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Vorlage - 213/04  

 
 
Betreff: Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
- Sachstandsbericht -
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Vorberatung
18.10.2004 
Sitzung des Sozialausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme


Sachverhalt/Begründung:

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

In den zurückliegenden Monaten hat die Verwaltung mehrfach in Sitzungen der Kreisgremien über Inhalte und Auswirkungen des Sozialgesetzbuches II (SGB II) berichtet. Mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt werden die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe ab 01.01.2005 zu einer einheitlichen Leistung „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ zusammengelegt und die neue Aufgabe in geteilter (Kosten-) Trägerschaft durch die Agenturen für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Landkreise ausgeführt.

 

Zu einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II ist grundsätzlich vorgesehen, dass die o.a. Träger Arbeitsgemeinschaften (ARGE) durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge bilden. Insgesamt 69 von bundesweit 439 kommunalen Sozialhilfeträgern erhalten die Möglichkeit, die Betreuung der Langzeitarbeitslosen in eigener Regie, unabhängig von der Bundesagentur für Arbeit zu übernehmen. Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 27.07.2004 entschieden, sich nicht um eine kommunale Option zur Umsetzung der Aufgaben nach dem SGB II zu bewerben. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Vorbereitungen für die Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft mit der Agentur für Arbeit Aalen zu treffen. Die Rahmenbedingungen dafür waren zuvor in einem von Landrat Klaus Pavel und dem Vorsitzenden Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Aalen Alwin Badstieber unterzeichneten Positionspapier festgelegt worden, das der Kreistag gebilligt hatte.

 

II. Rechtsform der Arbeitsgemeinschaft

 

Am 30.08.2004 hat eine Besprechung der Kommunalen Landesverbände mit dem baden-württembergischen Sozialministerium und dem Innenministerium zu möglichen Rechtsformen der Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen stattgefunden. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat dabei eröffnet, dass nach seiner Auffassung die Errichtung der Arbeitsgemeinschaft weder in privatrechtlicher noch in öffentlich-rechtlicher Form eine tragfähige und gerichtsfeste Basis für den Eintritt der Stadt- und Landkreise in eine vertraglich fixierte Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen sein könne. Die Rechtsform des privaten Rechts der Arbeitsgemeinschaft, wie sie unter anderem auch im Ostalbkreis über die GOB vorgesehen ist, sei nur für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen denkbar, nicht jedoch im Bereich der hoheitlichen Aufgaben wie die Gewährung von Sozialleistungen.

 

Aufgrund der (bundesweit) großen Unsicherheit hinsichtlich der Rechtsformen für die Arbeitsgemeinschaften nach § 44 b SGB II und der daraus entstehenden Rechtsfolgen wird von den Ministerien die Ansicht vertreten, dass die Kooperation in Form einer ARGE zwischen den Stadt- und Landkreisen und den Arbeitsagenturen problembehaftet ist. Vorzuziehen sind nach Auffassung der Ministerien bei derzeitigem Stand Kooperationsformen unterhalb dieser gesetzlichen Regelung. Ein zurückhaltender Einstieg - so Vertreter beider Ministerien - könne sich dann im Zeitablauf nach und nach zu verfestigten Kooperationsformen entwickeln.

 

Im Hinblick auf die Positionen des Sozialministeriums und des Innenministeriums Baden-Württemberg empfehlen auch die Kommunalen Landesverbände bis zur Klarheit über die Rechtsformen die Umsetzung des SGB II im Rahmen einer Übergangslösung vorzubereiten und zunächst Kooperationsformen „unterhalb der offiziellen Arbeitsgemeinschaft“ zu wählen. Mit Schreiben vom 15.09.2004 haben sich die Hauptgeschäftsführer des Landkreistages und des Städtetages Baden-Württemberg an Herrn Innenminister Heribert Rech gewandt und darum gebeten, rasch zu einer Klarheit in den bislang offenen Rechtsfragen zu kommen. Gegebenenfalls sollte das Land Baden-Württemberg eine entsprechende Initiative auf Bundesebene ergreifen, um zu klaren Aussagen zu kommen, wie eine vertragliche Lösung aussehen müsste.

 

Die Kommunalen Landesverbände und die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit haben daneben in mehreren Gesprächsrunden eine Muster-Kooperationsvereinbarung als „Dritten“ Weg neben der Arbeitsgemeinschaft und der Ausübung des Optionsrechts verhandelt.

 

Nachdem mit der Regionaldirektion Baden-Württemberg Übereinstimmung erzielt werden konnte, wurde zwischenzeitlich sowohl von der Bundesagentur für Arbeit als auch vom Bundeswirtschaftsministerium die Vereinbarung dergestalt geändert, dass eine Befristung der Laufzeit, die in den Verhandlungen zwischen den Kommunalen Landesverbänden und der Regionaldirektion Baden-Württemberg nicht vorgesehen war, aufgenommen worden ist. Ohne diese Befristung kann die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Vereinbarungen zwischen örtlichen Agenturen und Landkreisen nicht mehr zustimmen. Diese Befristung wird jedoch von den Kommunalen Landesverbänden abgelehnt. Der Sozialausschuss des baden-württembergischen Landkreistages hält es für durchaus denkbar, eine Kooperationsvereinbarung als Vorstufe einer Arbeitsgemeinschaft abzuschließen. Diese sollte jedoch keinesfalls durch zeitliche Befristungen unnötig belastet werden, da damit die Flexibilität und Dispositionsfreiheit vor Ort, die notwendig ist, um spezifische und haltbare Lösungen zu entwickeln, eingeschränkt wird.

 

III. Weitere Handlungsschritte

 

Angesichts der unklaren, aber auch in gleichem Maße unbefriedigenden Situation hinsichtlich der Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften, fand auf Einladung von Landrat Klaus Pavel am 27.09.2004 erneut ein Gespräch mit Vertretern der Agentur für Arbeit Aalen statt, bei dem die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens erörtert wurden. Der Ostalbkreis und die Agentur für Arbeit Aalen haben dabei nochmals das Ziel bekräftigt, ihre Aufgaben und Kompetenzen zu bündeln und möglichst bald die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung „aus einer Hand“ anzubieten.

 

Nachdem das Dilemma, über die Hürde der Rechtsform nicht hinwegzukommen leider fortbesteht, verständigte man sich darauf, eine Kooperation einzugehen, die unterhalb der offiziellen Arbeitsgemeinschaft nach dem SGB II angesiedelt ist, jedoch eine rasche und effiziente Zusammenführung der Kommunalen Aufgaben und der Aufgaben der Arbeitsagenturen möglich macht.

 

Die Rechtsprobleme sind deshalb von solch großer Bedeutung und Tragweite, weil es nicht auszuschließen ist, dass angesichts zu erwartender zahlreicher sozialgerichtlicher Klagen gegen die durch die Arbeitsgemeinschaften erlassenen Verwaltungsakte Gerichte zur Auffassung gelangen können, dass die ARGE nicht bzw. nicht in dieser Form errichtet und ausgestaltet werden konnte und deshalb die erlassenen Verwaltungsakte nichtig wären.

 

Das Sozialdezernat wird auf der Grundlage der bisherigen Gesprächsinhalte nunmehr einen Kooperationsvertrag vorbereiten, der die organisatorischen, personellen, finanziellen und räumlichen Gesichtspunkte regelt. Dabei ist auch die Aufgabenstellung der GOB ab 01.01.2005 und ab dem faktischen Arbeitsbeginn der Kooperationslösung einzubringen.

 

Der Kooperationsvertrag wird in den nächsten Wochen vorbereitet und soll voraussichtlich in der Sitzung des Kreistags am 09.11.2004 beraten werden.

 

Nachdem auf der operativen Ebene in den nächsten Wochen und Monaten eine Fülle von Detailaufgaben ansteht, verständigten sich Landrat Pavel und Herr Badstieber, Frau Martina Häusler, Geschäftsführerin der GOB und Herrn Alwin Schuster darauf, von der Agentur für Arbeit Aalen mit der kommissarischen Geschäftsführung für diese Vorbereitungen zu beauftragen.

 

Auf Vermittlung von Herrn Bundestagsabgeordneten Georg Brunnhuber wird Landrat Klaus Pavel am 05.10.2004 mit den Vorstandsvorsitzenden der Bundes­agentur für Arbeit, Herrn Frank-Jürgen Weise in Nürnberg zusammentreffen. Im Mittelpunkt werden insbesondere rechtliche und organisatorische Fragen und Herausforderungen bei der Umsetzung des SGB II auf örtlicher Ebene stehen. Über das Gesprächsergebnis wird in der Sitzung des Sozialausschusses mündlich berichtet.

 

IV. Übergangsregelungen für den Leistungsbereich

 

Solange eine Arbeitsgemeinschaft der zuständigen Agentur für Arbeit und des Landkreises nicht errichtet ist, werden die Geldleistungen für bisherige Sozialhilfeempfänger von den Kommunen und für bisherige Arbeitslosenhilfeempfänger von den Agenturen für Arbeit ab dem 01.01.2005 mit einer Dauer von bis zu 9 Monaten bewilligt. Neuanträge ab 01.01.2005 wird die Agentur bearbeiten.

 

Das Kreissozialamt hat Mitte August alle für den Leistungsbezug nach SGB II in Frage kommende Sozialhilfeempfänger im Ostalbkreis über die bevorstehenden Änderungen informiert und gleichzeitig Anträge auf Leistungen nach dem SGB II übersandt. Nach dem aktuellen Stand haben bislang rd. 70 % der Betroffenen ihre Antrage zurückgegeben. Voraussichtlich Ende des Monats Oktober wird die notwendige EDV-Software zur Verfügung stehen, so dass mit der Bewilligung der entsprechenden Leistungen spätestens bis Mitte Dezember 2004 gerechnet werden kann.

 

 

 

 

V. Budget der Arbeitsgemeinschaften

 

Auf der Grundlage aktueller Fallzahlen aus den Bereichen Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe, hatte die Landkreisverwaltung im Juli 2004 gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Aalen ein Personal- und Verwaltungskostenkonzept erstellt, das am 27.07.2004 auch dem Kreistag vorgestellt wurde. Das Personalkonzept berücksichtigt beim Fallmanagement die Personalschlüssel, die von der Bundesagentur für Arbeit immer wieder genannt wurden, konkret 1 : 75 bei Menschen unter 25 Jahren und 1 : 150 bei Menschen zwischen 25 und 65 Jahren. Auf der Grundlage dieser Ausgangsgrößen errechnete sich ein Verwaltungskostenbudget von rd. 7,3 Mio. Euro.

 

Bei der vom Bundeswirtschaftsministerium nunmehr vorläufig vorgenommenen Verteilung der Budgetmittel für die Verwaltung einerseits und die Integration andererseits, wurden vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Zahlen zugrunde gelegt, die deutlich unter den aktuellen Werten liegen. Dies führt z.B. dazu, dass das Verwaltungsbudget für die zukünftige ARGE Ostalbkreis statt der ursprünglich angenommenen 7,3 Mio. Euro nur noch 6,1 Mio. Euro beträgt und die Integrationspauschale statt der angenommenen 13,9 Mio. Euro nur noch 9,6 Mio. Euro beträgt.

 

Für die weitere Planung wäre es für den Ostalbkreis, aber auch für die Agentur für Arbeit Aalen wichtig, möglichst bald Budgetsicherheit zu bekommen. Ganz egal, ob die angestrebten Arbeitsgemeinschaften zum Tragen kommen, oder ob vorläufig anderweitig kooperiert wird, brauchen die Partner im Hinblick auf Ihre Personal- und Integrationsplanungen 2005 Finanzierungssicherheit.

 

 

 


Finanzierung und Folgekosten:

 

siehe V.


Anlagen:

 

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Sichtvermerke:

 

 

Fachdezernent  __________________________________________________

   Rettenmaier

   

Hauptamt  __________________________________________________

   Wolf

 

Kämmerei  __________________________________________________

   Hubel

 

Landrat   __________________________________________________

   Pavel