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Vorlage - 026/2020  

 
 
Betreff: Angemessene Kosten der Unterkunft im Rahmen der Sozialgesetzbücher II und XII
Status:öffentlich  
Federführend:Jobcenter Ostalbkreis Beteiligt:Geschäftsbereich Soziales
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses
03.03.2020 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und des Jugendhilfeausschusses ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Angemessene KdU

Antrag der Verwaltung

 

  1. Für die angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der Sozialhilfe (§ 35 SGB XII) und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 22 SGB II) werden ab dem 01.01.2020 die dem jeweiligen Wohnort entsprechenden Werte der Höchstbeträge für Miete nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich 10% dieses Wertes zu Grunde gelegt.

 

  1. Die Beträge für die angemessenen Unterkunftskosten werden bei Änderung der Beträge im Wohngeldgesetz entsprechend angepasst.
     

Der Beschluss vom 02.05.2016 über die Anwendung der Werte des Schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten im Ostalbkreis wird zum 01.01.2020 aufgehoben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) umfassen als einen zentralen Bestandteil die Kosten der Unterkunft. Nach dem Gesetzeswortlaut werden Leistungen für Unterkunft und Heizung im Sinne der § 22 SGB II und § 35 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Sozialleistungsträger haben hierzu regelmäßig Obergrenzen zu definieren.

Sie sind im Rahmen der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II und SGB XII grundsätzlich verpflichtet, angemessene Kosten für die Unterkunft anhand eines Schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Dieses Erfordernis ist Ausfluss aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu § 22 Absatz 1 SGB II. Mit einem Schlüssigen Konzept soll der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Unterkunftskosten für den jeweiligen Mietwohnungsmarkt individuell, gesetzeskonform und gerichtsfest konkretisiert werden.

Fehlt es an nachvollziehbaren Daten für die Ermittlung der Mietobergrenzen in den jeweiligen Wohnortgemeinden, so dass ein Schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht ermittelt werden kann, ist auf die Höchstbeträge für Miete nach dem Wohngeldgesetz nach § 12 Wohngeldgesetz zurückzugreifen. Dieser Rechtsprechung folgend wurden nach dem Beschluss des Sozialausschusses vom 14.10.2013 zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft in der Zeit vom 01.11.2013 bis 31.05.2016 die der Höchstbeträge für Miete nach dem Wohngeldgesetz zuzüglich 10 % als Bruttokaltmiete angesetzt.

Mit der Reform des Wohngeldrechts zum 01.01.2016 wurden die sogenannten Höchstwerte für Miete für den Ostalbkreis um durchschnittlich 18 % nach oben angepasst. Die Tabellenwohngeldwerte waren in ihrer Kalkulation auf mehrere Jahre ausgelegt. Die starke Erhöhung der Tabellenwohngeldwerte durch die Reform des Wohngeldrechts spiegelte zum damaligen Zeitpunkt nach Auffassung der Verwaltung nicht die tatsächliche Mietkostensteigerung in den Anwendungsbereichen des SGB II und SGB XII im Ostalbkreis wider.

Neben der rechtlichen Verpflichtung war es auch vor dem Hintergrund der Stabilisierung des Mietpreisniveaus im Ostalbkreis, zu befürchtender Verknappung von bezahlbarem Wohnraum für Personengruppen außerhalb der Grundsicherung (z.B. Schüler, Auszubildende, Studenten, Rentenbezieher, Wohngeldempfänger) und der zu erwartenden deutlichen Kostensteigerung bei weiterer Berücksichtigung der Wohngeldhöchstbeträge notwendig, den Mietwohnungsmarkt im Ostalbkreis individuell zu beurteilen und ein Schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im SGB II und SGB XII für den Ostalbkreis zu erstellen.

In der Sitzung des Sozialausschusses am 02.05.2016 konnte die Anwendung des Schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft für die Sozialgesetzbücher II und XII ab dem 01.06.2016 für den Ostalbkreis sowie die erste Fortschreibung zum 01.01.2018 beschlossen werden. Die Neuerhebung der angemessenen Unterkunftskosten zum 01.01.2020 wurde, wie bereits 2016, an die Firma Rödl & Partner GmbH aus Nürnberg vergeben.

 

Mit dem Wohngeldstärkungsgesetz vom 30.11.2019 wurden parallel zur Neuerhebung der Mietwerte im Ostalbkreis die Höchstbeträge für Miete nach § 12 Wohngeldgesetz zum 01.01.2020 aktualisiert und um durchschnittlich 23 % nach oben angepasst. Die Beträge werden künftig regelmäßig dynamisiert, so dass auch die Anwendung der Höchstbeträge für Miete nun einer zweijährigen Fortschreibung unterliegt.

 

Auch im Rahmen der ständigen Rechtsprechung konnten bundesweit bisher nur wenige Schlüssige Konzepte bestätigt werden, so dass das Bundessozialgericht am 30.01.2019 insoweit nochmals auf die Anwendung der Höchstbeträge für Miete nach dem Wohngeldgesetz zuzüglich 10 % als Bruttokaltmiete verwiesen hat. Auch im Ostalbkreis ist derzeit ein Gerichtsverfahren beim Sozialgericht Ulm rechtshängig.

 

 

II. Rechtliche Bewertung der Ergebnisse

 

In der Anlage werden die bisherigen Angemessenheitsgrenzen der Bruttokaltmiete (Miete zuzüglich kalter Nebenkosten) im SGB II und XII nach dem Schlüssigen Konzept aus dem Jahr 2018 im Vergleich zum Schlüssigen Konzept und den Höchstbeträgen für Miete nach dem Wohngeldgesetz gegenübergestellt.

 

Die Rechtsprechung fordert, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes alle Leistungsberechtigten am Ort tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte, menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können; zu diesem Preis muss auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar sein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, müssen die bisherigen Angemessenheitsgrenzen bei Anwendung des Schlüssigen Konzepts durchschnittlich für alle Regionen um 26 % und alternativ bei Anwendung der Höchstbeträge für Miete nach dem Wohngeldgesetz durchschnittlich um 23 % angehoben werden. Beide Ermittlungssystematiken bilden den aktuell sehr angespannten Wohnungsmarkt des Ostalbkreises annähernd gleich ab.

 

Bei der Anwendung der Höchstbeträge für Miete nach dem Wohngeldgesetz ist hierbei von Vorteil, dass diese gesetzlich verankert und rechtssicher sind. Die einheitliche Anwendung der Wohngeldhöchstbeträge vermittelt allen Netzwerkpartner, Vermietern sowie Kostenträgern außerhalb des Ostalbkreises eine hohe Verbindlichkeit in der Beratungstätigkeit. Die Anforderungen an die zweijährige Fortschreibung werden künftig auch im Wohngeldrecht umgesetzt. Die Datenerhebung erfolgt über das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat (BMI), so dass der Verwaltungsaufwand und die Kosten für die vierjährige Datenneuerhebung bei Externen sowie der Personalaufwand für die hausinterne zweijährige Fortschreibung des Schlüssigen Konzepts entfallen.

 

 

III. Verfahren zur Anwendung der neuen Werte ab 01.01.2020

 

Für die angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der Sozialhilfe (§ 35 SGB XII) und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 22 SGB II) werden ab dem 01.01.2020 die dem jeweiligen Wohnort entsprechenden Werte der Höchstbeträge für Miete nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich 10 % dieses Wertes zu Grunde gelegt.

 

Alle Bestandsfälle werden mit der nächsten Bearbeitung der Kosten der Unterkunft, spätestens mit dem nächsten Weiterbewilligungsantrag überprüft, im Einzelfall von Amts wegen rückwirkend zum 01.01.2020 neu berechnet und auf die aktuellen Werte angepasst. Da die Werte in allen Bereichen über den bisherigen Angemessenheitsgrenzen liegen, wird es aufgrund der Anwendung der Angemessenheitsgrenzen nach dem Wohngeldgesetz dadurch zu keinen neuen Kostensenkungsverfahren bzw. Aufforderungen zum Umzug kommen.

 

Die Beträge für die angemessenen Unterkunftskosten werden bei Änderung der Höchstbeträge im Wohngeldgesetz entsprechend angepasst.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Ausgaben für die Kosten für Unterkunft bei Anwendung der Höchstbeträge für Miete nach § 12 Wohngeldgesetz bzw. alternativ bei Anwendung der neu erhobenen Werte des Schlüssigen Konzepts sind bei Betrachtung aller Regionen im Ostalbkreis annähernd gleich.

 

Die Gesamtausgaben für die Kosten für Unterkunft und Heizung im Ostalbkreis werden sich unter Anwendung der neuen Angemessenheitsgrenzen entsprechend der Planansätze für das SGB II in Höhe von 23.048.000 Euro im Haushalt 2020 entwickeln. An den Kosten für Unterkunft trägt der Bund einen Anteil von 51,1 %.

 

Die Kosten für Unterkunft im SGB XII werden vollständig vom Bund erstattet.

 

 

 


Anlagen

 

Angemessene Kosten der Unterkunft im Rahmen der Sozialgesetzbücher II und XII

 

 

 

 

Sichtvermerke

 

gez. Koch, Jobcenter

gez. Götz, Geschäftsbereich Soziales

gez. Urtel, Dezernat V

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Pavel, Landrat

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Angemessene KdU (24 KB)