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Vorlage - 186/2021  

 
 
Betreff: Vorstellung des Sachgebiets Unterhaltsvorschusskasse
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses Kenntnisnahme
05.10.2021 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses (offen)   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

  1. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Alleinerziehende Elternteile sind oftmals in der schwierigen Lage, Arbeit, Kinder und Haushalt alleine zu bewältigen. Diese Situation verschärft sich dann, wenn das Kind von dem anderen Elternteil keinen oder keinen ausreichenden Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts erhält.

 

Das seit dem 01.01.1980 geltende Unterhaltsvorschussgesetz mildert in Form von Unterhaltsvorschussleistungen oder Unterhaltsausfallleistungen sowohl die finanzielle Belastung von Alleinerziehenden als auch deren schwierige Erziehungssituation.

 

Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hat, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, also in der Bundesrepublik Deutschland, bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt, das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil oder, wenn dieser verstorben ist, Waisenbezüge mindestens in Höhe des monatlichen Leistungsbetrages nach diesem Gesetz erhält.

 

Zum 01.07.2017 wurde der Unterhaltsvorschuss reformiert. Bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres können Kinder nunmehr ohne zeitliche Beschränkung Unterhaltsvorschuss erhalten. Die bisher gültige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist entfallen.

 

Unter bestimmten Voraussetzungen besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ab 01.07.2017 ebenfalls ein Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen.

Allerdings ist für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres zusätzlich Voraussetzung, dass sie selbst nicht auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angewiesen sind oder, dass der alleinerziehende Elternteil im SGB-II-Bezug eigene Einkünfte in Höhe von mindestens 600,00 € Brutto monatlich erzielt.

 

Es wird gewährleistet, dass der Staat mit Unterhaltsvorschuss oder SGB II im Bedarfsfall lückenlos für alle Kinder einspringt, wenn sie ihnen zustehende Unterhaltszahlungen nicht erhalten. Zugleich wird für die Haushalte, die nicht hilfebedürftig sind bzw. durch eigene Erwerbseinkünfte unabhängig von Grundsicherungsleistungen werden könnten, ein wichtiger Anreiz geschaffen, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Im Ostalbkreis sind 55 % der laufenden Auszahlungsfälle auch zugleich Fälle, die im SGB II-Bezug stehen.

 

Der Unterhaltsvorschuss sichert nicht nur die finanzielle Situation der alleinerziehenden Familien ab, vielmehr gelingt es durch die Bemühungen der Unterhaltsvorschusskasse um die Unterhaltszahlungen des familienfernen Elternteils (Rückgriff) oft, dass Unterhalt fließt. Der Unterhaltsvorschuss sichert zuverlässig die wirtschaftliche Stabilität der Familien und trägt zum Wohlergehen bei.

 

Die Höhe des monatlichen Leistungsbetrages ergibt sich aus dem Mindestunterhalt abzüglich des vollen Erstkindergeldes.

 

Ab 01.01.2021 beträgt der Mindestunterhalt für Kinder unter 6 Jahren 393,00 €, für Kinder ab Vollendung des 6. Lebensjahres 451,00 € und für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres 528,00 €. Das Erstkindergeld beträgt derzeit 219,00 €.

Somit ergeben sich folgende Leistungsbeträge:

 

-          0 bis 5 Jahre 393,00 € abzgl. 219,00 € =  174,00

-          6 bis 11 Jahre 451,00 € abzgl. 219,00 € =  232,00

-          12 bis 17 Jahre 528,00 € abzgl. 219,00 € = 309,00 €

 

Ferner mindern sich diese Leistungsbeträge um geleistete Unterhaltszahlungen des familienfernen Elternteils oder um Waisenbezüge.

 

Für Berechtigte, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, mindern sich die monatlichen Unterhaltsleistungen zusätzlich um Einkünfte des Vermögens und den Ertrag ihrer zumutbaren Arbeit.

 

Mit der Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem zum Unterhalt verpflichteten Elternteil kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Ostalbkreis – Jugend und Familie – Unterhaltsvorschusskasse, bis zur Höhe der Unterhaltsleistung über. Dies gilt auch für die Waisenbezüge.

 

Die Unterhaltsvorschusskasse hat nach Bewilligung der Leistungen die übergegangenen Ansprüche beim unterhaltspflichtigen Elternteil bei entsprechender Leistungsfähigkeit geltend zu machen.

 

Aktuell bearbeitet die Unterhaltsvorschusskasse des Ostalbkreises 2.168 Fälle mit laufender Auszahlung und 1.409 Rückgriffsfälle, bei denen kein laufender Bezug mehr stattfindet, aber noch Forderungen zu realisieren sind.

 

Zu berücksichtigen ist, dass jeder Fall mit laufenden Auszahlungen immer zugleich auch ein Rückgriffsfall ist.

 

Die MitarbeiterInnen der Unterhaltsvorschusskasse beim Geschäftsbereich Jugend und Familie des Ostalbkreises haben pro Vollzeitkraft somit 397 Fälle zu bearbeiten (insgesamt 9 Vollzeitstellen).

 

 

  1. Rückgriff

 

Nachdem sich immer mehr Unterhaltsschuldner ihrer Zahlungspflicht ganz oder teilweise entziehen und die Ausgaben für den Bund und das Land sowie den Landkreis stetig steigen, kommt der Realisierung der Unterhaltsansprüche ein immer größerer Stellenwert zu.

 

Oftmals erfordert die Beitreibung des verauslagten Unterhalts zunächst einmal Spürsinn, da häufig der Aufenthaltsort und der Arbeitgeber des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht bekannt sind. Die Unterhaltsvorschusskasse ist daher auf die Auskünfte des Bundeszentralregisters in Berlin, der Meldeämter der Städte und Gemeinden, der Krankenkassen, Arbeitsämter und Finanzämter usw. angewiesen.

 

Bei zunehmend sinkender Zahlungsmoral ist die Geltendmachung der auf das Land übergehenden Unterhaltsansprüche ohne die Erhebung von Unterhaltsklagen bei den Amtsgerichten oder die Einleitung von gerichtlichen Mahnverfahren in der Regel nicht möglich.

 

Die Durchführung von Pfändungen bei den Unterhaltsschuldnern vor Ort durch den Gerichtsvollzieher sowie Lohnpfändungen und Kontensperrungen sind ebenfalls häufig erforderlich.

 

In Einzelfällen werden Strafanzeigen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß         § 170 Strafgesetzbuch gestellt. Diese sind nur erfolgversprechend, wenn der Unterhaltspflichtige sich unter realen Begebenheiten der Leistungspflicht bzw. der Zahlung entzogen hat. Fiktive Leistungsfähigkeit greift hier nicht.

 

Natürlich hatte auch die Corona-Pandemie Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschuss. Durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit sind Zahlungen von Unterhaltspflichtigen ganz oder zumindest teilweise ausgeblieben, was vermehrte Antragstellungen und steigende Vorschusszahlungen zur Folge hatte.

 

 

Im Haushaltsjahr 2019 betrugen die Ausgaben im Ostalbkreis 5.183.694 €. Die Einnahmen beliefen sich auf 1.387.425 €, was einer Rückgriffsquote von 26,77 % entspricht. Die Ausgaben im Haushaltsjahr 2020 haben sich auf 5.862.722 € und die Einnahmen auf 1.583.281€ erhöht, was die Rückgriffsquote leicht auf 27,00 % anstiegen ließ.

 

Seit dem Jahr 2020 muss die jährliche Rückgriffsquote von den Landratsämtern nicht mehr an die zuständigen Regierungspräsidien gemeldet werden. Ein Vergleich der einzelnen Unterhaltsvorschusskassen innerhalb des Landes Baden-Württemberg erfolgt somit nicht mehr. Die Rückgriffsquote wird allerdings intern weiterhin erhoben. Die Rückgriffsquote berechnet sich mittels Gegenüberstellung der Ausgaben und Einnahmen im Unterhaltsvorschuss.

 

In den Nachbarkreisen des Ostalbkreises (Landkreis Heidenheim, Göppingen, Rems-Murr-Kreis und Schwäbisch Hall) lag die Rückgriffsquote im Jahr 2020 zwischen           19,05 % und 29,67 %. Der durchschnittliche Wert betrug 23,79 %.

 

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Finanzierung der Unterhaltsvorschussleistung erfolgt zu 40 % vom Bund, das Land Baden-Württemberg und der Ostalbkreis tragen jeweils 30 %.

 

Im Haushaltsplan 2021 sind 6.670.000 € an Aufwendungen für Unterhaltsvorschussleistungen eingestellt (Anlage 7, Produkt 3690010000).

 

Unter Berücksichtigung der Zuschüsse von Bund und Land wird für das Haushaltsjahr 2021 ein Zuschussbedarf für den Ostalbkreis von rund 1,4 Mio. € prognostiziert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Anlagen

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Sichtvermerke

 

gez. Funk, Geschäftsbereichsleiterin

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat