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Vorlage - 053/2019  

 
 
Betreff: Bericht der SOLWODI BW e.V. Beratungsstelle und Geschäftsstelle Ostalb-Bündnis gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution
Status:öffentlich  
Federführend:Stabsstelle Beauftragte für Chancengleichheit - Flüchtlinge - Menschen mit Behinderung   
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
09.04.2019 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

1. Der Kreistag nimmt den Bericht zur Kenntnis.

 

2. Die weitere Beratung und Entscheidung über die Förderung einer Beratungsstelle wird
    in den Ausschuss für Soziales und Gesundheit verwiesen.

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Ausgangssituation und Allgemeines

 

Im Jahre 2002 trat in Deutschland das Prostitutionsgesetz in Kraft. Für Prostituierte änderte sich ausschließlich, dass ein Zugang zur Sozialversicherung ermöglicht wurde. Das Prostitutionsgesetz wurde sodann 2017 novelliert. Seit 1. Juli 2017 sind alle Prostituierten verpflichtet ihre Tätigkeit anzumelden. Für die Anmeldung sind in Baden-Württemberg seit November 2017 die Landratsämter zuständig.

 

Prostituierte müssen ihre Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anmelden. Betreiberinnen und Betreiber eines Prostitutionsgewerbes benötigen die Erlaubnis der zuständigen Behörde. Seit Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) am 01. November 2017 ist die Zuständigkeit für die Umsetzung des
ProstSchG wie folgt geregelt:

 

  • Die Anmeldebescheinigungen für Prostituierte werden von den für das jeweilige Gebiet zuständigen Landratsämtern bzw. Gemeinden ausgestellt;
  • Die gesundheitliche Beratung erfolgt zuvor bei den Gesundheitsämtern;
  • Die Erteilung einer Erlaubnis für Betreiberinnen und Betreiber eines Prostituiertengewerbes erfolgt durch die unteren Verwaltungsbehörden (Stadtkreise und große Kreisstädte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 35.000).

 

Prostituierte müssen ein allgemeines Informations- und Beratungsgespräch sowie regelmäßige gesundheitliche Beratungen bei den Landratsämtern wahrnehmen, um ihre Tätigkeit ausüben zu dürfen. Die anmeldepflichtige Person erhält bei den Gesprächen Grundinformationen zur Rechtsstellung von Prostituierten, zur Absicherung im Krankheitsfall, zu sozialer Absicherung, zu gesundheitlichen und sozialen Beratungsangeboten, zu Hilfe in Notsituationen und zur Steuerpflicht. Die Anmeldung im Landratsamt kann für das gesamte Bundesgebiet sowie als „alias“ Anmeldung ausgestellt werden.

 

In Europa wird das eingeführte deutsche Prostitutionsschutzgesetz als das liberalste angesehen. Es hat ausschließlich Bedeutung für die ausgeübte Tätigkeit, die aus eigener Entscheidung durchgeführt wird. Zwangsverhältnisse hingegen gelten als Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und sind eine Straftat, die in § 232 StGB erfasst ist. Die Unterscheidung von Prostitution und Menschenhandel ist daher für die rechtliche Regelung sehr wichtig. Die Motive, aus denen Menschen sich veranlasst sehen, sexuelle Dienstleistungen anzubieten, können sehr unterschiedlich und oft mehrschichtig sein. Auch ursprünglich aus freier Entscheidung heraus arbeitende Prostituierte können durch zu geringe Einnahmen, Betrug (Schuldenfalle), Gewalt oder emotionale Bindung in Abhängigkeits- oder Zwangsverhältnisse geraten und ausgebeutet werden, so auch die Bundeszentrale für politische Bildung (2019).

 

Menschenhandel sei neben dem Drogen- und Waffenhandel die lukrativste Geldquelle des organisierten Verbrechens und mache Milliarden Umsätze, laut Herrn Manfred Paulus, Polizeibeamter a.D. (2018).

 

Im Ostalbkreis:

Seit November 2017 gab es im Ostalbkreis bereits 36 Gewerbeanmeldungen von Prostituierten für das gesamte Bundesgebiet, davon waren 26 Frauen Ausländerinnen (Stand März 2019).

In Schwäbisch Gmünd wurden von fünf Einrichtungen zwei wegen Missachtung von Vorschriften und Gesetzen geschlossen. In Aalen sind zwei Einrichtungen bekannt, in Ellwangen keine, da Ellwangen derzeit aufgrund der Einwohnerzahl keine Genehmigung für eine Einrichtung ausstellen darf.

 

Um Verbrechen und Leid zu bekämpfen, muss auch die Nachfrageseite betrachtet werden. Es können verschiedene Fragen gestellt werden:

      Wieso enden Junggesellenabschiede und Abiturfeiern in Bordellen?

      Würden die Freier auch so handeln, wenn Ihnen bewusst wäre, dass dabei oftmals Frauen und Männer unter Zwang ausgebeutet werden?

      Werden Gewaltszenen in Verbindung mit Geschlechtsverkehr durch den Akt der Bezahlung legitimiert?

 

Auf der Seite der Behörden und Hilfseinrichtungen steht die nicht beantwortete Frage:

      Wie können wir jungen Frauen und Männern aus dem Ausland verdeutlichen, dass sich deutsche Behörden bzw. Einrichtungen von den korrupten Institutionen ihres Heimatlandes unterscheiden?

 

Eine Minderung der Nachfrage ist eine mögliche Maßnahme, um gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution vorzugehen - ohne Nachfrage gäbe es keine Prostitution.

Es ist von großer Bedeutung, präventiv, vor allem junge Menschen, über die Folgen und Hintergründe von sexueller Ausbeutung aufzuklären.

 

Aus diesen Gründen ist die Idee entstanden, ein Ostalb-Bündnis gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution im Ostalbkreis zu gründen. Zu diesem Zweck kamen am 17.07.2018 unterschiedlichste Personen zusammen: Frau Breymaier MdB, Frau Stumpp MdB, Herr Unkel Präsident des Landgerichts, Landrat Pavel, Herr Smith und Herr Keppler Polizeipräsidium Aalen, Herr Paulus Polizeibeamter a. D., Oberbürgermeister Rentschler, Herr Hadek und Herr Gehring VfR Aalen, Frau Köditz-Habermann und Frau Hageney Soroptimist, Frau Krumm SOLWODI, Frau Steybe Beauftragte für Chancengleichheit Stadt Aalen und Frau Oswald Landratsamt Ostalbkreis, um die Gründung eines Bündnisses gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution zu initiieren.

 

Am 5. Oktober 2018 fand auf Einladung des Ostalbkreises, der Kreisstädte Ellwangen, Schwäbisch Gmünd und Aalen sowie den Soroptimistinnen die Gründungsveranstaltung des Ostalb-Bündnisses gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution statt.

Es schlossen sich während der Veranstaltung 40 Institutionen und Personen dem Bündnis an.

 

Ziele des Bündnisses sind:

      Sensibilisierung zum Thema bei den verschiedenen Zielgruppen

      Einrichtung und Begleitung einer Beratungs- und Präventionsstelle

      Änderung des Prostituiertenschutzgesetzes in Richtung „schwedisches Modell“

 

 

Aktueller Stand der Umsetzung

 

Dem Bündnis gehören seit seiner Gründung mehr als 75 Institutionen und Personen (Stand März 2019) an. Die Bündnismitglieder engagieren sich ehrenamtlich beim Aufbau des Bündnisses in der Präventionsarbeit und durch Spenden.

 

Die vier Beauftragten für Chancengleichheit im Ostalbkreis und die Soroptimistinnen im Ostalbkreis stellen den Beirat. Aufgaben des Beirats sind:

 

      Ideelle Unterstützung und Evaluation der Geschäftsstelle

      Vorbereitung von Bündnis-Treffen

      Auftreten des Bündnisses

      Koordination im politischen Raum

      Finanzierung sichern

      Satzungsentwurf

      Mitgliederwerbung

 

Ziel ist es, mit vielfältigen Aktionen und Mitteln zum Thema Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution aufzuklären, insbesondere über deren Machenschaften und Zwangssysteme.

 

Vom 02. bis 07.10.2018 fand eine Aktionswoche und Plakataktion des Soroptimist Clubs gegen Menschenhandel und (Zwangs-) Prostitution statt.

 

Seit 01.01.2019 betreibt SOLWODI BW e.V. eine Beratungsstelle in Aalen. Die Beratungsstellenleitung hat derzeit die Geschäftsführung des Ostalb-Bündnisses übernommen. Die Ziele des Bündnisses sind weitestgehend deckungsgleich mit den Aufgaben der Beratungsstelle. Die Leitung, Frau Hageney, beider Institutionen (Geschäftsstelle des Ostalb-Bündnisses und Beratungsstelle SOLWODI BW e.V.) in einer Hand bietet viele Synergien und effizientes Arbeiten.

 

Frau Hageney (SOLWODI BW e.V.) wird in der Sitzung am 09.04.2019 von ihrer Arbeit berichten.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Für eine Beratungs- und Präventionsstelle werden nach aktuellem Kenntnisstand folgende Finanzmittel benötigt:

 

  • für eine 50 % Leitungsstelle: 28.000 € pro Jahr
  • für eine 50 % Beratungsstelle: 28.000 € pro Jahr
  • für geringfügige Beschäftigung: 7.200 € pro Jahr
  • für Sachkosten: 13.000 € pro Jahr
  • Gesamtkosten: 76.200 € pro Jahr

 

 

 


 

 

Sichtvermerke

 

Stabstelle

Beauftragte für Chancengleichheit

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Venus

 

 

 

 

 

Dezernat II

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Kurz

Landrat

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Pavel