Bürgerinformationssystem
![]() |
![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Antrag der Verwaltung
Kenntnisnahme
Sachverhalt/Begründung
I. Ausgangssituation/Allgemeines
Die Substitutionstherapie ist eine Form der medizinischen Fürsorge und gilt als wissenschaftlich evaluierte Therapieform. Rechtlich ist die Substitution im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) verankert. Opiatabhängige haben hierbei die Chance, durch die Verabreichung von Substanzen, die den bisher eingenommenen Drogen ähnlich sind, von den gesundheitsschädlichen Drogen Abstand zu gewinnen. Eingesetzt werden zum Beispiel Substanzen wie Methadon, Polamidon und Subutex. Methadon hat gegenüber Heroin den Vorteil, dass der Wirkstoff nicht gespritzt, sondern durch Schlucken eingenommen werden muss. Dadurch sinkt das Risiko, dass sich Betroffene durch das Teilen des Spritzbestecks mit Krankheiten wie Hepatitis oder HIV infizieren. Zusätzlich hält die Wirkung bei einmaliger und richtiger Einnahme bis zu 24 Stunden an. Bei der Substitution treten in den meisten Fällen keine Entzugserscheinungen auf. Die Betroffenen sind nicht mehr darauf angewiesen, sich in krimineller Weise die illegalen Substanzen zu beschaffen, sondern sind bei der Einnahme und Beschaffung der Substanz überwacht.
Die Verschreibung des Methadons erfolgt über den Arzt/die Ärztin. Die Einnahme erfolgt unter Sichtbezug oder auch - je nachdem wie verlässlich die Person ist - eigenverantwortlich zu Hause. Begleitend erfolgt hierzu eine psychosoziale Betreuungsmaßnahme, welche üblicherweise von den Suchtberatungsstellen durchgeführt wird. Der Therapieverlauf muss ständig überwacht und kontrolliert werden. Um eine Substitutionsbehandlung durchführen zu können, braucht der Arzt/die Ärztin eine suchtmedizinische Qualifikation. Der Substitutionsarzt/die Substitutionsärztin ist dazu verpflichtet, im Substitutionsregister beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Verlauf zu dokumentieren.
Grundsätzlich sind zwei Formen von Substitution zu unterscheiden: befristete und unbefristete Substitution. Die befristete Therapie wird für 6 bis 12 Monate von der Krankenkasse gewährt und kann mit Zustimmung verlängert werden. Bei körperlichen Erkrankungen wie HIV-Infektion, Krebs und Hepatitis B und C kann die Therapie dauerhaft erfolgen.
Substitution sichert mit hoher Wahrscheinlichkeit das Überleben von abhängigen Personen und hilft dabei, das eigene Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ziel der Behandlung ist die schrittweise Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes.
Von den geschätzten 166.000 Opiatabhängigen in Deutschland befinden sich 81.300 Personen (Stand 2021) in einer substitutionsgestützten Behandlung nach § 5 Abs. 4 und 5 BtMVV.
In Baden-Württemberg herrscht ein Mangel an substituierenden Ärzten und Ärztinnen. Um diesem Mangel entgegen zu steuern und eine Unterversorgung in den Stadt- und Landkreisen zu verhindern, beschlossen die Teilnehmenden des Substitutionsgipfels Baden-Württemberg 2019 den sogenannten „Pakt für Substitution“. Darin kommen die Teilnehmenden überein, in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen alle Anstrengungen zu unternehmen, um Substitutionsbehandlungen zu ermöglichen. Dazu gehört, die damit verbundenen Schwierigkeiten und die Organisation zu meistern. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) soll die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zur Sicherstellung der Substitutionsbehandlung vor Ort einsetzen. Krankenkassen sollen grundsätzlich die Bestrebungen zur Sicherstellung der Substitutionsversorgung in Baden-Württemberg unterstützen. Insgesamt soll die Förderung von sozialer und beruflicher Teilhabe mit neuen Ansätzen einer alltagsintegrierten ambulanten Förderung stärker in den Vordergrund gerückt werden.
II. Entwicklungsverlauf und aktuelle Situation im Ostalbkreis
Um dem Bedarf an Substitution im Ostalbkreis gerecht zu werden, wurden bereits 2014 gemeinsame Bestrebungen unternommen, um auf die problematische Situation aufmerksam zu machen. Unter anderem wurde mit Unterstützung der KVBW versucht neue Ärzte und Ärztinnen zu gewinnen. 2018 wendeten sich der Landkreis und die Suchtberatungsstellen an die Landesstelle für Suchtfragen. Es fanden erste Gespräche statt und es erfolgte unter anderem eine Teilnahme am Fachgespräch Substitution in Stuttgart. Im März 2018 fand ein erstes Annäherungsgespräch mit Herrn Dr. Dedner vom Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Winnenden statt. Das ZfP ist seitdem fester Kooperationspartner im Hinblick auf die Entwicklung einer Institutslösung für den Ostalbkreis. Nach der Konzepterstellung stellte 2020 das ZfP Winnenden einen Antrag auf Ermächtigung bei der zuständigen KVBW, um in der Substitutionspraxis von Herrn Dr. Zitzmann in Ellwangen eine Substitutionsambulanz und Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) zu eröffnen.
Das hohe Engagement und beharrliche Vorgehen aller Akteure, insbesondere von Herrn Dr. Dedner und seinen Mitarbeitenden, zahlte sich aus und so konnte Herr Dr. Dedner im Februar die Beteiligten des Arbeitskreises „Substitution“ über den Erhalt der Zulassung informieren.
Am 01.04.2022 konnte schließlich die Substitutionsambulanz und PIA in den ehemaligen Praxisräumen von Herrn Dr. Zitzmann in Ellwangen starten und Herr Dr. Zitzmann und seine Frau konnten in den wohlverdienten Ruhestand treten.
Nach aktueller Datenabfrage im Mai 2022 befinden sich bei den 5 Substitutionspraxen im Ostalbkreis 320 Substituierende in Behandlung.
An den drei Suchtberatungsstellen des Ostalbkreises (Caritas Ost-Württemberg, Diakonieverband Ostalb, Sozialberatung Schwäbisch Gmünd e.V.) sind derzeit 181 Substituierende im Zuge der begleitenden psychosozialen Beratung angebunden.
III. Ausblick
Durch die engagierte und konstruktive Zusammenarbeit aller Akteure gelang es nach intensiven Bemühungen, eine Institutslösung für den Ostalbkreis zu realisieren. Ebenso ist das Bestreben der seither praktizierenden substituierenden Ärzte aus dem Ostalbkreis hervorzuheben, eigenständig auf Nachwuchssuche zu gehen, damit auch in Zukunft die Versorgung von Substitutionspatienten gelingt.
Finanzierung und Folgekosten
Die Substitutionsversorgung wird über die Krankenkassen finanziert. Die Finanzierung der begleitenden psychosozialen Betreuung der Substituierenden durch die Suchtberatungsstellen erfolgt über die Kostenstelle 4140010010 – 43180000 (Anlage 9). Im Haushaltsplan 2022 sind für die Suchtberatung insgesamt 815.257 Euro eingestellt.
Anlagen
-
Sichtvermerke
gez. Joklitschke, Stabsstelle V/01 gez. Urtel, Dezernat V gez. Kurz, Dezernat II gez. Seefried, Erste Landesbeamtin i. V. Landrat Dr. Bläse
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |