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Vorlage - 118/2021  

 
 
Betreff: Bericht zur Einführung eines "365-€-Umwelt-Jahrestickets"
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Entscheidung
08.06.2021 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis.

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

In den Haushaltsberatungen zum Kreishaushalt 2021 bat die SPD-Fraktion um einen Bericht zur Einführung eines „365-€-Umwelt-Jahrestickets .

 

Hintergrund

 

Jahreskarten für den ÖPNV zum pauschalisierten Verkaufspreis von 1€/Tag bzw. 365 €/Jahr sind regelmäßiger Bestandteil tarifpolitischer Diskussionen.

 

Zum einen wird sich ein leicht verständliches, transparentes Preismodell erhofft, das sich quasi wie von selbst kommunizieren lässt und den Systemzugang erleichtert, zum anderen soll eine Absenkung des Tarifniveaus den ÖPNV als solches befördern.

 

Bislang hat sich das 365-€-Ticket nicht in der Fläche durchsetzen können und erschöpft sich lediglich in einigen Modellprojekten, oftmals limitiert hinsichtlich Nutznießergruppen und räumlichen Geltungsbereichen. Mit üppigen Fördermitteln ausgestattet sind etliche Pilotprojekte auch bereits einstellt worden. So endete ein entsprechendes Projekt in Reutlingen nachdem die Bundesförderung auslief. Die durchaus gestiegenen Nutzerzahlen vermochten es nicht, den immens erhöhten Abmangel durch die geringeren Einnahmen gebührend auszugleichen.

 

Bewertung für OstalbMobil/Ostalbkreis

 

Eine Überführung der derzeitigen Tarifangebote, i. d. R. Abos im Schüler- und Jedermannverkehr in ein verbundweit gültiges 365-€-Muster würde den Ostalbkreis etwa 2,5 bis 3 Mio. € pro Jahr kosten, bei zunächst unterstellter gleichbleibender Fahrgastnachfrage. Im Umkehrschluss würden die Fahrgäste um diesen Betrag entlastet (Mitnahme­effekt). Allein bei den Ostalb-Abos würde die auszugleichende Differenz etwa 1,4 Mio. € /Jahr ausmachen.

 

Der Aspekt „Preis/Tarif“ ist jedoch nur einer von vielen bei der individuellen Verkehrsmittelwahl und ist denjenigen hinsichtlich „Erreichbarkeit/Verfügbarkeit“, „Fahrtdauer“ oder „Flexibilität/Taktung“ (also Angebotsfaktoren) nachgeordnet. Es hat sich gezeigt, dass Fahrgäste durchaus willens sind für ihr Bus-/Bahn-Ticket einen angemessenen Preis zu zahlen sofern die Gegenleistung stimmt.

 

Daher erscheint das übergeordnete Ziel: „Mehr Fahrgäste in Bus und Bahn im Ostalbkreis!“ mit dem Instrumentarium „365-€-Ticket“ nur bedingt zu vereinbaren bzw. ist zum jetzigen Zeitpunkt nur mit einem unverhältnismäßig hohen Ressourceneinsatz umsetzbar. 

Der Anspruch, den Fahrgästen ein leicht verständliches und günstiges Tarifangebot zu unterbreiten, besteht selbstverständlich fortwährend. Aus diesen Grund heraus wurden in den vergangenen Jahren einige Pauschalpreisangebote (z. B. Semesterticket, 1-€-Ticket am Wochenende) oder der digitale Vertrieb via App vorangetrieben. Eine alleinige Konzentration auf tarifliche Aspekte jedoch kann gerade im ländlichen Raum, wo das erforderliche Zusammenspiel von Push- und Pull-Maßnahmen gegenüber den Ballungsräumen grundsätzlich erschwert ist, nur bedingt erfolgreich funktionieren. Insbesondere da die Push-Ansätze, also restriktivere Regelungen für die Pkw-Attraktivität ganz anders diskutiert werden müssen. Aus diesen Erwägungen heraus stößt das „365-€-Ticket“, so verlockend es zunächst erscheint, auf der Ebene der Praktiker unisono auf große Vorbehalte. Dennoch findet es sich modifiziert auch im neuen Koalitionsvertrag wieder.

 


Ausblick Koalitionsvertrag

 

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden landesweit attraktive […] Tarifangebote prüfen mit dem Ziel, landesweit günstige Tickets anzubieten, wie zum Beispiel das „1-2-3-Ticket.“

 

Das „1-2-3-Ticket“ unterläge dabei einer optional wählbaren räumlichen Gliederung hinsichtlich Preis und Gültigkeit. „1“ wäre hierbei ein lokaler Geltungsbereich (z. B. Stadt Aalen), „2“ wäre verbundweit (also OstalbMobil/Ostalbkreis), „3“ würde ganz Baden-Württemberg beinhalten. Das Modell „1“ könnte dabei im Sinne eines 365-€-Tickets

gedacht werden.

 

Darüber hinaus heißt es: „Wir werden mit finanzieller Unterstützung des Landes die Einführung eines attraktiven Schüler-, Auszubildenden-, Studierenden- und Jugendtickets zum Preis von 365 Euro pro Jahr mit landesweiter Fahrtmöglichkeit anstreben.

 

Exemplarisch bezogen auf das durch Schüler genutzte „Ostalb-Abo“ käme dies einer Preisabsenkung von derzeit 460 €/Jahr (Eigenanteil) auf 365 € gleich. Die Gültigkeit würde sich dann nicht bloß auf die Landkreis-, sondern auf die Landesgrenzen beziehen. Es entstünde der bereits erwähnte, zusätzlich zu deckende Betrag von 1,4 Mio. €/Jahr. 

 

Laut Aussage des Verkehrsministeriums gehören diese Überlegungen zu den prioritär gefassten Inhalten des Koalitionsvertrages. Der Ostalbkreis wird zusammen mit OstalbMobil sicherstellen, dass bei weiterer Konkretisierung eine neuerliche Bewertung und mögliche Umsetzungsperspektiven für den Landkreis zeitnah zur Verfügung stehen, sofern der Landesanteil an den Maßnahmen adäquat erscheint. Die Landesinitiative entspricht einem Paradigmenwechsel, bislang waren für die Gestaltung der Binnentarife ausschließlich die Verbünde/Aufgabenträger verantwortlich.

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung wird über die Entwicklungen

entsprechend informiert.


Finanzierung und Folgekosten

 

Keine

 

 

 

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Gehlhaus, Geschäftsbereich Nachhaltige Mobilität

gez. i. V. Forstenhäusler, Dezernat VII

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat