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Vorlage - 155/2017  

 
 
Betreff: Reform des Personenbeförderungsgesetzes (§ 45a PBefG)
- Bericht über die Umsetzung im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Nahverkehr   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Kenntnisnahme
19.09.2017 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung geändert beschlossen   
Anlagen:
Anlage 1_ Reformstufen
Anlage 2_Entwurf einer Satzung (Allgemeine Vorschrift)
Anlage3_Presseartikel zur Reform

Antrag der Verwaltung

 

  1. Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht der Kreisverwaltung Kenntnis.

 

  1. Die Landkreisverwaltung wird beauftragt dafür Sorge zu tragen, dass die Reform möglichst nicht zu Lasten der Kreisfinanzen geht. Auf dieser Grundlage wird eine rechtssichere Satzung („Allgemeine Vorschrift zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung für Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs im Öffentlichen Personennahverkehr im Ostalbkreis gemäß Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007“) aufgestellt und dem Ausschuss in seiner Sitzung am 24. Oktober 2017 zur Beschlussempfehlung an den Kreistag, bzw. dem Kreistag in seiner Sitzung am 7. November 2017 zur endgültigen Beschlussfassung übergeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

  1. Hintergrund

 

Die Ausgleichsleistungen nach § 45a PBefG tragen wesentlich zur Finanzierung des ÖPNVs im Ostalbkreis bei. § 45a PBefG regelt den Ausgleich, den die Verkehrsunternehmer für die nicht kostendeckende Beförderung von Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden und Studierenden erhalten.

 

Bei der anstehenden Reform der Umsetzung des § 45a PBefG geht es für den Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger um sehr viel Geld. So sollen ab 1. Januar 2018 6,789 Mio. Euro jährlich in der Zuständigkeit des Ostalbkreises verteilt werden („Kommunalisierung“). Hiermit sind noch nicht vollends absehbare Risiken und Unwägbarkeiten verbunden.

 

 

  1. Aktuelle Reform der Landesregierung

 

Seit Jahren wurden die Mittel nach § 45a PBefG pauschalisiert an die Busunternehmen ausgeschüttet. Nach EU-Recht geschieht dies weder diskriminierungsfrei noch wettbewerbsorientiert. Folglich bedarf es einer Regelung um wieder der geforderten Rechtskonformität zu genügen. Der Bundesgesetzgeber hat die Länder dazu ermächtigt, § 45a PBefG durch Landesrecht zu ersetzen. Dabei hat sich das Land mit den Verbänden aus Wirtschaft und Öffentlichkeit auf ein zweistufiges Verfahren geeinigt (Stufe 1: ab 2018, Stufe 2: ab 2021, vgl. Anlage 1).

 

2.1. Reformstufe 1

 

Das Land Baden-Württemberg beabsichtigt, den § 45a PBefG durch die neuen §§ 14  18 des ÖPNVG (Gesetz über die Planung, Organisation und Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Finanzausgleichsgesetzes) zu ersetzen.

 

Nach dem neuen § 15 ÖPNVG sind für die Jahre 2018 bis 2020 insgesamt 6,789 Mio. Euro pro Jahr an Ausgleichsmitteln für den Ostalbkreis vorgesehen.

 

§ 16 ÖPNVG verlangt, dass die Ausgleichsmittel dazu zu verwenden sind, einen Mindestrabatt von 25 % zwischen „Zeitfahrkarten im Ausbildungsverkehr“ und „Zeitkarten Jedermann“ bis 2021 und die Finanzierung einer ausreichenden Verkehrsbedienung im Ausbildungsverkehr sicherzustellen. Um dieser Vorgabe zu entsprechen wurden etwa bei der OstalbMobil-Tarifanpassung zum 1. August 2017 „Zeitfahrkarten im Ausbildungsverkehr“ mitunter nicht erhöht, um dem Mindestrabatt näherzukommen.

 

Sollten die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel von 6,789 Mio. Euro pro Jahr nicht für den Ausgleich der Mindereinnahmen für den Mindestrabatt über einen sogenannten „Preis-Preis-Ausgleich“ zur Gänze verbraucht werden, so ist der restliche Teil nach einem bestimmten Schlüssel ebenfalls an die Busunternehmen für gemeinwirtschaftliche Tarifvorgaben zu verteilen. Dies könnte beispielsweise über einen Zuschlag an die Verkehrsunternehmen für die Freizeitregelung erfolgen, also die Netzöffnung des Ostalb-Abos Montags-Freitags ab 12 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen. Die gesamte Verteilung der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel geschieht auf Grundlage einer zu erlassenden Satzung („Allgemeine Vorschrift“, Anlage 2).

 

Die zweckentsprechende Verwendung der Zuweisung ist vom Aufgabenträger gegenüber dem Land nachzuweisen. Werden Mittel nicht innerhalb von drei Jahren zweckentsprechend verwendet, sind die Zuweisungen dem Land zurückzuerstatten.

 

§ 17 ÖPNVG beinhaltet ein Gebot zur Beteiligung und Zusammenarbeit, etwa durch eine Anhörpflicht gegenüber den Verkehrskooperationen und -unternehmen.

 

§ 18 ÖPNVG regelt, dass die Aufgabenträger (Landkreise) für die Jahre 2018 bis 2021 eine jährliche Zuweisung zur Finanzierung von Verwaltungskosten vom Land bekommen. Im Falle des Ostalbkreises sind dies ca. 68.000 Euro, womit sichergestellt wird, dass die komplexe Durchführung der Reform personell adäquat abgebildet werden kann.

 

Wenngleich die Reform noch im Gesetzgebungsverfahren steckt, ist davon auszugehen, dass keine fundamentalen Änderungen zu erwarten sind und die Reform zum 1. Januar 2018 in Kraft tritt.

 

2.2. Reformstufe 2

 

Vorhergenannte Ausführungen betreffen die Stufe 1 der Reform bis 2020 mit einem jährlichen landesweiten Mittelvolumen von 200 Mio. Euro. Ab 2021 werden Land (originäre Haushaltsmittel) und Kommunen (Vorwegentnahme aus dem Finanzausgleichsgesetz) zusätzliche 50 Mio. Euro pro Jahr über dieses Instrumentarium zur Verfügung stellen. An einem allgemein akzeptierten Verteilungsschlüssel wird noch gearbeitet. Dieser soll neben unkritisch zu validierenden Elementen (Einwohnerzahl, Fläche) auch sogenannte „Leistungsparameter“ beinhalten. Dies könnten z. B. Fahrgastzahlen sein, die eindeutig dem urbanen Raum zu höheren Mitteln verhelfen und nur sehr schwer bzw. kaum nachprüfbar festzustellen sind. Eine entsprechend kritische Beobachtung dieses Prozesses erscheint daher von hoher Bedeutung.

 

Aufgrund der Äußerungen des Landesverkehrsministers Winfried Hermann (bspw. Stuttgarter Nachrichten 27. Juni 2017, Anlage 3) ist davon auszugehen, dass die Landesregierung über beide Reformstufen Anreize für Ausschreibungen im Nahverkehr auf kommunaler Ebene schaffen will (Zitat aus dem Artikel: „In der Zukunft werde es öfter Ausschreibungen auf kommunaler Ebene geben“). Da dieses Ziel nicht mit der bisher im Ostalbkreis praktizierten Vorgehensweise der Vergabe von ÖPNV-Leistungen entspricht, müssen die Reformschritte genau beobachtet werden.

 

 

  1. Umsetzung Ostalbkreis

 

Aufgrund der hohen Bedeutung der Thematik hat sich bereits frühzeitig eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Landkreis, Busunternehmen und OstalbMobil gegründet um eine tragfähige Umsetzung zu entwickeln. Zielsetzung ist es, die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel von 6,789 Mio. Euro vollumfänglich entlang der gesetzlichen Regelungen im System zu behalten, auszuschütten und Verwerfungen zu vermeiden.

 

Doch sind bereits zum jetzigen Zeitpunkt Probleme zu erkennen: Nach derweil von der Kreisverwaltung und von OstalbMobil unternommenen Musterberechnungen anhand der von den Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten ist es vorhersehbar, dass manche Unternehmen künftig deutlich höhere Ausgleichszahlungen erhalten, andere Unternehmen hingegen weniger. Diese Verwerfungen sind u. a. dadurch entstanden, da das Land über viele Jahre die Ausgleichsleistungen an die Unternehmen nicht verändert hat, sich aber im Hintergrund die Schülerzahlen dynamisch entwickelten. Werden nun ab 1. Januar 2018 die Ausgleichzahlungen bspw. direkt an die exakte Anzahl der Monatskarten im Ausbildungsverkehr gekoppelt, so entstehen erhebliche Verwerfungen. Für den Landkreis besteht am Ende die Gefahr eines sich deutlich erhöhenden Finanzbedarfs.

 

Dieses Szenario könnte entstehen, indem Unternehmen, welche fortan einen geringeren Ausgleichsanspruch haben (z. B. aufgrund gesunkener Stückzahlen im Ausbildungsverkehr in ihrem Konzessionsbereich), den Fehlbetrag über einen höheren Haustarif vom Landkreis ausgleichen wollen, um ihr Angebot aufrecht erhalten zu können. Im gegenteiligen Fall (Busunternehmen bekommt mehr Ausgleichsleistung als bisher), gilt es zu klären inwieweit die Genehmigungsbehörde über die nötigen rechtlichen Mittel verfügt, eine Absenkung der Haustarife durchzusetzen. Sollte dies nicht gelingen, drohen dem Landkreis Mehrbelastungen im bis zu siebenstelligen Bereich.

 

Diese Fragestellung ist u. a. Inhalt derzeit laufender Rechtsgutachten, die der Landkreis extern bei spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien ausgeschrieben hat. Ebenfalls wird geprüft, künftige Haustarifanträge der Busunternehmen von externen Wirtschaftsprüfern untersuchen zu lassen.

 

 

  1. Weiteres Vorgehen

 

Die Verwaltung hat bei spezialisierten Anwaltskanzleien Beratungsleistungen ausgeschrieben und befindet sich in der Bewertung sowie in der Vergabe der Leistungen. Die Ergebnisse des Rechtsgutachtens sollen in die dem Ausschuss am 24. Oktober 2017 vorzulegende Beschlussempfehlung über einen Satzungsentwurf einer Allgemeinen Vorschrift eingearbeitet sein. Zudem werden noch Handreichungen und Verwaltungsvorschriften des Verkehrsministeriums zur Umsetzung des Gesetzes erwartet. Diese sich daraus ergebene Satzung beinhaltet vor allem die genaue Berechnungsmethode zur Verteilung der Ausgleichmittel in Höhe von 6,789 Mio. Euro. Ein Entwurf ist als Anlage 2 beigefügt. Voraussetzung hierfür und für eine Weiterempfehlung an den Kreistag am 7. November 2017 ist die vorherige Gesetzesverabschiedung des Gesetzes zur Änderung des ÖPNVG am 11./12. Oktober 2017 im Landtag.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Für den Kreishaushalt 2018 ist eine Einnahmehaushaltsstelle für die kommunalisierten Mittel des Landes sowie eine Ausgabehaushaltsstelle zur Weiterleitung der Ausgleichszahlungen an die Busunternehmen mit je einem Planansatz von 6,789 Mio. Euro vorzusehen. Im Stellenplan 2018 ist eine weitere Stelle abgebildet.

 

 

 

 


Anlagen

 

Anlage 1: Reformstufen

Anlage 2: Entwurf einer Satzung (Allgemeine Vorschrift)

Anlage 3: Presseartikel zur Reform

 

 

 

 

 

 

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereich Nahverkehr

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Gehlhaus

 

 

Dezernat VII

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Wagenblast

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 2 1 Anlage 1_ Reformstufen (171 KB)    
Anlage 1 2 Anlage 2_Entwurf einer Satzung (Allgemeine Vorschrift) (272 KB)    
Anlage 3 3 Anlage3_Presseartikel zur Reform (4655 KB)