzug die jährlichen Mitgliedsbeiträge aller Kommunen, ohne dabei den satzungsgemäß möglichen Rabatt für eine koordinierende Funktion in Anspruch zu nehmen. Dadurch haben alle Kommunen den einer Einzelmitgliedschaft vergleichbaren Status mit vollem direkten Zugriffsrecht auf die künftige Geschäftsstelle des Verbunds und individuellem Stimmrecht in der Beteiligtenversammlung. Die Verwaltung empfiehlt daher die Variante 3 zum Beschluss.
Mit dem Jahresbeitrag ist ein umfassendes „Grundleistungspaket“ verbunden, welches die Beteiligten in Anspruch nehmen können. Darin enthalten sind unter anderem allgemeine Beratungsleistungen zu allen Themen des Breitbandausbaus, Verhandlungen über Rahmenverträge, Standardleistungsverzeichnisse, das Führen der Bestandskarten, Öffentlichkeitsarbeit, das Ausschreiben des Netzbetriebs und der Abschluss von Verträgen hierzu. Soweit Zusatzleistungen in Anspruch genommen werden, erfolgt die Abrechnung nach definierten Kostensätzen (vgl. Anlage 6). Diese dürften für den Ostalbkreis nur im Ausnahmefall anfallen und müssten ohne den interkommunalen Verbund auf dem freien Markt in der Regel zu höheren Kosten bezogen werden.
Alle am Verbund beteiligten Landkreise stellen für ihren Bereich einen Breitbandkoordinator als zentralen Ansprechpartner für die Städte- und Gemeinden, um die kreisweiten Aktivitäten zu bündeln und mit der Geschäftsstelle des Verbunds abzustimmen. Es wird dafür von einem Zeitanteil von mindestens 0,5 Stellen gehobener Verwaltungsdienst ausgegangen. Die Aufgabe soll von Herrn Dipl.-Geogr. Thomas Holy, Stabsstelle Wirtschaftsförderung – Tourismus – Europabüro, übernommen werden, der bereits jetzt die Breitbandaktivitäten des Ostalbkreises operativ koordiniert.
[1] FTTB: Englische Abkürzung für „Fiber to the building“. [2] Stellungnahme der Clearingstelle „Neue Medien im Ländlichen Raum“ zum Themenkomplex Vectoring vom 18.02.2014 Finanzierung und Folgekosten
Nach der dargestellten Variante 3 hat der Ostalbkreis einmalig eine Stammkapitaleinlage in Höhe von 30.693,30 € zu entrichten. Die jährlichen Mitgliedsbeiträge in Höhe von 183.800 € setzen sich aus 12.500 € (Beitrag des Landkreises) und 171.300 € (Mitgliedsbeitrag für 42 Kommunen) zusammen. Bei einer unterjährigen Gründung des interkommunalen Verbundes reduzieren sich die Mitgliedsbeiträge für 2015 entsprechend anteilig. Die Kosten sind im laufenden Haushaltsjahr bei der Wirtschaftsförderung unter dem Produktkonto 57.10.01, Sachkonto 4271001 „Breitbandkonzeption“ abgedeckt.
Anlagen
A 1 – Grundsätzliche Überlegungen A 2 – Hauptsatzung A 3 – Liste der Beteiligten A 4 – Zuständigkeitsordnung A 5 – Beitragssatzung A 6 – Leistungskatalog A 7 – Kostenkalkulation Geschäftsstelle A 8 – Beitragskalkulation A 9 – Kostenmodell Geschäftsstelle A 10 – Einnahmen-Umlagemodelle
Sichtvermerke
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