Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung
Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis.
Sachverhalt/Begründung
Der Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung aus dem Jahr 2021 sieht zur Erreichung der klimapolitischen Ziele eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 55% bis 2030 im Verkehrssektor vor. Der ÖPNV und dessen Ausbau spielt dabei eine tragende Rolle („Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030“). Das zentrale Angebotselement stellt hierbei die „Mobilitätsgarantie“ dar. Ein mögliches Instrumentarium zur Finanzierung solle dabei der „Mobilitätspass“ bilden. Beides möchte das Land im Rahmen eines Mobilitätsgesetzes normieren. Kurz zur Erinnerung und Einordnung.
Mobilitätsgarantie
Im Koalitionsvertag heißt es: „Mit einer Mobilitätsgarantie sorgen wir für einen verlässlichen ÖPNV von früh bis spät, in Stadt und Land.“ Schlussendliches Ziel ist es, alle geschlossenen Ortschaften von 5 Uhr bis Mitternacht per ÖPNV erreichbar zu machen. Abgestuft nach bevölkerungsstrukturellen Kategorien sollen entsprechende Taktungen (15-/30-/60-Minuten) einführt werden. Der Ostalbkreis hat sich in seiner Fortschreibung des Nahverkehrsplanes diese Absichten im Grundsatz als Planungsgrundlage zu Eigen gemacht, jedoch, wie auch das Land, die letztliche Finanzierbarkeit noch offengelassen - in Erwartung von konkreten Finanzierungsaussagen von Seiten der grün-schwarzen Landesregierung zu einem der zentralen Reformvorhaben aus dem Koalitionsvertrag.
Mobilitätspass
„Zur Finanzierung von Angebotsausbau und günstigen Tarifen soll die kommunale Ebene per Landesgesetz das Recht erhalten, auch mit einem Mobilitätspass Einnahmen zu erzielen.“ Die zur Zahlung einer solchen Nahverkehrsabgabe verpflichtete Person bekommt im Gegenzug ein ÖPNV-Guthaben, das zum Kauf von ÖPNV-Zeitkarten genutzt werden kann, auch für das neue Deutschland-Ticket. Ein Mobilitätspass soll dabei natürlich nicht bloß Mittel generieren, sondern auch einen Prozess zur individuellen Auseinandersetzung hinsichtlich einer Nutzungsverhaltensänderung anregen.
Modellregion Ostalbkreis
Um einen frühzeitigen und möglichst exakten Überblick zu bekommen, wohin die Planungen des Landes führen, hatte sich der Ostalbkreis in 2021 erfolgreich als Modellregion beworben. Mit anderen Modellregionen (u.a. Biberach, Ludwigsburg, Mannheim, Stuttgart etc.) wurden die Überlegungen zum Landesgesetz in insgesamt sieben Arbeitsgruppen-Treffen diskutiert. Zudem dienten die Modelregionen dazu exemplarisch die Wirkungen der Mobilitätsgarantie und des Mobilitätspasses zu errechnen.
Ergebnisse Mobilitätsgarantie Ostalbkreis
Für die Realisierung in der sogenannte Stufe 1 (Hauptverkehrszeit: 6-9 Uhr/16-19 Uhr) werden für den Ostalbkreis 3,3 Mio. km Mehrfahrleistungen/Jahr durch den in kommunaler Verantwortung liegenden ÖPNV unterstellt. Das Land attestierte dabei Mehrkosten von 7,8 Mio. Euro. Das derzeitige Angebot pro Jahr liegt bei etwa 11 Mio. km. Die zugrunde gelegte Methodik der Berechnung wird allgemein als plausibel angesehen, wenngleich die angenommenen Kostensätze als zu nieder eingeschätzt werden, insbesondere angesichts der enormen Entwicklung der Lohn- und Energiekosten der vergangenen Monate.
Ergebnisse Mobilitätspass Ostalbkreis
Von den möglichen Modellen „Einwohnerabgabe“, „Arbeitgeberabgabe“ und „KFZ-Nutzer-Abgabe“ wurde erstere zur Kalkulation im Ostalbkreis ausgewählt. Es wurden dabei monatliche Abgabenhöhen zwischen 10 und 35 Euro je Abgabenzahler unterstellt, wobei der Kreis abgabenpflichtiger Personen im Landkreis mit 204.000 angeben wird (abzgl. z.B. Jugendlicher, Alg. II-Empfänger, Personenkreis ohne „adäquates“ ÖPNV-Angebot). Somit ergäbe sich ein Erlöspotential von 25 bis 80 Mio. im Jahr in Abhängigkeit u.a. von der Beitragshöhe, der Einlösequote und den Verwaltungskosten. Es wird davon ausgegangen, dass die Einlösequote bei 10-20% liegt, im Umkehrschluss bedeutet das, dass 80-90% der Abgabepflichtigen zahlen ohne das erworbene Guthaben zu nutzen.
Sachstand der Fortschreibung des Nahverkehrsplans im Ostalbkreis:
Da die Mobilitätsgarantie Bestandteil der Fortschreibung des Nahverkehrsplans im Ostalbkreis ist, braucht die Landkreisverwaltung die Verlässlichkeit, dass die Mobilitätsgarantie die Planungsgrundlage zur Weiterentwicklung des ÖPNV zur Daseinsversorgung auch im ländlichen Raum im Ostalbkreis ist.
Bei den intensiven Gesprächen zur Umsetzung des Nahverkehrsplans im Teilraum Schwäbisch Gmünd war die Mobilitätsgarantie ein Eckpfeiler der Planungen - auch mit Blick auf die Diskussionen mit den Kommunen und zur Schulzeitenstaffelung im Teilraum Schwäbisch Gmünd. Die Mobilitätsgarantie wurde bei allen Gesprächen gelobt. Nach Abschluss der Gespräche zur Schulzeitenstaffelung könnte im Herbst eine Aussage zu den im Teilraum Schwäbisch Gmünd benötigten Fahrplan-Mehrkilometern stehen. Eine fahrplantechnische Umsetzung ist mit Start auf das Schuljahr 2024/2025 geplant.
Auch in anderen Teilräumen des Ostalbkreises ist der Umsetzungsdruck von Kommunen, Bürgerschaft und Wirtschaft hoch, das ÖPNV-Angebot im Ostalbkreis zu erhöhen - ebenfalls mit Blick auf die Prämissen der Mobilitätsgarantie und deren Umsetzung: Im Teilraum Ellwangen-Virngrund sind die zeitlichen Vorstellungen zur Weiterentwicklung des ÖPNV-Angebots u.a. aufgrund der nahenden Landesgartenschau in Ellwangen im Jahr 2026 sehr drängend. In den Teilräumen Aalen und auf dem Härtsfeld sind es unter anderem die wirtschaftliche Entwicklung der Firma Zeiss mit Blick auf den Standort Oberkochen sowie in Ebnat, die eine rasche Weiterentwicklung des ÖPNV-Angebots bis 2026 zum Ziel haben.
Sachstand der Diskussionen auf Landesebene:
Rund um die geplante Verabschiedung des Mobilitätsgesetztes zeigen sich die Partner der grün-schwarzen Koalition im Land uneinig darüber bezüglich des Umgang mit der Mobilitätsgarantie und des Mobilitätspasses.
Dabei sei auf die gemeinsame Pressemitteilung der Kommunalen Landesverbände vom 18. April 2023 verwiesen: Aufgrund von Äußerungen des Ministerpräsidenten in der Regierungspressekonferenz vom 18. April 2023, wonach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Mobilitätsgarantie und Mobilitätspass bestehe, kritisierten die Vertreter von Landkreistag, Städtetag und Gemeindetag, dass die flächendeckend zu etablierende Mobilitätsgarantie ein Grundangebot darstelle, das aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden müsse und nicht über den Mobilitätspass als Nahverkehrsabgabe. Der Mobilitätspass solle - so die kommunalen Spitzen - lediglich Zusatzangebote im ÖPNV finanzieren, die über dem Grundangebot liegen.
Weiterer Umgang
Die vorliegende Sitzungsvorlage sowie die näheren Erläuterungen sollen dem Gremium einen Eindruck über den Sachstand und die Berechnungsergebnisse liefern. Denn: Der Ausbau des Ostalb-ÖPNV gemäß Nahverkehrsplan steht in Abhängigkeit von erhöhten Geldflüssen seitens des Landes durch die Umsetzung des Koalitionsvertrages. Aus Sicht der Landkreisverwaltung ist die Position der kommunalen Spitzenverbände nachvollziehbar, dass sich die Angebotsausweitung auf Grundlage der Mobilitätsgarantie nicht anhand eines Mobilitätspasses, wohl aber durch allgemeine Steuermittel, zur Verfügung gestellt durch das Land, verlässlich finanziert werden muss. Insofern gilt es, die aktuellen Debatten und Entscheidungen in Stuttgart rund um die Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes abzuwarten. Landesweit wird von einem jährlichen Betrag von 224 Mio. Euro für die Einführung der Mobilitätsgarantie in Stufe 1 ausgegangen.
Die Schaffung der für den Ausbau des Ostalb-ÖPNV erforderlichen Grundlagen, insbesondere die notwendigen und außerordentlich zeitintensiven planerischen Prozesse, bleiben unberührt. Mit anderen Worten: Der Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität wird zusammen mit den Verkehrsunternehmen und OstalbMobil auch weiterhin intensiv daran arbeiten, um möglichst tragfähige und rasche Konzepte zu entwickeln und um bestmöglich auf verschiedene Szenarien vorbereitet zu sein.
Finanzierung und Folgekosten
Keine
Anlagen
Keine
Sichtvermerke
gez. Gehlhaus, Nachhaltige Mobilität gez. Wagenblast, Dezernat VII gez. Kurz, Dezernat II gez. Dr. Bläse, Landrat
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