Bürgerinformationssystem

Vorlage - 200/2016  

 
 
Betreff: Vorstellung der Kontaktstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
07.12.2016 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

 


Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Seit die Bundesregierung im Jahr 2010 nach gravierenden Missbrauchsfällen einen Runden Tisch zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch eingerichtet hat, ist in diesem sensiblen Bereich Einiges erreicht worden. Es gibt zur Aufarbeitung einen unabhängigen Bundesbeauftragten sowie eine bundesweite Hotline für von Missbrauch Betroffene. Es wurden wichtige Gesetzesänderungen zum Opferschutz und zur Qualitätssicherung im Kinderschutz umgesetzt. Ferner wurde ein Betroffenenrat eingerichtet und wissenschaftliche Begleitforschung angestoßen und finanziert. Zudem sind präventive Projekte für Schulen und Sportvereine in Gang gesetzt worden. Es wurden Hilfsfonds für Opfer von sexueller Gewalt und für betroffene Heimkinder eingerichtet. Allein zu einer flächendeckenden Finanzierung von Fachberatungsstellen ist es bislang nicht gekommen.

Durch die Arbeit des Runden Tisches ist das Thema sexuelle Gewalt zu Recht in der Mitte der Gesellschaft angekommen und nicht länger das Tabuthema, das es noch zu Beginn der 90er Jahre und Anfang 2000 war. Ziel ist es, den umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen gesetzlich zu verankern und durch präventive Bemühungen in Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe potentiellen Tätern den Zugang zu Kindern zu erschweren.

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass in Deutschland ca. 1 Million Kinder von sexueller Gewalt betroffen sind. Nimmt man den Anteil an Schülerinnen und Schülern unter der Zahl der vermuteten Opfer kommt man auf ca. 1-2 Kinder pro Schulklasse. Sexueller Missbrauch kann in der Familie, im Bekanntenkreis, in Schulen, in Vereinen, in Heimen und auf Freizeiten geschehen. Sexualisierte Gewalt gibt es überall in Deutschland, in allen Schichten und allen Altersstufen, in Städten wie auf dem Land. Der Ostalbkreis ist keine Ausnahme.

 

Seit 2010 ist die Zahl der Anzeigen gegen die sexuelle Selbstbestimmung bundesweit nahezu gleich geblieben. 2015 gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik in Deutschland 11.808 Anzeigen wegen Kindesmissbrauchs, 1.103 Anzeigen wegen des Missbrauchs an Jugendlichen und 416 Anzeigen wegen des Missbrauchs von minderjährigen Schutzbefohlenen.

Im Ostalbkreis gab es im Jahr 2015 161 Anzeigen gegen die sexuelle Selbstbestimmung, davon zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen insgesamt 75 Fälle. Diese gliedern sich in:

 

  • 43 Fälle sexueller Missbrauch an Kindern
  • 21 Fälle mit exhibitionistischen Handlungen
  • 3 Fälle zum Nachteil von Jugendlichen
  • 8 Fälle zum Nachteil widerstandsunfähiger Person

 

Da der physische und psychische Druck der Täter hoch ist und Opfer aus Angst und Scham schweigen, ist mit der Zahl der Anzeigen noch wenig über das tatsächliche Ausmaß gesagt. Auf einen angezeigten Fall gibt es vermutlich 15-20 nicht angezeigte Fälle, d.h. wir gehen statistisch von ca. 1.125-1.500 Kindern und Jugendlichen im Ostalbkreis aus.

 

 

 

 

II. Aufgaben der Kontaktstelle

 

Seit 1996 ist die Kontaktstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen mit 0,5 Fachkraftanteilen ausgestattet. 2005 wurde die Kontaktstelle an die Erziehungs- und Familienberatungsstelle des Landratsamtes Ostalbkreis angegliedert.

Die Kontaktstelle versteht sich als niedrigschwelliges Beratungsangebot für alle Kinder und Jugendlichen bis 21 Jahre und deren Angehörige bei Verdacht oder Aufdeckung von sexuellem Missbrauch. Des Weiteren sollen pädagogische und therapeutische Fachkräfte kompetente Ansprechpartner für ihre Fragen zu individuellen Fällen haben. Das Fallaufkommen an der Kontaktstelle ist in den letzten drei Jahren nahezu unverändert geblieben. Pro Jahr werden ca. 50-60 Fälle an der Kontaktstelle beraten; hierin sind die vielen telefonischen (oft auch anonymen) Anfragen nicht eingerechnet. Immer wichtiger für Jugendliche wird dabei der Zugang über das Internet. Datenschutzgründe stehen einem Ausbau der Beratung über das Internet jedoch entgegen.

 

Erschreckend ist der Zuwachs an sexuellen Übergriffen unter Kindern und das Ausmaß der damit verbundenen Gewaltformen. Ein Grund könnte in dem ungehinderten Zugang von Kindern zu nicht altersgerechten Medien wie dem Internet liegen. Die Beratungen umfassen die Begleitung von pädagogischen Fachkräften beim Umgang mit sexuellen Übergriffen unter Kindern im Kindergarten/Schule bis zur Begleitung traumatisierter Jugendlicher nach mehrjährigem schwerem sexuellem Missbrauch durch einen nahen Familienangehörigen. Es gibt Fälle, bei denen wenige Kontakte ausreichen, um Hilfen im eigenen sozialen Umfeld oder Unterstützung außerhalb der Beratungsstelle wie Jugendhilfe, Therapie, Rechtsberatung vor einer Anzeige, Weißer Ring oder Polizei zu organisieren. Einige Fälle erfordern eine kontinuierliche Begleitung über einen längeren Zeitraum.

 

 

Die Fachberatungsstelle ist ein wichtiger Knoten im Hilfenetz des Ostalbkreises geworden. Hierzu dient auch der halbjährliche Austausch im Arbeitskreis gegen sexuelle Gewalt. Bedarf wird weiterhin im präventiven und therapeutischen Bereich gesehen, um die guten Anregungen von der Bundesebene gut auf regionaler Ebene umsetzen zu können.

 

Unter Mitwirkung der Kontaktstelle sind in den vergangenen Jahren viele präventive Projekte an Schulen und in Kindergärten, sowie Fortbildungen für Pädagogen und andere Berufsgruppen durchgeführt worden. Im Bereich Prävention ist ein Schwerpunkt das Schulprojekt „Mut zur Stärke“, das im 18. Jahr seiner Durchführung mittlerweile über 15.000 Schüler und Schülerinnen, sowie deren Eltern und Lehrkräfte im Ostalbkreis erreicht hat. Durch einen zunehmenden Mangel an kompetenten Honorarfachkräften, die das Projekt an den Schulen durchführen, werden in nächster Zeit grundlegende Änderungen am Projekt erforderlich. Es wird beabsichtigt - wie vom Bundesbeauftragten initiiert (www.schule-gegen-gewalt.de) - Schulen als ganzes System fortzubilden und die aufwändige Projektarbeit mit einzelnen Klassen einzuschränken.

 

In der Jugendhilfeausschuss-Sitzung wird die Leiterin der landkreiseigenen Erziehungs- und Familienberatungsstelle, Frau Hark-Thome, die Aufgabenfelder und die Inanspruchnahme der Kontaktstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen der letzten drei Jahre anhand von Fallbeispielen und Fallzahlen vorstellen. Ferner werden die Änderungen im präventiven Bereich und die Arbeit des SMET Teams präsentiert.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Kontaktstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen ist mit 0,5 Fachkraftanteilen (Frau Astrid Hark-Thomé (Psychologin) und Herr Roland Predan (Sozialpädagoge)) bei der landkreiseigenen Erziehungs- und Familienberatungsstelle angegliedert. Die Personalkosten für die Kontaktstelle betragen im Jahr 2016 ca.

36.400 €.

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiterin

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Funk

 

 

Dezernat V

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel