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Vorlage - 063/2025  

 
 
Betreff: Versorgung - Darstellung Leistungsumfang im Schwerbehindertenrecht
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Integration und Versorgung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit Kenntnisnahme
02.06.2025 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme.

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Das Schwerbehindertenrecht ist ein Teilgebiet des Behindertenrechts, das die besonderen rechtlichen Regelungen und Schutzrechte für Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland umfasst. Es zielt darauf ab, die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am gesellschaftlichen Leben zu fördern und Benachteiligungen auszugleichen.

 

Das Schwerbehindertenrecht umfasst alle rechtlichen Bestimmungen, die die Rechtsverhältnisse von Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland betreffen. Rechtsgrundlage ist seit dem 1. Januar 2018 Teil 3 des Sozialgesetzbuch Neunten Buchs (SGB IX), in dem „Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)“ enthalten sind (§§ 151-242 SGB IX).  Zusätzlich wird zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft die Versorgungsmedizinverordnung zugrunde gelegt.

 

Von einer Schwerbehinderung spricht man ab einem Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50. Bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, ist eine Gleichstellung durch die Agentur für Arbeit möglich, was insbesondere für den speziellen Kündigungsschutz notwendig ist.

 

Durch das Schwerbehindertenrecht sollen Benachteiligungen von behinderten Menschen vermieden bzw. ausgeglichen werden.

 

II. Aktuelle Situation im Ostalbkreis

 

Seit der Verwaltungsreform 2005 der Unteren Sonderbehörden werden Anträge zur Feststellung von Schwerbehinderteneigenschaften im Landratsamt Ostalbkreis im Geschäftsbereich Integration und Versorgung bearbeitet. Die Zuständigkeit wurde vom Versorgungsamt Ulm hierher verlagert. Zusätzlich wird in dem entsprechenden Sachgebiet der Schwerbehindertenfahrdienst und die Blindenhilfe bearbeitet. Aktuell sind im Schwerbehindertenrecht zehn Sachbearbeiter mit 8,4 Vollzeitstellenäquivalenten tätig.

 

Die Antragszahlen sowohl für Neu- als auch für Änderungsanträge sind gleichbleibend hoch und belaufen sich durchschnittlich auf über 600 Anträge monatlich.

 

Voraussetzung für die Anerkennung als Schwerbehinderter ist die Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen und/oder seelischen Gesundheit über einen Zeitraum von über 6 Monaten hinaus. Dann kann ein Erstantrag, mit Prüfung aller Merkzeichen gestellt, werden. Bei einer Verschlechterung der Erkrankungen oder beim Hinzukommen weiterer Erkrankungen kann ein Änderungsantrag gestellt werden. Hier werden alle bisherigen Feststellungen erneut überprüft.

 

Zum 30.04.2025 lebten 33.611 Menschen mit einem Grad der Behinderung zwischen 30 und 100 im Ostalbkreis. 23.085 hiervon hatten die Schwerbehinderteneigenschaft mit einen GdB über 50. Für 11.454 Personen wurde bis zu diesem Zeitpunkt ein GdB bis einschließlich 20 festgestellt.

 

III. Merkzeichen und Nachteilsausgleiche

 

Zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen muss eine Schwerbehinderung (mind. GdB 50) festgestellt worden sein. Dies wird durch den Ausweis nachgewiesen.

 

 

 

 

 

Allgemeine Nachteilsausgleiche:

 

  • Sonderurlaub

Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf 5 zusätzliche Tage bezahlten Urlaub im Jahr. Diese Regelung gilt bei einer 5-Tage-Woche. Arbeitet man weniger oder mehr als an 5 Tagen in der Woche, verringert oder erhöht sich der Anspruch entsprechend.

 

 

  • Besonderer Kündigungsschutz

Menschen mit Schwerbehinderung haben einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX). Menschen mit einem GdB von mindestens 30 können einen Antrag auf Gleichstellung bei der Agentur für Arbeit stellen um diesen besonderen Kündigungsschutz zu erhalten.

 

  • Begleitende Hilfe im Arbeitsleben

Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben soll bewirken, dass die schwerbehinderten Menschen in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Arbeitgeber befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit nichtbehinderten Menschen zu behaupten (§ 185 SGB IX).

 

  • Einkommensteuer
    • Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 20 sowie hilflose, blinde und taubblinde Menschen erhalten nach § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) wegen der außergewöhnlichen Belastungen einen Behinderten-Pauschbetrag.
    • Steuerpflichtige behinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“ können eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in Höhe von 900 € erhalten.

 

 

Zum Erhalt spezieller Vergünstigungen ist die Eintragung eines sogenannten Merkzeichens im Schwerbehindertenausweis notwendig.  Nachfolgend die möglichen Merkzeichen:

 

  • Merkzeichen G = Gebehindert           9.438 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ggfs. auch infolge innerer Leiden (Herz/Lunge) oder geistiger Behinderung

 

Nachteilsausgleich:

  • Wertmarke für den ÖPNV mit Eigenanteil oder KFZ-Steuer-Ermäßigung (Antrag beim Zollamt)

 

 

  • Merkzeichen AG = außergewöhnliche Gehbehinderung 2.210 Personen im Ostalb-                                                                                                                kreis             

Voraussetzung:

Bewegung außerhalb des Kfz dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung möglich, bspw.

  • Querschnittsgelähmte
  • Doppeloberschenkelamputierte
  • Gleichstellungsmöglichkeit für ähnlich schwerstgehbehinderte (auch infolge innerer Leiden)

 

Nachteilsausgleich:

  • Wertmarke für den ÖPNV mit Eigenanteil und KFZ-Steuer-Befreiung (Antrag beim Zollamt)

 

Berechtigung für den blauen Parkausweis (Antrag bei Straßenverkehrsbehörde)

 

  • Merkzeichen GL = Gehörlos                           291 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

  • Taubheit beiderseits
  • An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit schweren Sprachstörungen

 

Nachteilsausgleich:

  • Wertmarke für den ÖPNV mit Eigenanteil oder KFZ-Steuer-Ermäßigung (Antrag beim Zollamt)

 

  • Merkzeichen BL = Blind                           182 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

  • Vollständiger Verlust des Augenlichts
  • Sehschärfe von nicht mehr als 1/50 auf dem besseren Auge

 

Nachteilsausgleich:

  • Wertmarke für den ÖPNV mit Eigenanteil und KFZ-Steuer-Befreiung (Antrag beim Zollamt)
  • Berechtigung für den blauen Parkausweis (Antrag bei Straßenverkehrsbehörde)
  • Möglichkeit zur Beantragung von Blindengeld

 

  • Merkzeichen TBL = Taubblind                  2 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

  • Störung der Hörfunktion GdB 70 und Störung des Sehvermögens GdB 100

 

 

Nachteilsausgleich:

  • Komplette Befreiung für den Rundfunkbeitrag (Antrag bei der Rundfunkanstalt)

 

Da das Merkzeichen nicht automatisch die Vorteile der Merkzeichen „Bl“ und „Gl“ beinhaltet werden diese bei Vorliegen von TBL zusätzlich vergeben

 

  • Merkzeichen RF = Rundfunkgebührenbefreiung         2.431 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

  • Blinde, Sehbehinderte GdB 60
  • Hörgeschädigte (GdB 50)
  • Behinderte (GdB wenigstens 80), die wegen ihrer Behinderung ständig an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen können. 

 

Nachteilsausgleich:

Ermäßigung des Beitrags auf 1/3 (Antrag bei der Rundfunkanstalt)

 

  • Merkzeichen B = Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson im Nah- und Fernverkehr (keine Verpflichtung)                                                  6.173 Personen im Ostalbkreis

      davon 49 unter 6 Jahren

 

  • Merkzeichen H = Hilflosigkeit           3.156 Personen im Ostalbkreis

 

Voraussetzung:

Nicht nur vorübergehend, für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages dauernd auf fremde Hilfe angewiesen (insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft).

 

Besonderheiten bei der Beurteilung von Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen

 

Nachteilsausgleich:

  • Wertmarke für den ÖPNV mit Eigenanteil und KFZ-Steuer-Befreiung (Antrag beim Zollamt)

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Bei der Aufgabenerfüllung nach dem Schwerbehindertenrecht handelt es sich um eine Pflichtaufgabe. Die Aufwendungen des Ostalbkreis werden durch die Zuweisungen des Landes im Rahmen der Umsetzung des Gesetz zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz - VRG) gedeckt.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Hiller, GB Integration und Versorgung

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat