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Vorlage - 060/2023  

 
 
Betreff: Aktueller Bericht zur Unterhaltsvorschusskasse
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
02.05.2023 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

  1. Allgemeines

 

Alleinerziehende Elternteile sind oftmals in der schwierigen Lage, Arbeit, Kinder und Haushalt alleine zu bewältigen. Diese Situation verschärft sich dann, wenn das Kind von dem anderen Elternteil keinen oder keinen ausreichenden Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erhält.

 

Das seit dem 01.01.1980 geltende Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) mildert in Form von Unterhaltsvorschussleistungen oder Unterhaltsausfallleistungen die finanzielle Belastung von Alleinerziehenden.

 

Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hat, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes (Bundesrepublik Deutschland) bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt, das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil oder wenn dieser verstorben ist, Waisenbezüge mindestens in Höhe des monatlichen Leistungsbetrages nach diesem Gesetz, erhält (§ 1 Abs. 1).

 

Zum 01.07.2017 wurde der Unterhaltsvorschuss reformiert. Bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres können Kinder nunmehr ohne zeitliche Beschränkung Unterhaltsvorschuss erhalten. Die bisher gültige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist entfallen.

 

Unter bestimmten Voraussetzungen besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ab 01.07.2017 ebenfalls ein Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen.

Allerdings ist für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres zusätzlich Voraussetzung, dass sie selbst nicht auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angewiesen sind oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB-II-Bezug eigene Einkünfte in Höhe von mindestens 600,00 Euro brutto monatlich erzielt (§ 1 Abs. 1a Unterhaltsvorschussgesetz).

 

Es wird gewährleistet, dass der Staat mit Unterhaltsvorschuss oder SGB II im Bedarfsfall lückenlos für alle Kinder einspringt, wenn sie ihnen zustehende Unterhaltszahlungen nicht erhalten. Zugleich wird für die Haushalte, die nicht hilfebedürftig sind bzw. durch eigene Erwerbseinkünfte unabhängig von Grundsicherungsleistungen werden könnten, ein wichtiger Anreiz geschaffen, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern.

 

Der Unterhaltsvorschuss sichert nicht nur die finanzielle Situation der alleinerziehenden Familien ab, vielmehr gelingt es durch die Bemühungen der Unterhaltsvorschusskasse um die Unterhaltszahlungen des Partners (Rückgriff) oft, dass Unterhalt fließt.

 

Die Höhe des monatlichen Leistungsbetrages ergibt sich aus dem Mindestunterhalt ab-züglich des vollen Erstkindergeldes (§ 2 Abs. 1 u. 2 UVG).

 


Ab 01.01.2023 ergeben sich folgende Leistungsbeträge:

 

 

Mindestunterhalt

 

Kindergeld

Unterhaltsvorschuss

0 bis 5 Jahre

437,00 Euro

abzüglich

250,00 Euro

187,00 Euro

6 bis 11 Jahre

502,00 Euro

abzüglich

250,00 Euro

252,00 Euro

12 bis 17 Jahre

588,00 Euro

abzüglich

250,00 Euro

338,00 Euro

 

Ferner mindern sich diese Leistungsbeträge nach § 2 Abs. 3 UVG um geleistete Unterhaltszahlungen des familienfernen Elternteils oder um Waisenbezüge.

 

Für Berechtigte, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, mindern sich die monatlichen Unterhaltsleistungen zusätzlich um Einkünfte des Vermögens und den Ertrag ihnen zumutbarer Arbeit (§ 2 Abs. 4 des UVG).

 

Mit der Gewährung von Leistungen nach dem UVG geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem zum Unterhalt verpflichteten Elternteil kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Ostalbkreis – Jugend und Familie – Unterhaltsvorschusskasse, bis zur Höhe der Unterhaltsleistung über. Dies gilt auch für die Waisenbezüge.

 

Die Unterhaltsvorschusskasse hat nach Bewilligung der Leistungen die übergegangenen Ansprüche beim unterhaltspflichtigen Elternteil bei entsprechender Leistungsfähigkeit geltend zu machen.

 

Aktuell bearbeitet die Unterhaltsvorschusskasse des Ostalbkreises 2.230 Fälle mit laufender Auszahlung und 1.184 Rückgriffsfälle, bei denen kein laufender Bezug mehr stattfindet, aber noch Unterhaltsansprüche zu realisieren sind.

 

Zu berücksichtigen ist, dass jeder Fall mit laufenden Auszahlungen immer zugleich auch ein Rückgriffsfall ist.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unterhaltsvorschusskasse beim Geschäftsbereich Jugend und Familie des Ostalbkreises haben pro Vollzeitkraft aktuell 348 Fälle zu bearbeiten (insgesamt 9,8 Vollzeitstellen).

 

  1. Rückgriff und Unterhaltsvorschuss/Auswirkungen des Krieges in der Ukraine

 

Nachdem sich immer mehr Unterhaltsschuldner ihrer Zahlungspflicht ganz oder teilweise entziehen und die Ausgaben für den Bund und das Land sowie den Landkreis stetig steigen, kommt der Realisierung der Unterhaltsansprüche ein immer größerer Stellenwert zu.

 

Oftmals erfordert die Beitreibung des verauslagten Unterhalts detektivischen Spürsinn, da häufig der Aufenthaltsort und der Arbeitgeber des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht bekannt sind. Die Unterhaltsvorschusskasse ist daher auf die Auskünfte des Bundeszentralregisters in Berlin, der Meldeämter der Städte und Gemeinden, der Krankenkassen, Arbeitsämter und Finanzämter usw. angewiesen.

 

Bei zunehmend sinkender Zahlungsmoral ist die Geltendmachung der auf das Land übergehenden Unterhaltsansprüche ohne die Erhebung von Unterhaltsklagen bei den Amtsgerichten oder die Einleitung von gerichtlichen Mahnverfahren nicht möglich.

 

Die Durchführung von Pfändungen bei den Unterhaltsschuldnern vor Ort durch den Gerichtsvollzieher sowie Lohnpfändungen und Kontensperrungen stehen bei der Aufgabenerfüllung der Unterhaltsvorschusskasse auf der Tagesordnung.

 

Strafanzeigen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 Strafgesetzbuch werden in Einzelfällen gestellt. Diese sind nur erfolgversprechend, wenn der Unterhaltspflichtige sich unter realen Begebenheiten der Leistungspflicht bzw. der Zahlung entzogen hat. Fiktive Leistungsfähigkeit greift hier nicht.

 

Auch bei Vorliegen eines rechtskräftigen Unterhaltsurteils folgt nicht zwangsläufig, dass der den Unterhalt nicht bezahlende Schuldner den Straftatbestand des § 170 StGB erfüllt. Die Strafnorm knüpft daran an, ob der Schuldner materiell-rechtlich zu Recht Unterhalt schuldet und diesen dennoch nicht leistet. Der Strafrichter hat die Voraussetzungen einer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht anhand der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse detailliert zu prüfen.

 

Falls aus der Strafanzeige des Unterhaltsberechtigten keine ausreichenden Informationen hervorgehen, werden Strafverfolgungsbehörden und Justiz i. d. R. wegen des erheblichen Ermittlungsaufwands auf eine Verfahrenseinstellung hinwirken. Auch kann eine Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung für den Beschuldigten weitreichende Folgen haben, zum Beispiel bei der Arbeits- und Wohnungssuche oder der Versagung der Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren. In der Vergangenheit waren die Unterhaltspflichtigen in unseren Fällen vielfach nicht leistungsfähig.

 

Der Krieg in der Ukraine hatte auch Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschuss. Insgesamt wurden bisher 384 Anträge auf Unterhaltsvorschuss gestellt. Oftmals kann der Unterhaltsschuldner weder postalisch noch per Mail erreicht werden.

 

Im Jahr 2022 hat die Unterhaltsvorschusskasse in 166 Fällen für die Ukraine-Flüchtlinge rund 390.000,00 Euro ausgezahlt. Hiervon trägt der Landkreis ca. 117.000,00 Euro (30 % der Ausgaben). Einnahmen aus Rückgriffsmaßnahmen konnten im Jahr 2022 nicht verwirklicht werden.

 

Im Jahr 2023 wurden bislang in 179 Fällen für Ukraine-Flüchtlinge 225.208,00 Euro ausbezahlt und 2.379,00 Euro von den Kindsvätern eingenommen.

 

 

 

 

 



Finanzierung und Folgekosten

 

40 % der Ausgaben werden vom Bund finanziert und 30 % vom Land Baden-Württemberg. Die Kommunen werden mit 30 % an den Ausgaben und mit 40 % an den Einnahmen beteiligt.

 

Seit Reformierung des Unterhaltsvorschussgesetzes ist nachfolgend dargestellt, wie die Ausgaben im Unterhaltsvorschuss im Ostalbkreis sprunghaft angestiegen sind:

 

Jahr

Ausgaben

Einnahmen

Rückgriffsquote

2020

5.862.722 Euro

1.570.300 Euro

27,00 %

2021

6.279.681 Euro

1.580.713 Euro

25,17 %

2022

6.662.061 Euro

1.635.068 Euro

24,54 %

 

Ab dem Jahr 2020 sind die jährlichen Rückgriffsquoten nicht mehr an die zuständigen Regierungspräsidien weiterzuleiten. Ein Vergleich der einzelnen Unterhaltsvorschusskassen innerhalb des Landes Baden-Württemberg erfolgt somit nicht mehr. Der Ostalbkreis war jedoch stets im oberen Drittel innerhalb des Regierungsbezirks Stuttgart vertreten. Die Rückgriffsquote wird intern weiterhin erhoben.

 

Im Haushaltsplan 2023 sind 7.040.000 Euro an Aufwendungen für Unterhaltsvorschussleistungen eingestellt.

 

Unter Berücksichtigung der Zuschüsse von Bund und Land in Höhe von 3.894.200 Euro ergibt sich ein Zuschussbedarf für den Ostalbkreis von 1.422.800 Euro.

 

Die Verwaltungsausgaben (Personalaufwand und Sachkosten) für die Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes trägt der Landkreis.

 

 



Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Funk, Geschäftsbereichsleiterin

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Landrat Dr. Bläse, i. V. Seefried