Bürgerinformationssystem

Vorlage - 214/2023  

 
 
Betreff: Vollzeitpflege im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
06.12.2023 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) ist eine Form der Hilfe zur Erziehung, bei der Kinder beziehungsweise Jugendliche vorübergehend oder auf Dauer außerhalb ihres elterlichen Zuhause bei einer Pflegefamilie oder einer geeigneten Pflegeperson untergebracht werden.

 

Die Vollzeitpflegeeltern ermöglichen den Kindern und Jugendlichen, welche einer Betreuung und Unterbringung außerhalb ihrer Herkunftsfamilie bedürfen, ein Aufwachsen in einer Familie. Diese familiäre Form der stationären Jugendhilfe ist daher die für das Kindeswohl in der Regel bestmögliche Fremdunterbringung und gleichzeitig auch mit deutlich geringeren Kosten verbunden als z.B. die Heimerziehung. Dem Kind oder Jugendlichen soll durch das Eingehen neuer Beziehungen und Bindungen und die Erziehung in einer Pflegefamilie eine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ermöglicht werden. Damit Pflegefamilien sowohl allgemeine als auch spezifische Anforderungen gut bewältigen können und die Chance auf ein gelingendes Pflegeverhältnis wächst, sind entsprechende fachliche, strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen wichtig.

 

Es gibt im Ostalbkreis drei verschiedene Arten von Pflegeverhältnissen:

 

Bereitschaftspflege:
Bereitschaftspflegeeltern stehen der Rufbereitschaft des Jugendamtes zur Verfügung. Bereitschaftspflegefamilien (BPF) sind immer abwechselnd 14 Tage lang „rund-um-die-Uhr“ aufnahmebereit für im Notfall schutzbedürftige Kinder (Jugendliche werden in solchen Akutsituationen in der Regel in Jugendhilfeeinrichtungen in Obhut gegeben). 
 

Kurzzeitpflege:
Kurzzeitpflegeeltern stehen zur Verfügung, wenn ein Kind/Jugendlicher für eine kurze Zeit untergebracht werden muss oder es noch keine klare Perspektive (Dauerpflege, Rückkehr in die eigene Familie) gibt. Die Kurzzeitpflege ist zumeist auch kurzfristig, aber doch vorbereitet und geplant und dauert in der Regel ca. 6 - 9 Monate.
 

Dauerpflege:
Dauerpflege ist die reguläre Vollzeitpflege und ist auf eine längerfristige Integration des Kindes oder Jugendlichen in die Pflegefamilie ausgerichtet. Die Hilfedauer kann auch hier variieren, von einem mittelfristigen Zeitraum mit Rückführungsperspektive (2 - 4 Jahre) in die Herkunftsfamilie, bis zu langfristig angelegten Hilfen, die über die Volljährigkeit hinaus die jungen Menschen in die Verselbständigung begleiten.

II. Aktuelle Situation:

 

Der Ostalbkreis ist in der Vollzeitpflege im Vergleich zu anderen Landkreisen in Baden-Württemberg gut aufgestellt. Aktuell werden von den Pflegefamilien im Ostalbkreis 164 Kinder und Jugendliche in Dauerpflege, 46 in Verwandtenpflege, 20 Kinder und Jugendliche in Kurzzeitpflege und bei Bedarf in 4 Bereitschaftspflegestellen betreut. Insgesamt werden 230 junge Menschen durch 182 Pflegefamilien in diesem familiären Rahmen versorgt. Dennoch wird es durch die gesellschaftlichen Veränderungen immer schwieriger, geeignete Familien in erforderlicher Zahl zu gewinnen. Derzeit läuft ein Schulungskurs mit 20 neuen Pflegestellenbewerbern. Dieser wird im Januar 2024 abgeschlossen sein. Dies gibt Zuversicht, dass wir auch weiterhin Kindern, die aus unterschiedlichsten Gründen einer Fremdunterbringung bedürfen, eine familiäre Lebenssituation in einer Pflegefamilie ermöglichen können. Für die Pflegeeltern des Ostalbkreises werden regelmäßig Fortbildungen und Schulungen angeboten und es finden jährlich ein Erlebnis-Klettertag und das traditionelle Sommerfest statt, bei dem Herr Landrat alle Pflegeeltern und Pflegekinder auf der Kolpinghütte in Aalen begrüßt und zu Kaffee und Kuchen einlädt.

 

Das Engagement als Pflegefamilie und die damit einhergehenden Herausforderungen durch den meist erhöhten Erziehungsbedarf der Kinder machen es in den meisten Fällen erforderlich, dass eine Pflegeperson vollständig für die Erziehungsverantwortung zur Verfügung steht. Die Anzahl der Familien mit diesen Voraussetzungen ist aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen mit verstärkter Berufstätigkeit von Frauen rückläufig. Dabei leisten Pflegefamilien einen wesentlichen Beitrag zur stationären Jugendhilfe. Die Hälfte der im Ostalbkreis fremduntergebrachten jungen Menschen werden in Pflegefamilien betreut.

 

Gerade Kurzzeitpflegeeltern sind durch die Aufnahme von Kindern aus oft schwierigen familiären Situationen, in der Phase der kritischen Perspektivklärung, besonderen Belastungen und Herausforderungen ausgesetzt. Hier gilt es durch fachliche Schulungen und enge Begleitung unseres Pflegekinderdienstes weiter gute Rahmenbedingungen für Pflegeeltern und Pflegekinder zu schaffen. Gleichzeitig gilt es auch, eine auskömmliche Kostentragung für die Erziehungsleistung der Pflegefamilien zu gewährleisten.

 

Im Rahmen der Vollzeitpflege trägt das Jugendamt die Kosten für den Unterhalt und die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Dabei wird dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung getragen. Seit der einstimmigen Beschlussfassung in der Jugendhilfeausschusssitzung vom 04.07.2006 werden die Empfehlungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) im Ostalbkreis angewandt. Aufgrund der allgemeinen Teuerung und um die Attraktivität der Vollzeitpflege zu erhalten, wurden diese Empfehlungen für die monatlichen Pflegesätze zum 01.01.2024 fortgeschrieben.

 

Alter des Pflegekindes

(von...bis

unter...Jahren)

Kosten für den Sachaufwand (€)

Kosten für Pflege und Erziehung (€)

 

Gesamt

(€)

 

bisher

(€)

 

0 - 6

 

731

 

420


1.151

951

 

6 -12

 

864

 

420

 

1.284

1.095

 

12 - 18

 

1.025

 

420

 

1.445

1.231

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Finanzierung erfolgt im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Erziehung über das Produkt 36.30.03.01.70, § 33 SGB VIII, Vollzeitpflege.

 

Im Jahr 2022 wurden im Ostalbkreis für Vollzeitpflege, abzüglich der Kostenbeiträge der Eltern, Kosten in Höhe von 2.662.166 € getragen. Für das Jahr 2023 sind Kosten in Höhe von ca. 2.834.000 € zu erwarten.

 

Durch die Anhebung der Pflegesätze zum 01.01.2024 sind Mehrkosten von ca. 560.000 € zu erwarten. Eine Erhöhung der Pflegesätze wurde im Haushaltsansatz 2024 einkalkuliert.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Schlipf i. V. Funk, Geschäftsbereichsleiterin V/51

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat