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Vorlage - 030/2023  

 
 
Betreff: Zwischenbericht zur Gesundheitsversorgung im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Gesundheit   
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses Kenntnisnahme
07.03.2023 
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Soziales und Gesundheit nimmt den Bericht zum aktuellen Stand und weiteren Vorgehen im Bereich der ambulanten (haus-) ärztlichen Versorgung im Ostalbkreis zur Kenntnis.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Der Ostalbkreis setzt sich gemeinsam mit den Ärzteschaften Aalen und Schwäbisch Gmünd, den Kommunen und den Kliniken Ostalb für die Sicherstellung einer hochwertigen medizinischen Versorgung ein. Dies ist v.a. im Bereich der hausärztlichen Versorgung notwendig, da die Wiederbesetzung von Praxen insbesondere im ländlichen Raum immer schwieriger wird. Insgesamt gibt es im Ostalbkreis 30,5 unbesetzte Hausarztsitze (Stand Oktober 2022). Außerdem sind bereits 40 % der Hausärztinnen und -ärzte älter als 60 Jahre. Um eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum zu gewährleisten, werden gemeinsam innovative Versorgungsmodelle und Maßnahmen entwickelt und erprobt.

 

Arbeitsgruppe 1: Nachwuchsförderung und -gewinnung

Um bereits Schülerinnen und Schüler aus dem Ostalbkreis für den ärztlichen Beruf bzw. das Medizinstudium zu begeistern, wurde eine zentrale Stelle zur Organisation von Schülerpraktika an den Kliniken Ostalb eingerichtet. Zudem konnten einzelne Arztpraxen gewonnen werden, die nun Schülerpraktika anbieten. Auch durch den Einsatz von Studienbotschaftern an den Schulen im Kreis wird über das Medizinstudium informiert. Des Weiteren nehmen Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaften, der Kliniken und des Landratsamts regelmäßig an den regionalen Ausbildungs- und Studienmessen teil, um mit potentiell Interessierten in Kontakt zu treten und den Beruf „Ärztin/Arzt“ zu bewerben.

Seit dem Wintersemester 2022/2023 wird der Bachelorstudiengang „Physician Assistant“ an der Hochschule Aalen angeboten. In die Praxisphasen des Studiums werden auch die Arztpraxen im Ostalbkreis eingebunden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben die Möglichkeit, Studierende für ein Praktikum aufzunehmen.

Über das Stipendienprogramm für Medizinstudierende werden aktuell zwei Stipendiaten mit 500 € monatlich gefördert. Diese verpflichteten sich, ihre Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin im Ostalbkreis zu absolvieren und anschließend für mindestens zwei Jahre hausärztlich im Kreis tätig zu sein. Das Programm wird regelmäßig an den Universitäten beworben. Bewerbungen können vor Beginn jedes Semesters eingereicht werden.

Weitere Strategien, um verstärkt Studierende und Nachwuchsmedizinerinnen und -mediziner für eine Tätigkeit als (Haus-)Ärztin oder Arzt im ländlichen Raum zu begeistern, sollen im weiteren Verlauf definiert werden. Dazu soll unter anderem die Kooperation mit dem Institut für Allgemeinmedizin der Universität Ulm auch im Bereich der Famulatur ausgeweitet werden.


Arbeitsgruppe 2: Ambulante hausärztliche Versorgung

 

Ellwangen/Virngrund:

Auf Initiative des Landkreises und der Ärzteschaft Aalen wurde am 13.01.2023 die Genossenschaft VirnMed eG zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung im Raum Ellwangen/Virngrund gegründet. Mitglieder sind die zehn Ostalbkreis-Gemeinden der Region, die Gemeinden Bühlertann und Bühlerzell aus dem Landkreis Schwäbisch Hall sowie drei Ärzte. Ziel ist der Erhalt einer dezentralen und wohnortnahen hausärztlichen Versorgung durch die Übernahme von Praxen, die sonst geschlossen würden, sowie durch die Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen in den genossenschaftlichen MVZs und Zweigpraxen.

Schwäbischer Wald:

Im Oktober 2022 wurde vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Baden-Württemberg für den Planungsbereich „Ostalb 3: Schwäbischer Wald“ mit einem Versorgungsgrad von 48,6 % (Stand Oktober 2022) erstmalig in Baden-Württemberg die hausärztliche Unterversorgung offiziell festgestellt. Dies geht mit verschiedenen Auswirkungen, wie z.B. mit Sicherstellungszuschlägen für die Hausärztinnen und -ärzte im Schwäbischen Wald, einher.

Die hausärztliche Genossenschaft MEDWALD eG übernimmt zum 01.04.2023 die Hausarztpraxis von Dr. Heiner Steinat in Durlangen und gründet somit ihr erstes genossenschaftliches MVZ. Über die Schaffung weiterer Praxisstandorte entscheidet die Generalversammlung abhängig von der Gewinnung weiterer Hausärztinnen und -ärzte.

Bopfingen/Härtsfeld:

Am 12.10.2022 fand eine Teilraumkonferenz mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Haus- und Fachärztinnen und -ärzten aus der Region Bopfingen/Härtsfeld statt. Anschließend wurden Einzelgespräche mit den genannten Personen geführt, um deren Einschätzung zur Versorgungssituation und zu möglichen Lösungsansätzen abzufragen. Im März 2023 wird eine weitere Teilraumkonferenz durchgeführt. Hier soll das Vorgehen im Hinblick auf die Schaffung von Versorgungsstrukturen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der haus- und fachärztlichen Versorgung - auch im Hinblick auf das Zukunftskonzept der Kliniken Ostalb (Lokales Gesundheitszentrum Bopfingen) - weiter konkretisiert werden.

Aalen und Schwäbisch Gmünd:

Der Gemeinderat der Stadt Aalen beschloss im November 2022 ein Aktionsprogramm zur Förderung der hausärztlichen Versorgung. In den definierten Fördergebieten (aktuell: Welland und Wasseralfingen/Hofen) können Vorhaben von Hausärztinnen und -ärzten mit bis zu 30.000 € gefördert werden.

In den Planungsbereichen Aalen und Schwäbisch Gmünd werden im Jahr 2023 erneut Teilraumkonferenzen zum Austausch zwischen den Hausärztinnen und -ärzten sowie der Kommunalpolitik durchgeführt. Ziel ist ein kontinuierliches Versorgungsmonitoring und die Diskussion von Handlungsmöglichkeiten. Aktuell ist die hausärztliche Versorgung in beiden Planungsbereichen noch weitestgehend zufriedenstellend.

Künftig soll weiterhin an der Umsetzung erster angestoßener Maßnahmen und regionaler Handlungsansätze zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung im Ostalbkreis gearbeitet werden. Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit und zur Gewinnung weiterer Hausärztinnen und -ärzte sollen für alle Bereiche im Rahmen einer größeren Arztkampagne geplant und umgesetzt werden.

 

Arbeitsgruppe 3: Förderprojekt Primärversorgung

Im Juni 2022 erhielt der Ostalbkreis die Förderzusage des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg für das Projekt „Primärversorgung im Ostalbkreis - Einführung von Case Management und Community Health Nursing im Primärversorgungsnetzwerk Schwäbischer Wald“ mit einer Laufzeit vom 01.07.2022 bis zum 31.05.2024 und einer Fördersumme von insgesamt 194.860 € (inkl. Eigenmittel in Höhe von 19.486 €). Ziel des Projekts ist die Weiterentwicklung des Primärversorgungsnetzwerks in der Region „Schwäbischer Wald“ im Ostalbkreis. Dieser dezentrale und sektorenübergreifende Zusammenschluss von Gesundheitsakteuren und -institutionen hat zum Zweck, die wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu verbessern und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gesundheitsprofessionen zu intensivieren, um einen kontinuierlichen Versorgungsprozess, also eine Versorgung „aus einer Hand“, zu ermöglichen. Zielgruppe sind insbesondere chronisch kranke und multimorbide Personen mit komplexen Versorgungsbedarfen. Das Projekt soll weiterhin von einer regionalen Hochschule wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.

Am 26.09.2022 wurde bei der Gründungsveranstaltung des Primärversorgungsnetzwerks mit dem Namen „Gesundheitsnetz Schwäbischer Wald“ eine Kooperationsvereinbarung durch die Mitglieder unterzeichnet. Zu diesen gehören u.a. die MEDWALD eG, weitere Hausärztinnen und -ärzte, die Kliniken Ostalb, mehrere Sozialstationen und ambulante Pflegedienste, der Pflegestützpunkt Ostalbkreis, eine Ernährungsberaterin, eine Physiotherapeutin sowie zwei Sanitätshäuser. Bei regelmäßigen Netzwerktreffen wird nun erarbeitet, wie die multiprofessionelle Zusammenarbeit weiter verbessert werden kann. Insbesondere die Nutzung einer digitalen Kommunikationsplattform sowie die Durchführung interdisziplinärer Fallkonferenzen stehen dabei im Fokus.

Seit November 2022 sind zwei „Patientenlotsinnen“ mit jeweils 20 Stunden pro Woche im Gesundheitsnetz Schwäbischer Wald tätig. Die beiden Gesundheits- und Krankenpflegerinnen steuern und koordinieren im Sinne des Case Managements den Versorgungsprozess von Personen mit komplexen Versorgungsbedarfen. Sie sind nicht medizinisch am Patienten tätig, sondern kümmern sich um organisatorische Aufgaben, wie z.B. die Vereinbarung von Arztterminen, die Organisation des Transports zur Arztpraxis oder die Beantragung eines Pflegegrads in Zusammenarbeit mit dem Pflegestützpunkt. 2023 soll im Gesundheitsnetz zusätzlich eine Community Health Nurse („Gemeindeschwester/-pfleger“) tätig werden. Sie soll v.a. die Hausärztinnen und -ärzte im Schwäbischen Wald unterstützen, indem sie sich um die medizinische Grundversorgung von Patientinnen und Patienten kümmert. Sie wird Hausbesuche vornehmen, Kontrolluntersuchungen und Routinebehandlungen durchführen sowie bei der Therapie von Bagatellerkrankungen unterstützen. Außerdem wird sie bspw. zu den Themen Gesundheitsförderung und Prävention beraten und bei der Medikamenteneinnahme unterstützen.

 

Arbeitsgruppe 4: Ambulante fachärztliche Versorgung

Um strukturierte Kommunikationswege aufzubauen, wurden auf Initiative der AG 4 für jede Facharztgruppe Ansprechpartner benannt. Mit diesen soll es nun regelmäßig Fachgruppentreffen geben, um die Versorgungssituation im fachärztlichen Bereich im Auge zu behalten und bei Bedarf Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung einzuleiten.

 

Sonstiges

Anfang des Jahres wurde eine neue Homepage zur medizinischen Versorgung im Ostalbkreis veröffentlicht: www.mediportal-ostalbkreis.de. Die Homepage gibt einen Überblick über die Maßnahmen und Projekte zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Kreis. Zudem gibt es eine Stellenbörse, auf der aktuelle ärztliche Stellenausschreibungen veröffentlicht werden. Ärztinnen und Ärzte sowie Medizinstudierende können sich so über Möglichkeiten der Niederlassung, Anstellung oder Aus- und Weiterbildung im Ostalbkreis informieren. Darüber hinaus wird auf die verschiedenen Ansprechpartner der Ärzteschaften, der Kliniken und des Landkreises hingewiesen und über Fördermöglichkeiten informiert.

Am 21.12.2022 diskutierten die Bundestagsabgeordneten aus dem Ostalbkreis gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaften, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg und der Kommunen über Möglichkeiten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Da von allen Seiten der Wunsch nach mehr Dialog und Zusammenarbeit geäußert und sich darauf verständigt wurde, gemeinsam die Versorgungsprobleme im ländlichen Raum anzugehen, soll der Austausch in dieser Runde wiederholt werden.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Finanzierung der nächsten Schritte der Arbeitsgruppe 3 werden über die Gelder der Förderprojekte Primärversorgung des Sozialministeriums Baden-Württemberg abgedeckt. Mögliche weitere Maßnahmen der Arbeitsgruppe 1 „Nachwuchsförderung/-gewinnung“, 2 „Ambulante hausärztliche Versorgung im Ostalbkreis“ und 4 „Ambulante fachärztliche Versorgung im Ostalbkreis“ wären über den Haushalt des Landkreises (Kostenstelle 4140010001 „Gesundheitsprojekte“ und Kostenstelle 270010000 „Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum“) zu finanzieren.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Kiemel, Geschäftsbereich Gesundheit, i. V. Schönsee

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat