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Vorlage - 361/03  

 
 
Betreff: Geplante Sparmaßnahmen des Landes Baden-Württemberg im Sozialbereich
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Vorberatung
18.03.2003 
Sitzung des Sozialausschusses      

Antrag der Verwaltung:

Antrag der Verwaltung:

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung:

Sachverhalt/Begründung:

I. Ausgangssituation

Der Ministerrat von Baden-Württemberg hat im Nachtrag zum Haushalt 2003 als Ausgleich der zu erwartenden Steuermindereinnahmen umfangreiche Konsolidierungsmaßnahmen beschlossen. Entsprechend der November-Steuerschätzung muss Baden-Württemberg derzeit mit einem Steuerausfall von 1,068 Mrd. € in 2003 rechnen. Hinzu kommt ein Fehlbetrag aus dem Rechnungsabschluss 2002 von rd. 700 Mio. € und Mehrausgaben durch den jüngsten Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst. Die Landesregierung hat als Gegenmaßnahme Einsparungen von 770 Mio. € in ihrem Nachtragsentwurf vorgesehen. In den einzelnen Ressorts sollen Mittelkürzungen in Höhe von 300 Mio. € vorgenommen werden. Das Sozialministerium ist davon mit rd. 10,8 Mio. € betroffen.

Nach der derzeitigen Terminplanung wird das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Jahr 2003 am 13.03.2003 im Finanzausschuss des Landtags beraten. Die Verabschiedung des Nachtragshaushalts im Landtag ist für 26./27.03.2003 vorgesehen.

Kreisrat Volker Grab (Bündnis 90/Die Grünen) hat in der Kreistagssitzung am 18.02.2003 darum gebeten, in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses die voraussichtlichen Auswirkungen der geplanten Kürzungen im Sozialbereich auf den Ostalbkreis bzw. Dienste und Einrichtungen im Ostalbkreis darzustellen. Landrat Pavel hatte dies zugesagt.

 

II. Geplante Einsparmaßnahmen im Einzelnen

1. Förderung der beruflichen Eingliederung Arbeitsloser

Das Land Baden-Württemberg hat bislang die Erwerbsintegration von Langzeitarbeitslosen über das Programm "Arbeit und Zukunft für Landzeitarbeitslose" gefördert. Der ursprüngliche Haushaltsansatz von 5,0 Mio. € soll um 50 % auf 2,5 Mio. € gekürzt werden.

Im Ostalbkreis sind nach derzeitigem Kenntnisstand der Verwaltung 3 Beschäftigungsträger von dieser Reduzierung betroffen. Bei der Aktion Jugendberufshilfe im Ostalbkreis e.V. - AJO -, der Arbeitslosenselbsthilfeorganisation e.V. - ALSO - und bei der Integra gGmbH wurden bislang in der Summe 34 Projektteilnehmer/innen, daneben Projektleitungen, Anleiter und Geschäftsführung über das Landesprogramm mitfinanziert. Bei allen 3 Trägern müssen in der Konsequenz der Zuwendungskürzung Projektplätze reduziert werden bzw. entfallen gänzlich. Daneben entfallen auch Stellen im Anleiterbereich, der Sozialpädagogischen Betreuung und bei der Geschäftsführung.

2. Schulsozialarbeit

Gemäß den Empfehlungen der sogenannten Enquete-Kommission "Jugend-Arbeit-Zukunft" wurde in den letzten Jahren die Jugendsozialarbeit an Förderschulen, Hauptschulen und beruflichen Schulen, die unter erschwerten sozialen und pädagogischen Bedingungen arbeiten, brennpunktorientiert ausgebaut. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der beruflichen Integration benachteiligter junger Menschen.

 

Folgende Aktivitäten der Jugendsozialarbeit an Schulen wurden beispielsweise bisher entwickelt und haben sich bewährt:

 

- Sozialpädagogische Angebote an alle Schüler/innen oder an spezielle Gruppen

- Vermittlung bei interkulturellen Konflikten

- Beratung von Schüler/innen, Eltern und Lehrkräften einschließlich Vermittlung von einzelfallbezogenen Hilfen bis hin zur Krisenintervention

- Gruppenarbeit mit Schulklassen oder bestimmten Gruppen von Schülerinnen, mit Eltern oder Lehrkräften (themenorientiert oder zielgruppenorientiert)

- Aufbau von Kooperationsstrukturen zwischen Schule und Jugendhilfe und Vernetzung mit sozialen Diensten und Einrichtungen im Einzugsbereich

Mit Hilfe von Landesförderung konnten an der Mozartschule in Schwäbisch Gmünd-Hussenhofen, an der Rauchbeinschule in Schwäbisch Gmünd, an der Bohlschule in Aalen und an der Buchenbergschule in Ellwangen jeweils eine Schulsozialarbeiterstelle eingerichtet werden. Das Land beteiligt sich pro Schuljahr und Stelle mit pauschal 15.000 € an den Personalkosten. Die Schulsozialarbeit an der Hauptschule Bopfingen (0,5 Stelle) wird vom Land Baden-Württemberg bislang nicht gefördert. An Stelle der Landesförderung konnte hier ein Zuschuss aus dem Europäischen Sozialfonds - Ziel 3 ermöglicht werden.

Der Förderanteil des Landes an der Jugendsozialarbeit an Schulen mit insgesamt 2,525 Mio. € soll im Rahmen des Nachtragshaushaltes um 2,0 Mio. € gekürzt werden. Dies würde faktisch einem "Aus" des Landesförderprogrammes gleichkommen. Die bisherigen Zuwendungsbescheide sind befristet auf 31.08.2003.

Wie der Presse in den vergangenen Tagen zu entnehmen war, gibt es innerhalb der beiden Regierungsfraktionen von CDU und FDP Verlautbarungen, die darauf schließen lassen, dass das bewährte Förderprogramm über das Schuljahresende 2002/2003 eventuell mit geänderten Modalitäten fortgeführt werden soll. Entsprechende Entscheidungen sind jedoch derzeit nicht konkret absehbar.

3. Förderung von Sozialpsychiatrischen Diensten

In Baden-Württemberg wurde seit 1986 als ein wesentliches Element der ambulanten Versorgung psychisch Kranker ein landesweit flächendeckendes Netz von sozialpsychiatrischen Diensten aufgebaut, die sich überwiegend in der Trägerschaft von freien Wohlfahrtsverbänden, zum Teil in kommunaler Trägerschaft und vereinzelt in gemeinsamer Trägerschaft von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden befinden.

Die Dienste sind Einrichtungen im außerstationären gemeindenahen Netz psychiatrischer Versorgung. Ihre Aufgabe ist es, zum einen überwiegend psychisch Kranken, die nicht mehr oder noch nicht zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sind, durch spezielle Hilfen ein erträgliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen; zum anderen vorrangig den langfristig in psychiatrischen Krankenhäusern behandelten psychisch Kranken die Entlassung zu ermöglichen und Krankheitsrückfälle und Krankheitsaufenthalte zu vermeiden.

Die sozialpsychiatrischen Dienste betreuen im Rahmen von Vorsorge, Nachsorge und Krisenintervention überwiegend chronisch psychisch Kranke und seelisch Behinderte, die aufgrund der Art oder Länge der Erkrankung unter psychischen Behinderungen und sozialen Beeinträchtigungen leiden und vermitteln ihnen soziale Hilfen.

Im Jahre 1986 wurde als Träger für den sozialpsychiatrischen Dienst im Ostalbkreis ein Verein gegründet, der aus den Mitgliedern Arbeiterwohlfahrt, Diakonische Bezirksstellen, Deutsches Rotes Kreuz, Verein für seelische Gesundheit und Ostalbkreis besteht. 1987 wurde der Dienst in Schwäbisch Gmünd besetzt, ein halbes Jahr später in Aalen. 1997 kam mit der Dienststelle in Ellwangen ein Drittes " Standbein" hinzu.

In den Einrichtungen des sozialpsychiatrischen Dienstes im Ostalbkreis arbeiten derzeit 6 Sozialarbeiter/innen im Team mit 6 weiteren Mitarbeitern des sogenannten Integrationsfachdienstes. Dessen spezielle Aufgabe besteht darin, Menschen mit Behinderungen bei der Arbeitssuche bzw. bei der Sicherung des Arbeitsplatzes zu begleiten.

In den letzten Jahren wurde die Finanzierung des Dienstes zunehmend schwieriger, da die Festbetragsfinanzierung des Landes und der Stadt- und Landkreise (pro volle Stelle 20.300 € jeweils von Land und Stadt- bzw. Landkreis) der Höhe nach eingefroren war und die steigenden Lohnkosten den Trägeranteil deutlich anwachsen ließen.

Im Jahre 2002 sind zudem die Krankenkassen aus der Finanzierung der Sozialpsychiatrischen Dienste ausgestiegen. Die gesetzlich neu eingeführte Soziotherapie, dies ist eine Betreuungsleistung zur Vermeidung oder Verkürzung von Krankenhausbehandlung psychisch Kranker, war bislang keine ausreichende Kompensationsmöglichkeit hinsichtlich der ausfallenden Krankenkassenmittel.

Die Sparpläne der Landesregierung sehen nunmehr eine Kürzung der Mittel für die sozialpsychiatrischen Dienste um 50 % vor. Der Haushaltsansatz von 4,1 Mio. € soll um 2,0 Mio. € reduziert werden. Darüberhinaus sehen die neuen Zuschussrichtlinien des Landes vor, dass Mietkosten der Büros künftig nicht mehr als anrechnungsfähige Sachkosten behandelt werden.

Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Sozialpsychiatrischer Dienst im Ostalbkreis hat beschlossen, alles zu tun, um trotz dieser vorgesehenen Kürzungen den Dienst zumindest vorläufig aufrecht erhalten zu können. Es sollen dazu eine ganze Reihe von Kompensationsmöglichkeiten aktiv genutzt werden. Dazu zählt die Nichtbesetzung von Erziehungsurlaubsstellen, die Leitung der Tagesstätte in Schwäbisch Gmünd für den Verein für seelische Gesundheit, die Übernahme von Sozialdiensttätigkeiten in der Tagesklinik Schwäbisch Gmünd für das Zentrum für Psychiatrie in Winnenden, die Mitarbeit in der Psychiatrischen Institutambulanz und die Bewerbung um Übernahme der Sozialdiensttätigkeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ellwangen.

Für die chronisch psychisch kranken Menschen im Ostalbkreis, die seither vom Sozialpsychiatrischen Dienst betreut wurden, führt dies unweigerlich zu einer Reduzierung des Leistungsangebotes.

4. Sozialberatungsdienste für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien

Das Land Baden-Württemberg fördert seit Jahren eine ganze Reihe von Beratungsstellen für Migranten, so auch den Sozialdienst für Migranten/innen der Arbeiterwohlfahrt in Aalen und zwei Migrationsdienste der Caritas Ostwürttemberg.

Der Wirkungsbereich dieser Einrichtungen ist vor allem aus psychosozialen Gründen für Migrantenfamilien wichtig. Probleme in den Bereichen Erziehung, Familie, Beruf usw. werden von den Beratern angegangen. Um die spezifischen Probleme der Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen lösen zu können, ist Hintergrundwissen über Traditionen, Sitten und kulturelle Identität der jeweiligen Volksgruppen notwendig. In gleicher Weise unabdingbar ist eine ständige Kooperation mit Behörden und Fachdiensten, wie Arbeitsamt, Jugendamt, Sozialamt, Schulen etc.

Die Beratungsstelle der AWO in Aalen ist insbesondere für die vielen türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein wertvoller Ansprechpartner. Die Caritas Ostwürttemberg unterstützt mit ihren Migrationsdiensten Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Italien und dem ehemaligen Jugoslawien.

Das Land Baden-Württemberg hat bislang die Sozialberatungsdienste für ausländische Arbeitnehmer mit einer Gesamtsumme von 1,55 Mio. € gefördert. Der entsprechende Haushaltsansatz soll vollständig aufgehoben werden. Damit fehlen den Trägern nicht nur rd. 30 % Personalkostenzuschuss. Es steht zu befürchten, dass durch diesen Ausfall auch erhebliche Bundesmittel entfallen, da diese die Kofinanzierung durch die Länder zwingend voraussetzen.

Der Ostalbkreis bezuschusst bislang den Beratungsdienst der AWO mit einem jährlichen Pauschalbetrag von 3.425,-- €, die Stadt Aalen beteiligt sich mit einer jährlichen Zuwendung von rd. 4.000 €. Die beiden Migrationsdienste der Caritas Ostwürttemberg erhielten bislang keine kommunalen Zuschüsse.

5. Erstattung von Sozialhilfe für Spätaussiedler

Spätaussiedler/innen die nach Baden-Württemberg kommen, sind oftmals in Folge von Arbeitslosigkeit und fehlender anderweitiger Einnahmen auf Sozialhilfe angewiesen. Das Land Baden-Württemberg hat bisher den Trägern der Sozialhilfe (Stadt- und Landkreise) für die ersten 12 Monate der Bezugsdauer von Sozialhilfe von Spätaussiedlern, die in Wohnheimen leben, die entsprechenden Aufwendungen ersetzt. Insgesamt sind für diesen Zweck im Haushaltsplan 2003 des Landes 13,3 Mio. € eingestellt.

Der entsprechende Haushaltsansatz soll um 5 Mio. € gekürzt werden. Dies soll durch eine Änderung des Eingliederungsgesetzes erreicht werden, in der der Erstattungszeitraum von bislang 12 auf 6 Monate reduziert wird.

Das Kreissozialamt hat durch überschlägige Berechnungen auf der Grundlage der Ausgaben der vergangenen Jahre festgestellt, dass diese Änderung eine zusätzliche Kostenbelastung in Höhe von mindestens 400.000 € für den Ostalbkreis bedeuten könnte.

III. Auswirkungen und Konsequenzen der geplanten Landeskürzungen

Die vorgesehenen Zuwendungskürzungen werden ohne Zweifel schmerzliche Auswirkungen auf das soziale Dienstleistungsangebot im Ostalbkreis haben und daneben den Ostalbkreis als Sozial- und Jugendhilfeträger direkt und indirekt zusätzlich belasten. Verschiedene Einrichtungen und Dienste haben in Schreiben gegenüber der Landkreisverwaltung ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht und gleichzeitig darum gebeten, mit kommunalen Mitteln für eine Kompensation und damit Verringerung der gravierenden Einschnitte zu sorgen.

Die Landkreisverwaltung ist sich der Konsequenzen, die sich zwangsläufig aus den Einsparungen bzw. Mittelkürzungen des Landes ergeben werden, bewusst. Vieles was im Schulterschluss zwischen Freien Trägern, Städten und Gemeinden und dem Ostalbkreis mit Unterstützung des Landes an sozialer Infrastruktur geschaffen werden konnte, ist jetzt akut gefährdet Gleichwohl ist es unter Berücksichtigung der äußerst angespannten Finanzsituation des Ostalbkreises und insbesondere der absehbaren zusätzlichen Kostenbelastungen im Pflichtaufgabenbereich (z.B. steigende Sozial- und Jugendhilfekosten, LWV-Finanzproblematik) nicht möglich, mit Landkreismitteln finanziellen Ausgleich zu leisten. Hinzu kommt, dass das Land angesichts einer sich verschärfenden Finanzproblematik bereits jetzt weitere Sparrunden angekündigt hat, die weitere Einschnitte im Sozialbereich befürchten lassen.

 

Finanzierungen und Folgekosten:

Finanzierungen und Folgekosten:

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Anlagen:

Anlagen:

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Sichtvermerke:

Fachdezernent __________________________________________________

Rettenmaier

Hauptamt __________________________________________________

Wolf

Kämmerei __________________________________________________

Hubel

Landrat __________________________________________________

Pavel