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Vorlage - 072/2017  

 
 
Betreff: Bericht zur Notfallseelsorge im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t VII   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Kenntnisnahme
25.04.2017 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

  1. Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung nimmt vom Bericht Kenntnis.

 

  1. Zum Aufbau einer einheitlichen Ausrüstungsqualität der Notfallseelsorge im Ostalbkreis werden im Haushalt 2018 einmalig 20.000 EUR aufgenommen. Für die laufende Finanzierung stehen im Haushalt des GB 74 - Brand- und Katastrophenschutz 4.000 EUR zur Verfügung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sachverhalt/Begründung

 

Organisation im Landratsamt

 

Die Notfallseelsorge ist im Zuge der Schaffung des Geschäftsbereichs 74 Brand- und Katastrophenschutz im Dezernat VII angesiedelt worden. Das Landratsamt möchte dadurch unterstreichen, dass die Notfallseelsorge im Verbund mit Landkreis, Kirchen, Feuerwehr, Polizei, Rettungsdiensten, Katastrophenschutz wirkt. Weil die Notfallseelsorge nach Auffassung der Landkreisverwaltung Teil der Gemeinschaft aller „Blaulichtorganisationen“ ist, legt das Landratsamt Wert auf eine solide und zuverlässige Partnerschaft in den Bereichen Aus- und Fortbildung, feste Ansprechpartner, technische Ausrüstung, finanzielle Unterstützung, Wertschätzung & Darstellung des Engagements in der Öffentlichkeit so wie es bereits bei den anderen Hilfsorganisationen seit Jahren praktiziert wird auch ohne dass die Notfallseelsorge expliziter Teil gesetzlicher Regelungen wie dem Feuerwehrgesetz oder dem Rettungsdienstgesetz ist.

 

 

Zur Arbeit der Notfallseelsorge

 

Die Arbeit einer Notfallseelsorgerin und Notfallseelsorgers lässt sich am treffendsten mit dem Satz beschreiben: „Wir müssen einfach nur da sein“.

 

„Einfach nur“ ist dabei leichter gesagt als getan, denn die Notfallseelsorge wird immer dann zu Hilfe geholt, wenn es darum geht, anderen Menschen in den oft schwersten Momenten ihres Lebens beizustehen. Nach Unfällen, Selbstmorden oder plötzlichem Tod werden die Notfallseelsorger/innen gerufen, um die Betroffenen oder Hinterbliebenen mit ihrem Schicksal nicht alleine zu lassen. Die Notfallseelsorger/innen übernehmen das, wozu Rettungskräften und Polizisten meist keine Zeit bleibt und teilweise auch situationsbedingt die notwendige Sensibilität fehlt.

 

Genau auf diese kommt es in den Extremsituationen jedoch an. Vor allem Einfühlsamkeit und Behutsamkeit sind gefragt, wenn man anderen Menschen Schreckensnachrichten von ihren Angehörigen überbringen muss. Motivation für den Beistand nehmen die Notfallseelsorger/innen aus ihrem Glauben wie auch aus den schlichten, aber oft so schwer umzusetzenden Wunsch heraus, anderen zu helfen. Für die Notfallseelsorger/innen ist ein Einsatz mit viel Stress verbunden. Denn wenn der Funkmeldeempfänger piepst, weiß man sofort, dass es um den Tod geht.

 

 

Entstehung der Notfallseelsorge

 

Menschen eine Hilfe anzubieten, die unmittelbar unter dem Eindruck eines traumatisierenden, schockierenden Erlebnisses stehen ausgelöst durch den Tod eines ihnen nahestehenden Menschen war schon vor den Terroranschlägen des
11. Septembers 2001 ein Anliegen, der Rettungsdienste, der Feuerwehren, der Polizei, der Kirchen und des Landkreises. Die Notfallseelsorge war deshalb mehrmals Inhalt der regelmäßigen Gespräche zwischen Landrat Klaus Pavel und den Dekanen der evangelischen und katholischen Kirche.

 

Zur Realisierung dieser Idee hatte sich dann Mitte des Jahres 2000 aus Vertretern der beiden Kirchen, des Rettungsdienstes, der Feuerwehr, der Polizei und des Landratsamtes ein Arbeitskreis gebildet mit dem Ziel im Ostalbkreis in abgegrenzten Einsatzbereichen flächendeckend einen Notfallseelsorgedienst zu organisieren, der bei Verkehrsunfällen, Bränden, anderen Vergleichsfällen und Katastrophen hilfreich und tröstlich zur Seite steht.

 

Im Bereich des Altkreises Schwäbisch Gmünd existiert schon seit 1997 ein Notfallseelsorgekonzept in Form der Krisenintervention das vom Kriseninterventionsteam (KIT) des DRK Schwäbisch Gmünd praktiziert wird. Im übrigen Ostalbkreis wurden mit Blick auf die flächenmäßige Größe des Ostalbkreises die zwei Notfallseelsorgebereiche Aalen/Neresheim und Ellwangen gebildet, deren Einzugsbereich den Grenzen der damaligen Dekanate entsprach.

Nach Schaffung einer Organisationsstruktur und Aus- und Fortbildung der ehrenamtlichen Mitarbeiter erfolgte am 6. Oktober 2001 die Beauftragung der Notfallseelsorger/innen im Bereich Aalen/Neresheim und Ellwangen. Die Notfallseelsorge nahm am 1. November 2001 ihren Dienst auf.

 

 

Aktuelle Situation und Einsatzzahlen

 

Derzeit sind im Notfallseelsorgebereich des Ostalbkreises 40 Notfallseelsorger/innen im Einsatz, die bis zu 8 Wochen Rufbereitschaft im Jahr übernehmen. Die Notfallseelsorger/in die laut Einsatzplan Rufbereitschaft haben, werden über die Rettungsleitstelle alarmiert und von dort über den Einsatzort, das Einsatzgeschehen und den Ansprechpartner vor Ort informiert.

Die Zahl der Einsätze liegt im Jahresdurchschnitt bei 70. Für die Einsatzbereiche gibt es jeweils einen Einsatzleiter, der die Einsatzpläne ausarbeitet und die Einsätze koordiniert. Für den Bereich Aalen/Neresheim ist derzeit Pfarrer Richter und für den Bereich Ellwangen Frau Renate Huober Einsatzleiter. Für den Bereich Schwäbisch Gmünd leitet Herr Benno Schneider den Bereich Notfallseelsorge.

 

 

Der Einsatz der Notfallseelsorge erfolgt bei:

      Unfällen mit Todesopfer

      Suizid und Suizidversuch

      Überbringen einer Todesnachricht

      Plötzlicher Kindstod

      Gewaltverbrechen, Missbrauch

      Großschadensereignisse

      Personenschaden im Gleisbereich

      Erfolgloser Reanimation

      Vermisstensuche

 

Daneben wird von einem speziell ausgebildeten Team (CISM-Team, CISM = Critical Incident Stress Management) von 5 Mitarbeitern auch die Begleitung und Betreuung von Einsatzkräften angeboten.

 

Dieser Aspekt gewinnt immer mehr an Bedeutung, da in den letzten Jahren − nicht zuletzt durch die auch öffentlich geführten Diskussionen um posttraumatische Belastungsstörungen von Bundeswehrsoldaten nach Auslandseinsätzen die Erkenntnis gewachsen ist, dass Einsatzkräfte nach schweren Einsätzen nicht ohne weiteres „zur Tagesordnung“ übergehen können, ohne langfristig nicht auch ihre eigene seelische Gesundheit zu gefährden.

 

Die Definition eines Critical Incident bzw. eines belastenden Ereignisses ist jede Situation, die so ungewöhnlich starke emotionale Reaktionen hervorruft, dass die Funktionsfähigkeit der mit ihr konfrontierten Person beeinträchtigt wird.

 

Konkret bedeutet dies, dass die Notfallseelsorge auch die Nachsorge von Einsatzkräften übernimmt, um Nachgang bspw. zu Großschadensereignissen oder besonders tragischen und belastenden Einsätzen (bspw. den Tod eines eigenen Kameraden wie in Schwäbisch Gmünd und Aalen im vergangenen Jahr). Maßnahmen sind zum einen Präventionsschulungen für Einsatzkräfte und die Begleitung von Einsätzen vor Ort sowie Nachgespräche nach belastenden Einsätzen.

 

 

Übersicht über die Einsatzzahlen der Notfallseelsorge:

 

Bezeichnung

Einsatzzahl 2016

Einsatzzahl 2015

NFS Aalen

55

45

NFS Ellwangen

18

23

SUMME

73

68

Verkehrsunfall

4

9

Überbringung Todesnachricht

13

12

Suizid/-versuch

12

5

Vergebliche Reanimation / Plötzlicher Todesfall

20

28

Allgemeine Lebenskrisen

4

14

Laufende Reanimationen (Betreuung Angehörige)

9

0

Nach- und Seelsorgegespräch

11

0

SUMME

73

68

Anforderung

 

 

Rettungsdienst

52

52

Polizei

12

15

Feuerwehr

7

0

Sonstige

2

1

SUMME

73

68

CISM-Einsätze

12
(53 betreute Personen)

0

 

 

Ausbildung

 

Zur Gewinnung und Schulung von Notfallseelsorger/innen werden regelmäßig Ausbildungs- und Fortbildungskurse in Form von Ausbildungsmodulen angeboten, die seit einigen Jahren unter Führung des Ausbildungsleiters Diakon Jürgen Schnotz von einem Ausbildungsteam aus erfahrenen und speziell ausgebildeten Notfallseelsorger/innen aus dem Ostalbkreis durchgeführt werden. Zum Ausbildungsteam gehören: Jürgen Schnotz , Gudrun Stengel-Kurz, Barbara Sittler, Sylke Gamisch, Martin Kessler und Martin Schuster.

 

 

Die Aus- und Fortbildungskosten sowie die Grundausstattung der einzelnen Notfallseelsorgeeinheiten werden vom Landkreis Ostalbkreis getragen. Hierfür stehen im Haushalt Katastrophenschutz/Notfallseelsorge jährlich 4.000 € zur Verfügung. Fahrtkosten bei den Einsätzen wird von den Dekanaten übernommen.

 

 

 

 

Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen und Ausblick

 

In der Vorbereitung auf diesen Situationsbericht wurde uns vom Malteser Hilfsdienst bekannt gegeben, dass ab Mai 2017 der Malteser Hilfsdienst (MHD) Einsatzkräfte mit PSNV (Psycho Soziale Notfall Versorgung)-Ausbildung zur Verfügung stellt. Das Ausbildungskonzept des MHD sieht zur Hälfte den Bereich KIT und CISM vor. Der MHD hat bereits Interesse bekundet, sich in der Notfallseelsorge einzubringen. Damit wäre auch die Schnittstelle zur 1. Einsatzeinheit des Ostalbkreises im Bereich des Katastrophenschutzes geschaffen.

 

Die Ausbildung des MHD findet über die Universität Tübingen statt und wird durch dort tätige Psychologen und Therapeuten mit spezieller Ausbilder-Zertifizierung umgesetzt.

 

Im Rahmen einer der nächsten Dienstbesprechungen der Notfallseelsorge könnten auch MHD-Kräfte teilnehmen, um eine Verzahnung der Kräfte zu gewährleisten.

 

Auch ein Ausbau von weiteren Fähigkeiten, wie die Suche nach muslimischen Notfallbegleitern und deren Ausbildung, wird in den kommenden Jahren eine Herausforderung der Notfallseelsorge sein.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Um für die Einsätze, die teilweise auch mit mehreren Einsatzkräften gleichzeitig und teilweise unter schwierigen Einsatzbedingungen stattfinden (in der Nacht, im Freien, auf Unfallstellen, in unwegsamem Gelände) benötigen die Einsatzkräfte eine entsprechende Schutzausrüstung, die sie erkennbar macht und auch vor Wind und Wetter schützt.

 

Bisher sind die Notfallseelsorger mit Einsatzwesten (vgl. Warnweste) ausgestattet worden, teilweise haben Mitglieder der Notfallseelsorge auf eigene Kosten Ausstattungen beschafft. Das Landratsamt empfiehlt dem Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung eine einheitliche Schutzausstattung gemäß den aktuellen Normen mit entsprechender Kennzeichnung sowie einer Ganzjahresausstattung mit herausnehmbarer Innenweste und abtrennbaren Ärmeln (Sommer/Winter). Ein entsprechender Blouson kostet ca. 300 EUR.

 

Zudem sollen Einsatzrucksäcke beschafft werden, die eine Grundausstattung beinhalten wie medizinische Ausrüstung (Erste-Hilfe-Set, Sterilium, Taschentücher, Einmalhandschuhe, Rettungsdecke), liturgische Gegenstände (Bibel, Holzkreuz, Kerze, Feuerzeug), Gegenstände für Kinder (Buntstifte, Anspitzer, Malbuch, Teddybär), Verpflegung (Bonbons, Traubenzucker, Kaugummi, Isolierkanne, Wasserflaschen), Zusatzausrüstung wie faltbare Sitzkissen, Taschenlampe, Regencape, Schreibzeug, Informationsmaterial. Die Kosten eines solchen Rucksackes belaufen sich auf ca. 80-100 EUR.

 

Mit dem geplanten Umrüstung auf die digitale POCSAG-Alarmierung der Rettungskräfte im Ostalbkreis im Jahr 2018 müssen auch digitale Funkmeldeempfänger für die Notfallseelsorge beschafft werden. Diese kosten ca. 400 EUR / Stück.

 

Um eine einheitliche und solide Grundausstattung für die 40 aktiven Notfallsorger/
-innen zu schaffen rechnet die Landkreisverwaltung mit 20.000 EUR.

 

 

 

Die Aus- und Fortbildungskosten sowie die Grundausstattung der einzelnen Notfallseelsorgeeinheiten werden vom Landkreis Ostalbkreis getragen. Hier für stehen schon bisher im Haushalt Katastrophenschutz/Notfallseelsorge jährlich 4.000 € zur Verfügung. Fahrtkosten bei den Einsätzen wird von den Dekanaten übernommen.

 

 

 

 

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

VII/74 Brand- und Katastrophenschutz

__________________________________________

 

Abele

 

 

Dezernat VII

__________________________________________

 

Wagenblast

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel