Sachverhalt/Begründung
1. Allgemeines
Seit jeher werden die „Übergänge von der Schule in den Beruf“ in der Berufsbildungspolitik thematisiert. Die Diskussion bezieht sich in der Regel auf bestimmte Zielgruppen, Problemlagen oder Bildungsbereiche. Im Fokus stehen dabei häufig Ungleichgewichte am Ausbildungsmarkt, die sich allerdings in den letzten Jahren stark gewandelt haben. Während in den letzten Jahrzehnten das zentrale Problem war, dass für die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber zu wenig Ausbildungsplätze angeboten wurden, haben wir derzeit eine umgekehrte Situation. Auszubildende sind zur Mangelware geworden, sodass Betriebe zunehmend über Schwierigkeiten klagen, angebotene Ausbildungsplätze zu besetzen. Trotzdem finden viele Jugendliche keine Ausbildungsstelle. Laut der Datenauswertung des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durch die Universität Göttingen und die Helmut-Schmidt-Universität Hamburg starten bundesweit nicht einmal die Hälfte der Jugendlichen (43 %) nach dem Verlassen der allgemein bildenden Schule direkt und dauerhaft in eine Ausbildungs- oder Studienkarriere. Man rechnet bei den jährlich 750.000 Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit ca. 15%, die langfristig ohne Berufsabschluss bleiben werden. Jeder fünfte junge Mensch steigt mit einem oder zwei Jahren Verzögerung, aufgrund von Schwierigkeiten im ersten Anlauf das richtige Studium oder die passende Ausbildung zu finden, in das Berufsleben ein. Laut obengenannter Studie haben ebenfalls nur 43% aller Jugendlichen vier Jahre nach ihrer Schulzeit einen Ausbildungs- und Studienabschluss geschafft. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen im Schnitt knapp 20 Jahre alt sind, wenn Sie in ein Studium oder in einen Beruf starten. Der Idealweg eines schnellen Übergangs von der Schule in Ausbildung, Studium oder Beruf ist also keineswegs mehr der Normalfall.
Angesichts des herrschenden Fachkräftemangels müssen wir alles daransetzen, Jugendlichen den direkten Einstieg in eine Ausbildung oder in ein Studium, also den sicheren Übergang, zu ermöglichen. Der Ostalbkreis zählt zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten in Baden-Württemberg. Dementsprechend bieten die Produktions- und Dienstleistungsbetriebe im Landkreis eine Vielzahl und ein breites Spektrum an Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsplätzen an. Die Ausgangslage für Jugendliche im Ostalbkreis, einen für sie passenden Beruf zu finden, ist daher besser denn je. Dennoch gibt es auch in unserer Region Jugendliche, die ohne Unterstützung ihre Zukunft nicht planen können und deren Übergang ins Erwerbsleben sich schwierig gestaltet. Das erfordert auf diese Jugendlichen abgestimmte Angebote, eine passgenaue Begleitung und eine damit verbundene enge Abstimmung mit allen Akteuren vor Ort. Auch in der Modellregion „Übergang Schule-Beruf“ im Ostalbkreis soll jeder ausbildungswillige Jugendliche ein Ausbildungsangebot erhalten.
2. Implementierung des Ostalbkreises als Modellregion „Übergang Schule-Beruf“
Mit dem Start der Modellregion in 2014 wurde die Zielsetzung „Kein Abschluss ohne Anschluss“ und der Anspruch „Keiner darf verloren gehen“ beim Übergang Schule-Beruf/Studium für den Ostalbkreis neu definiert. Viele Prozesse wurden auf den Prüfstand gestellt, Maßnahmen neu gestaltet und das bereits bestehende, sehr ausgeprägte Netzwerk weiter ausgebaut und intensiviert. Die Mitglieder der neu gegründeten Lenkungsgruppe RÜM und der Verantwortungsgemeinschaft Übergang Schule-Beruf greifen Problemlagen auf und versuchen in gemeinsamen Treffen und Fachkonferenzen Lösungsansätze für den Landkreis zu finden und passgenaue Maßnahmen abzuleiten. Die Neugestaltung des Übergangsprozesses von der Schule in eine weitere Schulform oder in Ausbildung ist über die Kreisgrenze hinaus als Best Practice Modell bekannt. Die Einführung der Schulform AVdual an den Beruflichen Schulen ermöglicht es, dass Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf durch einen hohen Praxisanteil zur Ausbildungsreife gelangen und möglichst einen Schulabschluss erreichen. Denn die beruflichen Perspektiven für Jugendliche mit niedriger Schulbildung werden sich vermutlich in den nächsten Jahren weiter verschlechtern. Eine verstärkte Berufsorientierung durch den Einsatz von Bildungsbegleiterinnen und Bildungsbegleitern an allen Schularten sollen Verzögerungen in der Berufswahlentscheidung und späteren Abbrüchen entgegenwirken und sich positiv auf die gemeinsamen Zielsetzungen auswirken.
3. Netzwerkarbeit
Um eine transparente und dauerhafte Kooperations- und Unterstützungsstruktur am Übergang Schule-Beruf zu schaffen, muss der Interessenskreis, bestehend aus Einzelpersonen, Gruppen, Schulen, Elternhaus und Institutionen, zusammengeführt werden. Dies kann nur gelingen, wenn die beteiligten Akteure sich verbindlich verständigen, unterschiedliche Angebote stärker miteinander abstimmen, diese möglichst leicht zugänglich machen und rechtskreisübergreifend kommunizieren. Es ist wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine problemlose Kooperation zwischen allen Parteien gewährleistet. Eine effiziente Netzwerkpflege erhöht nicht nur die Erfolgschancen bei der individuellen Begleitung und Beratung der Jugendlichen, sondern ist auch erforderlich um Doppelstrukturen innerhalb des Landkreises zu vermeiden. Eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung ist wichtig, denn die Jugendlichen spüren dadurch, dass sie ein aufeinander abgestimmtes Netzwerk umgibt und nicht Einzelakteure mit unterschiedlichen Zielrichtungen sich um sie bemühen. Einzigartig erarbeitet im Ostalbkreis gerade eine Gruppe aus Berufsberaterinnen und Berufsberatern der Agentur für Arbeit und Bildungsbegleiterinnen und Bildungsbegleitern des Landratsamtes/Bildungsbüros eine graphische Darstellung zur Aufgabenteilung und Abstimmung in der Berufsorientierung zwischen Berufsberaterinnen und -beratern sowie Bildungsbegleiterinnen und -begleitern.
Nur durch solche gemeinsamen Abstimmungen, verbindliche Strukturen und ein gefestigtes Netzwerk ermöglichen wir es, den aktuellen Herausforderungen erfolgreich gegenüber zu treten.
4. Elterneinbindung
Eltern spielen eine überaus wichtige Rolle bei der Berufswahl ihrer Kinder, sie sind wichtige Ratgeber bei der Berufsorientierung. Studien belegen nicht nur, dass Eltern die wichtigsten Wegweiser sind, sie beeinflussen die Jugendlichen auch durch ihre Erwartungshaltungen und ihr positives oder negatives Vorbild als Berufstätige. Deshalb muss die Elternarbeit bei den Akteuren am Übergang Schule-Beruf noch stärker in den Fokus gerückt werden. Auch hier empfiehlt sich die enge Begleitung der Jugendlichen durch Bildungsbegleiterinnen und -begleiter und die damit verbundene aufsuchende Elternarbeit. Eine neue weitere Initiative im Rahmen der Elternarbeit ist der „Elternticker“. Im Zuge dieses Projekts sollen Eltern über einen niederschwelligen Informationsweg u. a. auf ihren Einfluss sowie ihre besondere Rolle und Funktion am Übergang Schule-Beruf aufmerksam gemacht werden. Relevante Bildungsthemen werden ausgehend vom Bildungsbüro monatlich über die Elternsprecherinnen und -sprecher der allgemein bildenden Schulen im Ostalbkreis, welche als Elternmentorinnen und -mentoren fungieren, per E-Mail, WhatsApp, Schul-App etc. an die Eltern versendet. Diese Informationen sollen die Eltern zum Austausch mit ihren Kindern und anderen Eltern anregen, die Beteiligung sowie Mitwirkung an den Schulen und in der Gesellschaft fördern und sukzessive zur Auseinandersetzung mit Bildungsthemen motivieren.
5. Übergangsverhalten
Das Übergangsverhalten wird in Form von einer Präsentation an der Sitzung vorgestellt.