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Vorlage - 239/2019  

 
 
Betreff: Bekämpfung von antijüdischen Tendenzen - Antrag der AfD-Kreistagsfraktion
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t I Beteiligt:Geschäftsbereich Bildung und Kultur
Beratungsfolge:
Kreistag Entscheidung
05.11.2019 
Sitzung des Kreistags geändert beschlossen   
Anlagen:
Antrag der AfD bezüglich Bekämpfung antijüdischer Tendenzen
Spuren jüdischer Geschichte im Ostalbkreis

Antrag der Verwaltung

 

Der Kreistag des Ostalbkreises beschließt:

 

Der Kreistag setzt sich für die Einhaltung der in den Artikeln 1 und 3 des Grundgesetzes genannten Menschen- und Grundrechte ein und distanziert sich von jeglichen Äußerungen und Handlungen, die den in den Artikeln 1 und 3 des Grundgesetzes verankerten Zielen entgegenwirken. Dies schließt auch die von der AfD-Kreistagsfraktion beantragte Solidaritätsbekundung mit der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und Distanzierung von antisemitischen bzw. anti-israelischen Äußerungen und Handlungen ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Im Rahmen der Kreistagssitzung am 15.10.2019 wurde von der AfD-Fraktion ein Antrag zur Bekämpfung antijüdischer Tendenzen gestellt. Die AfD-Fraktion hat unter Hinweis auf antisemitische bzw. anti-israelische Straftaten beantragt, dass hierzu ein unmissverständliches Zeichen der Distanzierung gesetzt werden soll und der Kreistag damit verbunden folgendes beschließt: 

 

  1. Der Kreistag bekundet seine volle Solidarität mit den Juden in Deutschland.

 

  1. Der Ostalbkreis setzt sich für die Durchsetzung des rechtlichen Schutzes des jüdischen Lebens ein.

 

  1. Der Ostalbkreis tritt allen Äußerungen und Tendenzen, die das Existenzrecht Israels bestreiten, entschieden entgegen.

 

  1. Vereine, Verbände und sonstigen Organisationen, die sich antisemitisch oder anti-israelisch äußern, erhalten keine Finanzierung oder sonstige Unterstützung durch den Ostalbkreis.

 

 

 

  1. Bundespolitischer Hintergrund

 

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu antisemitisch und anti-israelisch motivierten Anschlägen und Straftaten. Überwiegend handelte es sich hierbei um Bedrohungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen gegen Juden bzw. an jüdischen Einrichtungen. In jüngster Vergangenheit sorgten jedoch vor allem schlimme Gewaltdelikte für Schlagzeilen. Beispiele hierfür sind:

 

Berlin, 4. Oktober 2019

Zu einem Übergriff auf die neue Synagoge in Berlin kam es, als ein mutmaßlicher Islamist versuchte, den Sicherheitszaun zu überwinden und mit einem Messer bewaffnet auf die Objektschützer zulief. Eine Gewalttat konnte durch diese verhindert werden.

 

Halle, 9. Oktober 2019

Am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, beabsichtigte ein mutmaßlicher Rechtsextremist schwerbewaffnet in die Synagoge einzudringen, um die dort versammelten Personen zu töten. Nachdem dieses Vorhaben gescheitert war, erschoss der Täter zunächst eine Passantin vor der Synagoge und wenig später den Gast eines Imbisses. Das mit dem Anschlag verbundene Ziel sowie die antisemitischen Motive der Tat hatte der Täter im Vorfeld via Internet kommuniziert, weshalb von einem antisemitischen Motiv und einem rechtsextremistischen Hintergrund auszugehen ist. Nach Einschätzung der Behörden sollte in der Synagoge ein Blutbad angerichtet werden.

 

Alljährliche al-Kuds-Demonstrationen

Der al-Kuds-Tag ist ein gesetzlicher Feiertag der islamischen Republik Iran. Er wird Jahr für Jahr zu staatlich organisierten Massendemonstrationen gegen Israel genutzt, bei denen die „Befreiung Jerusalems von den zionistischen Besatzern“ gefordert wird (Quelle: Wikipedia).

In Deutschland gab es anlässlich des al-Kuds-Tags in den vergangenen Jahren immer wieder Demonstrationen, zuletzt in Berlin am 1. Juni 2019 mit rund 1200 Teilnehmern. Dabei wurden trotz Verbots von Teilnehmern Symbole islamistischer Terrororganisationen gezeigt sowie durch Auflagen untersagte Parolen skandiert.

 

Der Dt. Bundestag hat am 18. Januar 2018, bei Enthaltung der Linken, einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 19/444) beschlossen, wonach der Antisemitismus entschlossen bekämpft werden soll. Darin wird jede Form von Judenfeindlichkeit verurteilt. Das umfasse auch alle antisemitischen Äußerungen und Übergriffe, die als vermeintliche Kritik an der Politik des Staates Israel formuliert werden, tatsächlich aber einzig und allein Ausdruck des Hasses auf jüdische Menschen und ihre Religion seien. Der Beschluss des Dt. Bundestags beinhaltete auch die Schaffung des Amts einer/s Antisemitismusbeauftragten.

 

Diese Funktion wurde im Laufe des Jahres 2018 mit dem Amt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus eingerichtet und im Bundesministerium des Innern angesiedelt. Es wird seit dem 1. Mai 2018 von Dr. Felix Klein wahrgenommen.

 

Die Einrichtung erfolgte auch angesichts der intensiven Diskussion über eine Zunahme des Antisemitismus in Deutschland und der Frage, wie diesem Phänomen bestmöglich auf Ebene des Bundes entgegengetreten werden kann.

 

Der Antisemitismusbeauftragte wird von einem unabhängigen Kreis beraten, der im Benehmen mit dem Beauftragten von der Bundesregierung berufen wird und sich aus jüdischen und nichtjüdischen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft zusammensetzt.

 

Aufgabe des Antisemitismusbeauftragten ist es, Maßnahmen der Bundesregierung, die den Antisemitismus bekämpfen, ressortübergreifend zu koordinieren. Darüber hinaus ist Dr. Felix Klein Ansprechpartner für jüdische Gruppen und gesellschaftliche Organisationen und Vermittler für die Antisemitismusbekämpfung durch Bund, Länder und Zivilgesellschaft. Des Weiteren koordiniert der Beauftragte eine ständige Bund-Länder-Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Stellen und trägt durch Öffentlichkeitsarbeit sowie politische und kulturelle Bildung zur Sensibilisierung der Gesellschaft für aktuelle und historische Formen des Antisemitismus bei.

 

 

  1. Spuren jüdischer Geschichte im Ostalbkreis

 

Ansiedlungen jüdischer Mitbürger gehen in Deutschland bereits bis in die Spätantike zurück. Damit gehört Deutschland neben Italien zu den Ländern Europas mit dem frühesten Nachweis jüdischer Ansiedlungen. Im Ostalbkreis lassen sich Spuren jüdischer Geschichte seit dem Mittelalter feststellen. Im Jahr 1236 erließ Stauferkaiser Friedrich II. ein Privileg für die Juden im Reich, das deren Rechtsunsicherheit beenden sollte. Aus Unverständnis dafür resultierten bald schon Repressalien. Unglückseligerweise ziehen sich Judenverfolgungen also schon seit dem Beginn der Niederlassung von Juden in Deutschland bis in die heutige Zeit hinein.

 

Um Missachtung und der Verletzung von Belangen der jüdischen Mitbürger entgegenzuwirken, sind im Ostalbkreis nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Initiativen entstanden. Derzeit arbeiten die Archivare im Ostalbkreis die Spuren jüdischer Geschichte und den Umgang damit in heutiger Zeit auf. Die in Anlage 2 aufgeführten Aktivitäten, Projekte und Veranstaltungen sollen dies – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – beispielhaft unterstreichen.

 

 

 

 

  1. Vorschlag der Verwaltung

 

Aus der Verpflichtung der deutschen Vergangenheit steht es außer Frage, dass jegliches Unrecht gegen Juden ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rufen ist und damit verbunden jeglichen Tendenzen, Maßnahmen, Bestrebungen oder gar Straftaten mit antisemitischem oder anti-israelischem Inhalt entschieden entgegenwirkt und Einhalt geboten werden muss.

 

Damit verbunden gilt es insbesondere, die Bevölkerung durch Öffentlichkeitsarbeit sowie entsprechende Bildungs- und Informationsveranstaltungen zu sensibilisieren. Dieses Ziel soll unter anderem auch fester Aufgabenbestandteil des Kreisarchivs mit dem neuen Kreisarchivar Uwe Grupp sein.

 

Aus Sicht der Verwaltung sollte sich die Distanzierung von Beleidigungen, Übergriffen und Straftaten jedoch nicht nur auf Handlungen mit antisemitischem bzw. anti-israelischem Inhalt beschränken, sondern ein unmissverständliches Zeichen der Distanzierung von jeglicher Verletzung der in den Artikeln 1 und 3 des Grundgesetzes genannten Menschen- und Grundrechte umfassen.

 

 


Finanzierung und Folgekosten

 

-

 

 

 

 

 

 


Anlagen

 

- Antrag der AfD-Kreistagsfraktion

- Aktivitäten, Projekte und Veranstaltungen gegen Antisemitismus im Ostalbkreis

 

 

 

Sichtvermerke

 

gez. Trunk, Organisation

gez. Heckmann, Bildung und Kultur

gez. Wolf, Dezernat I

gez. Kurz, Dezernat II

gez. Pavel, Landrat

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag der AfD bezüglich Bekämpfung antijüdischer Tendenzen (172 KB)    
Anlage 2 2 Spuren jüdischer Geschichte im Ostalbkreis (103 KB)