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Vorlage - 077/2019  

 
 
Betreff: Festlegung der Zielgruppen und Schwerpunkte zur Vorbereitung des Arbeitsmarktprogramms 2020
Status:öffentlich  
Federführend:Jobcenter Ostalbkreis Beteiligt:Geschäftsbereich Soziales
Beratungsfolge:
Ausschuss für Arbeit und Grundsicherung Entscheidung
07.05.2019 
Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Grundsicherung ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

Den Vorschlägen der Verwaltung zu Zielgruppen und Schwerpunkten im Arbeitsmarktprogramm 2020 wird zugestimmt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Die Zielgruppen und Schwerpunkte im Arbeitsmarktprogramm des Jobcenters Ostalbkreis für das Jahr 2020 werden auf Grundlage der Profillagen, den zu erwartenden Integrationsperspektiven und den Entwicklungen am Arbeitsmarkt festgelegt.

 

Profillagen

 

Eine fundierte Stärken- und Potenzialanalyse, das sogenannte Profiling, stellt die Ausgangsbasis für die gemeinsame Integrationsarbeit von Kunde und Integrationsfachkraft dar. Das Profiling mündet in der Festlegung des Kundenprofils anhand einer Profillage.

 

Die rund 6.700 erwerbsfähigen Leistungsempfänger sind nach Einschätzungen der Inte-grationsfachkräfte des Jobcenters in folgenden Profillagen zuzuordnen:

 

 

Abbildung 1: Profillagen gesamt

 

Zielgruppenunabhängige Schwerpunkte

 

Unabhängig von Zielgruppen empfiehlt das Jobcenter Ostalbkreis im Arbeitsmarktprogramm 2020 drei Schwerpunkte. Zum einen sollen Maßnahmen für Menschen in den Profillagen A-C (marktnähere Kunden mit Integrationsperspektiven) Bestandteil des Arbeitsmarktprogramms sein. Dieser Ansatz dient der Prävention eines Langzeitleistungsbezugs.

 

Des Weiteren sollten Maßnahmen für benachteiligte Menschen mit multiplen, aber abbaubaren Vermittlungshemmnissen (Profillagen D und E) besondere Berücksichtigung finden. Ein Ausbau von individuellen Maßnahmen mit aufsuchendem Ansatz ist zur Tagesstrukturierung und Heranführung an den Arbeitsmarkt notwendig.

 

Wie bereits 2019 soll die Förderung von Arbeitsverhältnissen ein besonderer Schwerpunkt in 2020 sein, frei nach dem Grundsatz „Wir fördern Arbeit statt Arbeitslosigkeit“. Das neue Teilhabechancengesetz trat am 01.01.2019 in Kraft. Mit den Regelinstrumenten werden Menschen gefördert, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind oder seit mindestens sechs Jahren im Leistungsbezug sind.

Die Verzahnung der Maßnahmen mit dem Thema Gesundheit soll fortgeführt werden. Mehr als 50 % der Jobcenterkunden haben gesundheitliche Problematiken. Neben den Gesundheitstagen wurden mit den Kooperationspartnern Angebote entwickelt, die den Zugang von Menschen im SGB II zu Gesundheitsangeboten verbessern sollen.

 

Flankierende kommunale Leistungen wie Sucht- und Schuldnerberatung und psychosoziale Betreuung sind für die Integrationsarbeit ein wichtiger Bestandteil. Seit Jahren bestehen hier gute Kooperationen, die laufend evaluiert und dem Bedarf entsprechend angepasst werden. Für Menschen, die auch über das Teilhabechancengesetz nicht mehr in den sozialen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, gibt es das Projekt „Freiwillig dabei“. In Kooperation mit dem regionalen Bündnis für Arbeit und vielen gemeinnützigen Trägern und Institutionen wird durch eine niedrigschwellige, stundenweise Beschäftigung eine soziale Teilhabe ermöglicht.

 

Zielgruppen 2020

 

Als Zielgruppen für 2020 schlägt das Jobcenter Ostalbkreis vor:

 

        Jugendliche unter 25 Jahren und junge Erwachsene bis 34 Jahre

        Ältere ab 50 Jahren

        Alleinerziehende und Erziehende

        Langzeitarbeitslose über 24 Monate und Langzeitleistungsbezieher über 72 Monate (Zielgruppen Teilhabechancengesetz)

        Flüchtlinge

 

Für die strategische Integrationsarbeit mit den einzelnen Zielgruppen werden die Profillagen, die Integrationen im vergangenen Jahr sowie die Dauer im Leistungsbezug näher analysiert. Die daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe sind Grundlage der Maßnahmeplanung und Mittelverteilung für das Arbeitsmarktprogramm 2020.

 

Jugendliche unter 25 Jahren

 

Aktuell sind rund 1.070 Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren im Jobcenter in Betreuung. Das sind 16 % des gesamten Kundenkreises. Die Profillagen verteilen sich wie folgt:

 

 

Abbildung 2: Profillagen U25

 

Jugendliche mit leichten Hemmnissen (Profillagen B und C) sowie Jugendliche mit schweren, aber abbaubaren Hemmnissen in den Bereich Sucht, Schulen, Straffälligkeit, fehlender Stabilität im sozialen Umfeld oder fehlende berufliche Orientierung (Profillage D) bilden in 2020 die Schwerpunkte. Maßnahmeformate, die auch das pernliche Umfeld und die Lebenssituation mit einbeziehen, sollen gefördert werden. Die Maßnahmen haben im vergangenen Jahr dazu beigetragen, dass 304 junge Menschen in den Arbeitsmarkt und 120 in den Ausbildungsmarkt integriert werden konnten. Der Anteil an den gesamten Integrationen beträgt 21 %.

 

Bei der größten Profillagengruppe F im Bereich U25 setzen die Projekte „ZUKUNFT“, „Zukunft Plus“ in Schwäbisch Gmünd an den allgemeinbildenden Schulen sowie „AVdual- Begleiter“ an den beruflichen Schulen an. Diese Maßnahmen werden nicht vom Jobcenter finanziert, jedoch bestehen hier enge Kooperationen.

 

Unter den unter 25-Jährigen befinden sich 205 Flüchtlinge. 68 davon gehen in die allgemeinbildenden Schulen und 31 werden in den VABO, VABR oder AV-Dual Klassen betreut. An den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanzierten Integrationskursen nehmen derzeit 22 junge Flüchtlinge teil. In diesen Kursen finden neben dem Erlernen der Sprache auch Praktika in Betrieben statt. 20 Frauen befinden sich in Elternzeit. In Ausbildung und Einstiegsqualifizierung sind zehn junge Flüchtlinge und 17 konnten Arbeit aufnehmen, sind aber ergänzend weiter hilfebedürftig. 18 Flüchtlinge unter 25 Jahren sind in anderen Maßnahmen wie berufsvorbereitende Lehrgänge oder spezielle Jugendmaßnahmen des Jobcenters eingemündet. Bei zehn Flüchtlingen liegen multiple Vermittlungshemmnisse vor. Diese werden im Fallmanagement zum Abbau der Problemlagen betreut. Die restlichen neun Flüchtlinge warten auf einen weiterführenden Sprachkurs.

 

 

 

 

Zielgruppe: Junge Erwachsene zwischen 25 und 34 Jahren

 

  Abbildung 3: Profillagen junge Erwachsene

 

Rund 150 junge Erwachsene mit guten Integrationsperspektiven haben keinen Berufsabschluss. Im Sinne einer nachhaltigen und dauerhaften Integration bleiben Berufsabschlüsse das höchste Ziel, auch wenn nicht alle diesen Weg beschreiten können oder wollen. Deshalb sollen im Arbeitsmarktprogramm Mittel für die Förderung der beruflichen Weiterbildung insbesondere für diese Personengruppe vorgesehen werden. Im letzten Jahr konnten aus dieser Altersgruppe 29 % aller Integrationen generiert werden, bei einem Kundenanteil von 22 %. 39 Personen dieser Altersgruppe haben eine Berufsausbildung aufgenommen.

 

50plus

 

2.014 Kunden des Jobcenters sind 50 Jahre und älter. Die Profillagen unterscheiden sich von den anderen Zielgruppen:

 

 

Abbildung 4: Profillagen 50plus

 

Nur rund ein Viertel in dieser Altersgruppe steht realistisch für Integrationsbemühungen in den ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung. Dennoch konnten in 2018 12 % aller Integrationen bei Älteren erzielt werden. Der Kundenanteil beträgt jedoch 30 %.

 

Das Jobcenter möchte bewährte Maßnahmen zur Aktivierung mit gesundheitsfördernden Inhalten weiterführen. Die Zielgruppe soll in 2020 besonders für die geförderten Arbeitsverhältnisse aktiviert und motiviert werden.

 

Die Kooperation mit der Agentur für Arbeit Aalen und dem Jobcenter Heidenheim zur beruflichen Integration Älterer in Ostwürttemberg im Rahmen der Fachkräfteallianz wird in 2020 fortgeführt.

 

Alleinerziehende

 

989 Personen im SGB II Bezug sind Alleinerziehende. Die große Mehrzahl (30 %) von ihnen befindet sich aktuell in der Erziehungsphase mit Kindern unter 3 Jahren und wird unter der Profillage F geführt. Das Beratungskonzept für Erziehende des Jobcenters hat sich bereits seit drei Jahren bewährt. Erziehende Frauen und Männer erhalten regelmäßig Einladungen zu Informationsveranstaltungen und Gesprächen mit dem Ziel, sie frühzeitig für einen beruflichen Wiedereinstieg vorzubereiten. Die Zahl der Alleinerziehenden Arbeitslosen konnte im vergangenen Jahr reduziert werden.

 

Die übrigen Profillagen verteilen sich in der Zielgruppe folgendermaßen:

 

 

Abbildung 5: Profillagen Alleinerziehende

 

Für Alleinerziehende sind Maßnahmen in den Bereichen Förderung der beruflichen Weiterbildung, Ausbildung in Teilzeit sowie Beratung und Organisation der Kinderbetreuung für Frauen und Männer mit Integrationsperspektiven besonders erfolgversprechend. Bewährt haben sich Maßnahmen wie das langjährige Frauenprojekt. Die ESF geförderten Projekte zur Heranführung an eine Teilzeitausbildung sowie die regionalen ESF-Projekte für Erziehende mit besonderen Problemlagen sollen weitergeführt werden. In den Maßnahmen werden Folgen von Trennung und Gewalterfahrungen von Frauen und Kindern aufgearbeitet.

 

Erziehende

 

Neben den Alleinerziehenden sind im vergangenen auch die Erziehenden in Familien näher ins Blickfeld gerückt. Diese Zielgruppe wurde auch in die Zielvereinbarung mit dem Wirtschaftsministerium aufgenommen. Im SGB II Bezug sind dies 1.629 Personen. Fast 35 % erziehen Kinder unter 3 Jahren und stehen für eine Integration nicht zur Verfügung. Für diejenigen mit Integrationsperspektiven möchte das Jobcenter interne und externe Maßnahmen konzipieren, die den gesamten Familienverbund in den Fokus nehmen und unterstützen. Im Vergleich zu den Alleinerziehenden gelingen bisher prozentual weniger Integrationen mit dieser Personengruppe.

 

Flüchtlinge

 

Die Verzahnung mit den Profillagen bietet bei dieser Zielgruppe noch wenige strategische Anhaltspunkte. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge befindet sich in Sprach- und Integrationskursen. Eine valide Einschätzung der beruflichen Integrationsperspektiven wird erst nach und nach erfolgen können.

 

 

Abbildung 6: Profillagen Flüchtlinge

 

Die Zielgruppe umfasst 700 Personen. Gegenüber dem Vorjahr sind dies rund 100 Personen weniger. Die Motivation, zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren ist nach wie vor bei den Flüchtlingen sehr hoch. Neben dem Erlernen der Sprache sind Maßnahmen zur Orientierung, Heranführung an den Arbeitsmarkt sowie Feststellung der Fähigkeiten und Neigungen vorrangig. Sie können sowohl im Vorfeld von Sprachkursen als auch während und im Anschluss an die Sprachkurse stattfinden. Es soll keine Zeit versäumt werden, die bleibeberechtigten Flüchtlinge so früh wie möglich an den Arbeitsmarkt heranzuführen und zu aktivieren. Zusätzlich gibt es über das BAMF finanzierte Sprachkursformen im Anschluss an die klassischen Integrationskurse.

 

Durch die nach und nach verbesserte Kommunikation und die enge Betreuung treten immer häufiger fluchtbedingte Probleme zu Tage. Flankierende Therapiemaßnahmen zur Aufarbeitung sind aus Sicht des Jobcenters noch ausbaufähig.

 

In 2019 wurden 224 Flüchtlinge in Arbeit und 16 in Ausbildung vermittelt. Das waren rund 100 Integrationen mehr als im Vorjahr.

 

Langzeitleistungsbezieher über 72 Monate (Potenziale § 16i SGB II)

 

Die Langzeitleistungsbezieher über 72 Monate stehen für das neue Regelinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ im besonderen Fokus. Über alle Profillagen hinweg, sind dies rund 2.390 Menschen.

 

Abbildung 7: Profillagen Langzeitbezieher über 72 Monate

 

Für die Förderung mit dem neuen Regelinstrument § 16i SGB II stehen jedoch nur 400 Personen zur Verfügung. Bei der beruflichen Integration von Langzeitbeziehern gibt es mehrere Herausforderungen. Ganz oben steht die Motivation der Menschen, sich wieder dem Arbeitsmarkt zu stellen. Die meisten haben häufige Brüche in ihren Erwerbsbiografien. Das Scheitern im vergangenen Berufsleben muss aufgearbeitet werden. Danach gilt es, den Menschen wieder Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, Talente und Ressourcen zu geben, anstatt nur Hemmnisse und Probleme im Blick zu haben. Eine weitere Herausforderung ist die Suche von Nischenarbeitsplätzen. Bereits jetzt stehen im Ostalbkreis rund 100 Arbeitsplätze für eine Förderung zur Verfügung. Überwiegend sind dies Tätigkeiten bei Trägern und sozialen Einrichtungen. Aber auch Kommunen und Handwerksbetriebe haben ihre Bereitschaft signalisiert, Menschen, die schon sehr lange aus dem Arbeitsprozess heraus sind, einzustellen. Das flankierende Coaching wird durch Jobcentermitarbeiter*innen durchgeführt. Im Arbeitsmarktprogramm 2020 sollen deshalb eher vorbereitende Maßnahmen Berücksichtigung finden. Der Schwerpunkt liegt in der Förderung an die Arbeitgeber. Ein Förderfall kostet in den ersten beiden Jahren durchschnittlich 2.100 € monatlich. Mindestens eine Million Euro des Budgets (entspricht rund 50 Förderfällen) soll für die Teilhabe verwendet werden.

 

Langzeitarbeitslose über 24 Monate (Potenziale § 16e SGB II)

 

Rund 720 Personen sind mehr als zwei Jahre arbeitslos. Das heißt, sie erhalten ohne Unterbrechung Leistungen und haben in dieser Zeit auch an keiner arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilgenommen. Die Anzahl der Langzeitarbeitslosen konnte innerhalb der letzten zwei Jahre um mehr als 20 % gesenkt werden. Dies liegt zum einen am sehr aufnahmefähigen Arbeitsmarkt und zum anderen an der häufigeren Aktivierung vor der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Faktoren Alter und Dauer der Arbeitslosigkeit haben maßgeblichen Einfluss auf die Integrationswahrscheinlichkeit. Das zweite neue Regelinstrument, § 16e SGB II, zielt passgenau auf die Förderung von Langzeitarbeitslosen durch Lohnkostenzuschüsse ab. Arbeitgeber erhalten im ersten Jahr 75 % und im zweiten Jahr 50 % des Arbeitsentgelts vom Jobcenter erstattet. Eine Nachbeschäftigungspflicht besteht nicht. Besonders für die Altersgruppe 25-55 Jahre möchte das Jobcenter ausreichend Mittel im Arbeitsmarktprogramm hierfür zur Verfügung stellen.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Dem Jobcenter Ostalbkreis stehen für die Maßnahmen im Arbeitsmarktprogramm 2020 voraussichtlich rund 5 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Mittel werden zu 100 % vom Bund finanziert.

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

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Koch

 

 

Sozialdezernent      

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel