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Antrag der Verwaltung
Der Ausschuss für Soziales und Gesundheit stimmt der Anpassung und Fortsetzung des Stipendienprogramms zur Gewinnung Medizinstudierender für offene Planungsbereiche im Bereich der hausärztlichen Versorgung im Ostalbkreis zu.
Sachverhalt/Begründung
Hintergrund Die Wiederbesetzung von hausärztlichen Praxen stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Hier spielt insbesondere der bereits deutlich spürbare und weiter zunehmende Mangel an Nachwuchsmedizinerinnen und -medizinern eine zentrale Rolle. Dies kann dazu führen, dass, besonders im ländlichen Raum, Arztpraxen ohne Nachfolgeregelung schließen. Um eine flächendeckende und wohnortnahe ambulante Gesundheitsversorgung im ländlichen und städtischen Raum sicherzustellen, werden gemeinsam mit den Ärzteschaften Aalen und Schwäbisch Gmünd sowie den Kommunen innovative Versorgungsmodelle entwickelt, erprobt und umgesetzt.
Aktuelle hausärztliche Versorgungssituation im Kreisgebiet Im gesamten Ostalbkreis waren laut Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) 19 Hausarztsitze zum Stichtag im Februar 2020 unbesetzt.
Tabelle 1: Freie Arztsitze im Ostalbkreis im zeitlichen Verlauf
Im zeitlichen Verlauf sind diese offenen Hausarztsitze, trotz aller bisher ergriffenen Maßnahmen, um 16,5 Arztsitze auf aktuell 35 unbesetzte Hausarztsitze (Stand Oktober 2024) gestiegen. Im Ostalbkreis sind 70 Hausärztinnen bzw. Hausärzte über 60 Jahre alt, was einer Quote von rund 38 % entspricht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass in den kommenden Jahren einige Arztpraxen im Ostalbkreis auf der Suche nach Nachfolgeregelungen für ihre Praxen sind. Voraussichtlich werden nicht alle der derzeit noch besetzten Hausarztsitze mit einer geregelten Nachfolge fortgeführt werden können.
Abbildung 1: Hausärztliche Planungsbereiche im Ostalbkreis Die lokale hausärztliche Versorgung unterscheidet sich in den einzelnen Planungsbereichen erheblich. In den Planungsbereichen Ostalb 1 Aalen (95,3 %), Ostalb 2 Schwäbisch Gmünd (98,5 %) sowie Ostalb 5 Härtsfeld (99,9 %) liegen die aktuellen Versorgungsgrade jeweils über 95 %. Die beiden weiteren Planungsbereiche weisen deutlich schlechtere Versorgungsgrade auf. Der Planungsbereich Ostalb 4 Ellwangen befindet sich mit einem Versorgungsgrad von 78,1 % bereits in einer drohenden Unterversorgung. Seit Oktober 2022 befindet sich der Planungsbereich Ostalb 3 Schwäbischer Wald (aktuell 75,1 %) in einer offiziell festgestellten hausärztlichen Unterversorgung.
Bisheriges Stipendienprogramm Der Ausschuss für Soziales und Gesundheit hat in seiner Sitzung vom 05.10.2021 einstimmig beschlossen, ein Stipendienprogramm zur Gewinnung von Medizinstudierenden im Bereich der hausärztlichen Versorgung im Ostalbkreis einzuführen. Das vom Ausschuss genehmigte jährliche Budget von 62.100 Euro ermöglicht im bisherigen Stipendienmodell die gleichzeitige Förderung von maximal 10 Stipendien. Die Arbeitsgruppe „Nachwuchsförderung und -gewinnung“ hat eine Fachkommission für die Vergabe der Stipendien gebildet. In der Fachkommission befinden sich Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaften Aalen und Schwäbisch Gmünd, der Kliniken Ostalb sowie im Ostalbkreis tätige Hausärztinnen und Hausärzte. Über dieses Stipendienprogramm konnten seit dem Jahr 2022 insgesamt drei Studierende für den Ostalbkreis gewonnen werden, welche in den kommenden Jahren die hausärztliche Versorgung im Landkreis unterstützen werden. Die Stipendien konnten jeweils zum Sommersemester 2022, zum Wintersemester 2022/23 sowie zum Wintersemester 2024/25 vergeben werden. Alle bisherigen Stipendiatinnen und Stipendiaten der hausärztlichen Versorgung haben einen familiären Bezug zum Ostalbkreis und sind in Gemeinden des Landkreises aufgewachsen. Alle geförderten Medizinstudierenden des Ostalbkreises haben in der zentralen Studienplatzvergabe keinen Studienplatz an einer Universität in Deutschland bekommen, weshalb sie sich für ein Medizinstudium im Ausland entschieden haben.
In Sitzungen und persönlichen Gesprächen mit Medizinstudierenden sowie niedergelassenen Hausärztinnen bzw. Hausärzten wurden mögliche Gründe für die geringe Inanspruchnahme der hausärztlichen Stipendien des Ostalbkreises in Erfahrung gebracht. Mehrfach berichteten Studierende, dass man sich so früh im Studium noch nicht auf eine Fachrichtung bzw. eine konkrete spätere Tätigkeit (als Hausarzt/Hausärztin) festlegen möchte. Zudem sei die Bindungsfrist in anderen Stipendienprogrammen kürzer, da man sich dort teilweise nur für die Weiterbildungszeit verpflichte. Der Ostalbkreis steht zunehmend auch im Wettbewerb mit anderen Landkreisen und Einrichtungen, welche ebenfalls Stipendienprogramme für Medizinstudierende etabliert haben. Dies sind alles Hinweise darauf, dass das Stipendienprogramm im hausärztlichen Bereich breiter aufgestellt werden sollte.
Ziele und derzeitige Rahmenbedingungen des Stipendienprogramms Ein überarbeitetes Stipendienprogramm ist eine weitere Maßnahme, um dem Ärztemangel im Ostalbkreis entgegenzuwirken. Ziel des Stipendienprogramms ist weiterhin, Medizinstudierende während des Studiums dafür zu gewinnen, nach Abschluss des Studiums sowie im Rahmen der Weiterbildung in offenen Planungsbereichen im Ostalb- kreis tätig zu werden und für eine Tätigkeit als Ärztin bzw. Arzt im ländlichen Raum zu begeistern. Die Fortsetzung des Stipendienprogramms soll weiterhin einen Teil zur Sicherung der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung im Ostalbkreis beitragen. Die Verwaltung hat in den oben genannten Sitzungen und Gesprächen in der Arbeitsgruppe „Nachwuchsförderung/-gewinnung“ verschiedene Anregungen aufgenommen und neue Förderungsmodelle für die hausärztliche Versorgung entwickelt.
Bisher wird durch den Ostalbkreis eine Förderung vom 5. Semester bis zum 10. Semester angeboten. Die Studierenden verpflichten sich im Gegenzug dazu, die Weiterbildung im hausärztlichen Bereich (als Facharzt/Fachärztin für Allgemeinmedizin oder Facharzt/Fachärztin Innere Medizin mit dem Ziel einer hausärztlichen Tätigkeit) im Ostalbkreis zu absolvieren und danach zwei Jahre in der hausärztlichen Versorgung im Ostalbkreis tätig zu sein. Der Ostalbkreis fördert die Studierenden mit einer Auszahlung von monatlich 500 Euro. Pro Stipendium wird demnach mit maximal 6.000 Euro pro Jahr gefördert.
Um dem hausärztlichen Ärztemangel im Ostalbkreis besser entgegenzuwirken, soll das Stipendienprogramm überarbeitet und mit neuen Impulsen fortgesetzt werden. Hierbei sollen mehrere alternative Möglichkeiten für hausärztliche Stipendien ausgestaltet werden, um ein möglichst attraktives Portfolio von Stipendien anzubieten.
Ausweitung des Stipendienprogramms Das neue Stipendienprogramm soll zukünftig auch generell die letzten beiden Semester des Medizinstudiums (Praktisches Jahr, 11. und 12. Semester) einschließen. Bedingung für die erweiterte Förderung ist, dass das Praktische Jahr (PJ) im Ostalbkreis absolviert wird. Im regulären Stipendienmodell gibt es keine weiteren Änderungen.
Einrichtung eines neuen PJ-Stipendiums Zudem soll das neue Stipendienprogramm berücksichtigen, dass Entscheidungen für die spätere Fachrichtung oft erst im Verlauf des Medizinstudiums getroffen werden. Für diesen Fall soll ein sogenanntes „PJ-Stipendium“ eingeführt werden. Diese Möglichkeit der Förderung richtet sich speziell an Studierende, welche den Großteil des Studiums bereits absolviert haben. Das PJ-Stipendium soll als Festbetragsfinanzierung für die Dauer von maximal zwei Semestern (12 Monate) im Praktischen Jahr (11. und 12. Semester) vergeben werden. Um die Attraktivität dieser Stipendienvariante zu steigern, soll hier seitens des Ostalbkreises eine erhöhte monatliche Förderung von 1.000 Euro erfolgen. Die Bindefrist soll zunächst, wie im regulären Stipendium, zwei Jahre Tätigkeit als Facharzt/Fachärztin in der hausärztlichen Versorgung betragen. Dieses neuartige Stipendium soll jeweils zum Wintersemester vergeben werden, da das PJ meist im Wintersemester begonnen wird.
Einrichtung eines neuen Stipendiums zur Finanzierung von Studiengebühren im Ausland Einige potenziell geeignete Studieninteressierte können aufgrund des zentralen Vergabesystems keine Medizinstudienplätze in Deutschland bekommen. Diese potenziellen ärztlichen Nachwuchskräfte müssen derzeit einen Umweg über ein Medizinstudium im Ausland gehen, bevor sie wieder in die Heimat nach Deutschland zurückkehren. Ein solches Studium im Ausland ist meist mit hohen Studiengebühren verbunden. An rumänischen Universitäten werden derzeit jährliche Gebühren von mindestens 8.000 Euro verlangt. In Ungarn bzw. Österreich können jährliche Gebühren bis zu rund 28.000 Euro pro Jahr anfallen. Ein Großteil der Studienangebote im EU-Ausland, dem Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz werden in Deutschland, auf Grundlage des Bologna-Prozesses, nach einer Überprüfung durch die zuständigen Anerkennungsbehörden ohne weitere Bedingungen für eine ärztliche Approbation anerkannt. Dies soll auch eine der zentralen Bedingungen für eine Gewährung eines solchen Stipendiums sein. Die für die Anerkennung ausländischer ärztlichen Berufsqualifikationen zuständige Behörde ist in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Stuttgart. Da die Studiengebühren bereits ab dem ersten Semester anfallen, soll eine Förderung ab dem ersten Semester erfolgen. Die Höhe der Förderung soll sich an der Höhe der tatsächlich anfallenden Studiengebühren orientieren, jedoch den Betrag von 4.000 Euro pro Semester bzw. 8.000 Euro pro Jahr nicht übersteigen. Höhere Studiengebühren müssen von den Medizinstudierenden selbst getragen werden. Dieses neuartige Stipendium soll zunächst nur jeweils zum Wintersemester vergeben werden.
Vergabe von Stipendien Durch die geplante Neustrukturierung und Aufwertung des Stipendienprogramms und den daraus möglichen Kombinationen können in Zukunft maximal neun Studierende gleichzeitig gefördert werden, sofern sieben reguläre Stipendien, ein PJ-Stipendium und ein Auslands-Stipendium vergeben werden. Alternativ wäre beispielsweise auch die gleichzeitige Förderung von vier regulären Stipendien, zweier PJ-Stipendien und eines Auslands-Stipendiums möglich. Die Vergabe von Stipendien erfolgt jeweils nach den verfügbaren Haushaltsmitteln, ein Rechtsanspruch auf ein Stipendium seitens der Bewerberinnen und Bewerbern besteht nicht.
Die Bewerberauswahl erfolgt weiterhin mit den üblichen Bewerbungsunterlagen sowie ggf. dem Nachweis über den bestandenen ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bzw. anderen hierzu äquivalenten Prüfungen. Nach Prüfung der Unterlagen erfolgt ein Vorstellungsgespräch mit der bereits bestehenden Fachkommission.
Finanzierung und Folgekosten
Im Rahmen des Stipendienprogramms fallen für den Ostalbkreis weiterhin Kosten in Höhe von bis zu 62.100 Euro jährlich für die Bereitstellung von Stipendien für Medizinstudierende an (vgl. Beschluss des Ausschusses für Soziales und Gesundheit vom 05.10.2021). Die Mittel sind im Haushalt unter der Kostenstelle 1270010000 „Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum“ eingestellt.
Anlagen
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Sichtvermerke
gez. Schönsee i.V. Grandy, Geschäftsbereich Gesundheit gez. Urtel, Dezernat V gez. Kurz, Dezernat II gez. Dr. Bläse, Landrat |
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