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Vorlage - 010/05  

 
 
Betreff: Agrarreform der EU (Gemeinsame Agrarpolitik) und ihre Umsetzung im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t IV Beteiligt:Geschäftsbereich Landwirtschaft
Beratungsfolge:
Kreistag Anhörung
15.02.2005 
Sitzung des Kreistags zurückgestellt   
05.04.2005 
Sitzung des Kreistags zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung:

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung:

Sachverhalt/Begründung:

 

I.

 

Im Jahre 1957 beschlossen die sechs Gründerstaaten der EU die Römischen Verträge. In ihnen wurden die Grundlagen für eine gemeinsame Agrarpolitik festgelegt. Der Hunger der Nachkriegszeit war damals noch in den Köpfen der Verantwortlichen, tatsächlich war Zentraleuropa damals noch auf die Einfuhr von Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Fleisch angewiesen.

 

Kern der damaligen Agrarmarktordnung der EU waren Garantiepreise für zahlreiche landwirtschaftliche Erzeugnisse, bei deren Unterschreitung die EU durch Aufkäufe für eine entsprechende Steigerung der Nachfrage sorgte, bis der Preis wieder „stimmte“. Dafür wurden enorme Geldbeträge ausgegeben, aber auch für die Lagerhaltung. Irgendwann wurden die gelagerten Produkte zu niedrigen Preisen irgendwohin auf dem Weltmarkt verschleudert.

 

Für die Landwirte bedeutete dies gesicherte Preise auf einem bestimmten Niveau. Je niedriger diese Preise sanken und je geringer der Gewinn war, umso mehr waren die Landwirte gezwungen, große Mengen zu produzieren. Auch richtete sich der Schwerpunkt der Produktion nicht nach dem wahren Bedarf bei den Verbrauchern aus, sondern danach, bei welchen landwirtschaftlichen Produkten am meisten zu verdienen war. Die dafür maßgeblichen Schwellenwerte wurden auf der Grundlage  eines von amtlichen Stellen ermittelten Bedarfs festgelegt, wozu ein erheblicher statistischer Aufwand betrieben wurde.

 

Bremsversuche führten zur Einführung der Milchquotenregelung 1984 und ab 1992 zu einer Halbierung der staatlichen Garantiepreise für Rindfleisch und Getreide. Im Gegenzug erhielten die Landwirte direkte Flächen und produktionsbezogene Ausgleichzahlungen, die ungefähr 60 Prozent der Erlösminderung bei diesen beiden Produkten ausgleichen sollte. Trotz verschiedener Änderungen (AGENDA 2000 etc.) überlebte dieses System bis 2004.

 

II.

 

Am 1. Januar 2005 ist die neue „gemeinsame Agrarpolitik“ der EU in Kraft getreten, deren zentrales Thema die sog. „Entkoppelung“ ist. Dies bedeutet, dass die Landwirte in Europa für strukturelle Nachteile, zum Beispiel durch Flurzersplitterung, für strenge Umweltauflagen, für höhere Sozialstandards zwar weiter Ausgleichszahlungen bekommen, dass die aber nicht mehr vom Umfang der Produktion abhängig sind.

 

Die meisten EU-Partnerländer haben das Problem der Verteilung der entkoppelten Mittel so gelöst, dass sie die bisherigen Zahlungen der EU an den einzelnen Landwirt, also Flächenprämie für Getreide und Raps, Mutterkuhprämie, Schlachtprämie für männliche Mastrinder etc. zu einer Betriebsprämie zusammengefasst haben, die der einzelne Landwirt, unabhängig vom Umfang seiner Produktion bis 2013 - soweit reicht die Planung - erhält. Die Höhe dieser Prämien ergibt sich aus der Höhe der Prämien in den Jahren 2000 - 2002, hängt also nicht von der aktuellen Produktion ab.In Deutschland hat sich die Bundesregierung und die große Mehrheit der Bundesländer (nur Bayern leistete ernsthaft Widerstand) im Juli 2004 für ein regionales Flächenmodell entschieden.

 

Um einen gleitenden Übergang zu schaffen und finanzielle Einbrüche für einzelne Be- triebe zu vermeiden, erhalten Rinder- und Schafhalter für einen Übergangszeitraum vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2009 neben der Flächenprämie, die in Baden-Württemberg ca. 300 € pro Hektar Ackerland und 70 € pro Hektar Grünland betragen wird, sogenannte betriebsindividuelle Zahlungen für Mutterkühe, Schafe und Schlachtrinder. Nachdem im gleichen Zug die Stützung des Milchpreises praktisch eingestellt wird und dieser voraussichtlich auf Weltmarktniveau absinkt, zusätzlich eine Milchprämie in Höhe von 2,36 Cent pro Kilo Milchquote im Jahr 2005 und von 3,55 Cent pro Kilo Milchquote in den Jahren 2006 bis 2009. Die Milchprämie soll 60 Prozent der erwarteten Erlösverluste ausgleichen.

 

Ab 2010 ist vorgesehen, die betriebsindividuellen Beträge einschließlich der Milch- prämie schrittweise abzubauen. Das eingesparte Geld wird dann in die schrittweise Anhebung der Grünlandprämie fließen. Im Jahr 2013 gibt es nach diesem Modell dann seitens der EU nur noch Flächenzahlung, die auf Grund der historischen Ansprüche in Baden-Württemberg bei 300 € pro Hektar Ackerland und Grünland liegen.

 

III.

 

In der Praxis läuft die Umsetzung des Programms so, dass von Anfang März bis zum 15. Mai 2005 alle Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Flächen Anträge stellen können und entsprechende Zahlungsansprüche erhalten. Bei viehlosen Betrieben oder solchen ohne Rinder- und Schafhaltung belaufen sich diese auf ca. 70 € pro Hektar Grünland und 300 € pro Hektar Ackerland, bei den übrigen kommen die betriebsindividuellen Beträge auf Grund der in den Jahren 2000 bis 2002 gehaltenen Schafen und Rindern dazu. So bekäme ein Bullenmäster der 60 Hektar bewirtschaftet und im genannten Zeitraum durchschnittlich 60 Mastbullen jährlich verkauft hat, einen Prämienanspruch von 60 x 210 €. Seine Flächenprämie mit top up würde beim Grünland auf 210 plus 70 = 280 € pro Hektar, und im Ackerland auf 300 plus 210 = 510 € pro Hektar steigen. Zahlungsansprüche und betriebsindividuelle Prämien werden nur an die Bewirtschafter des Jahres 2005 ausgegeben, und zwar auch für Pachtflächen. Nach Auslauf der Pacht gehen sie nicht automatisch auf den Verpächter über, sondern der Inhaber des Zahlungsanspruchs kann diesen theoretisch ab 2006 unabhängig von der Fläche verkaufen.

 

Zahlungsansprüche können jedoch in den Folgejahren nur mit entsprechenden Flächen aktiviert und eingelöst werden. Experten meinen deshalb, dass der Handelswert von Zahlungsansprüche begrenzt bleibt, weil durch den Verlust von Flächen durch Bebauung etc. bald mehr Zahlungsansprüche als aktivierbare Fläche auf dem Markt sein wird.

 

Im Ostalbkreis wird das Landratsamt - Bereich Landwirtschaft - Anfang März, wenn entsprechende Antragsformulare an die Landwirte verschickt sind, mit der Annahme der Anträge beginnen, wie bei den Flächenanträgen im Vorjahr. Das Antragsverfahren ist einmal wegen der betriebsindividuellen Beträge aber auch wegen des Umstands, dass sogenannte Landschaftselemente, also Raine, Hecken ect., die bisher im Antrag nicht berücksichtigt werden konnten, jetzt Teil der Antragsfläche werden, wesentlich aufwendiger als bisher. Allerdings stehen zusätzliche Sachbearbeiter, die bisher Anträge auf Tierprämien bearbeitet haben, zur Verfügung. Die Umschulung dieser Mitarbeiter auf das neue System ist in vollem Gange, so dass die Abwicklung der 2500 bis 2700 Anträge im vorgegebenen Zeitraum möglich sein müsste.

 

Mit der Antragstellung verpflichten sich die Landwirte die Bestimmungen des sog. „Cross-Compliance“ einzuhalten. Unter diesem Begriff sind, sozusagen als Gegenleistung für die Ausgleichszahlung, die Einhaltung von 19 überwiegend schon gültigen Fachgesetzen und einer Reihe von Bestimmungen zum Erosions- und Bodenschutz, zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit (Humuserhalt) zusammengefasst. Verstößt ein Landwirt gegen diese Bestimmungen, so kann dies nicht nur, wie bisher, mit Bußgeld, Strafbefehl oder im Extremfall mit Gefängnis geahndet werden, sondern auch eine empfindliche Minderung seiner Ausgleichszahlungen nach sich ziehen. Abgesehen von Anlasskontrollen werden 5 Prozent aller Antragsteller jährlich routinemäßig kontrolliert. Größere Betriebe die Anspruch auf mehr als 5.000 € Ausgleichsleistung haben, unterliegen der sog.  „Modulation“. Ihnen werden 2005 3 Prozent, im Jahr 2006 4 Prozent und im Jahr 2007 5 Prozent ihrer Ausgleichsleistungen abgezogen. Die Gelder der Modulation sollen in Agrarumweltmaßnahmen und beispielsweise in den Bereich Tierschutz fließen.

 

Finanzierung und Folgekosten:

Finanzierung und Folgekosten:

 

keine

Anlagen:

Anlagen:

 

keine

 

Sichtvermerke:

 

Fachamt                 __________________________________________________

                             von Woellwarth

 

Fachdezernent          __________________________________________________

                             Götz

 

Hauptamt               __________________________________________________

                             Wolf

 

Kämmerei               __________________________________________________

                             Hubel

 

Landrat                   __________________________________________________

                             Pavel