Bürgerinformationssystem
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Antrag der Verwaltung
Sachverhalt/Begründung
Die Kindertagespflege ist für Kinder unter drei Jahren den Kindertageseinrichtungen gleichgestellt. Sie hat dabei auch dieselben Aufgaben, nämlich die Förderung der Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, die Unterstützung und Ergänzung der Erziehung und Bildung in der Familie sowie die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiärer Pflege. Der Förderauftrag umfasst die Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Dabei soll sich die Förderung am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
Die Förderung in der Kindertagespflege nach § 23 Sozialgesetzbuch VIII (SGB) als Aufgabe des Landkreises Ostalbkreis umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung der laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.
Entwicklung der Kindertagespflege:
Die Kindertagespflege hat - mit Ausnahme der Coronazeit - eine kontinuierliche Entwicklung genommen. Im Bereich der Schul- sowie Kindergartenkinder hat der Bedarf kontinuierlich abgenommen, aufgrund des Ausbaus von vorrangigen Ganztagesangeboten in diesen Bereichen. Der Bedarf an Kindertagespflege für Kinder unter drei Jahren hat dafür stetig zugenommen. Nach dem Einbruch der Kindertagespflege direkt nach dem ersten Lockdown im März 2020 hat sich die Lage nun wieder stabilisiert.
Ebenso hat sich die Zahl der aktiven (=betreuenden) Tageseltern mit der Coronakrise spürbar reduziert. Dieser Trend hat sich zwar auch wieder deutlich abgeschwächt, allerdings konnte bislang keine Zunahme an aktiven Tageseltern verzeichnet werden.
Inzwischen ist die Nachfrage nach Kindertagespflege wieder deutlich gestiegen, vor allem im Bereich der Großtagespflegestellen gibt es reges Interesse.
Aufgrund der Umstellung der Qualifizierung von 160 auf 300 Unterrichtseinheiten mit je 45 Minuten – in der Regel verteilt über einen Zeitraum von 1,5 Jahren - können angehende Tageseltern zwar bereits nach der Absolvierung der ersten 50 Unterrichtseinheiten – nach rund 2 Monaten - eine Pflegeerlaubnis beantragen. In der Praxis hat sich aber herausgestellt, dass diese Möglichkeit nur sehr wenige wahrnehmen und lieber zuerst die Qualifizierung komplett absolvieren möchten. Dadurch rücken derzeit weniger Tageseltern nach als alters- und fluktuationsbedingt aufhören.
Anpassung der Kostenbeiträge:
Die Kostenbeiträge im Ostalbkreis orientieren sich entsprechend den Empfehlungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) Stuttgart an den Elternbeiträgen für Kindertageseinrichtungen. Diese werden jährlich fortgeschrieben, in der Regel mit einer 3 %-igen Erhöhung jährlich. Die aktuelle Berechnung beruht auf der Empfehlung für das Kindergartenjahr 2021/2022. Eine Empfehlung für das Kindergartenjahr 2022/2023 ist bislang noch nicht erfolgt.
Zur Berechnung wird dazu der Elternbeitrag für ein Kind unter drei Jahren in einer VÖ-Gruppe (verlängerte Öffnungszeiten, 30 Stunden/Woche) herangezogen. Dieser wird auf einen Stundensatz heruntergebrochen. Miteingerechnet wurde diesmal eine Mindestschließzeit von vier Wochen pro Jahr (entsprechend dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch). Kindertageseinrichtungen haben zum Vergleich meist 26 Schließtage pro Jahr.
Den Eltern wird so ein echtes Wunsch- und Wahlrecht ermöglicht. Eine Konkurrenz zwischen den Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege aufgrund der Elternbeiträge soll vermieden werden. Für Kostenbeitragssenkung sowie die Beratung, Begleitung und Vermittlung der Tagespflegepersonen für Kinder unter drei Jahren erhält der Ostalbkreis Mittel nach § 29 b Finanzausgleichsgesetz (rund 68 % der Ausgaben für laufende Geldleistungen für U3-Betreuung).
Eltern mit geringem Einkommen können wie bisher und wie beim Kindergartenbeitrag den Erlass des Kostenbeitrags beantragen (§ 90 Abs. 4 SGB VIII). Für Kinder, deren Eltern beispielsweise Grundsicherung nach dem SGB II (Jobcenter-Leistungen), Wohngeld, Kinderzuschlag oder Unterhaltsleistungen nach dem AsylbLG erhalten, wird der Kostenbeitrag ganz erlassen.
Die Kostenbeitragstabelle sieht dann ab 01.09.2022 folgendermaßen aus:
Die landesweiten Empfehlungen zur Höhe von Elternbeiträgen in Kindertageseinrichtungen werden jährlich angepasst, zuletzt wurden sie im Juni 2021 für das Kindergartenjahr ab September 2021 veröffentlicht. Um zeitlich mit den Elternbeiträgen der Kindertageseinrichtungen gleich zu ziehen, soll die Verwaltung beauftragt werden, ab dem Jahr 2023 die Kostenbeiträge selbständig entsprechend der jeweils aktuellen Landesempfehlungen zum jeweiligen Kindergartenjahr nach oben benanntem Modell anzupassen.
Vertretungsmodelle:
Nach § 23 Abs. 4 SGB VIII ist für Ausfallzeiten von Kindertagespflegepersonen rechtzeitig eine gleichermaßen geeignete Betreuung durch den öffentlichen Jugendhilfeträger sicherzustellen. Dies umfasst auch die Finanzierung dieser Sicherstellung.
Eine verlässliche Betreuung ist vor allem für berufstätige Eltern unerlässlich. Diese Vertretung muss aber auch den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden. Daher muss berücksichtigt werden, dass die Kinder die als Ersatz infrage kommende Kindertagespflegeperson rechtzeitig vor einem Vertretungsfall kennenlernen und regelmäßige Kontakte bestehen. Dies ist für die Altersgruppe der hauptsächlich in der Kindertagespflege betreuten Kinder unter drei Jahren von besonderer Wichtigkeit.
Bislang werden im Rahmen der klassischen Kindertagespflege Vertretungstandems gefördert, indem Kontakte zwischen den Tageseltern hergestellt wurden. In Großtagespflegestellen (TigeR) mit Festanstellungsmodell wird vom Arbeitgeber i.d.R. eine Vertretung beim Personalbedarf fest mit eingeplant bzw. in einem Personalpool vorgehalten. Es existieren und entstehen derzeit auch Großtagespflegestellen als Zusammenschluss von selbständigen Tageseltern. Auch hier muss eine verlässliche Vertretung sichergestellt sein.
Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern unter drei Jahren sollte ein Kontakt ein- bis zweimal pro Woche – je nach Belegung des Projekts (Platz-Sharing) - mit 4 Stunden pro Woche zur Kontaktpflege ausreichen. Diese Kontaktpflege muss durch das Jugendamt zusätzlich zur Betreuung finanziert werden. Im Falle einer tatsächlichen Vertretung geben die Landesempfehlungen vor, dass die ausfallende Tagespflegeperson die laufende Geldleistung weiterzugeben hat.
Zum Vertretungsmodell in der Kindertagespflege gibt es von verschiedenen Interessenverbänden die unterschiedlichsten Vorschläge. Um einen Überblick über bereits bestehende Vertretungsmodelle und deren Praktikabilität zu erhalten, wurde eine Umfrage bei allen Jugendämtern in Baden-Württemberg gemacht. Aus den erhaltenen Rückläufen hat sich das Bild ergeben, dass zumindest im Bereich der Großtagespflege bereits einige Jugendämter feste Vertretungsmodelle installiert haben.
Großtagespflegestellen (TigeR):
In einer Großtagespflegestelle betreuen zwei bis drei Tageseltern gemeinsam bis zu 9 Kinder gleichzeitig bei möglichem Platzsharing (insgesamt max. 15 Kinder).
Am gängigsten und anscheinend pragmatischsten ist hierbei die Pauschalfinanzierung einer Vertretungskraft (i.d.R. auf Minijob-Basis).
Die Verwaltung schlägt deshalb vor, im Ostalbkreis ebenfalls ein Modell zur Finanzierung von festen Vertretungskräften für Großtagespflegestellen mit Kindern unter drei Jahren einzuführen.
Hierbei sollen die Kosten für die Einstellung einer Vertretungskraft in Festanstellung oder auf Minijob-Basis bis zu einer Grenze von 270 Euro pro Monat ersetzt werden. Dies entspräche bei einem Minijob den Gesamtkosten des Arbeitgebers bei 200 Euro Monatsgehalt (ca. 12,50 Euro Stundengehalt) für die Vertretungskraft. Die Einstellung erfolgt entweder durch den Arbeitgeber der übrigen Tageseltern (bei einem Festanstellungs-Modell) oder den selbständigen Tageseltern (bei einem Selbständigen-Modell).
Dabei soll es möglich sein, eine Vertretungskraft auch kumuliert für maximal zwei TigeR-Projekte einzustellen. Eine Einstellung für mehr als 2 TigeR-Projekte ist auszuschließen, da dies im Vertretungsfall die Kontaktpflege zu den anderen Kindern zu sehr beeinträchtigen würde und die Vertretung während eines Einsatzes nicht mehr für weitere Vertretungen zur Verfügung steht.
Klassische Kindertagespflege (im Haushalt der Kindertagespflegeperson):
Hier ist der Bedarf noch fraglich – einer Umfrage unter allen selbständigen Tageseltern im Ostalbkreis ergab, dass derzeit nur 12 Tageseltern an einer Vertretungslösung interessiert sind.
Auch aus anderen Kreisen wurde rückgemeldet, dass die Nachfrage nach Vertretungen in der klassischen Kindertagespflege überschaubar ist, zumal der Ausfall von selbständigen Tageseltern in der klassischen Kindertagespflege sehr selten ist.
Trotzdem sollte ein System für die Vertretung entwickelt werden, das bei Bedarf schnellstmöglich umgesetzt werden kann.
Nach Abwägung unterschiedlicher Modelle scheint eine Stützpunktlösung am besten geeignet zu sein. Hierbei erklären sich einzelne Tageseltern bereit, für die betreuenden Tageseltern in näherer Umgebung als Vertretung zu fungieren. Die betreuenden Tageseltern besuchen die Vertretungskraft regelmäßig mit den Kindern, damit diesen sowohl die Vertretung als auch die Räumlichkeiten bekannt sind. Auch hier soll der Kindertagespflegeperson eine Bereitschaftspauschale von 200 Euro vergütet werden, damit sie für vier Stunden pro Woche den Kontakt zu den Kindern pflegen kann.
Damit sich dieses Vertretungsmodell lohnt, müssen sich mindestens drei Betreuungspersonen, die Kinder unter 3 Jahren betreuen, zusammenfinden.
Wie viele solcher Vertretungsstützpunkte zustande kommen, ist derzeit nicht absehbar. Deshalb soll die Einrichtung dieser Stützpunkte zunächst bis Ende des Jahres 2024 begrenzt, die entsprechende Inanspruchnahme dokumentiert und über die Evaluation bis Ende des Jahres 2024 in diesem Gremium berichtet werden.
Ausblick: Weitere Stärkung der Kindertagespflege
In den letzten Monaten ist die Nachfrage nach Kindertagespflege – sowohl nach dem klassischen Modell, vor allem aber die Nachfrage nach der Einrichtung von Großtagespflegestellen – stark gestiegen. Die Verwaltung hat deshalb beschlossen, zusätzliche Qualifizierungskurse anzubieten. Allerdings wird die Kindertagespflege zunehmend verwaltungsaufwendiger und somit mit der derzeitigen Vergütung auch zunehmend unattraktiver für potenzielle Interessentinnen und Interessenten.
Eine selbständige Kindertagespflegeperson erfüllt inzwischen eine Vielzahl der Aufgaben einer Einrichtungsleitung, z.B. die Anmeldung als Lebensmittelunternehmer, die Dokumentation ärztlicher Atteste, Prüfung des Masernimpfstatus, Entwicklung Kinderschutzkonzept, etc.
Mit dem neu einzuführenden Orientierungsplan werden voraussichtlich analog zu Kindertageseinrichtungen weitere Dokumentationsaufgaben wie das Führen von Portfolios hinzukommen. Der Landesverband Kindertagespflege hat bereits auf diesen Umstand hingewiesen und wird sich entsprechend für eine angemessenere Vergütung von Kindertagespflegepersonen einsetzen. Derzeit (seit 01.01.2019) erhalten Kindertagespflegepersonen eine laufende Geldleistung von 6,50 Euro pro Kind und Stunde sowie die hälftige Erstattung von Beiträgen zu Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und die volle Erstattung zur Unfallversicherung. (Beschluss Jugendhilfeausschuss vom 05.12.2018).
Zu gegebener Zeit muss über die Vergütung auch von Nichtbetreuungszeiten analog zu Erzieherinnen und Erziehern in Kindertageseinrichtungen nachgedacht werden.
Finanzierung und Folgekosten
Als Haushaltsansatz sind für dieses Jahr Nettoausgaben in Höhe von 2,73 Mio. € eingestellt. An Geldleistung sind Ausgaben von 3,3 Mio. Euro geplant. Einnahmen durch Kostenbeiträge sind in Höhe von 570.000 Euro vorgesehen.
An FAG-Mitteln werden für dieses Jahr rund 1,9 Mio. Euro eingehen (der endgültige Zuweisungsbescheid ist noch nicht eingegangen).
Kostenbeiträge:
Für das Jahr 2022 würden sich - bei Annahme der Fallzahlen von 2021 -Mehreinnahmen in Höhe von rund 21.000 Euro und für das Jahr 2023 in Höhe von rund 64.000 Euro ergeben.
Vertretungsmodelle:
Großtagespflegestellen: Derzeit existieren im Ostalbkreis 16 Projekte für Kinder unter 3 Jahren. Wenn alle das Vertretungsmodell vollumfänglich in Anspruch nehmen, entstehen jährliche Kosten in Höhe von rund 52.000 Euro.
Klassische Kindertagespflege: Die Verwaltung rechnet in nächster Zeit mit maximal 3 Vertretungsstützpunkten, was jährliche Mehrkosten in Höhe von 7.200 Euro verursachen würde.
Anlagen
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Sichtvermerke
gez. Funk, Geschäftsbereichsleitung gez. Götz, Dezernat V gez. Kurz, Dezernat II gez. Dr. Bläse, Landrat
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