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Vorlage - 100/2023  

 
 
Betreff: Bericht zur Situation der Geflüchteten aus der Ukraine
Status:öffentlich  
Federführend:Jobcenter Ostalbkreis Beteiligt:D e z e r n a t V
Beratungsfolge:
Ausschuss für Arbeit und Grundsicherung Kenntnisnahme
20.06.2023 
Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Grundsicherung zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme.

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Ausgangssituation und Allgemeines

 

Durch den Krieg in der Ukraine verließen seit vergangenem Jahr mehrere Millionen Menschen das Land und flüchteten. So kamen auch bislang rund 3.950 Geflüchtete in den Ostalb-kreis und wurden hier in Unterkünften und privaten Wohnungen untergebracht.

 

In der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder im April 2022 wurde beschlossen, den Geflüchteten den Zugang zur Grundsicherung zu ermöglichen und ihnen somit Leistungen nach dem Zweiten bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ab 01.06.2022 zu gewähren.

 

 

Auswirkungen auf das Jobcenter Ostalbkreis

 

Bereich Leistung

 

Seit Juni 2022 wurden 1.837 Anträge von Geflüchteten aus der Ukraine auf Leistungen nach dem SGB II gestellt. Rund ein Viertel der Antragsteller/Bedarfsgemeinschaften haben den Ostalbkreis bereits wieder verlassen. Dies sind Umzüge in andere Landkreise, Rückkehr in die Ukraine und Ausreise in Drittstaaten. Auch Übertritte in die Grundsicherung SGB XII fallen hierunter.

 

Insgesamt beziehen im Jobcenter Ostalbkreis aktuell 1.791 erwerbsfähige Leistungsberechtigte und 870 Kinder unter 15 Jahre in 1.228 Bedarfsgemeinschaften Leistungen nach dem SGB II. In einer Bedarfsgemeinschaft leben durchschnittlich 2,2 Personen.

 

Nach wie vor werden monatlich durchschnittlich rund 50 Neuanträge auf Bürgergeld nach dem SGB II von Familien, die aus der Ukraine geflohen sind, gestellt. Zuvor bezogen sie im Regelfall Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Zugangsvoraussetzungen für die Leistungen nach dem SGB II sind erfüllt, sobald sich die Personen beim Einwohnermeldeamt ihres Wohnortes angemeldet haben, bei der zuständigen Ausländerbehörde erkennungsdienstlich behandelt wurden und ein Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestellt wurde. Weitere Prüfungskriterien, wie vorhandenes Einkommen und Vermögen, sind ebenfalls bei der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II zu beachten.

 

 

Bereich Markt & Integration

 

Neben der Versorgung der Menschen mit Geldleistungen sollen die Geflüchteten baldmöglichst Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt finden. Obwohl die Menschen überwiegend einen höherwertigen Schul- und Ausbildungsabschluss vorweisen, sprechen laut einer Studie des Bundesministeriums des Innern und für Heimat nur 4% dieser Menschen Deutsch und 10% Englisch. Das Erlernen der Sprache ist nach wie vor die größte Herausforderung auf dem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt. Nach Abschluss der Sprachförderung gilt es, eine gute Orientierung für die beruflichen Möglichkeiten in Deutschland zu bekommen. Hier geht es sowohl um die Anerkennung verwertbarer Schul- und Berufsabschlüsse als auch um berufliche Weiterbildung. Oftmals stimmte der in der Ukraine erworbene Berufs- oder Studienabschluss nicht mit den ausgeübten Tätigkeiten im Heimatland überein. Etwa die Hälfte der Geflüchteten sind Frauen mit Kindern, bei denen vorrangig die Kinderbetreuung und der Schulbesuch geklärt werden müssen.

 

 

Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt

 

Die ersten Integrationsmaßnahmen hat das Jobcenter bereits ab 01.07.22 durchgeführt. Dabei handelt es sich um niedrigschwellige Angebote mit Sprachanteilen. Diese dienen in erster Linie dazu, die Zeit bis zur Teilnahme an einem Integrationskurs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sinnvoll zu überbrücken sowie die ersten Schritte in Richtung Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Deutsche Angestelltenakademie (DAA) stellte in der Beiratssitzung am 25.05.23 eine dieser Maßnahmen vor und berichtete über Erfahrungen und Ergebnisse.

 

Ab 01.07. bzw. 01.09.23 werden weitere Maßnahmen ausgeschrieben, bei denen die berufliche Orientierung, Beratung zu Aus- und Weiterbildung sowie die Vermittlung in Arbeit im Vordergrund stehen. Die ukrainischen Geflüchteten zeigen zum großen Teil eine hohe Motivation in Deutschland nachhaltig beruflich Fuß zu fassen. Sofern eine Tätigkeit als Fachkraft angestrebt wird, kann im Regelfall von einer beruflichen Integrationszeit zwischen 3-5 Jahren ausgegangen werden. Bei einem kleineren Teil ist noch unklar, ob sie in Deutschland bleiben möchten. Diese Personen bemühen sich um eine schnelle Arbeitsaufnahme im Helferbereich.

 

Zusätzlich zu den Integrationsmaßnahmen finden auch bereits niedrigschwellige Fortbildungen in den Bereichen Metall, IT, Elektro und Pflege statt.

 

Sprachförderung

 

Die Sprachförderung erfolgt bei anerkannten Trägern und wird über das BAMF finanziert. Die Teilnehmenden können den Träger nach Vorgaben des BMAF frei wählen. Der Mangel an Lehrkräften und Räumlichkeiten zur Durchführung der Kurse hat sich inzwischen etwas entspannt. Rund 70% der Geflüchteten finden zeitnah einen Platz in den Integrationskursen. Nach wie vor gibt es jedoch Wartezeiten auf einen Platz in den Vormittagskursen bzw. den Kursen mit Kinderbetreuung je nach Region von bis zu 4 Monaten. Die individuelle Teilnahmedauer liegt zwischen 7-9 Monaten bis zum Erreichen des Sprachniveaus B1. Für eine Aus- und Weiterbildung wird jedoch zumeist das Sprachniveau B2 empfohlen oder vorausgesetzt. Hierfür verlängert sich die Zeit im Sprachkurs um ca. weitere 5 Monate.

 

 

Netzwerke

 

Das Jobcenter ist gemeinsam mit dem Geschäftsbereich Integration und Versorgung in allen wichtigen Netzwerken für die Geflüchteten aus der Ukraine aktiv. Neben den Städten und Gemeinden sind dies beispielsweise Träger der freien Wohlfahrtspflege, diverse ehrenamtliche Initiativen, Sprachkursträger und Träger von Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration, Kammern und Arbeitgeberverbände, Anerkennungsstellen, Banken sowie Krankenkassen.

Fazit und Ausblick

 

Es herrscht nach wie vor eine große Dynamik bei der Wohnraumsuche bzw. Unterbringung der Geflüchteten. Dies bringt einen sehr großen Beratungsaufwand gegenüber Leistungsberechtigten, Vermietern, aber auch ehrenamtlichen Helfern mit sich. Durch die gute Netzwerkarbeit gelingt dem Jobcenter ein schneller Informationsaustausch. Entsprechende Anfragen und Anträge können zügig bearbeitet werden.

 

Der Bereich Markt & Integration unterstützt den Leistungsbereich seit Beginn des Rechtskreiswechsels der Geflüchteten personell. Damit stehen weniger Kapazitäten für die Arbeitsmarktintegration zur Verfügung. Die Unterstützung wird voraussichtlich noch bis Ende 2023 notwendig sein, um eine zeitnahe Auszahlung der Leistungen zu gewährleisten.

 

Die ersten Gruppen haben ihre Integrationskurse bis B1 bereits beendet bzw. beenden diese vor der Sommerpause. Diese Menschen erhalten für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration verstärkt Beratungs- und Maßnahmeangebote.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Für das Jahr 2023 wird im Jahresdurchschnitt mit 1.250 Bedarfsgemeinschaften ukrainischer Geflüchteter gerechnet. Die daraus resultierenden Mehrkosten im Bereich der laufenden Kosten der Unterkunft betragen voraussichtlich rund 6.500.000 €. Hinzu kommen zusätzliche Ausgaben für die Erstausstattung Wohnung und Bekleidung von prognostizierten 400.000 € sowie 290.000 € für Bildung und Teilhabeleistungen und 180.000 € für Kinderbetreuungskosten. Insgesamt wird daher mit kommunalen Mehrausgaben in Höhe von 7.370.000 € gerechnet.

 

Die Einnahmen aus der Bundesbeteiligung an den zusätzlichen Kosten für Unterkunft sowie aus Erstattung von anderen Sozialleistungsträgern für diesen Personenkreis werden sich auf rund 4.890.000 € belaufen. Somit ergibt sich ein kommunaler Nettoaufwand in Höhe von 2.480.000 €. Dieser wird zu einem Großteil durch die vom Land weiterzugebende Erstattung des Bundes für Geflüchtete aus der Ukraine gedeckt werden können. Im Haushalt 2023 wurde diese Erstattung mit 2.153.000 € eingeplant.

 

Im Eingliederungsbudget stehen für das Jahr 2023 insgesamt 5.500.000 € zur Verfügung. Das Jobcenter verfügt daher im laufenden Jahr über ausreichend Finanzmittel, um die Maßnahmen und Einzelförderungen für Geflüchtete zu finanzieren.

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Koch, Geschäftsführer

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat