Sachverhalt/Begründung
- Zielsetzung
Die bestmögliche Versorgung von Patienten in der Notaufnahme stellt eine besondere Herausforderung an die berufliche Handlungskompetenz der Pflegenden dar, um einerseits auf die Bedürfnisse der Patienten und deren Bezugspersonen umfassend eingehen zu können und andererseits die Zusammenarbeit in einem multi-professionellen Team zu gewährleisten. Die Patientensicherheit stellt die oberste Priorität dar. Die Weiterbildung Notfallpflege befähigt, bei der Betreuung und Behandlung von Notfallpatienten sicher und zielführend sowie auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand agieren zu können.
Im Rahmen der Konkretisierung des Konzeptes der Gesundheitsakademie und den gesetzlichen Vorgaben im Bereich Notfallstrukturen wird die Weiterbildung Notfallpflege bereits zum 01.05.2020 am Standort Aalen etabliert. Gestartet werden soll der erste Kurs als Modellprojekt mit 12 Teilnehmern. Angestrebt wird eine zukünftige Kursgröße mit ca. 20 Teilnehmern.
- Notfallstrukturen in Krankenhäusern
Wie bereits im ersten Absatz angemerkt, sind die gesetzlichen Grundlagen der Notfallstrukturen von Krankenhäusern einzuhalten. Gemäß § 136c Absatz 4 des SGB V vom 11.10.2018 sind die Krankenhäuser in ein gestuftes System von Notfall-strukturen einzuordnen. Diese Einstufung dient als Grundlage für eine differenzierte Vergütung von Vorhaltungen in den jeweiligen Notfallstufen.
Nachfolgende Tabelle zeigt die Unterschiede der jeweiligen Stufen:
Stufe 1 Basisnotfallversorgung | Stufe 2 Erweiterte Notfallversorgung | Stufe 3
Umfassende Notfallversorgung |
Mindestens Fachabteilungen - Chirurgie bzw. Unfallchirurgie
- Innere Medizin
| Fachabteilungen - Chirurgie bzw. Unfallchirurgie
- Innere Medizin
plus | Fachabteilungen - Chirurgie bzw. Unfallchirurgie
- Innere Medizin
plus |
- | - Neurochirurgie oder
- Orthopädie und Unfallchirurgie oder
- Neurologie oder
- Kardiologie oder
- Gastroenterologie oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe
(je 2 Abteilungen davon) und | - Neurochirurgie oder
- Orthopädie und Unfallchirurgie oder
- Neurologie oder
- Kardiologie oder
- Gastro-enterologie oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe
(mind. 5 Abteilungen davon) und |
Stufe 1 Basisnotfallversorgung | Stufe 2 Erweiterte Notfallversorgung | Stufe 3
Umfassende Notfallversorgung |
- | Fachabteilungen - Urologie
- HNO
- Augenheilkunde
- MKG-Chirurgie
- Hämatologie und Onkologie
- Gefäß- und Thoraxchirurgie
- Kinderchirurgie
- Neonatologie
- Kinderkardiologie
- Kinder- und Jugendmedizin
(je 2 Abteilungen davon) | Fachabteilungen - Urologie
- HNO
- Augenheilkunde
- MKG-Chirurgie
- Hämatologie und Onkologie
- Gefäß- und Thoraxchirurgie
- Kinderchirurgie
- Neonatologie
- Kinderkardiologie
- Kinder- und Jugendmedizin
(mind. 2 Abteilungen davon) |
Intensivstation mit mind. 6 Betten und mind. 3 Beatmungsmöglichkeiten | Intensivstation mit mind. 10 Betten | Intensivstation mit mind. 20 Betten |
Schockraum | Schockraum | Schockraum |
24-stündiges CT bzw. Kooperation mit einem dementsprechenden Leistungserbringer | 24-stündiges CT bzw. Kooperation mit einem dementsprechenden Leistungserbringer | 24-stündiges CT bzw. Kooperation mit einem dementsprechenden Leistungserbringer |
- | Kontinuierliche perkutane koronare Intervention (PCI) | Kontinuierliche perkutane koronare Intervention (PCI |
- | Kontinuierliche Notfallendoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes | Kontinuierliche Notfallendoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes |
- | Stroke Unit oder ggf. Verlegung dorthin möglich | Stroke Unit oder ggf. Verlegung dorthin möglich |
- | MRT | MRT |
- | Hubschrauberlandeplatz | Hubschrauberlandeplatz |
- | ZNA besitzt eine angeschlossene Beobachtungsstation von mind. 6 Betten | ZNA besitzt eine angeschlossene Beobachtungsstation von mind. 6 Betten |
Weiterverlegung des Patienten in eine Klinik der höheren Notfallstufe (boden- oder luftgebunden) | Weiterverlegung des Patienten in eine Klinik der höheren Notfallstufe (boden- oder luftgebunden) | Weiterverlegung des Patienten in eine Klinik der höheren Notfallstufe (boden- oder luftgebunden) |
Die zentralen Notaufnahmen der Kliniken Ostalb der Standorte Aalen und Mutlangen sind in der Stufe 2 eingestuft und erfordern hierdurch einen erheblichen Mehrbedarf an qualifiziertem Fachpersonal.
- Marktanalyse / Bedarfsanalyse
Zur Etablierung des Weiterbildungskurses Notfallpflege wurde eine Marktanalyse durchgeführt. In der nachfolgenden Abbildung ist anhand der Markierungen zu erkennen, dass die Weiterbildung Notfallpflege hauptsächlich in Großstädten angeboten wird. Die nächste Weiterbildung von den Kliniken Ostalb aus würde in Stuttgart stattfinden. Der Standort Aalen bietet eine sehr gute geographische Lage, da auch Kooperationspartner aus dem angrenzenden bayerischen Raum gewonnen werden können.

Darauf folgend wurde eine Bedarfsanalyse teils telefonisch, teils über persönlichen Kontakt durchgeführt, dessen Ergebnisse aus der untenstehenden Abbildung entnommen werden können.
Ort | Interesse? | Flyer? |
Dinkelsbühl / Ansbach | Interesse | JA |
Rothenburg an der Tauber | Interesse | JA |
Crailsheim | Interesse | JA |
Langenau / Blaubeuren / Ehingen | Großes Interesse | JA |
Schwäbisch Hall | Kooperation mit Tübingen | JA |
Heidenheim | Sehr großes Interesse (1-2 Teilnehmer) | JA |
Krumbach / Schwaben | 1-2 Teilnehmer | JA |
Weißenhorn | 1-2 Teilnehmer | JA |
Neu-Ulm | Sehr großes Interesse (1-2 Teilnehmer) | JA |
Nördlingen | Sehr großes Interesse | JA |
Donauwörth | Kooperation mit Augsburg, aber Interesse | JA |
Göppingen / Geislingen | Sehr großes Interesse (1-2 Teilnehmer) | JA |
Plus die Kliniken Ostalb zuzüglich der eigenen Mitarbeiter
Hiermit kann gezeigt werden, dass bereits großes Interesse der umliegenden Häuser an der Weiterbildung Notfallpflege besteht.
- Weiterbildungsstrukturen
Für die Weiterbildung Notfallpflege gibt es eine DKG-Empfehlung vom 29.11.2016, geändert am 17.09.2018, welche die Weiterbildungsstrukturen festlegt und die Grundlage für die Weiterbildung darstellt.
Für die Umsetzung einer Weiterbildung Notfallpflege müssen folgende Anforderungen umgesetzt werden:
Bezeichnung | Anforderung |
Leitung der Weiterbildung | Einzelleitung: Berufspädagogische Hochschulqualifikation mit abgeschlossener Weiterbildung für das Fachgebiet Intensiv- und Anästhesiepflege, wenn zum Zeitpunkt des Neuantrages für die Anerkennung als Weiterbildungsstätte diese Person eine Weiter-bildung im Bereich Intensiv- und Anästhesiepflege leitet Duale Leitung: Eine Person mit berufspädagogischer Hochschulqualifikation gemeinsam mit einer Person mit abgeschlossener Weiterbildung für das Fachgebiet Notfallpflege und berufspädagogischer Zusatzqualifikation (= Praxisanleiter) |
Dozenten | Hierunter fallen Ärzte mit unterschiedlichen Schwerpunkten; pädagogisches Personal, unter anderem Praxisanleiter mit Zusatzqualifikation in der Notfallpflege oder Praxisanleiter mit der Weiterbildung Intensiv- und Anästhesiepflege sowie Pflegekräfte der ZNA; Lehrrettungsassistenten; Hygienefachkräfte; Juristen; Psychologen etc. … |
Kooperationspartner / Struktur-Mindestanforderung eines Krankenhauses | - 1 Interdisziplinäre / zentrale Notaufnahme
(24-Stunden-Betrieb), welche die regelhafte Versorgung aller im EPP (Eckpunkte Notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Präklinik) genannten Diagnose gewährleistet und durchführt - Mindestens 2 operative Hauptfachabteilungen
- 2 konservative Hauptfachabteilungen
- 1 Intensivstation gemäß der Mindestanforderung der DKG zur Weiterbildung Intensiv- und Anästhesiepflege
- 1 Anästhesieabteilung (24-Stunden-Betrieb)
- Nachweis über eine Kooperation mit einer Lehrrettungswache
|
Räumlichkeiten für den theoretischen Unterricht | Räumlichkeiten sind hierfür vorhanden Der Unterrichtsraum der Fachweiterbildung für Intensiv- und Anästhesiepflege im Bildungszentrum Aalen |
Teilnahmevoraussetzungen | Zugelassen wird, wer die Berufsbezeichnungen - Gesundheits- und Krankenpfleger/in,
- Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in,
- Krankenschwester/pfleger
besitzt und auch nachweisen kann, dass eine sechsmonatige Tätigkeit im Fachgebiet der Notfallpflege absolviert wurde. |
Dauer und Struktur | Die Weiterbildung dauert in der Regel 2 Jahre und kann auf 5 Jahre verlängert werden, wenn z. B. eine Teilzeitbeschäftigung vorliegt. |
Unterrichtszeiten | Es sind 2 – 3 feste Unterrichtstage pro Monat vorgesehen. Zu Beginn der Weiterbildung erfolgt ein einwöchiger Einführungsblock. Im weiteren Verlauf werden ca. 3 - 4 zusätzliche Blockwochen in den beiden Ausbildungsjahren angeboten. |
Gliederung der Weiterbildung | Die Weiterbildung gliedert sich in einen theoretischen sowie einen praktischen Teil. Der theoretische Teil ist in Basis- und Fachmodule gegliedert und erfolgt in 720 Unterrichtseinheiten. Der praktische Teil erfolgt in insgesamt 1.800 Stunden (inkl. 10 % Praxisanleitung), die sich auf die verschiedenen Bereiche verteilen. |
Kurskosten | Die Kosten der Weiterbildung belaufen sich auf 6.000 € für 2 Jahre pro Teilnehmer, inklusive aller Nebenkosten. |
- Fazit
Laut GBA gibt es derzeit noch keine expliziten Vorgaben für die Anzahl von Fachpflegekräften in der Notfallpflege. Ein hoher Fachkräfteanteil steigert jedoch die Qualität. Zudem wollen wir unseren attraktiven Standort noch attraktiver gestalten und eine strukturierte und optimierte Patientenversorgung anbieten. Dadurch ergibt sich ein Benefit für die Patienten und die Klinik.
Auch im Hinblick der Markt- und Bedarfsanalyse haben die Kliniken Ostalb durch die Einführung der Weiterbildung Notfallpflege eine hohe Chance, ihre Platzzahl nach dem Modellprojekt des ersten Kurses zu erhöhen. Die Krankenhäuser sind auf qualifiziertes Fachpersonal angewiesen, denn qualifizierte Mitarbeiter sind die entscheidende Ressource für sicherheitsbewusstes Arbeiten und Vermeiden von Fehlern.
In die Fort- und Weiterbildung zu investieren, ist daher immer eine Investition in die Patientensicherheit.
Finanzierung und Folgekosten
In Anlehnung an die bereits langjährige etablierte Fachweiterbildung für Intensiv- und Anästhesiepflege im Hause kann nachfolgende Finanzierung zu Grunde gelegt werden. Die Fachweiterbildung für Intensiv- und Anästhesiepflege weist wie die Fachweiterbildung Notfallpflege eine gleiche theoretische Stundenzahl von 720 Unterrichtseinheiten auf. Unterschiede gibt es derzeit bei den praktischen Stunden: 2350 Stunden / 2 Jahre für die Intensiv- und Anästhesiepflege und 1800 Stunden / 2 Jahre für die Notfallpflege.
Ca. 300 theoretische Unterrichtsstunden (UE) werden von externen Dozenten übernommen, die restlichen 420 Unterrichtsstunden übernehmen die festangestellten Lehrkräfte.
Derzeit kann von einer 75 Prozent-Stelle für die festangestellten Lehrkräfte ausgegangen werden, da 1,5 VK insgesamt für die beiden Fachweiterbildungen Intensiv- und Anästhesiepflege sowie Notfallpflege veranschlagt wurden. Im weiteren Verlauf muss evtl. diese Stellenzahl angepasst werden.
Bei einer Teilnehmerzahl ab 15 ist der Weiterbildungsgang Notfallpflege kostendeckend.