Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung
Kenntnisnahme
Sachverhalt/Begründung
I. Ausgangssituation und Allgemeines
Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) ist die Bezeichnung für ausländische junge Menschen, die noch nicht 18 Jahre alt sind und ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen einreisen oder ohne Begleitung zurückgelassen werden. Diese jungen Menschen werden nicht im Rahmen der Flüchtlingshilfe aufgenommen, sondern stehen unter dem besonderen Schutz der Jugendhilfe. Mit Bekanntwerden der unbegleiteten Einreise werden UMA vom örtlichen Jugendamt in Obhut genommen und bei Gastfamilien, in Heimerziehung oder in sozialpädagogisch betreuten Wohnformen untergebracht.
Ende 2015 wurde für die Jugendhilfe ein bundesweites Verteilverfahren zwischen den Bundesländern und ein landesinternes Verteilverfahren zwischen den Jugendämtern eingeführt. Seit dem 1. November 2015 werden UMA nach § 42a SGB VIII vom örtlichen Jugendamt, in dessen Zuständigkeitsbereich sie erstmals behördlich registriert werden, zunächst vorläufig in Obhut genommen. Dabei entfallen auf Baden-Württemberg aktuell nach dem Königsteiner Schlüssel rund 13 Prozent. Zur Stabilisierung der Quotenerfüllung findet aufgrund der befristeten Weisung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration (SM) vom 24.06.2022 keine Anmeldung zur bundesweiten Verteilung durch Baden-Württemberg statt. Es greift daher die landesinterne Verteilung der erstaufgegriffenen verteilfähigen UMA bis einschließlich Kalenderwoche 03/2023.
Die Landesverteilstelle UMA ist beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) angesiedelt und übernimmt die Aufgabe der Verteilung der Jugendlichen auf die 46 Jugendämter der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg. Dabei können Jugendämter, die ihre Quote (über-)erfüllt haben, UMA zur Verteilung anmelden, die dann von Jugendämtern mit Quotenuntererfüllung zu übernehmen sind.
II. Aktuelle Situation/Fallzahlen im Ostalbkreis
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine große Fluchtbewegung nach Deutschland ausgelöst. Dementsprechend wurde auch in der Jugendhilfe mit dem Zustrom hilfebedürftiger Minderjähriger aus der Ukraine gerechnet. Allerdings sind minderjährige Ukrainer, die ohne Eltern Zuflucht in Deutschland suchen, in den meisten Fällen in Begleitung von Verwandten oder Bekannten, die von den Eltern mit der Erziehung beauftragt wurden. In diesen Fällen ist es die Aufgabe des Jugendamts, die Erziehungsberechtigungen zu prüfen und Pflegeerlaubnisse auszustellen. Darüber hinaus werden bedarfsabhängig Jugendhilfeleistungen initiiert. So bilden den Schwerpunkt der UMA nicht Zuflucht suchende Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, sondern UMA anderer Nationalitäten, insbesondere aus Syrien und Afghanistan.
Bundesweit ist ein deutlicher Anstieg von unbegleiteten Minderjährigen zu verzeichnen. Waren es im Januar 2022 noch 17.785 UMA, sind es zum Stichtag 04.11.2022 bereits 25.302, mit weiter steigender Tendenz. Der Zustrom im Ostalbkreis findet nahezu ausschließlich über die LEA Ellwangen statt. Damit gehört das Jugendamt Ostalbkreis zu den Jugendämtern, die am stärksten durch die Erstversorgung, Weiterbetreuung und ggf. Verteilung herausgefordert sind.
In den drei Vorjahren hatte der Ostalbkreis im Durchschnitt 24 Neuzugänge pro Jahr. Der starke Anstieg hat ab September sowohl beim sozialen Dienst des Geschäftsbereichs Jugend und Familie als auch bei den mitwirkenden freien Trägern zu extremen Belastungen geführt. Die Rufbereitschaft des Geschäftsbereichs Jugend und Familie muss seither neben 2-3 regelmäßig anfallenden Einsätzen jede Woche fast täglich in die LEA Ellwangen, da die Ankünfte häufig abends oder an Wochenenden stattfinden. Der zuständige soziale Dienst (ASD) übernimmt die weitere Bearbeitung im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme, führt die qualifizierte Alterseinschätzung durch, prüft Verteilhindernisse, meldet zur Verteilung an oder ruft das Familiengericht wegen der Bestellung eines Vormunds an. Dabei müssen derzeit tagesaktuell die Belegung verfügbarer Kapazitäten geprüft und Verlegungen vorgenommen werden. Mit der LEA Ellwangen konnte abgestimmt werden, dass ASD-Fachkräfte ein Büro vor Ort nutzen können und in der Regel täglich vor Ort sind.
III. Betreuung und Versorgung der UMA im Ostalbkreis
Die Betreuung und Versorgung von UMA nach jugendhilferechtlichen Standards stellt die Jugendämter und die freien Jugendhilfeträger vor große Herausforderungen. Zwar wurden aufgrund der aktuellen Notlage die Standards für die Betreuung von UMA seitens der Betriebserlaubnisbehörde abgesenkt, jedoch wurden bei der personellen Ausstattung kaum Abstriche gemacht. Eine typische Heimgruppe mit 8 Plätzen erfordert ca. 5 sozialpädagogische Fachkraftstellen. Das Verfahren bis zur Inbetriebnahme dauert mehrere Monate, in der Regel ist von einem halben Jahr Vorlauf auszugehen. Leider hat der Fachkräftemangel auch auf die stationäre Jugendhilfe erhebliche Auswirkungen, so dass sich der Aufbau weiterer Betreuungskapazitäten als sehr schwierig erweist. Im Bereich der betreuten Wohnformen für Jugendliche ab 16 Jahren konnten Platzerweiterungen in bereits bestehenden Angeboten erreicht werden. Darüber hinaus konnten 12 neue Plätze durch den Landkreis geschaffen werden. Die Betreuung wird von Trägern der Jugendhilfe geleistet.
Da der Ostalbkreis durch die Zugänge über die LEA Ellwangen die Aufnahmequote übererfüllt, können mittlerweile UMA zur Verteilung angemeldet werden. Dies stellt einerseits eine gewisse Entlastung hinsichtlich der Betreuungskapazitäten in Aussicht. Da die Gesamtquote in Baden-Württemberg weiter steigt, steigt jedoch auch die Zahl der UMA, die im Ostalbkreis zur Quotenerfüllung aufgenommen werden müssen. Sobald der Verbleib im Ostalbkreis feststeht, wird die Inobhutnahme beendet und es beginnt die vollstationäre Unterbringung. Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen werden an den Schulen im Ostalbkreis angemeldet, mit dem Ziel, einen Schulabschluss zu erlangen. Darüber hinaus wird angestrebt, die Kinder und Jugendlichen in Vereinen und ehrenamtlichen Tätigkeiten zu integrieren.
IV. Ausblick
Bislang konnten im Ostalbkreis Situationen, wie sie in anderen Jugendämtern bereits eingetreten sind, mit z.B. Notunterbringungen in Büroräumen, vermieden werden. Der Geschäftsbereich Jugend und Familie wird weiterhin alles daran setzen, solche Engpässe zu vermeiden und dankt allen Trägern der Jugendhilfe, die bei der Unterbringung und Betreuung von UMA mitwirken.
Bei allen personellen und verwaltungstechnischen Herausforderungen darf nicht aus dem Blick geraten, dass unbegleitete Minderjährige ihre Heimat und oftmals auch ihre Familie in Krisengebieten zurückgelassen haben, in der Hoffnung auf ein besseres, ein sicheres Leben in Deutschland. Es bleibt Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, diese Minderjährigen bei ihrer Ankunft und auf ihrem weiteren Weg hier bestmöglich zu unterstützen.
Finanzierung und Folgekosten
Nach § 89d SGB VIII erhalten die örtlichen Jugendhilfeträger unter den dort geregelten Voraussetzungen Kostenerstattung vom Land. Im Haushaltsjahr 2022 sind bislang Ausgaben in Höhe von 1.089.764 € entstanden. Es wird mit Einnahmen in Höhe von ca. 1.050.000 € gerechnet.
Darüber hinaus sind die eingebrachten personellen und sächlichen Ressourcen des örtlichen Jugendhilfeträgers nicht erstattungsfähige Aufwände.
Anlagen
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Sichtvermerke
gez. Funk, Geschäftsbereichsleitung i. V. Schlipf gez. Urtel, Dezernat V gez. Kurz, Dezernat II gez. Dr. Bläse, Landrat
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