Bürgerinformationssystem

Vorlage - 063/2021  

 
 
Betreff: Stand der Umsetzung der Handlungsempfehlungen aus dem Sozialbericht des Ostalbkreises
Status:öffentlich  
Federführend:Beratung, Planung, Prävention   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit
20.04.2021 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Das Thema Armut nimmt nach wie vor einen großen Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. Der erst vor kurzem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Datenreport 2021 legt dar, dass 2018 in Deutschland fast jede/r Sechste (15,8 %) unterhalb der Armutsrisikoschwelle lebte. Damit liegt das Armutsrisiko deutlich über dem Niveau Ende der 1990er Jahre (knapp 11 %). Der Bericht stellt auch fest, dass sich die Armutsrisiken verfestigen. Wer einmal unter die Armutsgrenze rutscht, verbleibt immer länger in diesem Einkommensbereich. Der Anteil der dauerhaft von Armut bedrohten Personen an allen Armen hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 20 % auf 44 % mehr als verdoppelt.

 

Das Risiko, in Armut zu leben, ist besonders hoch für Alleinerziehende (41 %), Menschen mit Hauptschulabschluss und ohne Berufsabschluss (35 %) und Menschen mit Migrationshintergrund (29 %). Die Corona-Pandemie droht die finanzielle Situation benachteiligter Gruppen noch zu verschärfen.

 

 

II. Sozialbericht für den Ostalbkreis

 

Der Ostalbkreis hat sich dieser gesellschaftspolitischen Herausforderung gestellt und bereits im September 2009 den „Sozialbericht Ostalbkreis – Analyse belasteter Lebenslagen und Handlungsempfehlungen“ vorgelegt. Die Neuauflage dieses Sozialberichts konnte nun im Juli 2020 vom Kreistag verabschiedet werden. Im Rahmen der Fortschreibung wurden umfangreiche statistische Auswertungen vorgenommen. Außerdem wurde eine Bürgerbefragung im Ostalbkreis durchgeführt, um zusätzlich einen vertieften Einblick in unterschiedliche Lebenssituationen zu erhalten, die mit den verfügbaren statistischen Daten nicht abgebildet werden können.

 

Die statistischen Analysen und die Befragungsergebnisse sollen aufzeigen, in welchen Bereichen besondere Belastungen bestehen und wie sich diese für bestimmte Personengruppen zu Mehrfachbelastungen kumulieren. Gleichzeitig kann dargestellt werden, welche Unterstützungsstrukturen bestehen und inwieweit es gelingt, die bestehenden Belastungen abzumildern oder zu überwinden. Der daraus abgeleitete Handlungsbedarf und die Ansatzpunkte wurden daraufhin geprüft, inwiefern sie auf kommunaler Ebene beeinflussbar sind und schließlich in Form von Handlungsempfehlungen konkretisiert.

 

Der aktuelle Sozialbericht beinhaltet erneut wichtige Impulse und Empfehlungen für politisches Handeln auf kommunaler Ebene. Er fordert dazu auf, die Risikofaktoren, die zur Armut führen, so weit wie möglich zu minimieren und Lösungen zu finden, wie Menschen vor Armut geschützt oder aus der Armut herausgeführt werden können.

 

 

III. Umsetzung der Handlungsempfehlungen

 

Der Sozialbericht enthält unter anderem 33 konkrete Handlungsempfehlungen. Nun gilt es, die Umsetzung dieser Empfehlungen strategisch voran zu treiben und gleichzeitig die Entwicklung zu beobachten und ggf. einzelne Empfehlungen zu korrigieren. Die Handlungsempfehlungen ziehen sich quer durch ein breites Themenspektrum, z.B.

 

 

 

-          Alleinerziehende

-          Kindertagesbetreuung

-          Flüchtlinge/Menschen mit Migrationshintergrund

-          Übergang von der Schule in das Berufsleben

-          Geringfügige Beschäftigung/„Ergänzer/innen“

-          Langjährig arbeitslose Menschen

-          Menschen mit Behinderungen

-          Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

-          Schulden

-          Altersarmut

-          Pflegerische Versorgung

-          Sucht

-          Rechtliche Betreuung

-          Wohnungsversorgung/Wohnungslosigkeit

-          Digitale Anbindung

-          Verkehrsanbindung/ÖPNV

-          Ehrenamtliches Engagement

-          Gesellschaftliche Teilhabe

 

 

Einige der Handlungsempfehlungen befinden sich bereits auf dem Weg der Umsetzung. Beachtlich ist auch die Anzahl der beteiligten Geschäftsbereiche und Stabsstellen innerhalb des Landratsamtes (insbesondere die Geschäftsbereiche Soziales, Integration und Versorgung, Jobcenter, Gesundheit, Bildung und Kultur, Geoinformation und Landentwicklung, Nachhaltige Mobilität sowie die Stabsstellen Beratung, Planung, Prävention, Diversity und Kontaktstelle Frau und Beruf).

 

Darüber hinaus gibt es auch externe Zuständigkeiten, wie z.B. bei den Städten und Gemeinden, Trägern von Kindertageseinrichtungen, Kindertagesfachberatungsstellen, der Agentur für Arbeit, der Liga der freien Wohlfahrtsverbände, der IHK, Bildungsträgern, Suchtberatungsstellen, Vereinen.

 

 

IV. Weiteres Vorgehen

 

In einem ersten Schritt wurden alle relevanten Fakten zu den einzelnen Handlungsempfehlungen zusammengetragen und die bereits geplanten bzw. begonnenen Maßnahmen auf den aktuellen Stand gebracht. So sollen beispielsweise

 

-          das Flüchtlingsintegrationskonzept weiter umgesetzt werden,

-          die Kindertagesbetreuung im Rahmen der Jugendhilfeplanung untersucht und bedarfsgerecht weiterentwickelt werden,

-          Sprachförderangebote für Kinder bedarfsgerecht ausgebaut werden,

-          der Übergang von der Schule in das Berufsleben durch das Regionale Übergangsmanagement (RÜM) weiter begleitet werden,

-          die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen durch verschiedene Projekte und Maßnahmen des Jobcenters und verschiedener Kooperationspartner gestärkt werden,

-          mit verschiedenen Programmen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Langzeitarbeitslosen begegnet werden,

-          das Teilhabechancengesetz vom Jobcenter weiterhin konsequent umgesetzt werden,

-          die bereits intensiven Anstrengungen bei der Integration der Personengruppe der Geflüchteten in Erwerbstätigkeit weiter aufrechterhalten werden,

-          das Ziel, dass Menschen mit Behinderungen zunehmend ohne Nachteile an der Arbeitswelt teilhaben können, in den eingerichteten Teilhabekonferenzen – verbunden mit einem Monitoring - weiterverfolgt werden,

-          die spezifischen Beratungsangebote für verschiedene Zielgruppen fortgeführt werden (z.B. Suchtberatung, Beratung bei häuslicher Gewalt, Altenhilfefachberatung etc.),

-          die digitale Anbindung im Landkreis durch den aktiven Ausbau der Breitbandinfrastruktur und mit Unterstützung durch das Breitbandkompetenzzentrum des Ostalbkreises weiter ausgebaut werden,

-          das ÖPNV-Angebot im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans ausgeweitet werden.

 

 

Auch wenn schon Vieles im Ostalbkreis in Bewegung ist, muss aus Sicht der Verwaltung im Sinne der Armutsprävention ein Schwerpunkt auf der (frühen) Bildung und den Übergängen von Kindertagesbetreuung, Schule und Beruf liegen. Denn Bildung entscheidet wesentlich mit über die berufliche, soziale und kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen sowie die Integration im Prozess des Aufwachsens. Bildung ist somit Voraussetzung und Schlüssel zur Herstellung von Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

 

Der Bericht von Frau Dr. Usslepp über die „Kinder- und Jugendhilfe im demografischen Wandel“ in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses am 02.03.2021 machte deutlich, dass die absehbaren und erheblichen Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung das Land und auch den Ostalbkreis in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vor enorme Herausforderungen stellt. Sie betreffen alle gesellschaftlichen Teilbereiche und damit auch die Perspektiven von Jugendlichen und Heranwachsenden in einer alternden Gesellschaft.

 

Die bis zum Jahr 2030 für den Ostalbkreis erwarteten Verluste bei den 18- bis 25-Jährigen und der gleichzeitige Zuwachs bei den über 85-Jährigen erfordert noch größere Anstrengungen für zukunftssichernde Investitionen in die nachwachsende Generation. Wenn die Gruppe derer, die vom Alter her rein rechnerisch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, immer kleiner wird, muss überlegt werden, welche Entwicklungsstrategien und Maßnahmen heute notwendig sind, um allen jungen Menschen gute und reelle Chancen auf ein gelingendes Aufwachsen und auf gesellschaftliche Teilhabe – einschließlich der Teilhabe am Erwerbsleben - zu erschließen. Der Sozialbericht des Ostalbkreises bietet dafür gute Ansatzmöglichkeiten.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Handlungsempfehlungen, die in der Zuständigkeit des Ostalbkreises umgesetzt werden, werden über die Haushaltsansätze der jeweiligen Bereiche finanziert.

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

gez. Joklitschke, Stabsstelle V/01

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Dr. Bläse, Landrat