Bürgerinformationssystem
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Antrag der Verwaltung
Kenntnisnahme
Sachverhalt/Begründung
Alleinerziehende Eltern sind oftmals in der schwierigen Lage, Arbeit, Kinder und Haushalt alleine zu bewältigen. Diese Situation verschärft sich dann, wenn das Kind von dem anderen Elternteil keinen oder keinen ausreichenden Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erhält.
Das seit dem 01.01.1980 geltende Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) mildert in Form von Unterhaltsvorschussleistungen oder Unterhaltsausfallleistungen sowohl die finanzielle Belastung von Alleinerziehenden als auch deren Erziehungssituation. Der Bund übernimmt hier 40 % der Kosten, jeweils 30 % werden von Kreis und Land getragen.
Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hat ein Kind, wenn es bei einem alleinerziehenden Elternteil lebt, von dem anderen Elternteil nicht, nur teilweise oder nicht regelmäßig Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts erhält und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Des Weiteren besteht ein Anspruch, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil verstorben ist und die Waisenbezüge nicht mindestens in Höhe des monatlichen Leistungsbetrages nach diesem Gesetz erhält.
Zum 01.07.2017 wurde der Unterhaltsvorschuss reformiert. Bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres können Kinder nunmehr ohne zeitliche Beschränkung Unterhaltsvorschuss erhalten. Die bisher gültige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist entfallen.
Unter bestimmten Voraussetzungen besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ab 01.07.2017 ebenfalls ein Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen. Allerdings ist für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres zusätzlich Voraussetzung, dass sie selbst nicht auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angewiesen sind oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB-II-Bezug eigene Einkünfte in Höhe von mindestens 600 € brutto monatlich erzielt (§ 1 Abs. 1a Unterhaltsvorschussgesetz).
Es wird gewährleistet, dass der Staat mit Unterhaltsvorschuss oder SGB II im Bedarfsfall lückenlos für alle Kinder einspringt, wenn sie ihnen zustehende Unterhaltszahlungen nicht erhalten. Zugleich wird für die Haushalte, die nicht hilfebedürftig sind bzw. durch eigene Erwerbseinkünfte unabhängig von Grundsicherungsleistungen werden könnten, ein wichtiger Anreiz geschaffen, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern.
Der Unterhaltsvorschuss sichert nicht nur die finanzielle Situation der alleinerziehenden Familien ab, vielmehr gelingt es durch die Bemühungen der Unterhaltsvorschusskasse um die Unterhaltszahlungen des Partners (Rückgriff) oft, dass Unterhalt fließt. Der Unterhaltsvorschuss sichert zuverlässig die wirtschaftliche Stabilität der Familien und trägt zum Wohlergehen bei.
Die Höhe des monatlichen Leistungsbetrages ergibt sich aus dem Mindestunterhalt abzüglich des vollen Erstkindergeldes (§ 2 Abs. 1 u. 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes). Ab 01.01.2025 beträgt der Mindestunterhalt für Kinder unter 6 Jahren 482 €, für Kinder ab Vollendung des 6. Lebensjahres 554 € und für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres 649 €. Das Kindergeld beträgt derzeit 255 €.
Somit ergeben sich folgende Leistungsbeträge:
- 0 bis 5 Jahre 482 € abzgl. 255 € = 227 € - 6 bis 11 Jahre 554 € abzgl. 255 € = 299 € - 12 bis 17 Jahre 649 € abzgl. 255 € = 394 €
Ferner mindern sich diese Leistungsbeträge nach § 2 Abs. 3 Unterhaltsvorschussgesetz um geleistete Unterhaltszahlungen des familienfernen Elternteils oder um Waisenbezüge.
Für Berechtigte, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, mindern sich die monatlichen Unterhaltsleistungen zusätzlich um Einkünfte des Vermögens und den Ertrag ihrer zumutbaren Arbeit (§ 2 Abs. 4 des Unterhaltsvorschussgesetzes).
Mit der Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem zum Unterhalt verpflichteten Elternteil kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Ostalbkreis – Jugend und Familie – Unterhaltsvorschusskasse, bis zur Höhe der Unterhaltsleistung über. Dies gilt auch für die Waisenbezüge.
Die Unterhaltsvorschusskasse hat nach Bewilligung der Leistungen die übergegangenen Ansprüche beim unterhaltspflichtigen Elternteil bei entsprechender Leistungsfähigkeit geltend zu machen.
Aktuell bearbeitet die Unterhaltsvorschusskasse des Ostalbkreises 2.340 Fälle mit laufender Auszahlung und 1.290 Rückgriffsfälle, bei denen kein laufender Bezug mehr stattfindet, aber noch Unterhaltsansprüche zu realisieren sind.
Zu berücksichtigen ist, dass jeder Fall mit laufenden Auszahlungen immer zugleich auch ein Rückgriffsfall ist.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unterhaltsvorschusskasse beim Geschäftsbereich Jugend und Familie des Ostalbkreises haben pro Vollzeitkraft somit 336 Fälle zu bearbeiten (insgesamt 10,8 Vollzeitstellen).
Nachdem sich immer mehr Unterhaltsschuldner ihrer Zahlungspflicht ganz oder teilweise entziehen und die Ausgaben stetig steigen, kommt der Realisierung der Unterhaltsansprüche ein immer größerer Stellenwert zu.
Oftmals erfordert die Beitreibung des verauslagten Unterhalts detektivischen Spürsinn, da häufig der Aufenthaltsort und der Arbeitgeber des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht bekannt sind. Die Unterhaltsvorschusskasse ist daher auf die Auskünfte des Bundeszentralregisters in Berlin, der Meldeämter der Städte und Gemeinden, der Krankenkassen, Arbeitsämter und Finanzämter usw. angewiesen.
Bei zunehmend sinkender Zahlungsmoral ist die Geltendmachung der auf das Land übergehenden Unterhaltsansprüche ohne die Erhebung von Unterhaltsklagen bei den Amtsgerichten oder die Einleitung von gerichtlichen Mahnverfahren nicht möglich.
Die Durchführung von Pfändungen bei den Unterhaltsschuldnern vor Ort durch den Gerichtsvollzieher sowie Lohnpfändungen und Kontensperrungen stehen bei der Aufgabenerfüllung der Unterhaltsvorschusskasse auf der Tagesordnung.
Strafanzeigen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 Strafgesetzbuch werden in Einzelfällen gestellt. Diese sind nur erfolgversprechend, wenn der Unterhaltspflichtige sich unter realen Begebenheiten der Leistungspflicht bzw. der Zahlung entzogen hat. Fiktive Leistungsfähigkeit greift hier nicht.
Beispiel:
Unterhaltspflichtiger mit Schulabschluss und Ausbildung, keine Vorerkrankungen, arbeitet mtl. 80 Stunden im Einzelhandel. Einkommen ca. 1.200,00 Euro netto. Fiktiv gerechnet wäre ein Einkommen in Höhe von mindestens 2.500,00 Euro netto bei einer Vollzeitbeschäftigung zu erzielen. Diese fiktive Leistungsfähigkeit (Hochrechnung auf Vollzeitbeschäftigung) greift bei einer Strafanzeige nicht.
Auch bei Vorliegen eines rechtskräftigen Unterhaltsurteils folgt nicht zwangsläufig, dass der den Unterhalt säumige Schuldner den Straftatbestand des § 170 StGB erfüllt. Die Strafnorm knüpft daran an, ob der Schuldner materiell-rechtlich Unterhalt schuldet und diesen dennoch nicht leistet. Der Strafrichter hat die Voraussetzungen einer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht anhand der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse detailliert zu prüfen.
Falls aus der Strafanzeige des Unterhaltsberechtigten keine ausreichenden Informationen hervorgehen, werden Strafverfolgungsbehörden und Justiz i. d. R. wegen des erheblichen Ermittlungsaufwands auf eine Verfahrenseinstellung hinwirken.
Eine Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung kann für den Beschuldigten weitreichende Folgen haben, zum Beispiel bei der Arbeits- und Wohnungssuche oder die Versagung der Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren bedeuten. In der Vergangenheit waren die Unterhaltspflichtigen in unseren Fällen vielfach nicht leistungsfähig, insbesondere durch die Anhebung des Selbstbehalts nach der Düsseldorfer Tabelle auf 1.450 € für erwerbstätige Unterhaltspflichtige.
Die Gesamtausgaben beliefen sich im Haushaltsjahr 2023 auf 7.469.389 € und die Einnahmen auf 1.741.816 €, was einer Rückgriffsquote von 23,32 % entspricht.
Die Gesamtausgaben für das Haushaltsjahr 2024 haben sich auf 8.749.344 €, ebenso wie die Einnahmen auf 1.927.537 € erhöht. Dies entspricht einer Rückgriffsquote von 22,03 %.
Insolvenzverfahren und Unterhaltsvorschuss:
Unterhaltspflichtige Elternteile trifft eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Bei der gesteigerten Unterhaltspflicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sieht die Rechtsprechung eine Verpflichtung des Schuldners bzw. der Schuldnerin zur Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens vor. Danach muss der Unterhaltsschuldner bzw. die Unterhaltsschuldnerin ein Verbraucherinsolvenzverfahren einleiten, wenn dies gesetzlich zulässig ist und er oder sie auf diese Weise seinen bzw. ihren Unterhaltsverpflichtungen vorrangig nachkommen kann.
Mit dem Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vom 22.12.2020 wird überschuldeten Verbraucherinnen und Verbrauchern ein schnellerer Neuanfang ermöglicht. Das Gesetz ist am 31.12.2020, bzw. teils rückwirkend zum 01.10.2020 in Kraft getreten. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens erfolgte auf drei Jahre statt wie bisher im Regelfall sechs Jahre.
Bei der Unterhaltsvorschusskasse des Ostalbkreises kann aber trotz der Verkürzungen des Restschuldbefreiungsverfahren kein besonderer Trend beobachtet werden, wie in etwa ein sprunghafter Anstieg von Insolvenzfällen.
Nachfolgend ist dargestellt, wie sich die Insolvenzfälle beim Unterhaltsvorschuss in Bezug auf unterhaltspflichtige Elternteile seit dem Jahr 2018 entwickelt haben:
Ausblick:
Im Jahr 2019 beliefen sich die laufenden Zahlfälle im Unterhaltsvorschuss auf 1.963. Im Jahr 2024 betrugen die laufenden Zahlfälle bereits 2.331.
Anhand der nachfolgenden Darstellung ist davon auszugehen, dass sich die laufenden Fallzahlen auch in den kommenden Jahren stetig erhöhen werden:
Gründe für die Erhöhung der Fallzahlen ist beispielsweise auch eine allgemein schlechtere wirtschaftliche Situation. Einige unterhaltspflichtige Elternteile leben am Existenzminimum, erzielen zum Teil Arbeitslöhne, welche nur knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.
Vermehrt kommt es daher vor, dass unterhaltspflichtige Elternteile aufgrund des Einkommens nur zum Teil leistungsfähig sind und der Staat zur Sicherung des vollständigen Kindesunterhalts einspringen muss.
Finanzierung und Folgekosten
Die Finanzierung der Unterhaltsvorschussleistung erfolgt zu 40 % vom Bund, dem Land Baden-Württemberg und dem Ostalbkreis zu jeweils 30 %. Zusätzlich wird der Ostalbkreis zu einem Anteil von 40 % an den Einnahmen beteiligt.
Im Haushaltsplan 2025 sind 8.300.000 € an Aufwendungen für Unterhaltsvorschussleistungen eingestellt.
Unter Berücksichtigung der Zuschüsse von Bund und Land in Höhe von 4.662.550 € ergibt sich ein Zuschussbedarf für den Ostalbkreis von 1.729.200 €.
Die Verwaltungsausgaben (Personalaufwand und Sachkosten) für die Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes trägt der Landkreis.
Anlagen
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Sichtvermerke
gez. Funk, Geschäftsbereichsleiterin gez. Urtel, Dezernat V gez. Kurz, Dezernat II gez. Dr. Bläse, Landrat |
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