Bürgerinformationssystem

Vorlage - 051/04  

 
 
Betreff: Bericht zum aktuellen Stand der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Soziales   
Beratungsfolge:
Kreistag Vorberatung
23.03.2004 
Sitzung des Kreistags zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme


Sachverhalt/Begründung:

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Seit 01.01.2003 ist das am 11. Mai 2001 beschlossene Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) in Kraft. Es schafft für den Personenkreis der über 65-Jährigen sowie für dauerhaft voll Erwerbsgeminderte ab dem 18. Lebensjahr eine neue, gegenüber der Sozialhilfe vorrangige Sozialleistung. Die Grundsicherung ist abhängig von der Bedürftigkeit des Anspruchsberechtigten. Wie in der Sozialhilfe werden bei der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen und Vermögen des Anspruchsberechtigten sowie seines Ehegatten berücksichtigt. Im Gegensatz zur Sozialhilfe bleiben jedoch Unterhaltsansprüche der Grundsicherungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern außer Betracht, sofern deren Jahreseinkommen unter einem Betrag von 100.000 € liegt.

 

Als Träger der neuen Grundsicherung wurden die Kreise und kreisfreien Städte bestimmt. Die Kostenerstattung des Bundes beträgt zunächst bundesweit 409 Mio. €.

 

II. Stand der Antragsbearbeitung

 

Die Bearbeitung der Grundsicherungsanträge hat sich in der Praxis als wesentlich umfangreicher und zeitraubender herausgestellt als zunächst angenommen wurde. Dies liegt zum einen daran, dass es bei der Grundsicherung keine Bedarfsgemeinschaften wie beispielsweise im Sozialhilfe- oder Wohngeldrecht gibt. Jeder Berechtigte hat einen eigenständigen Hilfeanspruch, weshalb beispielsweise bei einem Ehepaar statt einer gemeinsamen Akte 2 Akten geführt werden müssen. Dies bedeutet jeweils doppelten Aufwand in der EDV oder bei der Bescheiderteilung.

 

Daneben hat sich der angenommene Fallzahlenrückgang in der Sozialhilfe nur in Teilen bestätigt. Aufgrund verschiedener Mehrbedarfe, die im Rahmen der Sozialhilfe gewährt werden, bei der Grundsicherung jedoch nicht berücksichtigungsfähig sind, bleiben weitaus mehr Personen weiterhin auf ergänzende Leistungen der Sozialhilfe angewiesen, als ursprünglich angenommen. So können beispielsweise Betreuungspauschalen im Betreuten Wohnen, Kosten für Hausnotrufe oder Essen auf Rädern, Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung und vieles mehr nicht von der Grundsicherung anerkannt werden, was zu einem Anspruch auf aufstockende Sozialhilfe führt.

 

Von den 3.631 schriftlich eingegangenen Anträgen bezogen auf das Leistungsjahr 2003, sind zwischenzeitlich 3.352 entschieden. Bei den noch nicht abschließend bearbeiteten Anträgen sind in der Regel noch die Feststellungen zur vollen Erwerbsminderung abzuwarten.

 

Positiv entschieden wurden 957 Anträge (rd. 28,6 %). Abgelehnt wurden 2.395 Anträge. Von den 957 Leistungsberechtigten leben 744 im eigenen Haushalt, 213 in Pflegeheimen. Nach der Nationalität erhalten 844 Deutsche und 113 ausländische Mitbürger Grundsicherungsleistungen. Die durchschnittliche Bewilligungssumme beträgt 251 €.

 

Zusätzlich mussten 1.754 Anträge, die mittels mündlicher Vorsprache gestellt wurden, wegen fehlender Voraussetzungen abgelehnt werden.

 

Durch die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen sind im Ostalbkreis 173 Personen gänzlich aus dem Sozialhilfebezug ausgeschieden. 102 Personen haben neben den Leistungen auf Grundsicherung weiterhin Anspruch auf Sozialhilfe (Mehrbedarf). Der Leistungsumfang in diesen Fällen beträgt durchschnittlich 50 € je Monat. 213 Personen die in Altenpflegeeinrichtungen leben, erhalten nun neben der Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe auch Grundsicherungsleistungen. Weitere 48 Personen beziehen neben Grundsicherungsleistungen weiterhin Krankenhilfeleistungen ebenfalls nach dem Bundessozialhilfegesetz.

 


III. Finanzierung und Folgekosten:

 

Bezogen auf das Leistungsjahr 2003 hat das Kreissozialamt Grundsicherungsleistungen in Höhe von 2.393.997 € bewilligt.

 

In der Sozialhilfe und zwar konkret bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und bei der Hilfe zur Pflege wurden für den gleichen Bezugszeitraum durch die Berücksichtigung bzw. Gewährung von Grundsicherungsleistungen Kosten in Höhe von 1.276.500 € eingespart.

 

Aus der Kostenerstattung des Bundes hat der Ostalbkreis 549.543 € erhalten. Die Mehrkosten durch das Grundsicherungsgesetz betragen demnach im Leistungsbereich 567.954 €.

 

Zu diesem Zuschussbedarf im Leistungsbereich kommen Personal- und Sachkosten (einschließlich Delegationskosten an die Stadt Ellwangen) in Höhe von 330.137 € hinzu, so dass sich insgesamt für den Ostalbkreis ein Kostenaufwand in Höhe von 898.091 € ergibt.

 

In 2004 rechnet das Kreissozialamt aktuell mit einem Kostenaufwand in der Grundsicherung (nur Leistungsbereich) in Höhe von 2.490.000 €. Die Einsparung bei der Sozialhilfe wird mit einem Betrag von 1.300.000 € angenommen. Unter Berücksichtigung der Kostenerstattung des Bundes, die mit 570.000 € veranschlagt ist, wird der Zuschussbedarf im Leistungsbereich rd. 620.000 € ausmachen. Der Personal- und Sachaufwand für das laufende Jahr 2004 wird ca. 250.000 € betragen.

 

IV. Veränderte Gesetzgebung

 

Mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 wird das Grundsicherungsgesetz aufgehoben. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden als Viertes Kapitel in das neu gefasste Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe) eingefügt. Mit der fast wörtlichen Einfügung in das Sozialhilferecht und der Anpassung der Leistungen an die Kriterien der Hilfe zum Lebensunterhalt wird erreicht, dass nicht wie bisher in rd. 30 % der Fälle nach dem Grundsicherungsgesetz parallel auch Leistungen der Sozialhilfe gewährt werden müssen. Ab 01.01.2005 wird für die Berechtigten entweder Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Rahmen der Sozialhilfe gewährt. Der Verzicht auf eine Unterhaltsprüfung bei Eltern und Kindern mit Einkommen bis zu 100.000 € wird auch in das Sozialhilferecht mit aufgenommen.

 

Durch die Einbindung des Grundsicherungsgesetzes in das Sozialhilferecht wird die Kostenerstattung des Bundes für die zusätzlichen Kosten der Grundsicherung nicht berührt. Für diesen besonderen Teil der Sozialhilfe wird auch künftig eine teilweise Kostenerstattung durch den Bund erfolgen.

 

 

V. Kommunale  Verfassungsbeschwerde   gegen  das   Grundsicherungs-

     gesetz

 

Ende Dezember 2003 haben unter der Koordinierung des Deutschen Landkreistages 12 Landkreise und 2 kreisfreie Städte Kommunale Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Bestimmung als Grundsicherungsträger ohne abgesicherte Finanzierung erhoben.

 

Prozessbevollmächtigte sind die Verfassungsrechtler Professor Dr. Friedrich Schoch und Professor Dr. Joachim Wieland, die die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den bundesgesetzlichen Durchgriff auf die Kommunale Ebene am Beispiel der Kommunalen Aufgabenträgerschaft nach dem Grundsicherungsgesetz im Sommer 2002 gutachterlich aufbereitet haben.

 

Die Verfassungsbeschwerde legt dar, dass das Kommunale Selbstverwaltungsrecht einen Anspruch auf Einhaltung der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung beinhaltet und stellt fest, dass der Bund nicht befugt war, die Landkreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung zu bestimmen. Die engen Voraussetzungen, die das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht an die Bestimmung einer Kommunalen Aufgabenträgerschaft durch Bundesrecht stellen, sind vorliegend nicht gegeben. Folge dieses Verfassungsverstoßes ist, dass die eigentliche Finanzierungsverantwortlichkeit von Bund und Ländern auf die Kommunen verschoben wird. Die Schutzvorschriften zugunsten der Kommunen in den Landesverfassungen, die an eine Aufgabenübertragung durch die nach dem Grundgesetz hierfür eigentlich zuständigen Länder anknüpfen (“Konnexitätsprinzip”) werden ausgehebelt.

 

 


Anlagen:

 

---

 

Sichtvermerke:

 

Fachamt__________________________________________________

Traub

 

Fachdezernent__________________________________________________

Rettenmaier

 

Hauptamt__________________________________________________

Wolf

 

Kämmerei__________________________________________________

Hubel

 

Landrat__________________________________________________

Pavel