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Vorlage - 209/2022  

 
 
Betreff: Radschnellwege - Ergebnisse der Potenzialuntersuchung
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Entscheidung
02.12.2022 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung geändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt den Bericht zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die Weiterentwicklung der Hauptradverkehrsachsen im Sinne möglichst direkter und attraktiver Radwegeverbindungen voranzutreiben.

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Allgemeines

 

Radschnellwege müssen nach der Definition des Landes Baden-Württemberg und der einschlägigen Richtlinien bestimmte qualitative Kriterien erfüllen. Hierzu zählen unter anderem die Breite des Radwegs von mindestens vier Metern und eine kreuzungsfreie Führung auch in dicht besiedelten Gebieten. Radschnellwege müssen aber auch ein gewisses Mindestpotenzial des Radverkehrs erwarten lassen. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg fördert daher Machbarkeitsstudien für Radschnellverbindungen auch nur für Strecken mit einem perspektivischen Gesamtpotenzial von mindestens 2.000 Radfahrenden pro Tag.

 

In der Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung vom 24. Mai 2022 wurde vor diesem Hintergrund eine kreisweite Potenzialanalyse auf den Hauptverkehrsachsen als Vorabuntersuchung einer möglichen Machbarkeitsstudie für Radschnellverbindungen beschlossen. Dafür wurden auf den Strecken Aalen – Schwäbisch Gmünd, Ellwangen – Aalen und Aalen – Nördlingen die aktuellen Pendlerverflechtungen untersucht und hieraus – unter Berücksichtigung der angestrebten Verkehrsverlagerung vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele – die zu erwartenden Radverkehrspotenziale erhoben. Als Maßnahme des Mobilitätspakts Aalen/Heidenheim wurden zusätzlich die Potenziale für einen möglichen Radschnellweg zwischen Aalen und Heidenheim untersucht. Damit liegen für alle Hauptverkehrsachsen im Landkreis die Potenziale für mögliche Radschnellverbindungen vor.

 

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet

 


Angewandtes Verfahren zur Erhebung der Potenziale

 

Das angewandte Verfahren zur Analyse der Potenziale auf den Hauptverkehrsachsen des Ostalbkreises richtet sich nach den Hinweisen zu Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten (H RSV) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV, Ausgabe 2021). Diese Richtlinie beschreibt unter anderem die standardisierten Verfahren zur Untersuchung möglicher Potenziale für die Durchführung von Machbarkeitsstudien für Radschnellverbindungen. Im Ostalbkreis wurden die Radverkehrspotenziale auf Basis der Pendlerströme berechnet, da zum damaligen Zeitpunkt kein aktuelles Verkehrsmodell für die Raumschaft vorlag. Das Verfahren auf Basis von Pendlerströmen gemäß H RSV 2021 wird zur Prüfung des Bedarfs einer tiefergehenden Untersuchung bspw. im Rahmen einer detaillierten Machbarkeitsstudie herangezogen. Die H RSV spricht die Empfehlung aus, dass im Falle von mindestens 800 Radfahrenden/24h im Querschnitt des Berufsverkehrs eine Machbarkeitsstudie einschließlich einer trassenscharfen Potenzialanalyse durchzuführen sei.

 

Das Verfahren zur Potenzialanalyse basiert auf den Pendlerverflechtungen zwischen den Wohn- und Arbeitsplätzen aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über Kommunen hinweg (Ein- und Auspendler). Diese Datengrundlage steht durch die Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung. Hierbei wurden neben den unmittelbar auf der Achse liegenden Kommunen auch weitere Nachbarkommunen einbezogen, bei denen zu erwarten ist, dass Radfahrende mindestens einen Teilabschnitt der potenziellen Radschnellverbindungen nutzen werden. Zur Berücksichtigung von Hin- und Rückwegen sowie Dienstfahrten, Urlaub und Krankheitstragen gibt die H RSV entsprechende Multiplikatoren vor. Für die Potenzialabschätzung wurde, soweit vorhanden, der ortsspezifische Radverkehrsanteil in die Projektion mit einbezogen. Standen keine ortsspezifischen Radverkehrsanteile zur Verfügung, wurde sich auf die ermittelten Modal Split-Werte aus der MID-Studie Deutschland bzw. Baden-Württemberg gestützt. Zur Abschätzung des Gesamtpotenzials einer möglichen Radschnellverbindung wurde zudem die Annahme getroffen, dass sich durch den Freizeitverkehr das Potenzial im jeweiligen Streckenabschnitt nochmals verdoppelt. Diese Annahme beruht auf dem Ergebnis des Fahrrad-Monitors Deutschland 2021, wonach das Fahrrad in etwa zu gleichen Teilen als Verkehrsmittel wie zu Freizeitzwecken eingesetzt wird.


 

Abbildung 2: Verfahren gemäß H RSV 2021

 

Nach dem Verfahren der H RSV wird auf Basis des ortsspezifischen durchschnittlichen Modal-Splits auch ein entfernungsabhängiger Radverkehrsanteil abgeleitet. Dieser ist auf kürzeren Entfernungen sehr hoch und sinkt je größer die Entfernungen werden. Durch den sog. „Radschnellweg-Effekt“ kann der entfernungsabhängige Radverkehrsanteil rechnerisch verkürzt werden. Dahinter steht die Annahme, dass durch Realisierung einer Radschnellverbindung mit dem entsprechend hochwertigen Qualitätsstandard die Entfernung zwischen Orten in einer kürzeren Zeit zurückgelegt werden kann und das Fahrrad als Verkehrsmittel attraktiver wird. Hierdurch verändert sich der Modal Split auf der Relation zugunsten des Radverkehrs. Hieraus wurde für alle Kommunen im Untersuchungsgebiet entfernungsabhängige und ortsspezifische Prognose-Radverkehrsanteile abgeleitet.

 

 

Ergebnisse der Potenzialanalyse

 

1. Aalen – Heidenheim

 

Abbildung 3: Potenzial Aalen – Heidenheim


 

Das in den H RSV genannte Potenzial von mindestens 800 Radfahrenden/24h im Querschnitt im Berufsverkehr (ausgehend von den Pendlerströmen) wird nur auf dem Abschnitt zwischen Aalen und Oberkochen erreicht. Die ermittelten Potenziale auf dem Abschnitt Oberkochen – Heidenheim liegen bei etwa 300 – 400 Radfahrenden/24h im Querschnitt. Insgesamt ist für die Achse von Aalen bis Heidenheim daher nicht zu erwarten, dass die erforderliche Prognoseverkehrsstärke einer Radschnellverbindung von ca. 2.000 Radfahrenden pro Tag erreicht werden, auch nicht unter Berücksichtigung von zusätzlichen Freizeit- sowie Schul- und Ausbildungsverkehren. Vielmehr ist mit Potenzialen zwischen ca. 1.000 – 2.000 Radfahrende pro Tag zu rechnen. Es wird daher empfohlen, die Achse als Radvorrangroute weiterzuverfolgen und die Ausbaustandards entsprechend der H RSV anzustreben. Entscheidend für die Erreichung der Potenziale ist dabei die achsbezogene Umsetzung für den gesamten Abschnitt zwischen Aalen und Heidenheim.

 

 

2. Remstalachse

 

Abbildung 4: Potenzial Remstalachse

 

Die ermittelten Potenziale auf dem Abschnitt Aalen – Essingen und Böbingen a.d.R – Schwäbisch Gmünd liegen im Berufsverkehr bei etwa 500 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt. Auf den Abschnitten Essingen – Mögglingen und Mögglingen – Böbingen a.d.R. wird ein Potenzial von ca. 200 - 300 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt erreicht. Das in den H RSV genannte Potenzial von mindestens 800 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt im Berufsverkehr (ausgehend von den Pendlerströmen) wird damit nicht erreicht. Auch unter Berücksichtigung von zusätzlichen Freizeit- sowie Schul- und Ausbildungsverkehren ist nicht zu erwarten, dass die erforderliche Prognose-Radverkehrsstärken einer Radschnellverbindung von ca. 2.000 Radfahrenden pro Tag erreicht werden. Vielmehr ist mit Potenzialen bis zu 1.000 Radfahrende pro Tag zu rechnen. Es wird daher empfohlen, die Achse im Standard des RadNETZ BW weiterzuverfolgen.

 

 

3. Ellwangen – Aalen

 

Abbildung 5: Potenzial Ellwangen – Aalen


Die ermittelten Potenziale auf dem Abschnitt Aalen – Hüttlingen liegen bei etwa 600

Radfahrenden/ 24h im Querschnitt. Auf den Abschnitten Hüttlingen – Rainau und Rainau – Ellwangen wird ein Potenzial von ca. 300 - 400 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt erreicht. Damit wird auch auf dieser Achse das in den H RSV genannte Potenzial von mindestens 800 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt im Berufsverkehr (ausgehend von den Pendlerströmen) nicht erreicht. Ebenfalls ist nicht zu erwarten, dass unter Berücksichtigung der zusätzlichen Freizeit- sowie Schul- und Ausbildungsverkehren die erforderlichen Prognose-Radverkehrsstärken einer Radschnellverbindung von ca. 2.000 Radfahrenden pro Tag erreicht werden. Es ist mit Potenzialen von bis zu 1.000 Radfahrende pro Tag zu rechnen. Es wird daher empfohlen, die Achse im RadNETZ Standard weiterzuverfolgen.

 

4. Aalen – Nördlingen

 

Abbildung 6: Potenzial Aalen – Nördlingen

 

Die ermittelten Potenziale auf dem Abschnitt Aalen – Westhausen liegen im Berufsverkehr bei etwa 200 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt. Auf den Abschnitten Westhausen – Lauchheim, Lauchheim – Bopfingen und Bopfingen – Nördlingen wird ein Potenzial von ca. 100 - 200 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt erreicht. Das in den H RSV genannte Potenzial von mindestens 800 Radfahrenden/ 24h im Querschnitt im Berufsverkehr (ausgehend von den Pendlerströmen) wird damit weit unterschritten. Es wird daher empfohlen, dem Korridor für eine potenzielle Radschnellverbindung nicht weiterzuverfolgen. Dennoch ist die Verbindung zwischen den beiden Mittelzentren Aalen und Nördlingen über die Landesgrenze hinweg eine wichtige Achse für den Alltagsradverkehr (vgl. auch RadNETZ BW). Die Umsetzung der Qualitätsstandards für das RadNETZ sollte daher, in Abstimmung mit den Kommunen sowie dem Landkreis Donau-Ries, weiterverfolgt und die Führung für den Radverkehr weiter optimiert werden.

 

Weiteres Vorgehen

 

1. Mobilitätspakt Aalen – Heidenheim

 

Die Ergebnisse der Potenzialanalyse wurden im Rahmen der zuständigen Arbeitsgruppe unter der Leitung des Regierungspräsidiums Stuttgart den beteiligten Akteuren vorgestellt. Im weiteren Verlauf soll mit den Kommunen und der Straßenbauverwaltung ein gemeinsames und zielführendes Vorgehen erarbeitet werden. Da die Potenziale auf dem Korridor sehr stark variieren, wird von den beteiligten Akteuren ein bedarfsgerechter Ausbau angestrebt mit dem gleichzeitig die Achsenwirkung gestärkt wird. Im Sinne einer durchgängigen Planung für die gesamte Achse erfolgen in den weiteren Sitzungen des Mobilitätspaktes detailliertere Abstimmungen.


2. Weiterentwicklung der Remstalsachse

 

Für die Weiterentwicklung der Achse zwischen Aalen und Schwäbisch Gmünd fand Anfang Oktober ein erster gemeinsamer Termin mit Vertretern der Anrainerkommunen, des Regierungspräsidiums Stuttgart und den zuständigen Stellen der Kreisverwaltung im Landratsamt Ostalbkreis statt. Es wird angestrebt, die Radverkehrsachse im Bestand mit pragmatischen und schnellumsetzbaren Maßnahmen zu optimieren (bspw. durch die Beseitigung von engen Kurven und gefährlichen Stellen oder die Schaffung direkterer Wegeverbindungen) und gleichzeitig die Gesamtachse im Zusammenhang mit dem vierspurigen Ausbau der B29 aufzuwerten.

 

 

3. Fortschreibung des Radverkehrskonzepts und Umsetzung des RadNETZ BW

 

Die Ergebnisse der Potenzialuntersuchung werden bei der anstehenden Fortschreibung des Radverkehrskonzepts Berücksichtigung finden. In diesem Zuge soll eine Entwicklungsperspektive des Radverkehrs für den gesamten Landkreis mit konkretem Umsetzungsperspektive erarbeitet werden. Alle Hauptachsen sollten zudem in Abstimmung mit den zuständigen Baulastträgern auf den Zielstandard des RadNETZ BW ausgebaut werden, um durchgängige und attraktive Radwegeverbindungen auf den Hauptverkehrsrouten im Ostalbkreis zu schaffen. Die Umsetzung des RadNETZ BW fällt dabei in die Zuständigkeit der jeweiligen Straßenbaulastträger und Straßenverkehrsbehörden. Die Koordination der Maßnahmen wurde im Rahmen der RadSTRATEGIE des Landes Baden-Württemberg den Landkreisen übertragen.


Finanzierung und Folgekosten

 

Planungskosten für Baumaßnahmen zur Aufwertung der Hauptradverkehrsachsen sind über die Kostenstelle 5470010003 – Sachkonto 44290000 im Rahmen des Haushalts 2023 berücksichtigt.

 

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Dreher, Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität

gez. Wagenblast, Dezernat VII

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat