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Vorlage - 061/2022  

 
 
Betreff: Schienenverkehrsvorhaben im Ostalbkreis - Sachstandsbericht über aktuelle Gutachten, Machbarkeitsstudien, Planungen
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Kenntnisnahme
05.04.2022 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht Kenntnis und ermächtigt die Verwaltung, die vorgestellten Gutachten und Planungen im Bereich Schienenverkehr weitervoranzutreiben.

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung wird über die Ergebnisse der Gutachten fortlaufend informiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Um die angestrebten Fahrgaststeigerungen im öffentlichen Personenverkehr zu erreichen, bedarf es einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Schienenverkehrsinfrastruktur. Die Zuständigkeit für die Schieneninfrastruktur samt Bahnhöfen liegt dabei bei der Deutschen Bahn beziehungsweise beim Bund. Das Land ist als Aufgabenträger für den Personennahverkehr auf der Schiene zuständig. Um angesichts der drängenden Herausforderungen die Schiene zu stärken, bedarf es zunehmender Bemühungen auf kommunaler Ebene. So bemühen sich der Ostalbkreis und die kreisangehörigen Kommunen beispielsweise um eine Aufwertung der Bahnhofsinfrastruktur. Hierbei sind durch die Kommunen planerische und finanzielle Ressourcen in erheblichem Maße einzubringen. Zudem beauftragt der Ostalbkreis im Bereich Schienenverkehrsinfrastruktur in Abstimmung mit den jeweiligen Stakeholdern eigene Planungen und beteiligt sich an Gutachten mit den regionalen Partnern. Im Folgenden werden die momentanen Planungen im Bereich Schienenverkehr dargestellt.

 

 

Ausbau der Brenzbahn im Rahmen der Regio S-Bahn Donau-Iller

 

Die Brenzbahn ist eine zentrale Schienenachse für die Region Ostwürttemberg. Die Bahnstrecke verbindet Aalen über Oberkochen und Heidenheim mit Ulm. Von den Bahnknoten Aalen und Ulm aus bestehen Anschlüsse an den Fernverkehr unter anderem in Richtung Nürnberg, Stuttgart, München, und Berlin sowie nach Mittel- und Ostdeutschland. Bei der Brenzbahn handelt sich um eine eingleisige, nicht-elektrifizierte Eisenbahninfrastruktur des Bundes, die von Zügen des Personennah- und Fernverkehrs, sowie des Güterverkehrs genutzt wird. Im Bereich Personenverkehr verkehrt heute zwischen Aalen und Ulm alle zwei Stunden ein Interregio-Express der DB Regio AG. In diesem Abschnitt verkehrt zudem stündlich ein Regionalexpress unter der Linienbezeichnung „RS5“ mit Bedienung aller Unterwegshalte. Dieser Verkehr wird seit Sommer 2019 mit neuen Fahrzeugen vom Typ LINT 54 durch die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) erbracht. Die SWEG kann insgesamt gute Pünktlichkeitswerte verzeichnen, die Ankunftspünktlichkeit im jeweiligen Monat liegt meistens über 95 %. Zum Fahrplanwechsel 2021 konnten zudem die Kapazitäten der Züge in der Hauptverkehrszeit ausgeweitet werden. Erfreulicherweise wird die Brenzbahn außerdem von zahlreichen Güterverkehrszügen genutzt. Die angestrebte Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene lässt zudem einen weiteren Anstieg erwarten. Allerdings stehen die Eingleisigkeit der Strecke und die fehlende Elektrifizierung einer nennenswerten Ausweitung des Güterverkehrs entgegen.

 

Um die Infrastruktur der Brenzbahn zukunftsfähig weiterzuentwickeln, hat sich im Jahr 2014 die Interessengemeinschaft (IG) Brenzbahn gegründet. Mitglieder sind die Landkreise, Städte und Gemeinden entlang der Brenzbahn, die Industrie- und Handelskammern Ulm und Ostwürttemberg, die Handwerkskammer Ulm sowie die Regionalverbände Ostwürttemberg und Donau-Iller. Im Dezember 2015 wurde der Verein „Regio S-Bahn Donau-Iller e.V.“ (RSB-DI) gegründet, um im Einzugsbereich von Ulm/Neu-Ulm ein Regio S-Bahn-System zu realisieren, das bis 2030 über eine Million Menschen mit dichten Takten und einem verlässlichen Angebot erschließen soll. Das Konzept Regio S-Bahn verbindet den aus den Ballungsräumen bekannten Standard der S-Bahn mit der Erschließung in der Fläche durch den Regionalverkehr. Der Ostalbkreis ist seit 2021 vollwertiges Mitglied im Verein RSB-DI.

 

 

Abbildung 1: Fahrplankonzept Brenzbahn; RSB-DI

Abbildung 2: Konzept Regio S-Bahn; RSB-DI

 

In einer Absichtserklärung vom 4.12.2020 haben auf Initiative von Verkehrsminister Winfried Hermann das Verkehrsministerium Baden-Württemberg, die Landkreise Ostalbkreis und Heidenheim, der Verein Regio S-Bahn Donau-Iller und die Deutsche Bahn das weitere Vorgehen zum Ausbau und zur Elektrifizierung der Brenzbahn vereinbart. In mehreren Paketen soll die Brenzbahn zweigleisig ausgebaut, um zusätzliche Haltepunkte unter anderem im Bereich Aalen-Süd und Oberkochen-Süd, erweitert und auf der Gesamtstrecke elektrifiziert werden.

 

 

         Paket 1: Im Rahmen des „Regio S-Bahn Basis-Pakets“ wird eine Verdopplung des Express-Verkehrs Aalen-Ulm auf einen Stundentakt und ein Halbstundentakt der Regio S-Bahn-Linie 51 im Brenzbahn-Abschnitt Ulm-Langenau-Niederstotzingen auf einen Halbstundentakt angestrebt. Hierfür sind im wesentlichen Infrastrukturmaßnahmen mit einem zweigleisigen Ausbau in den Abschnitten Thalfingen-Langenau und Niederstotzingen-(Sontheim)-Bergenweiler notwendig. Für die Maßnahme wird mit Gesamtkosten von 163,6 Mio. Euro gerechnet mit einem regionalen Anteil an den Gesamtkosten von 30,5 Mio. Euro. Für dieses Paket sind die Fahrplantechnische Prüfung, die Infrastrukturmachbarkeitsuntersuchung sowie die Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung abgeschlossen. Das Paket 1 geht im Laufe des Jahres in die Nutzen-Kosten-Untersuchung ein.

 

         Paket 2: Dieses Paket umfasst den Infrastrukturausbau der Brenzbahn für eine Ausweitung des Regionalbahn-Verkehrs im Abschnitt Aalen-Heidenheim auf einen Halbstundentakt. Die Infrastrukturmachbarkeitsuntersuchung sowie die Fahrplantechnische Prüfung wurden im Dezember 2021 abgeschlossen. Ein Halbstundentakt zwischen Heidenheim und Aalen zusätzlich zum stündlichen IRE aus dem Brenzbahnpaket I kann mit dem unterstellten Infrastrukturausbau demnach realisiert werden. Das derzeit verfolgte Fahrplankonzept im Paket 2 sorgt für eine attraktive Einbindung der Brenzbahn im Knoten Aalen. Dort werden gute Anschlüsse zum Fernverkehr nach Stuttgart, Karlsruhe und Nürnberg sowie an den Nahverkehr erreicht. Im Rahmen des Pakets 2 werden auch die zusätzlichen Haltepunkte im Bereich Aalen-Süd und Oberkochen-Süd (Carl Zeiss AG) untersucht.  Die bisherigen Untersuchungen zeigen die Notwendigkeit eines zweigleisigen Ausbaus der Brenzbahn im Abschnitt Unterkochen-Oberkochen-Königsbronn (ca. 10 Kilometer), einer Blockverdichtung zwischen Aalen und Unterkochen und Anpassungen an den Bahnhöfen Heidenheim-Schnaitheim und Giengen auf. Als nächster Schritt steht die Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung („Stresstest“) für das 1. Halbjahr 2022 an. Ziel ist die Überprüfung der Qualität des geplanten Betriebsprogramms. Bei der derzeitigen Infrastrukturausbauvariante wird von Gesamtinvestitionskosten von ca. 140 Mio. Euro ausgegangen. Bei einer unterstellten Förderung durch Bund und Land gemäß GVFG verbleibt ein regionaler Anteil von ca. 26 Mio. Euro. Aufgrund der regionalen Zuordnung werden die Landkreise Heidenheim und Ostalbkreis einen Großteil dieser Kosten schultern. Bei einem positiven Ergebnis der Eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Untersuchung geht auch das Paket 2 als Ergänzung zum Paket 1 in die Nutzen-Kosten-Untersuchung ein.

 

         Paket 3: Im Paket 3 wird die Elektrifizierung der Gesamtstrecke untersucht. Durch die Elektrifizierung der Gesamtstrecke soll dem Klimaschutz Rechnung getragen werden, der Betrieb auf der Strecke optimiert und der Güterverkehr gestärkt werden. Die Elektrifizierung ermöglicht die Erhöhung von Fahr- und Haltezeitreserven und kann die Robustheit des Betriebskonzepts weiter erhöhen. Denkbar ist, dass langfristig mit der Elektrifizierung auf bisher nur zweistündlich vorgesehenen Verkehrshalten stündliche Bedienungen denkbar sind. Auch sind durchgehend elektrifizierte Verbindungen im Güterverkehr möglich, was Zeitersparnisse durch Entfall des Lokwechsels und ggf. der Zugteilung in Aalen oder Ulm ermöglicht. Die Planung und Realisierung der Elektrifizierung wird parallel zu den Paketen 1 und 2 für den gesamten Verlauf der Strecke zwischen Ulm und Aalen untersucht. Eine fahrplanseitige Grobprüfung im Rahmen der Brenzbahnpakete I und II wurde bereits durchgeführt. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat die Mitfinanzierung einer Machbarkeitsstudie in Höhe von 75 % zugesagt. Derzeit läuft die Ausarbeitung einer Leistungsbeschreibung zur Beauftragung dieser Untersuchung. Die Gesamtkosten für die Studie werden sich voraussichtlich auf 25.000 bis 50.000 Euro belaufen. In einem dritten Schritt soll dann ggf. auch das Paket Elektrifizierung in die Nutzen-Kosten-Untersuchung des Gesamtvorhabens eingehen.

 

Nach Abschluss aller Untersuchungen soll bei einem positiven Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung eine Programmaufnahme in die Kategorie a des Bundes-GVFG erfolgen und die Vorplanung für den Infrastrukturausbau beginnen.

 

 

Angebots- und Infrastrukturkonzept für die Murrbahn und die Rems- und Obere Jagstbahn

 

Die Rems- und Obere Jagstbahn stellen gemessen an den Fahrgastzahlen und der Verbindungsfunktion die bedeutsamste Schienenverkehrsachse im Ostalbkreis dar. In den Knoten Stuttgart und Nürnberg bestehen wichtige Anschlüsse innerhalb der jeweiligen Ballungsräume und zum Fernverkehr in alle Richtungen Deutschlands. Neben den drei großen Kreisstädten des Ostalbkreises werden fünf weitere Kommunen direkt durch die Rems- und Obere Jagstbahn erschlossen. 13 der insgesamt 21 Bahnhalte im Ostalbkreis liegen an dieser Bahnlinie. Auf der Rems- und Oberen Jagstbahn verkehrt die IC-Linie Nürnberg-Karlsruhe im 2-Stundentakt. Im Abschnitt Karlsruhe-Stuttgart-Aalen verdichtet sich das Angebot durch den ebenfalls zweistündlich verkehrenden IRE zu einem stündlichen Angebot im schnellen Personenverkehr. Im Regionalverkehr fahren die Züge der Metropolexpress-Linie 13 zwischen Aalen und Stuttgart im Halbstundentakt, im Abschnitt Aalen-Ellwangen im Stundentakt und zwischen Ellwangen und Crailsheim alle zwei Stunden.

 

Um den Schienenverkehr im Korridor zwischen Stuttgart und Nürnberg attraktiver und fahrgastfreundlicher zu gestalten, hat sich im Jahr 2013 die Interessengemeinschaft (IG) Schienenkorridor Stuttgart-Nürnberg gegründet. Mitglieder der IG sind alle Landkreise und Städte im Schienenkorridor, sowie die Regionalverbände und Industrie- und Handelskammern. Die Geschäftsstelle der IG ist beim Regionalverband Ostwürttemberg angesiedelt. Im April 2020 wurde durch die IG gemeinsam mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg ein Gutachten in Auftrag gegeben, um ein zukunftsfähiges Angebots- und Infrastrukturkonzept für den Schienenkorridor Stuttgart-Nürnberg zu erarbeiten, das bei der Fortschreibung des Deutschlandtaktes Berücksichtigung finden soll. Durch das Ingenieurbüro Ramboll wurde in Abstimmung mit allen Stakeholdern verschiedene Planfälle untersucht, um eine Reisezeitverkürzung im Abschnitt Stuttgart-Nürnberg mit guten Anschlüssen in den Knoten Stuttgart und Nürnberg zu erreichen und eine Ausweitung des Fahrplanangebots abzubilden. Mit dem Planfall 7 wurde ein Szenario erarbeitet, für das der Gutachter ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis sieht. Der Planfall 7 enthält Infrastrukturmaßnahmen insbesondere im Bereich der Murrbahn und an den Kreuzungsbahnhöfen der Oberen Jagstbahn in Ellwangen und Jagstzell. Darüber hinaus zeigt das Gutachten den Nutzen durch die Einführung der „Digitalen Leit- und Sicherungstechnik“ auf dem gesamten Korridor inkl. grundlegender Verdichtung der Blockteilung und der zugehörigen Förderung der Fahrzeugausrüstung auf. Des Weiteren geht aus dem Gutachten die Notwendigkeit für einen zweigleisigen (Teil-)Ausbau der Oberen Jagstbahn hervor, um zusätzliche Kapazitäten im Schienenpersonennahverkehr und im Schienengüterverkehr zu ermöglichen. Mit der im Rahmen des Deutschlandtaktes und des Planfalls 7 geplanten Fahrplanausweitung im Personenverkehr – stündlich schnelles Angebot im Abschnitt Stuttgart-Aalen-Crailsheim zusätzlich zu einem mindestens stündlich verkehrenden Angebot zur Feinerschließung im Abschnitt Stuttgart-Aalen-Crailsheim – haben die eingleisigen Abschnitte der Oberen Jagstbahn die Leistungsgrenze der Infrastruktur erreicht.

 

 

Abbildung 3: Planfall 7; Ramboll

 

Abbildung 4: Zielkonzept; Ramboll

 

Im Februar 2022 wurde das abgeschlossene Gutachten durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und den Gutachter des Deutschlandtaktes übergeben, der aktuell das Gutachten kritisch und umfassend evaluiert. Im Ergebnis zeigt das vorliegende Gutachten, dass für eine Zukunftsperspektive im Abschnitt Stuttgart-Nürnberg neben der Einführung der digitalen Leit- und Sicherungstechnik die Infrastruktur auf der Murrbahn wie auch auf der Rems- und der Oberen Jagstbahn umfassend ausgebaut werden muss, um das im Zielkonzept beschriebene anspruchsvolle Fahrplankonzept darstellen zu können. Die Ergebnissicherung der Vorstellung des gemeinsamen Gutachtens beim Bund steht noch aus. Insbesondere bleibt zu klären, wie die Ergebnisse des Gutachtens in die Weiterentwicklung des Deutschlandtaktes einfließen werden. Eine Weiterentwicklung des Deutschlandtaktes findet erst nach Abschluss der Verkehrsprognose 2040 des BMDV statt, die für das Jahr 2023 vorgesehen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen spätestens weitere Untersuchungen in der Region abgeschlossen sein.

 

 

 

Ergänzungsgutachten zum Schienenkorridor Stuttgart-Nürnberg

 

Aus dem vorliegenden gemeinsamen Gutachten zur Murrbahn und zur Rems- und Oberen Jagstbahn haben sich Anknüpfungspunkte ergeben, die im Rahmen eines ergänzenden Gutachtens aus der Perspektive des Ostalbkreises untersucht werden sollen. Dies betrifft insbesondere die nächsten Planungsschritte zum Ausbau der Oberen Jagstbahn, die Erarbeitung von fahrplanerischen Lösungen zur verbesserten Einbindung des Fernverkehrs über Aalen in die Knoten Stuttgart und Nürnberg und die Überprüfung der Sinnhaftigkeit und Machbarkeit zusätzlicher Haltepunkte.

 

Im Rahmen eines Auftaktworkshops zwischen Landkreisverwaltung und Ramboll Ende Januar 2022 wurden die Ziele und mögliche Strategien zur Weiterentwicklung des Schienenverkehrs im Ostalbkreis erarbeitet. Die genauen Inhalte und Ziele des zu beauftragenden Ergänzungsgutachtens befinden sich noch in der Abstimmung.

 

 

Potenzialanalyse zusätzlicher Bahnhalte an der Remsbahn

 

Der Schienenpersonenverkehr stellt das Rückgrat des ÖPNV im Ostalbkreis dar. Zur Erschließung weiterer Fahrgastpotenziale kann die Realisierung zusätzlicher Bahnhalte in Betracht gezogen werden. Für einen attraktiven Schienenpersonenverkehr ist bei der Angebotsplanung der Zielkonflikt zwischen Fahrtzeitverlusten und der besseren räumlichen Erschließung durch zusätzliche Halte zu berücksichtigen. Neben dem geplanten Bahnhalt Aalen-West gibt es unter anderem in Schwäbisch Gmünd und in Essingen Bestrebungen, weitere Haltepunkte entlang der Remsbahn zu errichten. Um einen entsprechenden Bahnhalt zu realisieren, sind von Seiten der jeweiligen Kommune umfangreiche Leistungen im Bereich der Planung und der kommunalen Mitfinanzierung zu leisten. Im Rahmen von LGVFG bestehen attraktive Fördermöglichkeiten für die Planungs- und Investitionskosten.

 

Im Sommer 2021 wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Bahnhalten Essingen und Aalen-West eine intensive öffentliche Diskussion geführt. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr hat sich gegenüber der Realisierung zusätzlicher Bahnhalte aufgeschlossen gezeigtsolange die betrieblichen und technischen Prämissen eingehalten werden. Es sollten die Halte mit dem größten Nachfragepotential, der besten Erschließungswirkung, aber auch den besten Realisierungschancen vorrangig weiterverfolgt werden. Bei der Realisierung von neuen Bahnhalten sieht das Land das Engagement und die Akzeptanz in der Region von hoher Bedeutung an. Vor diesem Hintergrund haben sich die beteiligten Akteure im Herbst 2021 auf ein abgestimmtes dreistufiges Vorgehen verständigt. Zunächst sollte die technisch maximal darstellbare Anzahl zusätzlicher Halte auf der Remsbahn geprüft werden. Anschließend sollte das Nachfragepotenzial möglicher zusätzlicher Halte geprüft werden und am Ende die Haltepunkte mit dem größten Fahrgastpotenzial hinsichtlich ihrer technischen Umsetzbarkeit vertieft untersucht werden.

 

Nach derzeitigem Stand können gegenüber dem Status quo zwei weitere Bahnhalte auf der Remsbahn zwischen Aalen und Schwäbische Gmünd realisiert werden. Dies bestätigt das Gutachten zum Angebots- und Infrastrukturkonzept für die Murrbahn und die Rems- und Obere Jagstbahn. Diese Einschätzung wurde durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg technisch überprüft und bestätigt. Das Fahrgastpotenzial zusätzlicher Halte wurde zuletzt im Jahr 2012 durch eine Studie des Regionalverbands Ostwürttemberg untersucht. In diesem Rahmen wiesen die Haltepunkte Schwäbisch Gmünd-Ost (380 Fahrgäste), Schwäbisch Gmünd-West (356 Fahrgäste) und Aalen-West (338 Fahrgäste) die größten Fahrgastpotenziale auf. Für einen Bahnhalt im Bereich Essingen ging die Studie unter der Voraussetzung einer verbesserten Busanbindung und der Schaffung von Park+Ride-Parkplätzen von bis zu 188 Fahrgästen am Tag aus. Vor dem Hintergrund der strukturellen Entwicklungen unter anderem in den Bereichen Wohn-, und Gewerbeplätze sowie Verkehrsinfrastruktur haben die beteiligten Akteure vereinbart, im Rahmen einer vergleichenden Potenzialanalyse die Fahrgastpotenziale auf einer aktuellen Datenbasis untersuchen zu lassen. Die Studie wurde in Abstimmung mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg, den beteiligten Kommunen und dem Regionalverband Ostwürttemberg durch den Ostalbkreis beauftragt. Mit Ergebnissen aus dem Gutachten wird im Frühjahr 2022 gerechnet.

 

 

Modernisierung der Bahnhofsinfrastruktur im Ostalbkreis

 

Die Bahnhöfe und Bahnhalte gelten als markante Einstiege zum Öffentlichen Personenverkehr. Um noch mehr Menschen für die Nutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel zu gewinnen, sollten diese Orte zu attraktiven und funktionalen Mobilitätsknoten weiterentwickelt werden. Mit einer passenden Anbindung, insbesondere durch die Busverkehre, ergeben sich gute und schnelle Umsteigerelationen, die sich positiv auf die Attraktivität des Gesamtsystems ÖPNV auswirken. Neben einer guten Abstimmung des straßengebundenen ÖPNV auf die Schienenverkehre kommt der Radverkehrsinfrastruktur eine besondere Bedeutung zu. Die Bahnhöfe sollten mit guten Radwegen angebunden und mit einer intuitiven Wegweisung ausgeschildert sein. An den Bahnhöfen selbst spielen sichere und komfortable Fahrradabstellanlagen eine zentrale Rolle. Durch Konzepte von Bike+Ride können, insbesondere auf Pendlerstrecken, multimodale Wegeketten mit nachhaltigen Mobilitätsformen entstehen.

 

 

Abbildung 5: abgeschlossene und laufende Baumaßnahmen; Deutsche Bahn AG

 

Im November 2021 wurde durch die Landkreisverwaltung eine Auftaktveranstaltung zur Bahnhofsmodernisierung im Landkreis mit allen Bahnhofskommunen des Ostalbkreises, dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg, der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg und der Deutschen Bahn organisiert. Hierbei konnten die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure geklärt und Fördermöglichkeiten erläutert werden. Der Kreisverwaltung kommt bei der Bahnhofsmodernisierung eine koordinierende und beratende Funktion zu. Inzwischen konnten bereits mit einzelnen Kommunen Folgegespräche mit der Deutschen Bahn durchgeführt werden und Modernisierungskonzepte für einzelne Bahnhöfe erarbeitet werden.

 

 

Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Hohenstaufenbahn

 

Das Land Baden-Württemberg hat sich das Ziel gesetzt, die Nachfrage im öffentlichen Nahverkehr bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Einen Beitrag dazu soll laut Strategie des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken leisten. Im Herbst 2020 wurde von Verkehrsminister Winfried Hermann eine Studie der PTV Transport Consult GmbH vorgestellt, die in einer landesweiten Betrachtung die Nutzerpotenziale stillgelegter Schienenstrecken erhoben und bewertet hat. Dabei wurde der ehemaligen Hohenstaufenbahn zwischen Schwäbisch Gmünd und Göppingen ein sehr hohes Nachfragepotenzial bescheinigt. Die rund 27 Kilometer lange Strecke, die im Volksmund auch als „Klepperle“ oder „Josefle“ bezeichnet wird, zweigte bis zu ihrer Stilllegung westlich des Bahnhofes Schwäbisch Gmünd von der Remsbahn ab und führte unter anderem über Straßdorf, Maitis, Hohenstaufen, Wäschenbeuren, Birenbach und Rechberghausen nach Göppingen, wo im Stadtteil Faurndau die Filstalbahn erreicht wurde. Der Personenverkehr wurde bereits 1984 eingestellt, der Güterverkehr folgte 1994. Ende 1997 wurde die Strecke stillgelegt. Auf der kurven- und steigungsreichen Trasse (bis zu 25 ‰) verläuft heute der Wander- und Radweg Stauferland.

 

Basierend auf der genannten Nachfrageuntersuchung der PTV Transport Consult GmbH hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Förderung von vertiefenden Machbarkeitsstudien für Strecken mit vielversprechendem Nachfragepotenzial in Aussicht gestellt. In Folge der anschließenden Diskussionen und bestehender Forderungen aus der Raumschaft, eine Reaktivierung der Schienenstrecken weiter zu untersuchen, haben sich die Landkreise Esslingen, Göppingen und Ostalbkreis zusammen mit dem Verband Region Stuttgart und unterstützt durch den Regionalverband Ostwürttemberg dazu entschlossen, eine solche vertiefende Machbarkeitsstudie zu Strecken im Korridor Schwäbisch Gmünd – Göppingen – Bad Boll – Weilheim a.d.T. – Kirchheim u.T. auf den Weg zu bringen. Neben der Finanzierung der Machbarkeitsstudien mit bis zu 200.000 Euro fördert das Land auch die späteren Investitionskosten mit zusätzlichen Geldern und stellt die Erstattung der Betriebskosten für die ersten 100 km reaktivierter Strecke in Aussicht.

 

 

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Abbildung 6: Schienenbus 1983 bei Straßdorf; Karl Fischer, Eugen Werner

 

Nach einem wettbewerblichen Verfahren wurde das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart (VWI) mit dem Gutachten beauftragt. Leistungen im Rahmen der Machbarkeitsstudie rund um die Eisenbahninfrastruktur werden von der DB Engineering & Consulting GmbH als Unterauftragnehmer erbracht. Das Vorgehen orientiert sich an den Vorgaben der vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg veröffentlichen „Grundsätze zur Förderung von Machbarkeitsstudien zur Reaktivierung von stillgelegten Eisenbahnstrecken in Baden-Württemberg“. Nach einer Erfassung der Grundlagen zu Strukturdaten, Verkehrsnachfrage und Kartenmaterial erfolgt eine Betrachtung und Bewertung der Strecke im Bestand. Auf Basis des Ohnefalls (ÖV-Angebot im Status quo) und unter Einbeziehung vorliegender Planungen (bspw. Nahverkehrspläne, Regionalpläne, SPNV-Konzept des Landes) werden Betriebskonzepte entworfen, die von einer Reaktivierung der Strecke ausgehen (sog. Mitfälle oder Planfälle). In diesem Zuge werden Bewertungen unter anderem zum Verkehrssystem, zum Fahrplankonzept und zur Einbindung in die übrigen ÖV-Systeme vorgenommen. In einem weiteren Arbeitspaket werden die Infrastrukturmaßnahmen für eine Reaktivierung der Strecken erarbeitet. Abschließend erfolgt eine Bewertung der Nutzen und Kosten der aussichtsreichsten Planfälle in einem an die Standardisierten Bewertung angelehnten Verfahren. Durch die Berechnung der Nutzen-Kosten-Indikatoren wird erkennbar, ob eine realistische Chance besteht, dass bei einem oder mehreren Planfällen die entstehenden volkswirtschaftlichen Nutzen die Infrastruktur-Kosten übersteigen. Etwaige Anpassungen des bestehenden Busverkehrs infolge einer Reaktivierung der Hohenstaufenbahn und Konzepte für die dem ehemaligen Trassenverlauf folgende Radwegeverbindung Schwäbisch Gmünd-Göppingen werden im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchung ebenfalls untersucht. Bis Ende Oktober 2022 soll die Untersuchung mit einem Schlussbericht abgeschlossen werden.

 

 

Entwicklungen auf der Riesbahn

 

Durch die Neuvergabe des Los 1 der Augsburger Netze an Go-Ahead Bayern wird auch auf der Riesbahn ein Betreiberwechsel stattfinden. Ab Dezember 2022 wird Go-Ahead Bayern den Betrieb von der DB Regio übernehmen. Beim Fahrplan und bei den eingesetzten Fahrzeugen wird es zum Fahrplanwechsel Verbesserungen geben. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft und das Verkehrsministerium Baden-Württemberg haben Go-Ahead beauftragt, dass auf der Riesbahn auch am Wochenende Züge im Stundentakt angeboten werden sollen (heute 2-Stundentakt) und dass darüber hinaus der Zugbetrieb in den Abendstunden ausgedehnt werden soll. So soll unter der Woche gegen 22:30 Uhr ein letzter Zug in Aalen abfahren und einer um etwa 23:20 Uhr ankommen. Am Wochenende soll ein Angebot gegen 23:30 Uhr das letzte Mal von Aalen nach Nördlingen bereitgestellt werden. Alle zwei Stunden bestehen umsteigefreie Direktverbindungen zwischen Aalen und München.

 

 

Abbildung 7: Augsburger Netze; Go-Ahead Bayern

 

Mit der Betriebsaufnahme durch Go-Ahead kommen neue Triebfahrzeuge vom Typ Siemens Mireo zum Einsatz. Die Niederflurfahrzeuge mit 216 Sitzplätzen verfügen unter anderem über multifunktionale Mehrzweckbereiche mit bis zu 24 Fahrradstellplätzen, kostenloses WLAN, rollstuhlgerechte WC-Kabinen und ermöglichen einen barrierefreien Zugang. Dafür verfügen die Fahrzeuge über eine fahrzeugintegrierte Spaltüberbrückung, einen automatisch ausfahrbaren Schiebetritt und einen Hublift für Bahnsteighöhen bis 30 cm. Um einen Halt der neuen Züge von Go-Ahead zu ermöglichen, müssen die Bahnsteige an der Riesbahn mit Steighöhen unter 30 cm erhöht werden. Hierzu werden die Bahnsteige in Goldshöfe und in Trochtelfingen bis zur Betriebsaufnahme durch Go-Ahead auf 76 cm erhöht, sodass hier ein stufenfreier Zustieg geschaffen wird.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Mittel für die dargestellten Gutachten sind im Haushalt abgebildet. Die kommunalen Eigenanteile insbesondere an den Infrastrukturkosten sind mittelfristig zu berücksichtigen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Dreher, Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität

gez. Wagenblast, Dezernat VII

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat