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Antrag der Verwaltung
Der Kreistag stimmt der beiliegenden Vereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Ellwangen und dem Ostalbkreis zur Nutzungsverlängerung der ehemaligen Reinhardt-Kaserne in Ellwangen (Bereich Hungerberg) als Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende bis 31.12.2024 zu.
Hinweis: Der Gemeinderat Ellwangen hat in der Sitzung am 06.12.2018 seinen Beschluss zum beiliegenden Vereinbarungsentwurf auf den 14.02.2019 vertagt und die Verwaltung zu Nachverhandlungen mit dem Land und dem Ostalbkreis aufgefordert.
Sachverhalt/BegründungI. Ausgangssituation und Allgemeines
1. System der Flüchtlingsunterbringung in Baden-Württemberg
Das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG), welches die Flüchtlingsunterbringung in Baden-Württemberg regelt, sieht ein dreistufiges System vor.
Das Land Baden-Württemberg organisiert die Erstaufnahme von Flüchtlingen und bringt diese in Landeserstaufnahmestellen (LEA´s) unter. Von dort werden die Flüchtlinge quotengerecht auf alle Stadt- und Landkreise verteilt. Die Stadt - und Landkreise übernehmen die Flüchtlinge in die vorläufige Unterbringung . Sie werden für die Dauer des Asylverfahrens bzw. max. 2 Jahre in kreiseigenen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Nach dem Ende der vorläufigen Unterbringung erfolgt die Anschlussunterbringung (AU). Die Landkreise teilen dazu die Flüchtlinge den Städten und Gemeinden zur endgültigen Wohnsitznahme zu.
2. Flüchtlingszugänge Baden-Württemberg und Ostalbkreis
Flüchtlings- und Migrationsherausforderungen sind - trotz zurückgehender Flüchtlingszugänge nach Deutschland - weiterhin ein gesellschaftspolitisch hoch relevantes Thema.
Unter anderem geht es um die Frage, wie die in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge bestmöglich integriert werden können, aber auch darum, in welchem Umfang Neuzugänge in den kommenden Jahren zu erwarten sind.
Die künftigen Zugangszahlen sind nicht einschätzbar. Wesentliche Einflussfaktoren sind sicherlich weltweite und gesamteuropäische Entwicklungen.
Auch wenn sich seit Mitte 2016 die Flüchtlingszugänge deutlich reduziert haben, kamen 2018 ca. 13.000 Flüchtlinge in die landeseigenen Aufnahmeeinrichtungen von Baden-Württemberg.
Nach dem Start der LEA Ellwangen im Frühjahr 2015 wurde der Ostalbkreis bei der Aufnahme von Flüchtlingen privilegiert. Auf der Grundlage mehrerer Kreistagsbeschlüsse und vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Zugangszahlen, hatte der Landkreis von dieser Privilegierung allerdings nur teilweise Gebrauch gemacht. In den Jahren 2015 - 2017 wurden auf freiwilliger Basis 1.454 Flüchtlinge vom Landkreis aufgenommen und in Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung untergebracht.
II. Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Ellwangen
Die LEA in Ellwangen nahm im April 2015 ihren Betrieb auf. Die Stadt Ellwangen und der Landkreis stimmten zuvor der befristeten Nutzung des Geländes und der Räumlichkeiten der ehemaligen Reinhardt-Kaserne (Bereich Hungerberg) zu. Als Nutzungsdauer wurde in der zwischen Stadt, Landkreis und dem Land geschlossenen Vereinbarung fünf Jahre ab Betriebsbeginn festgelegt. Vereinbart wurde weiterhin, dass eine Nutzung über diesen Zeitraum hinaus nur in Betracht kommt, falls sich die Stadt, der Landkreis und das Land hierauf einvernehmlich verständigen. Der Betrieb der LEA in Ellwangen ist grundsätzlich eine Landesaufgabe. Alle wesentlichen Verfahrensschritte und Abläufe innerhalb der LEA wurden seit Inbetriebnahme der Einrichtung stetig verbessert und den aktuellen Notwendigkeiten angepasst. Hierzu erfolgt eine ständige intensive Zusammenarbeit mit allen Partnern der LEA, wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), der Polizei, Sicherheitsdienst, Ärzten, Ehrenamtlichen, dem Versorgungsdienstleister European Home Care und der Sozial- und Verfahrensberatung.
Nach der Vereinbarung ist in der LEA eine Regelunterbringung von 500 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vorgesehen. Die Maximalbelegung wurde auf 1.000 Personen festgelegt. Den höchsten Belegungsstand erreichte die LEA im September 2015, nachdem ein unerwartet großer Flüchtlingszustrom in Deutschland stattgefunden hatte.
Die durchschnittliche Belegung der LEA hat sich seit 2017 zwischen 500 und 600 Flüchtlingen stabilisiert. Die aktuell knapp 600 in der LEA untergebrachten Flüchtlinge kommen zu 70 % aus Afrika. Weitere Staaten, aus denen Flüchtlinge stammen, sind unter anderem Syrien, Russland, Türkei, Georgien und Indien.
Die Aufenthaltsdauer in der LEA hängt maßgeblich von der Länge der Asylverfahren ab. Da mittlerweile viele Asylverfahren zügig abgewickelt werden, verkürzt sich die Aufenthaltszeit entsprechend.
Das Land plant ab dem Jahr 2020 neben dem zentralen Ankunftszentrum in Heidelberg je Regierungsbezirk eine LEA vorzuhalten. Im Regierungsbezirk Stuttgart soll dies die LEA Ellwangen mit einer Kapazität von 700 Asylbewerbern sein. Die 3 anderen Erstaufnahmeeinrichtungen befinden sich in Freiburg (800 Plätze), Karlsruhe (1.000 Plätze) und in Sigmaringen (875 Plätze). Kleinere Einrichtungen sollen in Tübingen mit 250 Plätzen und in Giengen/Brenz mit 300 Plätzen betrieben werden, letztere als Außenstelle der LEA Ellwangen.
III. Vereinbarungsverlängerung über den Betrieb der LEA Ellwangen
In den letzten Wochen haben zwischen Vertretern des Landes, der Stadt Ellwangen und des Ostalbkreises mehrere Verhandlungsrunden über die Fortführung der LEA Ellwangen über das Frühjahr 2020 hinaus stattgefunden. Der beiliegende Vereinbarungsentwurf enthält die Ergebnisse dieser Verhandlungen bzw. Gespräche, die sich in ihren wesentlichen Teilen wie folgt darstellen:
Die LEA Ellwangen dient, wie die anderen LEAs auch, der Bereitstellung zusätzlicher Erstaufnahmekapazitäten für den Fall, dass die Verfahrens- und Unterbringungskapazitäten im Ankunftszentrum des Landes (Heidelberg) nicht ausreichen.
Im Regelbetrieb ist eine Unterbringung von bis zu 700 Personen vorgesehen. Eine Überschreitung ist bei besonderen Zugangslagen, jedoch nur in Absprache mit der Stadt, für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Das Land wird die LEA ausgewogen belegen.
Der Ostalbkreis betreibt am Südtor der LEA Ellwangen eine Bushaltestelle und stellt eine bedarfsgerechte Anzahl Fahrtenpaare zur Verfügung. Die dafür erforderlichen Kosten trägt das Land.
Das Land erstattet dem Ostalbkreis die Kosten, die dieser für Gesundheitsuntersuchungen nach § 62 Asylgesetz und § 36 Infektionsschutzgesetz aufzuwenden hat. Die Kostenerstattung ist stufenweise orientiert an den Zugangszahlen der LEA Ellwangen.
Im aktiven Betrieb wird auf dem Gelände der LEA eine eigene Krankenstation mit Pflegepersonal und regelmäßiger ärztlicher Präsenz eingerichtet.
Während des aktiven Betriebs der LEA wird das Polizeirevier Ellwangen lageorientiert personell verstärkt und es bleibt auf dem Gelände der LEA eine Polizeiwache eingerichtet.
Die Sozial- und Verfahrensberatung in der LEA bleibt erhalten. Während des aktiven Betriebs werden auch Ehrenamtskoordinatoren und Straßensozialarbeit sicher gestellt.
Während des aktiven Betriebs der LEA wird der Ostalbkreis von der Zuteilung von Asylsuchenden im Rahmen der vorläufigen Unterbringung freigestellt. Der Landkreis erklärt seine Bereitschaft, im bisherigen Umfang Flüchtlinge aufzunehmen und zu betreuen. Während der Laufzeit der neuen Vereinbarung wird die Stadt Ellwangen von Zuweisungen im Rahmen der Anschlussunterbringung freigestellt. Das Land unterstützt die Stadt bei den Konversionsbestrebungen bezüglich der nicht als LEA genutzten Flächen der ehemaligen Reinhardt-Kaserne. Die zwischen Land, Stadt Ellwangen und Ostalbkreis zu schließende Vereinbarung tritt zum 01. Mai 2020 in Kraft und endet am 31. Dezember 2024. Eine darüber hinaus gehende Nutzung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die drei Vertragsparteien darauf einvernehmlich einigen.
Für den Ostalbkreis ist insbesondere die weitere vollständige Befreiung von der Aufnahmeverpflichtung im Rahmen der vorläufigen Unterbringung von Bedeutung (LEA-Privileg). Dieses gilt allerdings nur, solange sich die LEA im aktiven Betrieb befindet.
Auf der Grundlage der aktuellen Zugangszahlen ohne LEA-Privileg müsste der Landkreis ca. 400 Asylsuchende pro Jahr aufnehmen. Dies entspricht einer Aufnahmequote von ca. 3% der landesweiten Zugänge. Die gleiche Konstellation ergäbe sich auch, wenn die LEA Ellwangen in den Stand-By Betrieb versetzt wird.
Die Kosten für Untersuchungen, die das Gesundheitsamt des Ostalbkreises in der LEA nach Asylgesetz und dem Infektionsschutzgesetz durchführt werden vom Land im Rahmen einer Stufenregelung erstattet. Diese berücksichtigt den Personal- und Sachkostenaufwuchs bei höheren Belegungszahlen. Weil im Stand-By Betrieb Vorhaltekosten anfallen, ist eine entsprechende Erstattungsregelung vorgesehen.
Finanzierung und Folgekosten
Die Aufwendungen für den laufenden Betrieb der LEA werden vom Land getragen. Die Kosten für Tätigkeiten des Geschäftsbereiches Gesundheit des Ostalbkreises in der LEA werden über die bereits erwähnten Stufenregelungen ersetzt. Die Kosten für die Bushaltestelle am Südtor der LEA und die bedarfsgerechten Fahrtenaufwendungen trägt das Land ebenfalls vollständig.
Anlagen
- Vereinbarungsentwurf des Landes Baden-Württemberg vom 23.11.2018 - Abgrenzungsplan
Sichtvermerke
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