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Vorlage - 129/2021  

 
 
Betreff: Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Soziales   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit Kenntnisnahme
22.06.2021 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

 

Die Bundesrepublik Deutschland ist im März 2009 der UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beigetreten. Im Fokus steht die Förderung der sozialen Integration und Bekämpfung der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung im täglichen Leben. Die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention bedeutet Inklusion und somit ein gemeinsames Leben aller Menschen mit und ohne Behinderung. Dies schließt auch das uneingeschränkte Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderung ein.

 

Der Förderung der Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommt daher eine zentrale Bedeutung zu. Menschen mit geistiger oder Mehrfachbehinderung sollen neben einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auch die Möglichkeit haben, Arbeitsverhältnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzustreben und auszuüben.

 

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist eine frühzeitige Beteiligung aller am Übergangsprozess mitwirkender Akteure unverzichtbar. Eine kooperative und verlässliche Zusammenarbeit ist ausschlaggebend für den Erfolg beim Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

 

Baden-Württemberg hat bereits langjährige Erfahrungen mit dem Übergang aus Schulen und Werkstätten für wesentlich behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Landesförderprogramm „Arbeit inklusiv“ wurde in den vergangenen Jahren auch im Ostalbkreis erfolgreich umgesetzt. Ein weiteres Förderprogramm ist mit der Vorschrift über das „Budget für Arbeit“ am 01.01.2018 im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes in Kraft getreten. Das „Budget für Arbeit“ im Kontext des Förderprogramms „Arbeit inklusiv“ ist eine gemeinsame Förderung des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg und der Träger der Eingliederungshilfe. Um eine erfolgreiche Umsetzung zu garantieren, hat der Kommunalverband für Jugend und Soziales mit dem Landratsamt Ostalbkreis bereits im Dezember 2017 eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen.

 

 

 

II. Situation im Ostalbkreis

 

 

Um den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit mehrfacher Behinderung zu erleichtern, hat der Ostalbkreis bereits im Jahr 2015 mit allen am Übergangsprozess beteiligten Akteuren die für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entscheidenden Faktoren ermittelt. In intensiven Arbeitsgesprächen wurden Möglichkeiten zur Verbesserung des Zugangs für Beschäftigte einer WfbM in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis erörtert.

 

Durch das Zusammenwirken der Werkstätten im Ostalbkreis (Stiftung Haus Lindenhof, Samariterstiftung, Habila), des Integrationsfachdienstes, der Agentur für Arbeit und des Geschäftsbereichs Soziales konnten in einem Leitfaden die für einen erfolgreichen Übergang notwendigen Maßnahmen festgelegt werden. Zur verbindlichen Anwendung haben die Beteiligten am 19.05.2017 eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet.

Während der Zusammenarbeit wurde festgestellt, dass auch der Übergang von der Schule auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden muss.

 

Unter Federführung des Geschäftsbereichs Soziales haben die Vertreter der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, der Beruflichen Schulen, des Staatlichen Schulamtes, des Integrationsfachdienstes und der Agentur für Arbeit den bereits vorliegenden Leitfaden für den Bereich Schule zur Broschüre „Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“ weiterentwickelt.

 

Das Landesförderprogramm „Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE)/Kooperative Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (KoBV)“ kann mit Hilfe der im Leitfaden festgelegten Aufgaben und Zuständigkeiten noch gezielter und erfolgversprechender eingesetzt werden.

 

Ein wichtiger Schritt für die Inklusion von jungen Menschen mit wesentlicher Behinderung in der beruflichen Bildung ist auch die Unterrichtung der Schüler einer BVE und der KoBV ausschließlich an den Beruflichen Schulen. Im Ostalbkreis erfolgt die Unterrichtung an den kreiseigenen Berufsschulzentren und die Verpflichtung hierzu ist in der Kooperationsvereinbarung vom 15.11.2018 explizit festgehalten.

 

Mit dem Leitfaden und den Kooperationsvereinbarungen vom 19.05.2017 und 15.11.2018 ist ein transparenter, ziel- und erfolgsorientierter Prozessablauf sowohl im Übergang von einer WfbM als auch beim Übergang von der Schule auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gewährleistet. Die Kooperationsvereinbarung vom 19.05.2017 beinhaltet auch ein mit den Werkstätten abgestimmtes Monitoring. In dieses Monitoring werden Werkstattbeschäftigte, die aufgrund der erlangten Fähigkeiten für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geeignet sind, aufgenommen. Im Rahmen einer halbjährlich mit allen Beteiligten durchzuführenden Teilhabekonferenz werden die für die betreffenden Personen geeigneten Maßnahmen besprochen und festgelegt. Die Möglichkeiten für eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt werden erörtert und ggf. noch notwendige Förderungen (z. B. Jobcoaching, Mobilitätstraining) mit den Werkstattträgern und dem Integrationsfachdienst vereinbart.

 

Die Umsetzung des Leitfadens ist von grundlegender Bedeutung bei der Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung. Der entscheidende Aspekt ist jedoch die Verfügbarkeit von entsprechenden Arbeitsplätzen. Es ist daher von großer Bedeutung, potentielle Arbeitsgeber im Ostalbkreis zu gewinnen. Dies erfordert eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. Die vom Träger der Eingliederungshilfe und vom Integrationsamt beim KVJS finanzierten ergänzenden Lohnkostenzuschüsse sowie die Förderprogramme „Arbeit inklusiv“ und „Budget für Arbeit“ stehen dabei im Fokus. Den Unternehmen muss aufgezeigt werden, dass ein erhöhter Aufwand bei der Beschäftigung von Menschen mit mehrfacher Behinderung durch finanzielle staatliche Unterstützung nivelliert wird und auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Ausgleichsabgabe entfällt. Für die Unternehmen muss deutlich erkennbar sein, dass neben der sozialen Verpflichtung ein nicht unwesentlicher finanzieller Anreiz vorhanden ist.

 

In Zusammenarbeit mit dem Integrationsfachdienst wird eine intensive Akquise von Arbeitsplätzen betrieben. Eine für das Jahr 2020 geplante Veranstaltung mit im Ostalbkreis ansässigen Unternehmen, den Werkstätten im Ostalbkreis, dem Integrationsfachdienst sowie dem Integrationsamt beim KVJS konnte infolge der Corona-Pandemie leider nicht stattfinden und ist nun für das Jahr 2022 vorgesehen. Durch eine umfassende Information und Beratung der Unternehmen soll erreicht werden, dass im Ostalbkreis jährlich Praktikums-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung zur Verfügung gestellt werden. Auch die Landkreisverwaltung beschäftigt Menschen mit Behinderung auf sogenannten „Betriebsintegrierten Arbeitsplätzen“ im Rahmen der Förderprogramme „Arbeit inklusiv“ und „Budget für Arbeit“. Zum 01.01.2021 wurde ein Beschäftigter der Ostalb-Werkstätten der Samariterstiftung von einem „Betriebsintegrierten Arbeitsplatz“ in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt übernommen und ist im Geschäftsbereich Soziales eingesetzt.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Aktuell werden im Ostalbkreis für 1.147 Menschen mit einer wesentlichen Behinderung die Kosten für eine Beschäftigung in einer WfbM im Jahr mit durchschnittlich 15.000 € pro Person aufgebracht. Die Mittel sind für das Haushaltsjahr 2021 in der Anlage 6, Seite 5 zum Haushaltsplan 2021 im Produkt 3210000000, Sachkonto 4331, enthalten. Die Verwaltung geht davon aus, dass positive Effekte für den Haushalt erzielt werden können, wenn es gelingt, verstärkt Hilfeempfänger in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren.

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Götz, Geschäftsbereichsleiterin

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat