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Vorlage - 020/2017  

 
 
Betreff: Erhöhung der FAG-Mittel an die Landkreise zur Erfüllung von Aufgaben im Bereich der unteren Verwaltungsbehörde
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Personal   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Bildung und Finanzen Kenntnisnahme
07.03.2017 
Sitzung des Ausschusses für Bildung und Finanzen ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Auswertung Mehraufwand vom 2. Juli 2016

Antrag der Verwaltung

 

  1. Der Ausschuss für Bildung und Finanzen nimmt Kenntnis von den seit dem Jahr 2005 entstandenen Veränderungen in den durch das Sonderbehörden-Ein-gliederungsgesetz und das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz übertragenen Aufgabenfeldern.

 

  1. Die Verwaltung wird ermächtigt, die notwendigen personellen Maßnahmen im Vorgriff auf den Stellenplan 2018 vorzunehmen.

Sachverhalt/Begründung

 

Sonderbehörden-Eingliederungsgesetz (SoBEG) und Verwaltungsstruktur-Reformge-setz (VRG)

 

Mit dem Sonderbehörden-Eingliederungsgesetz vom 31. Dezember 1994 wurden zum

1. Juli 1995 die staatlichen Veterinärämter, die staatlichen Gesundheitsämter sowie die Ämter für Wasserwirtschaft und Bodenschutz des Landes Baden-Württemberg aufgelöst und ihre Aufgaben den Landratsämtern und den Stadtkreisen übertragen.

 

Des Weiteren wurden im Zuge des am 30. Juni 2004 beschlossenen und zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes insgesamt 10 untere Sonderbehörden aufgelöst und auch ihre Aufgaben auf Landkreise und Stadtkreise über-tragen. In beiden Fällen galt dabei, dass das vorhandene Personal nach dem Prinzip der Freiwilligkeit den Aufgaben folgte. Beamte bis zum gehobenen Verwaltungsdienst sowie die vergleichbaren Angestellten  und Arbeiter wurden grundsätzlich in den Dienst der aufnehmenden kommunalen Behörden versetzt. Lediglich die Beamten des höheren Dienstes und die vergleichbaren Angestellten verblieben beim Land. Ebenso wurden für die Aufgabenerfüllung notwendigen sächlichen Mittel (z.B. Fahrzeuge, EDV-Hardware, Möbel) und Rechte (z. B. EDV-Programme) übertragen.

 

Beide Reformen verfolgten das Ziel, dem klaren 3-stufigen Verwaltungsaufbau Rechnung zu tragen sowie eine sachgerechte, bürgernahe und leistungsfähige Verwaltung sicher-zustellen. Im Rahmen des VRG wurden die nachfolgenden Sonderbehörden bzw. Teile dieser Sonderbehörden zum 1. Januar 2005 organisatorisch in die Landkreisverwaltung eingegliedert:

 

 

Sonderbehörde

Eingegliedert in

Gewerbeaufsichtsamt

Geschäftsbereich Umwelt und Gewerbeaufsicht

Gewässerdirektion

Geschäftsbereich Wasserwirtschaft

Schulaufsichtsamt

Geschäftsbereich Schulen und Bildung

Versorgungsamt

Geschäftsbereich Integration und Versorgung

Schulpsychologische Beratungsstelle

Stabstelle Dezernat V - Jugend und Soziales

Wirtschaftskontrolldienst

Geschäftsbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung

Vermessungsamt

Neuer Geschäftsbereich Vermessung

Straßenbauamt

Neuer Geschäftsbereich Straßenbau

Landwirtschaftsamt

Neuer Geschäftsbereich Landwirtschaft

Flurneuordnungsamt

Neuer Geschäftsbereich Flurneuordnung und Landentwicklung

Forstämter

Neues Dezernat Wald und Forstwirtschaft

 

 

Die Zahl der Landkreismitarbeiter ist durch die Eingliederung der Sonderbehörden im Zuge der beiden Reformen von ca. 900 Bediensteten auf rund 1.600 Bedienstete angestiegen.

 

Durch das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verwaltungsstruktur-Weiterentwicklungsgesetz (VRWG) wurden Korrekturen vorgenommen. So gingen die seit 1. Januar 2005 von den Landratsämtern als untere Schulaufsichtsbehörden wahrgenommenen Aufgaben einschließlich der schulpsychologischen Beratungsstellen wieder auf die staatlichen Schulämter als untere Sonderbehörden über. Für den Ostalbkreis wurde das staatliche Schulamt mit Sitz in Göppingen zuständig. Im Bereich der Flurneuordnungsverwaltung wurden die bei den Landratsämtern angesiedelten Grundteams aufgelöst und ihr Personal einer sog. „gemeinsamen Dienststelle“ mit dem Landkreis Heidenheim zugewiesen.

 

 

Erbringung der Effizienzrendite

 

Im Rahmen des SoBEG und des VRG hat das Land den Stadt- und Landkreisen über den kommunalen Finanzausgleich die erforderlichen Finanzmittel zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung gestellt. Neben den organisatorischen Änderungen hatten die VRG-Bereiche insgesamt eine Effizienzrendite von 20% zu erbringen. Ansatzpunkte für die Erbringung der Effizienzrendite waren die Personalkosten, die sächlichen Verwaltungskosten ein-schließlich der IT-Kosten sowie die Ausgaben für Miete und Bewirtschaftung der genutzten Gebäude.

 

Grundlage für die Ermittlung der Personalkosten bei den Beamten sowie den Ange-stellten und Arbeitern waren Durchschnittsbeträge je Laufbahn/Vergütungsgruppe zum Stand 1. April 2003. Die sonstigen Personalkosten sowie die sächlichen Verwaltungs-kosten einschließlich der Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnik wurden nach den Ansätzen im Landeshaushalt 2003 für die jeweiligen Bereiche fest-gelegt und nach der Zahl der Personalstellen auf die Kreise verteilt. Die Kosten für Miete und Bewirtschaftung wurden mit den tatsächlichen Kosten des Landes zum Zeitpunkt der Eingliederung angesetzt, bei landeseigenen Gebäuden wurde ein fiktiver Mietwert berücksichtigt.

 

Es blieb jedoch jedem Landkreis überlassen, durch personelle und organisatorische Maßnahmen seine eigenen Effizienzrendite-Ziele individuell zu erreichen. Beim Landratsamt Ostalbkreis wurde die angestrebte Effizienzrendite von 20 % deutlich überschritten. So konnte im Zeitraum der Kalenderjahre 2005 bis 2011 ein positiver Saldo aus Ausgaben und Erstattungen in Höhe von 2.943.527,36 Euro erwirtschaftet werden

 

 

Zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen:

 

In der Zwischenzeit sind bei den auf Grund der beiden Reformgesetze eingegliederten Bereichen landesweit deutliche Veränderungen hinsichtlich der zu erfüllenden Aufgaben eingetreten. Dies zeigt sich insbesondere durch eine erhebliche Erhöhung der Fallzahlen, gestiegene rechtliche Anforderungen an die Verwaltungsverfahren sowie neue Aufgaben, ausgelöst vor allem durch das EU-, Bundes- und Landesrecht. Diese erhöhten An-forderungen erfordern zwingend, durch eine Anpassung der Personalkapazitäten die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auch künftig zu sichern.

 

 

Erfassung der Mehr- und Minderaufwände durch den Landkreistag und den Städtetag Baden-Württemberg

 

Aus den genannten Gründen hat das Land Baden-Württemberg mit dem Landkreistag und dem Städtetag im Jahr 2016 vereinbart, alle Mehr- und Minderaufwendungen der unteren Verwaltungsbehörden zu erfassen und zu bewerten, die in den durch das SoBEG und das VRG übertragenen Aufgabenfeldern seit dem Jahr 2005 zu verzeichnen sind. Hierfür wurde ein sog. „Faktenfindungs- und Bewertungsprozess“ in Gang gesetzt, der landesseitig vom Ministerium für Finanzen koordiniert und vom Staatsministerium begleitet wurde.

 

Im Rahmen dieses Faktenfindungs- und Bewertungsprozesses haben die jeweils zuständigen Fachministerien mit dem Landkreistag und dem Städtetag für die einzelnen Bereiche Erhebungsbögen entwickelt, die von den Landratsämtern auszufüllen waren. Anschließend wurden die Rückmeldungen einer gemeinsamen Bewertung durch das Land und die kommunalen Landesverbände unterzogen. Die Rückmeldungen der Landkreise erfolgten im Juli 2016. Das Ergebnis bestätigte je nach Bereich teilweise deutliche Mehr-bedarfe, wobei auch festzustellen war, dass sich die Verhältnisse in den Landkreisen zum Teil deutlich unterscheiden.

 

Die Auswertung für das Landratsamt Ostalbkreis ergab, dass insbesondere bei folgenden Bereichen mittlerweile eine deutliche Aufgabenzunahme eingetreten ist (siehe Anlage 1):

 

  • Untere Landwirtschaftsbehörde (insbesondere für die Bearbeitung gemeinsamer Antrag, kommunale Beihilfen und Vor-Ort-Kontrollen (InVeKos) inkl. Cross Com-pliance)

 

  • Untere Forstbehörde (insbesondere auf Grund zusätzlicher Zertifizierungsanford-erungen des Staatsforstbetriebs nach FSC - Doppelzertifizierung FSC+PEFC, Deutliche Zunahme des Aufwands für die Durchführung und Dokumentation von Verkehrssicherungsmaßnahmen im Wald durch erhöhte Vorsorgestandards (Kontrolle, Warnung, Gefahrenbeseitigung, Berücksichtigung Artenschutz, Unter-suchungen und Vorbereitungen für Windkraftnutzung auf landeseigenen Flächen)

 

  • Untere Trinkwasserbehörde (Novellierung der Trinkwasserwasserverordnung -Ausweitung des Untersuchungsumfangs bei bisherigen Kleinanlagen, neu hinzu-gekommene Untersuchungspflicht auf Legionellen für Betreiber von Großanlagen zur Warmwasserversorgung, Mehraufwand durch Probenahmepläne, Ausweitung der Berichtspflichten und Datenübermittlungspflichten)

 

  • Unteres Gesundheitsbehörde (Neukonzeption Einschulungsuntersuchungen (ESU), Behindertenrechtskonvention)

 

  • Untere Veterinärbehörde (insbesondere BHV1-Sanierung ab 2000, Impfungen, Untersuchungen, Beihilfeanträge, Änderungen Art. 10 Status, laufende Daten-erfassung, Überwachung, Berichtspflicht, sukzessive Erweiterung der HIT-Daten-bank)

 

  • Untere Lebensmittelüberwachungsbehörde (insbesondere Ausweitung risiko-orientierter Betriebskontrollen, Risikobeurteilung der Betriebe, Überwachung HACCP Konzept, Überwachung, dass Registrierung nach Art. 6 der VO 852/2004 und Zu-lassung nach der VO 853/2004 (+ Sprossenbetriebe) erfolgt, Gebührenerhebung bei Rückrufen und Beanstandungen).

 

 

Leistungen des Landes zur Deckung des Mehraufwands und Auswirkungen auf den Ostalbkreis:

 

Der Landtag hat am 10. Februar 2017 das Haushaltsbegleitgesetz 2017 beschlossen. Dieses sieht im Ergebnis unter anderem vor, zur Abgeltung der festgestellten Mehraufwendungen aller von den Landratsämtern und Stadtkreisen im Rahmen des SoBEG und VRG als unteren staatlichen Verwaltungsbehörden wahrgenommenen Aufgaben ab dem Jahr 2017 die Zuweisungen nach § 11 Absatz 5 Finanzausgleichgesetz (FAG) um 20 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen. Der Erhöhungsbetrag wird entsprechend der Personalkostenentwicklung dynamisiert. Zusätzlich werden zur Abgeltung der Ausgleichspflicht des Landes für die Gesundheitskonferenzen nach dem Landesgesundheitsgesetz die Zuweisungen nach § 11 Absatz 5 FAG ab dem Jahr 2017 um weitere 2 Millionen Euro erhöht. Beim Haushaltserlass für 2017 ist dieser Betrag bereits berücksichtigt und damit über das „grüne Deckblatt“ im Haushalt 2017 enthalten.

 

Des Weiteren werden die Zuweisungen nach § 11 Absatz 4 FAG für die mit dem SoBEG übertragenen Aufgaben entgegen der bisherigen Regelung ab dem Jahr 2017 wie die Zuweisungen für die mit dem VRG übertragenen Aufgaben entsprechend der Personalkostenentwicklung dynamisiert. Mit dem vereinbarten Ausgleich sind alle Aufwandsveränderungen für die Vergangenheit abgegolten. Weitere Anpassungen der Landeszuweisungen erfolgen in den nächsten 10 Jahren nur für den Fall von Aufgaben- und Organisationsänderungen, nicht jedoch für Mehr-/Minderaufwände im Rahmen der Erledigung bestehender Aufgaben. Anpassungen wegen Veränderungen bei der Refinanzierung der bestehenden Aufgaben bleiben aber weiterhin möglich.

 

Vom landesweiten Erhöhungsbetrag (s.o.) entfallen ca. 953.600 € auf den Ostalbkreis. Das Landratsamt Ostalbkreis erhält damit im Jahr 2017 Zuweisungen nach § 11 Abs. 4 und 5 FAG für die im Rahmen von SoBEG und VRG übergegangenen Aufgaben in Höhe von insgesamt 16.103.200 € (vgl. „grünes Deckblatt“ zum Haushalt 2017).

 

 

Aktuelle Situation im Ostalbkreis:

 

Im Bereich der Veterinärwesen- und Lebensmittelüberwachungsbehörde ist seit 2005 ein erheblicher Zuwachs an gesetzlichen Vorgaben und an Pflichtaufgaben entstanden. Die zunehmende Stärkung des Verbraucherschutzes mit umfassenden Veränderungen im Lebensmittelrecht sowie die immense Veränderung der Bedeutung des Tierschutzes, dem Verfassungsrang eingeräumt wurde, haben die Anforderungen an die Überwachungsbehörden deutlich erhöht. Im Rahmen des Faktenfindungsprozesses wurde landesweit ein Mehrbedarf von 200 Amtstierarztstellen, 70 Stellen im gehobenen Dienst und 170 Stellen im mittleren Dienst festgestellt.

 

Die Besonderheit im Ostalbkreis liegt darin, dass über alle Aufgabenbereiche im Veterinärwesen- und Lebensmittelüberwachungsbereich hinweg überdurchschnittliche Betriebs- und Kennzahlen gegeben sind. So liegt die Anzahl der Nutztiere, vor allem im Bereich Rind und Schwein deutlich über dem Durchschnitt anderer Landkreise. Darüber hinaus verfügt der Ostalbkreis über ein ungewöhnlich dichtes Netz an handwerklichen Lebensmittelbetrieben, wie Metzgereien, Bäckereien aber auch Gaststätten und weiteren überwachungspflichtigen Betrieben. Mit besonderem Aufwand schlagen auch die selbstschlachtenden Metzgereien zu Buche, deren Zahl im Ostalbkreis so hoch ist, wie in keinem anderen Landkreis Baden-Württembergs. Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Ostalbkreis auch zahlreiche sog. Global Player angesiedelt sind, die einer entsprechenden Überwachung unterliegen und mit ihrem Bedarf an Gesundheitszertifikaten für weltweite Exporte von Produkten zeitweise Mitarbeiter vollständig binden.

 

 

Weiteres Vorgehen beim Landratsamt Ostalbkreis:

 

Da sich der Mehrbedarf im Geschäftsbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung als besonders prekär darstellt, ist hier geplant, zeitnah in einem ersten Schritt 2 Stellen zu besetzen. Vorgesehen ist hierbei eine Stelle im gehobenen Verwaltungsdienst sowie eine Stelle als Veterinärhygienekontrolleur/in. Je nach Erforderlichkeit und unabdingbarer Notwendigkeit sind im Vorgriff auf den Stellenplan 2018 gegebenenfalls weitere Stellen zu schaffen, um die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

s.o.

 

 


Anlagen

 

Auswertung Mehraufwand in den SoBEG-/VRG-Bereichen seit 2005 (Bestandsaufnahme Juli 2016).

 

 

Sichtvermerke

 

Personal und Organisation

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Erhardt

 

 

Dezernat I

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Wolf

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Auswertung Mehraufwand vom 2. Juli 2016 (21 KB)