Bürgerinformationssystem

Vorlage - 250/2018  

 
 
Betreff: Informationen zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit
06.12.2018 
Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG) wurde am 23. Dezember 2016 erlassen. Mit ihm soll die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen im Sinne von mehr Teilhabe und mehr Selbstbestimmung verbessert und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden.                                         

 

II. Aktueller Stand der Umsetzung

 

Das Bundesteilhabegesetz tritt stufenweise vom 1. Januar 2017 bis 1. Januar 2023 in Kraft. Nachdem ab 2017 in erster Linie finanzielle Verbesserungen durch Änderungen in der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung umgesetzt wurden, geht es nun an die inhaltliche Neugestaltung. Dies betrifft insbesondere die Zugänge zu den Leistungen, die durchzuführenden Verfahren sowie das Zusammenwirken zwischen den Betroffenen, den Einrichtungen der Behindertenhilfe und den Stadt- und Landkreisen.

 

In verschiedenen kommunalen, ministerialen und gemeinsamen Arbeitsgruppen auf Landesebene wird derzeit mit Hochdruck an der Umsetzung des BTHG gearbeitet. Der Zeitdruck ist auf Grund des zum 1. Januar 2020 vorgesehenen Systemwechsels enorm. Nach wie vor gibt es zu grundsätzlichen Fragestellungen zum Teil sehr unterschiedliche Posi-tionen.

 

Die strategische und operative Ausrichtung der kommunalen Seite wird in regelmäßigen Abständen in der Steuerungsgruppe BTHG beim Kommunalverband für Jugend und Soziales beraten. Diese setzt sich aus den kommunalen Spitzenverbänden sowie einzelnen Stadt- und Landkreisen zusammen. Hier ist auch der Ostalbkreis durch Herrn Sozialdezernent Rettenmaier und durch die Leitung des Geschäftsbereichs Soziales, Frau Urtel, vertreten. Trotz vieler noch ungeklärter Punkte müssen die Stadt- und Landkreise aktuell eine Vielzahl von Rechtsänderungen umsetzen und gleichzeitig die notwendigen Vorbereitungen für die künftigen Änderungen treffen.

 

Bedarfsermittlung

 

Entsprechend der Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes wurde in Baden-Württemberg ein neues, ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) basiertes Hilfebedarfsermittlungsinstrument entwickelt. Mit diesem Instrument werden alle Bedarfe des Betroffenen erhoben, damit eine Abstimmung der benötigten Leistungen nach Art, Inhalt, Umfang und Dauer mit anderen beteiligten Leistungsträgern erfolgen kann. Die Bedarfsermittlung hat durch die Stadt- und Landkreise als Träger der Eingliederungshilfe zu erfolgen und muss in allen Fällen spätestens alle 2 Jahre durchgeführt werden. Im Ostalbkreis betrifft diese Vorgabe neben allen Neufällen rund 2.400 Bestandsfälle.

 

Das unter der Federführung des Landes Baden-Württemberg entwickelte Bedarfsermittlungsinstrument soll nun modellhaft erprobt und wissenschaftlich begleitet werden. Auf Grund noch ausstehender datenschutzrechtlicher Voraussetzungen musste der ursprünglich für November geplante Start der sechsmonatigen Erprobungsphase verschoben werden. Der Ostalbkreis beteiligt sich an der Erprobung und hat die hierfür erforderlichen Schulungen im September absolviert.

 

Landesrahmenvertrag

 

Das BTHG führt auf Grund seines personenzentrierten Ansatzes dazu, dass alle vertraglichen Regelungen neu ausgehandelt werden müssen. Grundlage für den Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen vor Ort ist der Landesrahmenvertrag, der zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den Leistungserbringern unter Mitwirkung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung abgeschlossen wird. Dem neuen Landesrahmenvertrag müssen alle 44 Stadt- und Landkreise als Träger der Eingliederungshilfe in Baden-Württemberg zustimmen. Da zum 1. Januar 2020 ein Systemwechsel zu vollziehen ist, bei dem die existenzsichernden Leistungen von den Fachleistungen der Eingliederungshilfe getrennt werden, muss der Abschluss des Landesrahmenvertrags schnellstmöglich erfolgen. Erst wenn die neuen Grundlagen klar sind, können die Leistungserbringer vor Ort mit den Stadt- und Landkreise sowie den Betroffenen die erforderlichen Vereinbarungen abschließen.

 

Aktuell tagen vom Land Baden-Württemberg moderierte Arbeitsgruppen, um die Inhalte des neuen Landesrahmenvertrags zu erarbeiten. Nach wie vor gibt es bei vielen Themen noch Klärungsbedarf. Sollte ein neuer Landesrahmenvertrag bis Ende Januar 2019 nicht zustande kommen, hat das Land angekündigt, von seiner Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung Gebrauch zu machen.

 

Personalplanung

 

Die Umsetzung des BTHG führt zur Einführung aufwändiger Verfahren, wie dem Teilhabe- und Gesamtplanverfahren, der Durchführung von Konferenzen, entsprechenden  Dokumentationspflichten sowie einem hohen Abstimmungsbedarf bezüglich der Verfahrensabläufe mit anderen Trägern. Darüber hinaus ist künftig in allen Leistungsfällen regelmäßig der Hilfebedarf mit dem neuen Bedarfsermittlungsinstrument durch eigenes Landkreispersonal zu erheben.

 

An der bewährten Struktur, das Fallmanagement sowie die wirtschaftliche Sachbearbeitung jeweils durch einen Mitarbeiter aus einer Hand zu erbringen, soll im Ostalbkreis auch zukünftig festgehalten werden. Um einen einheitlich hohen Standard bei der Bedarfsermittlung im Ostalbkreis zu gewährleisten und die Qualifizierungs- und Zertifizierungserfordernisse bei der Bedarfsermittlung effizient zu erfüllen, soll diese neu hinzukommende Aufgabe in einem neu zu installierenden Team im Sachgebiet Eingliederungshilfe wahrgenommen werden.

 

Zu den Auswirkungen des BTHG auf den Personalbedarf gibt es zwischenzeitlich erste Erkenntnisse aus der Landesarbeitsgruppe Personalbedarfsbemessung. Die Arbeitsgruppe besteht aus Vertretungen der Sozialämter, der Haupt- und Personalämter, dem Kommunalverband für Jugend und Soziales sowie der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg. Das Instrument ist noch vorläufig und bezieht sich auf die angenommenen künftigen Arbeitsschritte im Fallmanagement. Weiterhin besteht der neue Auftrag an die Arbeitsgruppe, ein Instrument zur Bemessung des Personalbedarfs in der Sachbearbeitung zu entwickeln.

 

Der für das Haushaltsjahr 2019 angemeldete Personalbedarf in Höhe von 2 Stellen ist im Haushaltsplan bereits enthalten und dringend erforderlich, um die bereits für 2019 sicher feststehenden Mehrarbeiten ausführen zu können. Je nachdem, wie schnell die skizzierten Umsetzungsprozesse auf Landesebene voranschreiten, wird darüber hinaus bereits 2019 weiterer Personalaufwand anfallen, dessen Umfang aktuell jedoch nur theoretisch prognostiziert werden kann. So wird sich auch der Umfang des Arbeitsaufwands durch das neue Bedarfsermittlungsinstrument erst im Rahmen der Erprobungsphase genauer abschätzen lassen. Insgesamt muss die weitere Entwicklung beobachtet und gegebenenfalls kurzfristig im kommenden Haushaltsjahr personalwirtschaftlich reagiert werden.

 

Finanzverhandlungen

 

Nachdem das Land Baden-Württemberg zunächst die Konnexitätsrelevanz des BTHG für die Jahre 2017 bis 2019 abgelehnt hatte, konnte im Rahmen der Verhandlungen der Gemeinsamen Finanzkommission des Landes und der kommunalen Spitzenverbände  mittlerweile eine Einigung erzielt werden. Zur Abgeltung der Kosten der Stadt- und Landkreise im Zusammenhang mit der Umsetzung des BTHG erhalten diese für die Jahre 2017 bis 2019 finanzielle Mittel in Höhe von 50 Mio. Euro. Für den Ostalbkreis ergibt dies eine Zahlung in Höhe von 1,3 Mio. Euro, die im Haushalt 2019 zum Ansatz gebracht wurde und diesen einmalig entlastet.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Der Ostalbkreis gewährt als Sozialhilfeträger Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Der Zuschussbedarf wird nach Abzug der o. g. Einmalzahlung des Landes Baden-Württemberg in Höhe von 1,3 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2019 voraussichtlich rund 59 Millionen Euro betragen. Die kommunalen Spitzenverbände gehen davon aus, dass das BTHG für die Träger der Eingliederungshilfe einen erheblichen finanziellen Mehraufwand bedeuten wird. Dass das BTHG zum 1. Januar 2020 Konnexität auslöst, ist in Baden-Württemberg unstrittig. Die zukünftigen finanziellen Auswirkungen des BTHG auf den Kreishaushalt werden maßgeblich davon abhängen, in welcher Höhe die Konnexitätsrelevanz des BTHG für die Zeit ab 2020 anerkannt wird. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine Untersuchung der finanziellen Auswirkungen des BTHG auf die Einnahmen und Ausgaben bei den Leistungen der Eingliederungshilfe in Auftrag gegeben. Die Untersuchung beginnt im Sommer 2018 und soll bis Ende 2022 abgeschlossen werden.

 


Anlagen

 

---

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiterin

__________________________________________

 

Urtel

 

 

Dezernat V

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel