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Vorlage - 486/03  

 
 
Betreff: Geplante Reform des Bundessozialhilfegesetzes
Status:öffentlich  
Federführend:Sozialdezernat / Sozialamt   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
21.10.2003 
gemeinsame Sitzung des Jugendhilfeausschusses und des Sozialausschusses zur Kenntnis genommen   
Sozialausschuss Vorberatung

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme


Sachverhalt/Begründung:

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Im Bereich der sozialen Sicherung befinden sich derzeit auf Bundesebene zwei Reformgesetze im parlementarischen Verfahren, die sich - soweit sie in der vorliegenden Form in Kraft treten - auf die Stadt -und Landkreise als Sozialhilfeträger im besonderen Maße auswirken werden.

 

Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige soll ein einheitliches Leistungsrecht geschaffen werden. Im Zuge dieser Änderung ist auch geplant, das Bundessozialhilfegesetz zu novellieren und an die Regelungen des neuen Arbeitslosengeldes II, das an die Stelle von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe tritt, anzupassen.

 

Der entsprechende Gesetzentwurf wurde am 08.09.2003 im Bundestag von den Regierungsfraktionen eingebracht. Nach dem bis jetzt bekannten Terminplan soll das Gesetz im Dezember 2003 im Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

 

Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat die Bundesregierung und die Fraktionen im Bundestag aufgefordert, das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Sozialhilfe zurückzustellen, bis die gesetzliche Regelung zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe erfolgt ist und deren Auswirkungen klar abzusehen sind.

 

II. Inhaltliche Schwerpunkte der Sozialhilfereform

 

1. Hilfe zum Lebensunterhalt

 

Die Hilfe zum Lebensunterhalt im neuen Sozialgesetzbuch XII sollen Personen erhalten, die bei Bedürftigkeit weder als Erwerbsfähige das neue Arbeitslosengeld II noch als über 65-jährige oder als dauerhaft voll Erwerbsgeminderte Leistungen der Grundsicherung beanspruchen können. Der Bund rechnet damit, dass insgesamt noch rd. 200.000 Menschen im Bundesgebiet Leistungsberechtigt sein werden, so z.B. Bezieher von Rente wegen Erwerbsminderung, längerfristig Erkrankte oder in Einrichtungen der Altenhilfe  lebende Menschen.

 

Insbesondere die Kommunalen Spitzenverbände hatten im Vorfeld des Gesetzentwurfes dafür plädiert, durch eine umfassende Definition des Begriffs Erwerbsfähigkeit und eine klare Schnittstelle zu den Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung die Hilfe zum Lebensunterhalt überflüssig zu machen. Es werde unnötig eine Doppelbürokratie aufrecht erhalten, die gerade mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beseitigt werden könnte.

 

 

 

 

2. Neue Regelsätze

 

Der gesamte Bedarf des notwenigen Lebensunterhaltes wird nach sogenannten Regelsätzen erbracht, die neu gefasst werden sollen. Künftig werden sie - mit wenigen Ausnahmen - auch alle einmaligen Leistungen (z.B. Bekleidung, Hausrat) einbeziehen. Einmalige Leistungen wird es künftig nur noch für die Erstausstattung bei Geburt eines Kindes oder mehrtägige Schulandheitaufenthalte geben. Mit der Neuregelung sollen die Leistungsberechtigten mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit erhalten.

 

Die Pauschalierung aller einmaligen Leistungen im Rahmen des monatlichen Regelsatzes wird nach Auffassung der Verwaltung für die Sozialhilfeträger Mehrkosten verursachen. Nur wenige Leistungsberechtigte sind bisher in einem mehrjährigen  Dauerbezug. Bedarfssitiuationen, die voraussichtlich während des Hilfebezugs nicht eintreten, würden auf diese Weise über den pauschalen Regelsatz völlig unnötig mitfinanziert. Diese Mehrkosten sind durch die Vereinfachungen im Verwaltungsverfahren nicht zu kompensieren.

 

3. Aktivierende Leistungen 

 

Auch für Menschen, für die eine Erwerbstätigkeit nicht in Betracht kommt, sollen Wege gefunden werden, um ihnen ein eigenverantwortliches Leben außerhalb der Sozialhilfe zu ermöglichen. Es sollen deshalb Instrumente zur Förderung und Aktivierung mit dem Ziel der Überwindung der Bedürftigkeit auf- bzw. ausgebaut werden. Orientiert am Grundsatz des ”Förderns und Forderns” sollen Leistungsberechtigte, bei denen keine maßgeblichen gesundheitlichen Gründe oder beispielsweise die Erziehung eines Kindes der Erwerbstätigkeit entgegenstehen aktiviert werden um möglicherweise in geringem Umfang einer Tätigkeit nachgehen und daraus Einkommen erzielen zu können.

 

4. Persönliches Budget für Behinderte

 

Der bislang schon gesetzlich verankerte Grundsatz, kranken und pflegebedürftigen Menschen stärker als bisher zu einem möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Leben zu verhelfen, soll fortgesetzt und erweitert werden. Dazu soll insbesondere die Einrichtung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets als Gesamtförderung dienen. Behinderten und Pflegebedürftigen sollen danach grundsätzlich Geldleistungen zur Verfügung stehen, mit denen sie die erforderlichen Betreuungsleistungen selbstständig organisieren und bezahlen können.

 

5. Verwaltungsmodernisierung

 

Durch die pauschale Einbeziehung einmaliger Leistungen zum Lebenunterhalt in die Regelsätze soll künftig die Bedarfsprüfung und Einzelfallentscheidung wesentlich vereinfacht und verkürzt werden. Außerdem erwartet der Bund von der Novellierung des  Bundessozialhilfegesetzes auch eine deutliche Verminderung von Widerspruchs- und Gerichtsverfahren sowie der Kostenerstattungsverfahren zwischen den Sozialhilfeträgern.

 

6. Hilfe zur Arbeit

 

Im Zuge der Zusammenfassung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II werden die Regelungen für die Hilfe zur Arbeit im Bundessozialhilfegesetz gestrichen. Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit werden künftig durch die o.a. aktivierenden Leistungen ersetzt. Der davon betroffene Personenkreis  wird sich erheblich von dem unterscheiden, der bislang im Rahmen der Hilfe zur Arbeit betreut wurde. Es ist davon auszugehen, dass hier primär Maßnahmen der persönlichen Beratung und sozialen Stabilisierung zum Tragen kommen werden.

 

7. Krankenhilfe und Eingliederungshilfe für Behinderte

 

Mit dem Reformgesetz soll die Anbindung der Krankenhilfe an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgehoben werden. Bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen soll generell auf die Prüfung des Vermögens verzichtet werden. Gleichzeitig soll der Unterhaltsrückgriff für diesen Personenkreis bei Leistungen zum Lebensunterhalt auf 46 monatlich beschränkt werden.

 

III. Stellungnahme der Verwaltung

 

Die Auswirkungen des novellierten Bundessozialhilfegesetzes lassen sich derzeit nur annähernd abschätzen, da vieles einer Konkretisierung und näheren Berechnung bedarf.

 

Aus heutiger Sicht ist insbesondere die vom Bund prognostizierte Einsparung in Höhe von rd. 66 Mio. Euro zu bezweifeln, weil die vorgesehenen Leistungsausweitungen von ihrer Tragweite her nicht komplett erfasst werden können. Der Deutsche Landkreistag geht davon aus, dass durch die Leistungsverbesserungen für Behinderte und Pflegebedürftige Mehrausgaben in Milliardenhöhe anfallen können. Er kritisiert insbesondere, dass angesichts der desolaten Finanzsituation der öffentlichen Haushalte ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, der anstelle der geforderten Aufgabenbegrenzungen eine ganze Reihe kostenträchtiger Leistungsausweitungen beinhaltet.

 

 

 

 


Finanzierung und Folgekosten:

 

Siehe III.


Anlagen:

 

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Sichtvermerke:

 

Fachamt__________________________________________________

Traub

 

Fachdezernent__________________________________________________

Rettenmaier

 

Hauptamt__________________________________________________

Wolf

 

Kämmerei__________________________________________________

Hubel

 

Landrat__________________________________________________

Pavel