Bürgerinformationssystem

Vorlage - 150/2017  

 
 
Betreff: Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ)
Status:öffentlich  
Federführend:Büro des Landrats Beteiligt:Kliniken Ostalb gkAöR
Beratungsfolge:
Kreistag Entscheidung
25.07.2017 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

  1. Der Gründung und des Betriebs eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) wird zugestimmt.

 

  1. Hierfür soll eine MVZ-Trägergesellschaft in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Kliniken Ostalb gkAöR errichtet werden, für deren Gründung der Kreistag folgende Weisungsbeschlüsse an den Verwaltungsrat der Kliniken Ostalb gkAöR erteilt:

 

  1. Der Ostalbkreis stimmt der Gründung einer MVZ-Trägergesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Kliniken Ostalb gkAöR gem. § 9 Abs. 3 Bst. a) der Anstaltssatzung nach § 105a GemO unter der Beachtung der darin genannten Vorschriften zu.

 

  1. Der Erteilung einer unbeschränkten selbstschuldnerischen Bürgschaft der Kliniken Ostalb gkAöR zu Gunsten der MVZ-Trägergesellschaft für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gem. § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V wird zugestimmt.

 

  1. Die gesellschaftsrechtlichen Details (Struktur der Gesellschaft, Geschäftsführung etc.) obliegen dem Verwaltungsrat der Kliniken Ostalb gkAöR und sind von diesem noch zu beraten und zu verabschieden.

 

 

Anmerkung:

 

Der Ausschuss für Soziales und Gesundheit hat in seiner Sitzung am 04.07.2017 dem Kreistag bei einer Enthaltung empfohlen, dass der Ostalbkreis für die frauenärztliche Versorgung in der Raumschaft Bopfingen ein Medizinisches Versorgungszentrum gründet und die Verwaltung beauftragt wird, die hierfür nötigen Schritte zu veranlassen.

 


Sachverhalt/Begründung

 

Neben der stationären medizinischen Versorgung in Krankenhäusern und der Rehabilitation ist die ambulante medizinische Behandlung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte einer der tragenden Säulen im Gesundheitswesen.

 

Die ambulante medizinische Versorgung wird in erster Linie von niedergelassenen Vertragsärzten wahrgenommen und umfasst alle Tätigkeiten des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten erforderlich und zweckmäßig sind. Die vertragsärztliche Versorgung (Behandlung von gesetzlich Versicherten) erfolgt durch zugelassene Ärzte und Medizinische Versorgungszentren, sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen sowie bei Unterversorgung zugelassene Krankenhäuser (§ 116a SGB V).

 

Inhaltlich kann man zwischen der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung unterscheiden. An der hausärztlichen Versorgung nehmen Allgemeinärzte, praktische Ärzte, Ärzte ohne Gebietsbezeichnung und Kinderärzte teil sowie Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, sofern sie sich für die hausärztliche Versorgung entschieden haben. Die übrigen Fachärzte und auch Kinderärzte mit Schwerpunkt nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil.

 

Als Grundleistung der Daseinsversorgung ist die medizinische Versorgung von besonderer Bedeutung und daneben auch ein zentraler Standortfaktor im Ländlichen Raum.

 

Die ärztliche Versorgung ist der Bevölkerung und allen Verantwortlichen im Ostalbkreis ein großes Anliegen. Seit 2009 wurde intensiv an der Thematik gearbeitet.

Ausgelöst durch die Schwierigkeiten bei der Nachfolgeregelung hausärztlicher Praxen hat sich bereits 2009 eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Landkreises, der Kreisärzteschaften und der Kliniken des Landkreises gebildet, die die Problematik und Hintergründe im Detail analysiert hat. Die alarmierende Feststellungen der Analyse war: Von 200 praktizierenden Hausärzten waren im September 2009 98 (= 49%) und damit fast genau die Hälfte 55 Jahre oder älter! Der Versorgungsbericht 2016 der KVBW zeigt, dass die Problematik in den letzten Jahren noch zugenommen hat: aktuell sind 56% der Hausärzte im Ostalbkreis über 55 Jahre und 36% über 60 Jahre alt.

 

Neben dem hausärztlichen Bereich wird auch im fachärztlichen Bereich zunehmend der Ärztemangel deutlich. Was bei der Wiederbesetzung von Stellen im klinischen Bereich die Leitung unserer Krankenhäuser in den vergangenen Jahren schon beobachteten, tritt immer mehr auch bei der ambulanten fachärztlichen Versorgung ins Licht der Öffentlichkeit.

 

Zuletzt hat die Schließung der frauenärztlichen Praxis in Bopfingen große Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und in den Medien erlangt, da mit deren Schließung das gynäkologisches Angebot für den Bereich östlich der A7 im Ostalbkreis weggebrochen ist.

 

Im Sinne der Erhaltung gleichwertiger Lebensbedingungen in den Raumschaften des Landkreises und der Sicherstellung einer medizinischen Versorgung auch in den strukturschwächeren Räumen hat der Ostalbkreis im Rahmen seines Auftrags der Daseinsvorsoge verschiedene Gespräche geführt, mit dem Ziel die gynäkologische Versorgung am Standort Bopfingen zu sichern. Nach einer Gesprächsrunde, bei der alle praktizierenden Frauenärzte im Landkreis eingeladen waren, musste festgestellt werden, dass es äußerst schwierig ist, Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe für den Landkreis zu gewinnen und dass von Seiten der Praxisinhaber keine Möglichkeiten für die Einrichtung einer Dependance in Bopfingen gesehen wird.

Durch ein Engagement des Landkreises bestünde die Chance, die frauenärztliche Versorgung in Bopfingen zu sichern, wenngleich auch gewisse Risiken nicht unbenannt bleiben sollen (Erhalt der KV-Zulassung, stabile Personalsituation etc.).

 

Der Landkreis würde über eine Tochtergesellschaft der Kliniken Ostalb gkAöR in den bestehenden Praxisräumen in Bopfingen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gründen und mit angestellten Ärzten betreiben. Für  den Praxisbetrieb ist eine Pilotphase von zwei Jahren angedacht, nach denen der Betreib evaluiert werden soll. In der Startzeit ist auch eine Anschubfinanzierung durch den Landkreis vorgesehen.

 

Der Krankenhausausschuss des Ostalbkreises hat sich bereits in seiner Sitzung am 08.06.2010 mit dem Thema Medizinische Versorgungszentren befasst und beschlossen, dass den Kliniken des Ostalbkreises grundsätzlich dieglichkeit zur Gründung eines MVZ eröffnet wird, um die fachärztlichen ambulanten Leistungserbringungen an den Kliniken aufrecht zu erhalten. Schließlich hat der Kreistag am 18.12.2012 die Verwaltung ermächtigt, eine Vorratsgesellschaft zur Einrichtung eines MVZ für den Ostalbkreis zu gründen.

 

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte und Psychotherapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen arbeiten. Das Kriterium „fachübergreifend“ ist jedoch mit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes zum 23.07.2015 entfallen. Ab diesem Zeitpunkt sind auch „fachgleiche“ MVZ zulässig, also beispielsweise reine Hausarzt-MVZ, spezialisierte facharztgleiche MVZ oder auch MVZ, in denen ausschließlich ärztliche und/oder nichtärztliche Psychotherapeuten tätig sind. Im Hinblick darauf, dass MVZ ihren Charakter als Zentrumseinrichtungen behalten, müssen mindestens zwei personenverschiedene Ärzte, deren Tätigkeitsumfänge in der Summe eine 100 % Zulassungsstelle ergeben, am Vertragsarztsitz des MVZ tätig werden. Die Ärzte sind selbstständig oder im MVZ angestellt. Sie sind verantwortlich für die Behandlung der Patienten, das MVZ als Einrichtung für die Organisation der Behandlung und die korrekte Leistungsabrechnung. Administrative und organisatorische Aufgaben werden gebündelt und zentral von nichtärztlichem Personal erledigt.

Die vom Gesetzgeber geforderte ärztliche Leitung des MVZ soll sicherstellen, dass die vom MVZ zu erbringenden Leistungen den vertragsarztrechtlichen Anforderungen genügen. Der ärztliche Leiter muss im MVZ als Vertragsarzt oder angestellter Arzt tätig sein. Er ist weisungsfrei und verantwortlich für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht.

Gegründet werden kann ein MVZ von zugelassenen Ärzten und zugelassenen Psychotherapeuten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen (Städte/Gemeinden, Landkreise).

 

Auf Grund der Neuregelung durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes muss ein Medizinisches Versorgungszentrum in einer eigenen Rechtsform betrieben werden. Da das MVZ mit angestellten Ärzten betrieben werden soll, kommt hierfür nur die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Frage. Es ist beabsichtigt, die MVZ-Trägergesellschaft als Tochter der Kliniken Ostalb gkAöR zu gründen und die Beteiligung über den Verwaltungsrat der Kommunalanstalt zu steuern. Möglicherweise können auch durch eine Organschaft mit der Kommunalanstalt steuerliche Vorteile generiert werden.

 

Nach § 9 Abs. 3 Bst. a) der Anstaltssatzung der Kliniken Ostalb ist für die Beteiligung der Anstalt an anderen Unternehmen die Zustimmung des Ostalbkreises auf Weisung des Kreistags entsprechend § 105a GemO erforderlich. Über § 9 Abs. 3 Bst. l) der Anstaltssatzung ist sichergestellt, dass der Verwaltungsrat auf die Tochtergesellschaften angemessenen Einfluss nehmen kann. Die Beschlussfassung über die Inhalte des Gesellschaftsvertrags einer Tochtergesellschaft obliegt dem Verwaltungsrat und soll nach einer konkreteren Ausarbeitung von diesem in einer der nächsten Sitzungen beschlossen werden. Sofern die Vorschriften nach § 105a GemO im Gesellschaftsvertrag zu verankern sind, werden diese bei der MVZ-Trägergesellschaft aufgenommen.

 

Gemäß § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V ist für die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH Voraussetzung, dass die Gesellschafter eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung für die Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben.

Diese Vorgabe des SGB V ist zwingend, daher muss die Kliniken Ostalb gkAöR die Bürgschaft zu Gunsten der MVZ-Trägergesellschaft eingehen. Da die abzusichernden Forderungen im Vorfeld in der Höhe nicht konkret bestimmbar sind, wird eine unbeschränkte Bürgschaft verlangt. Nachdem davon auszugehen ist, dass das MVZ seinen Verpflichtungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen nachkommt und klar abgegrenzte Zeiträume für Kassenforderungen bestehen, ist das Bürgschaftsrisiko überschaubar. Gemäß § 9 Abs. 3 Bst. f) ist für eine Bürgschaft über 5 Mio. € ein Weisungsbeschluss des Kreistags erforderlich.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Gründungskosten mit Übernahme der Praxis werden auf ca. 150 T€ geschätzt. Es wird angestrebt, dass das MVZ mittelfristig ohne Verluste betrieben werden kann. Unter Beachtung des EU-Beihilfenrechts werden jedoch Investitionskostenzuschüsse in Höhe der Gründungskosten und voraussichtlich ein Ausgleich von Betriebsverlusten durch den Ostalbkreis zu leisten sein.

 

 

 

 

 


Anlagen

 

-

 

 

Sichtvermerke

 

Stabsstelle

__________________________________________

 

Wagenknecht

 

 

Vorstandsvorsitzender
Kliniken Ostalb gkAöR

__________________________________________

 

Janischowski

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel