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Vorlage - 260/2020  

 
 
Betreff: Vorstellung der MVZ-Strategie der Kliniken Ostalb gkAöR
Status:öffentlich  
Federführend:Kliniken Ostalb gkAöR   
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Verwaltungsrats Kliniken Ostalb gkAöR und des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
08.12.2020 
Sitzung des Verwaltungsrats Kliniken Ostalb gkAöR und des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen   
Anlagen:
MVZ-Strategie Kliniken Ostalb gkAöR

Beschlussantrag

 

Der Verwaltungsrat der Kliniken Ostalb gkAöR und der Ausschuss für Soziales und Ge-sundheit nehmen den Bericht über die aktuelle MVZ-Strategie der Kliniken Ostalb gkAöR zur Kenntnis.

 


Sachverhalt/Begründung

 

Die MVZ-Strategie der Kliniken Ostalb gkAöR ist ein Baustein im Rahmen der Gesamtstrategie des Ostalbkreises zur „Sicherstellung der ambulanten hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung“ und ist auf die Gesamtversorgungssituation und die Unternehmensziele der Kliniken Ostalb (Fachrichtungen der med. Zentren und Schwerpunkte) ausgerichtet. Parallel hierzu werden in Zusammenarbeit des Landkreises, der Klinken, der Kreisärzteschaft und der Vertreter der Teilräume weitere Lösungsansätze zur flächendeckenden Sicherstellung der ambulanten Versorgung erarbeitet. Hierzu hat am 05.12.2020 eine Klausurtagung mit allen Beteiligten stattgefunden.

 

Nachfolgend werden erste Überlegungen für die MVZ-Strategie der Kliniken Ostalb vorgestellt. Die oben genannten beteiligten Akteure haben sich im Rahmen der Klausurtagung am 05.12.2020 darauf verständigt, die MVZ-Strategie gemeinschaftlich im Dialog weiterzuentwickeln und inhaltlich abzustimmen, da diese Auswirkungen auf die Raumschaften und auf den haus- und fachärztlichen Bereich haben wird.

 

Da immer mehr Facharzt- und Hausarztpraxen im Ostalbkreis mangels Nachfolge vor der Praxisschließung stehen, bestand für die Kliniken Ostalb dringender Handlungsbedarf, um den Wegfall wichtiger Zuweiser zu verhindern und die Patientenversorgung in der Fläche aufrecht zu erhalten. Auch dem verstärkten Trend zur Ambulantisierung stationärer Leistungen kann damit erfolgreich entgegengewirkt werden. Zudem droht eine Abwanderung von Patienten aus geographischen „Randlangen“ des Landkreises zu benachbarten Kliniken wie z. B. nach Schwäbisch Hall, Nördlingen, Göppingen, Winnenden, Heidenheim, Crailsheim und Dinkelsbühl. Dies aber auch in große Zentren wie Stuttgart und Ulm.

 

Erheblich erschwert wird die Nachbesetzung freiwerdender Facharztstellen sowohl bei Kliniken wie auch im ambulanten Sektor durch den weiter zunehmenden Fachkräftemangel. Hinzu kommt der Wunsch vor allem junger Ärzte/innen nach flexibler Arbeitszeit und wirtschaftlicher Sicherheit (Anstellung, Voll- oder Teilzeit, Teamarbeit anstelle „Einzelkämpfer“).

 

Eine sektorenübergreifende Kooperation zwischen Kliniken und ambulantem Sektor bietet hierbei Möglichkeiten für eine attraktive und flexible Arbeitsplatzgestaltung sowie eine langfristige, flexible Berufsperspektive. Auch schaffen Teilzeitangebote, Anstellungen im Klinikverbund und/oder im MVZ und der Entfall des unternehmerischen Risikos Anreize für die Fachkräfte. Auch durch die Nutzung vielfältiger Synergien (z.B. gemeinsame Personalbeschaffung, gemeinsame Aus-, Fort- und Weiterbildung, administrative Unterstützung) entstehen Vorteile.

 

Zur Umsetzung der MVZ-Strategie wurde zum 01.01.2019 ein Tochterunternehmen MVZ Ostalb Kliniken gGmbH der Kliniken Ostalb gegründet. Mittels dieser gemeinnützigen Gesellschaft (gGmbH) können MVZ-Betriebsstätten in den einzelnen Regionen gegründet werden.

 

Für die Kliniken Ostalb bestand erstmals Handlungsbedarf bei den gynäkologischen Facharztpraxen Dr. Mickan (Ellwangen) und Dr. Kurz (Bopfingen). Aufgrund zunehmend hohem Alter der Gynäkologen in Ellwangen und Bopfingen und mangels Praxisnachfolger wären die Praxen geschlossen worden und wichtige Zuweiser für die Kliniken im Fachbereich Geburtshilfe/Gynäkologie weggefallen. In einem ersten Schritt wurde am Standort Ellwangen am 01.01.2019 das MVZ Ellwangen und am 01.04.2019 die Zweigpraxis in Bopfingen in Betrieb genommen.

 

Am 01.10.2019 wurde von den Kliniken das MVZ Westhausen in Betrieb genommen. Auch hier konnte kein Nachfolger gefunden werden. Bei der Praxis in Westhausen handelt es sich um eine gut etablierte Facharztpraxis für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Innere Medizin, Onkologie und Suchtprävention, die aufgrund ihres Fach- und Einzugsgebietes (über 7.000 Einwohner) ebenfalls eine strategisch wichtige Rolle für die Gesundheitsversorgung im Ostalbkreis Inne hat. Darüber hinaus übernimmt diese Praxis seit Jahren besondere Versorgungsaufgaben wie die medizinische Versorgung in Pflegeheimen und auch für Patienten der AktivPflege Wachkoma Bopfingen. Aktuell ist diese auch als eine ambulante Fieberambulanz im Raum Aalen für Testungen von COVID-19 im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg im Einsatz.

 

Zum 01.01.2021 wird die Facharztpraxis für Innere Medizin – Fachrichtung Gastroenterologie Prof. Kleber und Dr. Meiborg in das MVZ Ostalb Kliniken gGmbH eingegliedert und ein MVZ-Betriebsstätte Aalen gegründet. Damit wird die ambulante Versorgung im Bereich Endoskopie (z.B. Koloskopien, Gastroskopien) und die Zuweisung in die Innere Medizin I am Ostalb-Klinikum Aalen sichergestellt.

 

An den Standorten Aalen und Schwäbisch Gmünd gibt es weitere Anfragen und konkretes Interesse zur MVZ-Gründung in den Fachrichtungen Gynäkologie/Geburtshilfe sowie Innere Medizin. Hintergrund ist der Wunsch aufgrund fortgeschrittenen Alters die Praxisnachfolge in den kommenden Jahren zu sichern, was anderweitig bislang nicht gelungen ist.

 

Die Kliniken Ostalb gkAöR verfolgen mit ihrer MVZ-Strategie das Ziel, sich auf die Facharztpraxen zu konzentrieren, die aufgrund ihres Fachgebietes für die strategische Zielsetzung der Kliniken (Zuweisermarkt, Marktlage, Sicherstellung der sektorenübergreifenden ambulanten und stationären Patientenversorgung in medizinischen Zentren/Schwerpunkten) eine wichtige Rolle spielen und mangels Nachfolgeregelung mittelfristig drohen wegzubrechen.

 

Im hausärztlichen Bereich müssen vorrangig andere Betreiber-Trägermodelle und Lösungen durch die beteiligten Akteure gefunden werden. Andernfalls droht bereits in naher Zukunft in Einzelfällen (z.B. Westhausen, Neresheim) ein Versorgungsnotstand.

 

Geographisch lassen sich die MVZ-Standorte in drei Bereiche unterteilen:

 

  1. MVZ-Betriebsstätten an den Klinikstandorten mit Facharztpraxen als regionale sektorenübergreifende medizinische Schwerpunkte/Zentren des Klinikstandortes. Hierbei geht es um die Sicherstellung der Zuweisung in stationäre medizinische Zentren bei gemeinsamer Raum- und Gerätenutzung. Zusätzlich können administrative Tätigkeiten wie IT, Einkauf, Hygiene, Datenschutz etc. unterstützt werden. Sogenannte Integrierte MVZs sind Schwerpunkt der MVZ-Strategie Kliniken Ostalb. Die Trägerschaft erfolgt hier durch die Kliniken Ostalb.

 

  1. MVZ-Betriebsstätten in Gemeinden mit überregionalen, kommunalen Versorgungsaufgaben – in Städten/größeren Gemeinden und entsprechender Infrastruktur für Facharzt- und Hausarztpraxen (z.B. Heubach, Abtsgmünd, Neresheim, Westhausen, Oberkochen, Spraitbach etc.). Im Fokus steht hier die wohnortnahe hausärztliche Versorgung im Verbund sowie die Stärkung regionaler Schwerpunkte. Als Träger kommen hier vorrangig die Kreisärzteschaften und die Kommunen in Frage.

 

  1. MVZ-Betriebsstätten in Gemeinden zu benachbarten Landkreisen. Um eine Abwanderung von Patienten/innen in Nachbarlandkreise zu verhindern und auch die hausärztliche Versorgung in der Fläche sicherzustellen, müssen adäquate Lösungen zur Versorgung in der Fläche entwickelt werden. Auch hier ist der Verbund- und Netzwerkgedanke wichtig (Versorgungsnetzwerke Gemeinden und Teilgemeinden und/oder über benachbarte Gemeinden hinweg).

 

Das Betreibermodell soll in diesem Bereich ebenfalls vorwiegend durch Kreisärzteschaft und die Kommunen realisiert werden (hausärztlicher Bereich).

 

 

Für alle Praxisübernahmen gilt das Subsidiaritätsprinzip:

Die Kliniken Ostalb geben einer Nachfolgeregelung durch niedergelassene Ärzte/freier Markt den Vorrang.

 

Die Kliniken Ostalb gkAöR befürworten eine sektorenübergreifende Kooperation vor allem bei Facharztpraxen (Punkte 1 und 2), die für die strategische Zielsetzung der Kliniken Ostalb erforderlich sind. Keinesfalls soll flächendeckend die ambulante fachärztliche Versorgung oder sogar die ambulante hausärztliche Versorgung in der Fläche großteils durch die Kliniken übernommen werden. Geplant sind ca. 5-7 Arztsitze je Klinikstandort in den Fachrichtungen Gynäkologie, Innere Medizin, Chirurgie/Orthopädie sowie Pädiatrie. Die Gründung weiterer MVZ-Betriebsstätten soll in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden (Prozess).

 

Die Kreisärzteschaft, die Kommunen sowie die Kliniken und der Landkreis müssen zusammenwirken, um massiv dem Ärztemangel mit attraktiven und flexiblen Arbeitsplätzen entgegenzuwirken. Hierzu fand am 05.12.2020 ein weiterer Workshop mit allen beteiligten Playern statt.

 

Zielsetzung ist, Transparenz über die aktuelle ambulante haus- und fachärztliche Versorgungsstruktur zu schaffen. Auf dieser Basis soll aufgrund der Situation die erforderliche Weiterentwicklung der ambulanten Versorgungsstrukturen gemeinsam gestaltet werden.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Bei Praxisübernahmen wird durch einen unabhängigen Sachverständigen ein Praxiswertgutachten erstellt, das mit der modifizierten Ertragswertmethode einen Unternehmenswert als Orientierungsgröße für den Kaufpreis ermittelt. Die Praxisinhaber legen erfahrungsgemäß ein eigenes Gutachten vor. Bisher konnten die Gutachterwerte bzgl. der vereinbarten Kaufpreise immer unterschritten werden. Da die Ärzte der Praxen bei Verzicht auf den Arztsitz zugunsten des MVZ zu einer mindestens 3-jährigen Mitarbeit im MVZ in zeitlich abgestuftem Umfang verpflichtet sind, kann anhand der vorliegenden Daten der Jahresumsatz kalkuliert und eine betriebswirtschaftliche Vorschau erstellt werden.

 

Für die MVZ Ostalb Kliniken gGmbH wird neben einer eigenen Gewinn- und Verlustrechnung eine eigene Bilanz erstellt. Sämtliche Personal- sowie Sachkosten der Praxen werden verbucht. Der Kaufpreis einer Praxis wird über Kredit finanziert und über fünf bis sieben Jahre abgeschrieben. Angestrebt wird mindestens ein ausgeglichenes Betriebsergebnis, so dass keine Quersubventionierung durch die Kliniken Ostalb zu erfolgen hat. Dies gelingt bislang (Jahre 2019 und 2020). Wirtschaftliche Risiken durch den Wegfall von medizinischen Leistungsträgern und negative Finanzwirkungen durch nicht planbare Ereignisse (aktuelle Pandemie COVID-19) bleiben im Rahmen der unternehmerischen Risiken allerdings bestehen.

 


Anlagen

 

Präsentation MVZ-Strategie Kliniken Ostalb 2025

 

 

 

Sichtvermerke

 

gez. Heisig, Assistenz Vorstandsvorsitzender

gez. Schneider, Vorstand

gez. Dr. Bläse, Verwaltungsratsvorsitzender

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 MVZ-Strategie Kliniken Ostalb gkAöR (1096 KB)