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Vorlage - 013/2024  

 
 
Betreff: "ÖPNV - neu denken"
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Kenntnisnahme
06.02.2024 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis.

 


Sachverhalt/Begründung

 

Im Spätherbst 2019 startete der Prozess „ÖPNV –neu denken“. Anhand der „verbindlichen Zusage“ vereinbarten Unternehmerschaft und Landkreis ein gemeinsames Reform- und Entwicklungspaket. Es wurden vor allem strukturelle Änderungen der grundsätzlichen ÖPNV-, Organisations- und Beteiligungsstruktur, die Umwandlung der OstalbMobil GmbH in einen durch Unternehmerschaft und Aufgabenträger gleichermaßen getragenen Verkehrsverbund („Mischverbund“) vereinbart. Zudem wurde ein Paket an inhaltlichen Aspekten, u.a. die externe Prüfung betriebsnotwendiger Entgelte, Tarifreformen, Präsenz von OstalbMobil auf den Omnibussen und ein großes Verkehrskonzept inkl. kreisweiter Vertaktung beschlossen.

 

Im September 2023 wurden die Mitglieder des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung in einer Klausurtagung über den Sachstand der Umsetzung informiert und ein Evaluierung des Prozesses vorgenommen.

 

Die Mitglieder des Ausschusses waren sich dabei mit der Kreisverwaltung einig, dass das in den vergangenen Jahren unzweifelhaft gemeinsam Erreichte angesichts der widrigen Umstände durchaus beachtenswert gewesen ist. Die Bewältigung der externen Krisen (CoronaPandemie, Energiekrise, ÖPNV-Rettungsschirme, 9-Euro-Ticket etc.) gelang im Ostalb-ÖPNV weitgehend geräuschlos ohne Einschränkung für die Fahrgäste, band jedoch erhebliche Ressourcen bei allen Beteiligten.

 

Als gewinnbringend eingeschätzt wurde insbesondere die Etablierung der OstalbMobil GmbH, etwa durch einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat und einer breiten Vertretung der Kreispolitik in der Gesellschafterversammlung. Hierdurch konnten ein vertieftes gegenseitiges Verständnis der mitunter außerordentlichen komplexen Abläufe, Zusammenhänge und Abhängigkeiten erreicht werden. An dieser etablierten Organisations-Grundstruktur wird festgehalten.

 

Als außerordentlich nachteilig wurden u.a. die Umsetzungsgeschwindigkeit verkehrlicher Planungen angesehen. Zudem muss dringend an einer Reduzierung der Komplexität des ÖPNV-Systems im Ostalbkreis gearbeitet werden. Die komplizierten Abläufe in einer Vielzahl von Handlungsfeldern nimmt bei allen Beteiligten ein hohes und kaum zu bewerkstelligendes Maß an, das sich in entsprechenden Kosten und Personalaufwand niederschlägt. Hierzu müssen Übereinkünfte fixiert werden, um nachhaltige Vereinfachungen zu erreichen. Diese umfassen folgende Aspekte:

 

1. Vereinfachung Abrechnung Barverkäufe („Handling“)

2. Umsetzung Verkehrskonzepte in den Teilräumen

3. Digitalisierung

4. Antriebswende

 

 

Grundsätze der Finanzierung und wettbewerblichen Gestaltung

 

Nach den derzeitigen Verhandlungsrunden zwischen Aufgabenträger und Unternehmerschaft wurde Folgendes vereinbart: Die über die jeweiligen Satzungen des Ostalbkreis (Ausbildungsverkehrssatzung, ÖPNV-Höchsttarifsatzung) praktizierte ÖPNV-Finanzierung wird beibehalten. Sie dient der rechtskonformen und auf den jeweiligen Leistungserbringer ausgerichteten Finanzierung der ÖPNV-Dienstleistungen. Im Rahmen der Überkompensationskontrolle nach dem Deutschlandticket-Zuscheidungsvertrag wird, für den Fall testierter Überkompensationen, auf eine Absenkung der Haustarife hingewirkt.

 

Die Unternehmen verpflichten sich dabei künftig dazu, ihre Haustarife nach §39 PBefG („notwendiges Beförderungsentgelt“ – „BE39“) bei entsprechenden Verkaufsentwicklungen, wie z.B. dem D-Ticket oder JugendTicket BW, anzupassen bzw. abzusenken. Dieses Verfahren hat sich in den letzten Monat bereits bewährt, indem Unternehmen aufgrund der gestiegenen JugendTicket-Verkäufe eine Absenkung ihres Entgeltes vorgenommen haben. Sofern es die Kreispolitik/Landkreisverwaltung für erforderlich hält, ist eine externe Prüfung des „BE39“ durch Dritte vorzunehmen. Die Unternehmen arbeiten, gesetzt dieses Falles, konstruktiv mit.

 

Um die vielfältigen Beziehungen, insbesondere administrativer Art, drastisch zu reduzieren wird angestrebt, dass künftig nur noch vier bis fünf große Busunternehmen als Generalunternehmer mit direkter Abrechnungsbeziehung zum Verbund und zum Aufgabenträger für die Linienbündel im Genehmigungswettbewerb verantwortlich sind und nicht mehr wie bisher alle 16 Busunternehmen einzeln. Die übrigen kleineren und mittleren Busunternehmen fungieren als Auftragsunternehmer ohne direkten Abrechnungsaufwand mit Verbund und Aufgabenträger. Die vereinfachte Abrechnung erfolgt ausschließlich mit dem Generalunternehmer. Somit reduzierten sich die Abrechnungskomplexe massiv. Auch würde künftig nur noch der Generalunternehmer als zentrales Ansprechpartner fungieren. Analoge Konstruktionen gibt es bereits in anderen Landesteilen, etwa im Regio-Nahverkehrs Freiburg, im Landkreis Göppingen oder im Landkreis Freudenstadt.

 

Bezüglich der wettbewerblichen Gestaltung gibt es folgende Absicht: Ziel ist ein qualitativer Genehmigungswettbewerb durch eigenwirtschaftlich agierenden Unternehmen innerhalb der acht Linienbündel. Das Linienbündelungskonzept als solches bleibt dabei bestehen. Allerdings sind Anpassungen in den Zuschnitten und Linienführungen notwendig. Hierzu bedarf es eines Updates des aktuell gültigen Nahverkehrsplanes.

 

Dies geschieht aller Vorrausicht nach im Frühjahr 2024 im Rahmen der Anpassung der Bedienstandards des Nahverkehrsplanes, wie sie in der Arbeitsgruppe „Sparpaket ÖPNV und Schülerbeförderung“ am 18. Januar 2024 besprochen wurden.

 

An dem Instrument der Vorabbekanntmachung wird festgehalten, um als Aufgabenträger in  wettbewerblichen Verfahren bestmöglich, anhand der definierten objektiven Kriterien, vergleichen und entscheiden zu können. Dieses Instrument entfaltet vor allem dann seine Relevanz sofern keine eigenwirtschaftlichen Anträge eingehen. Ein Verfahren an dessen Ende ein nach vergaberechtlichen Gesichtspunkten darzustellender ÖPNV steht, ist nicht auszuschließen. Entscheidend ist es, hiermit Planungssicherheit für alle Beteiligten sicherzustellen.

 

Neben diesen Grundsätzlichkeiten sind folgende Verpflichtungen seitens der Unternehmerschaft vorgesehen, um die Strukturen zu optimieren:


  1. Vereinfachung Abrechnung Barverkäufe („Handling“)

 

Die Unternehmerschaft verpflichtet sich dazu, ihren Beitrag dazu zu leisten, die im Ostalbkreis entstandene hochkomplexe Struktur massiv zu vereinfachen. Dies gilt vor allem für Fragen der Abrechnung und der Einnahmeaufteilungsverträge (EAV). Hier gilt es sowohl für die vergangenen Jahre, als auch für die kommenden Jahre schlanke Verfahrungslösungen zu finden.

 

Die Vergangenheit der Jahre 2019 bis 2023 bedarf am dringlichsten eines einvernehmlichen Abschlusses. Geringfügige Ansprüche, die zu Zeitverzögerungen führen und unverhältnismäßig sind, werden dabei aufgeben. Somit wird eine andauernde, weitere Lähmung des Verbundes ausgeschlossen.

 

Für die Jahre 2024/2025 ist eine richtlinienkonforme Abrechnung seitens des Verbunds und Aufgabenträgers zu priorisieren. Hierzu wird im Gegenzug eine Rechtsmittelverzichterklärung der Verkehrsunternehmen abzugeben. Die erforderliche Mitwirkung der Verkehrsunternehmen z.B. durch Datenlieferung muss zugesagt werden.

 

Ab 2026 wird ein nachfrageorientiertes EAV-Systems entlang der Vorgaben des Bundes und des Landes implementiert.

 

 

  1. Umsetzung Verkehrskonzepte in den Teilräumen

 

Auch unter dem Eindruck der geänderten, sich fortan schwieriger gestalteten Finanzlage ist es notwendig, verkehrsplanerische Prozesse fortan schneller entscheidungs- und

umsetzungsfähig zu beschleunigen. Im Fokus wird künftig der sich veränderte Mix im Linienverkehr hin zu bedarfsorientierten Systemen eine tragende Rolle spielen.

 

Dabei sind verkehrliche Leistungen, einheitliche Plattformen ebenso entscheidend wie die herzustellende Vereinheitlichung der Infrastruktur, z.B. an Haltestellen. Die Busunternehmerschaft verpflichtet sich zu einer aktiven Zusammenarbeit.

 

 

  1. Digitalisierung

 

Bei der Digitalisierung konnten in den letzten Jahren einiges erreicht werden. Im Landesvergleich spielt OstalbMobil hier vorne mit, etwa bei der sehr gelungenen Umsetzung der App     oder den elektronisch les- und prüfbaren Fahrkarten (JugendTicket BW etc.).

 

Nichtsdestotrotz bedarf es einer deutlichen Reduktion von Parametern und technischer Prozessen. Zur vollen Potentialausschöpfung ist die technische Kompatibilität untereinander, unternehmensübergreifend zu gewährleisten. Sonderwege sollen dabei vermieden werden. Dabei wird ein hohes Maß (Bordrechner, Fahrzeuge, DFI, AFZS) an standardisierter Infrastruktur sichergestellt.

 

Gegenüber dem Fahrgast ist ein einfacher Zugang zum ÖPNV-System durch digitalisierte Zugänge herzustellen. Bargeldlose Zahlungsvorgänge werden bis 2025 weitgehend umgesetzt. 

 

  1. Antriebswende

 

Künftig wird eine kreisweite Planung von E-Mobilität (insbesondere Infrastruktur) mit einheitlichen Standards durch Aufgabenträger und Verkehrsverbund vorgenommen. Die Bündelung von Förderprozessen durch Aufgabenträger und Verkehrsverbund (auch zur Sicherstellung der Förderunschädlichkeit) wird dabei umgesetzt. Zentral ist dabei auch eine diskriminierungsfreie gegenseitige Nutzung von Ladeinfrastruktur, auch auf den Betriebshöfen. Ein gemeinsames Konzept zur Umsetzung der Antriebswende soll noch in 2024 zu entwickelt werden. Gemeinsame Ausschreibungen sollen dabei den Prozess deutlich beschleunigen.

 

 

 

Fazit

 

Die Landkreisverwaltung sieht sich auf einem guten Wege, gemeinsam mit OstalbMobil und der Unternehmerschaft, eine tragfähige Lösung zu erarbeiten, die den Zielen eines verlässliche finanzierbaren ÖPNV vor allem des Aufgabenträgers und der Zufriedenheiten der knapp 22 Millionen jährlichen Fahrgästen in den Bussen und Bahnen des Landkreises dient. Es schafft zudem Planungssicherheit für die Unternehmerschaft bei der Bewältigung der vielen anstehenden Prozesse im Ostalb-ÖPNV.

 

 

 

Weiteres Verfahren

 

Die hier skizzierten Inhalte wurden mit der Arbeitsgruppe-OstalbMobil am

15. Dezember 2023 besprochen. Im kommenden Schritten wird gegenüber der gesamten Unternehmerschaft am 9. Februar 2024 unter Einbezug der ÖPNV-Rechtsberatung des Landkreises, Prof.  Dr. Holger Zuck, das Reformpaket („ÖPNV- neu denken +“) besprochen. Sofern der Kreistag zustimmt, würden entsprechende Vereinbarungen geschlossen.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

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Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Gehlhaus Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität

gez. Wagenblast, Dezernat VII

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat