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Vorlage - 179/2016  

 
 
Betreff: Maßnahmen zur Reduzierung der Bilanzverluste der Kliniken des Ostalbkreises
Status:öffentlich  
Federführend:Ostalb-Klinikum   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Kliniken und Gesundheit Kenntnisnahme
25.10.2016 
Sitzung des Ausschusses für Kliniken und Gesundheit zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Der Ausschuss für Kliniken und Gesundheit nimmt den Bericht zur Reduzierung der Bilanzverluste der Kliniken des Ostalbkreises zur Kenntnis.

 


Sachverhalt/Begründung

 

 

  1. Klinikkonzept 2020

 

Unter Bezug auf das Memorandum Klinikstruktur 2020 aus dem April 2016 konnten wir in der Sitzung des Ausschusses für Kliniken und Gesundheit am 31. Mai 2016 Erläuterungen zu den von uns erwarteten positiven Auswirkungen auf die zukünftigen Jahresergebnisse durch Synergien geben. Die Punkte waren unter anderem Standardisierung im Bereich Sachkosten und Prozesse, ein verbessertes strukturelles Angebot sowie die Optimierungen von Erlösen. Alleine diese Themensammlung lässt hohes Verbesserungspotenzial erwarten.

 

In der nachstehenden Abbildung wurde aufgeführt, wie wir die finanzielle Entwicklung von 2016 bis 2020 prognostizieren und welche Entwicklung eintreten würde, wenn das Projekt Klinikstruktur 2020 nicht umgesetzt werden würde.

 

 

Bei dieser Gelegenheit haben wir auch erläutert, dass wir durch die Zusammenführung der 3 Kliniken unter ein Dach mit Bündelung von Kompetenzen sowie Ausfallkonzeption innerhalb des Gesamtunternehmens in der Lage sein werden, zusätzliche Kosten zu vermeiden.

 

In der folgenden Abbildung konnten wir diese Vermeidung von zusätzlichen Kosten erläutern und darstellen:

 

 

Ohne die Verbundstruktur hätten alle drei Eigenbetriebe unvermeidbar in Summe weitere 400.000 Euro jährlich an Kosten in den nächsten beiden Jahren schultern müssen.

 

In einer Präzisierung der Aussagen des Memorandums (nachfolgende Abb.) haben wir in der Sitzung am 31. Mai 2016 unser Potenzial zur Ergebnisverbesserung auf 5 Mio. Euro beziffert und erläutert. Diese Zahlen konnten wir bereits aus den bestehenden Überlegungen valide schätzen.

 

  1. Krankenhausfinanzierung Bund und Land Baden-Württemberg

 

Leider spüren wir seit einigen Monaten die harte Wirkung der veränderten Rahmenbedingungen durch den Bundesgesetzgeber. Die politisch gewollte Reduzierung der Kapazitäten stationärer medizinischer Angebote soll durch verengte finanzielle Spielräume initiiert werden. Bezogen auf die gesamte Krankenhauslandschaft wird sich dies im Jahr 2017 und 2018 auch real ergeben. Dies zeigen heute schon die Veröffentlichungen der Deutschen und Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft. Hinzukommt, dass die Kliniken in Baden-Württemberg noch eine zusätzlich Verschärfung der Rahmenbedingungen erfahren, in dem der Landesbasisfallwert 2016 sich negativ entwickelt hat und weit unter der Planung und Prognose aus 2015 ist.

 

Die BWKG hat zurecht über ein wissenschaftliches Gutachten versucht, die Politik davon zu überzeugen, dass in die Berechnung des Landesbasisfallwertes landesspezifische Tatsachen des Landes Baden-Württemberg stärker einbezogen werden müssen. So wurde in den Ausführungen des Gutachtens und der Begründung der BWKG z. B. auch dargestellt, dass das allgemeine Lohnniveau in Baden-Württemberg nicht adäquat bei der Findung des Landesbasisfallwerts abgebildet ist und schon gar nicht die im Grundsatz positive Personalkostenentwicklung im Klinikbereich.

 

Hier die wesentlichen Aussagen des Gutachtens graphisch aufbereitet (aus Mitteilung BWKG):

 

 

  Kosten je Fall bzw. ja CMP:

 

 

Die Situation ist aber die, dass all diese landesweiten Bemühungen leider keinen Erfolg hatten. Der Bundesgesetzgeber wird für Baden-Württemberg keine Sonderregelung schaffen.

 

 

  1. Entwicklungen im Ostalbkreis 2016

 

Die schlechte Entwicklung des Landesbasisfallwertes Baden-Württemberg ist maßgeblich für die sich vergrößernden Verluste der Kliniken. Zusätzlich muss aber auch dargestellt werden, welche spezifischen inhaltlichen Ereignisse unsere finanzielle Abwärtsbewegung in den letzten Monaten verschärft haben, sodass die Öffnung der Erlös-Kosten-Schere nicht wie in der Vergangenheit durch positive Entwicklungen zu den Kreiskliniken aufgefangen werden konnten:

-          Rückgang chirurgisch stationärer Leistungen infolge der Verunsicherung der Bevölkerung durch einschlägige Veröffentlichungen der Krankenkassen, obwohl die Problematik im Ostalbkreis nie bestanden hat (vgl. Studie Regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung, Bertelsmann Stiftung). Dies betrifft insbesondere die Bereiche Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie an allen bzw. den betreffenden Standorten. Auch die Zertifizierungen zum Endoprothetikzentrum an den Standorten Aalen und Mutlangen konnte diesen Effekt nicht kompensieren.

 

-          Rückgang insb. der stationären chirurgischen Leistungen zugunsten von ambulanten Operationen. Dies betrifft primär die Allgemeinchirurgie an allen Standorten. Die Ambulantisierung viele dieser Leistungen ist medizinisch-inhaltlich richtig. Deshalb werden sich die drei Krankenhäuser nicht verschließen und entsprechende Anpassungen vornehmen.

 

-          Abwertung des DRG-Preises insb. in der Stauferklinik (sog. Katalogeffekt) im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie. Dies hat zur Folge, dass bei gleicher Leistung wie im Vorjahr weniger Erlös erzielt werden kann.

 

-          In der akuten Schlaganfallversorgung hat sich im Jahr 2016 die Behandlungsleitlinie geändert. Aufgrund großer wissenschaftlicher Studien konnte nachgewiesen werden, dass bei ca. 8 % der akuten Schlaganfallfälle die sofortige Behandlung durch interventionelle Neuroradiologie (Thrombektomie) deutlich vorteilhaft ist. Hierbei wird der Thrombus durch Kathetertechnik herausgeholt. Dies führt zu wesentlich besserem Outcome, geringerer Mortalitätsrate oder höherer zu erwartender Lebensqualität bei den überlebenden Patienten. Am Ostalb-Klinikum Aalen hatten wir im Jahr 2015 ca. 800 akute Schlaganfälle.

 

Wir werden bis Ende des Jahres 2016 50 Fälle (mit 100 Casemixpunkten) nicht mehr in der Behandlung haben, da wir sie entsprechend der Leitlinie nach der Diagnostik in der Notaufnahme im Rettungswagen mit ärztlicher Begleitung in die Zentren Ulm oder Stuttgart verlegen mussten. Bislang ist es nur hier möglich, diese Patienten mit der neuen Therapie durch interventionelle Technik zu behandeln. Es ist deshalb unser unternehmerisches Ziel, in absehbarer Zeit für die Region am Regionalen Schlaganfallzentrum Ostalb-Klinikum auch diese hochspezialisierte interventionelle Behandlung aufzubauen und anzubieten. Für die aktuelle wirtschaftliche Betrachtung fehlen hier jedoch allein ca. 330.000 Euro 2016, obwohl der Patient von uns in der Notaufnahme versorgt und diagnostiziert wurde. Mit den Kooperationspartnern stehen wir im Gespräch, da medizinisch eine Verbringung, also Rückverlegung am gleichen Tag, im Regelfall möglich wäre und eine heimatnahe Versorgung in gleicher Qualität für die Patienten böte.

 

-          Der Einzugsbereich der Stauferklinik steht unter großem Wettbewerbsdruck, insbesondere aus dem Nachbarlandkreis Rems-Murr. Nachdem  die Zentralisierungsstrategie im Rems-Murr zunächst die Leistungsfähigkeit geschwächt hat, zeigen sich nun erste Erfolge und die Patienten verlassen seltener ihren Kreis.

 

Die oben genannten Punkte sind keine ausschließliche Aufzählung, sondern stellen lediglich die wesentlichen Punkte dar.


  1. Finanzsituation 2016

 

In der Sitzung des Ausschusses für Kliniken und Gesundheit am 27. September mussten wir mitteilen, dass die finanzielle Entwicklung einen weiteren Abwärtstrend aufweist, so dass bereits Ende August ein Verlust in den 3 Kliniken aufsummiert von 5,2 Mio. Euro aufgelaufen ist:

 

Unabhängig und zusätzlich zu den Betrachtungen der sich aus dem neuen Unternehmensverbund ergebenen Verbesserungen in den nächsten Jahren, mussten wir in 2016 die „Notbremse“ ziehen und Sofortmaßahmen einleiten. Dies ist an allen drei Kliniken geschehen. Hier ist zu nennen:

 

-          Abbau Resturlaub

-          Abbau Überstunden

-          Ausfallkonzepte um Erlösausfälle kurzfristig zu verhindern. Zum Beispiel werden spezialisiert ausgebildete Krankenschwestern der Neonatologie aus Aalen für einige Zeit an die Stauferklinik abgeordnet. Fachärzte für Anästhesie aus Schwäbisch Gmünd helfen für einige Zeit im Zentral-OP des Ostalb-Klinikums aus.

-          Kurzfristig mögliche Kostenreduzierung bei Sachmitteln, z. B. Verhandlung mit dem Blutspendedienst, Preisrabattierung bei Frischblut (Gesamtsumme jährlich ca. 30.000 €)

-          Schließung Hallenbad an der St. Anna-Virngrund-Klinik zum 30. Dezember 2016

 

Es könnten noch weitere Beispiele aufgezählt werden, die aber teilweise kleinere Einsparsummen darstellen oder die erst in den letzten Wochen des Jahres wirksam werden. In Summe wird es aber durch diese Sofortmaßnahmen möglich sein, die begonnene und sichtbare Abwärtsbewegung der finanziellen Situation im 4. Quartal zu stoppen, bzw. zu verlangsamen.


  1. Fusion und Sanierung im Blick

 

5.1     Verstärkte medizinische Kooperation und Schwerpunktbildung innerhalb der Fachdisziplinen zwischen den drei Kliniken umgesetzt und in Vorbereitung

 

Im September und Anfang Oktober konnten bereits gute Ansätze in Gesprächen zwischen den Chefärzten der Fachdisziplinen erarbeitet werden. Beispielhaft sind hier die Bereiche Kardiologie, Frauenheilkunde und Allgemein- bzw. Viszeralchirurgie zu nennen. Dies findet bis Ende 2016 Fortsetzung und wird alle Fachbereiche umfassen.

 

Auch im Bereich der Pflege und der Funktionsbereiche finden verstärkt kollegiale Austauschgespräche statt. Es wird eruiert, wie die wichtige Funktion der professionellen Pflege trotz des Fachkräftemangels und des begrenzten finanziellen Spielraums zukunftsfähig gestaltet werden kann.

 

In den administrativen Bereichen werden bereits Projekte bearbeitet, die sicherstellen, dass ein gutes Verhältnis zwischen Zentralisierung und damit Effizienzsteigerung und dezentraler Nähe aufgebaut wird.

 

Die drei Laborleitungen wurden bereits tätig und haben mit Analysen über die notwendige vor-Ort-Präsenz und die Möglichkeit, Spezialdiagnostik zu zentralisieren oder an gemeinsamen externen Partner zu vergeben, begonnen. Auch hier werden noch umfangreiche Analysen und Berechnungen in 2016 erfolgen, sodass 2017 eine Projektumsetzung möglich ist.

 

5.2       Nächste Schritte und Ausblick

 

Weiterhin im Fokus und in hoher Priorität bleiben die bedeutenden finanziellen Synergien aus der neuen Verbundlösung. Diese sind rasch zu definieren, zu kalkulieren und im Sinne einer optimalen Qualität für die Patienten zu organisieren.

 

Aufgrund unserer inzwischen weiter entwickelten Analysen, Mitarbeitergespräche und Erkenntnis können wir heute das in der Sitzung am 12. Juli 2016 ermittelte Potenzial von 5 Mio. Euro um 1,5 Mio. Euro ergänzen, so dass wir davon ausgehen, dass wir in dem Prozess 2017 bis 2020 6,5 Mio. Euro Ergebnisverbesserung realisieren können.

 

Dieses zusätzliche Potenzial ergibt sich nicht aus Reduzierung von Arbeitsplätzen (Verdichtung der Arbeitsprozesse), sondern durch Strukturveränderungen in dem patientenferneren Bereich, wie

 

-          Medizintechnik

-          Speisenversorgung

-          Wäscheversorgungssysteme

-          Verbesserung der Erlössituation durch neue bzw. neu strukturierte Behandlungsangebote, wie z. B.

  • Organisation der akuten Schlaganfallbehandlung in Stroke Units im Verbund
  • Stärkung des onkologischen Schwerpunkts in der Stauferklinik und der Gefäßchirurgie
  • Stärkung des Standortes Ellwangen durch Ausbau elektiver Behandlungsleistungen
  • Aufbau neurochirurgischer operativer Leistungen am Ostalb-Klinikum sowie mittelfristig Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten in der Kardiologie bei Herzrhythmusstörungen und Aufbau der Behandlungsmöglichkeit Thrombektomie bei akutem Schlaganfall

 

Trotz der tiefhängenden Wolken mit Sturm und Blitz, um unsere finanzielle Situation bildlich zu beschreiben, sehen wir durch die Beschlusslage und den vorgezeigten Weg, wie im Memorandum 2020 aus April 2016 beschrieben, Licht am Ende des Tunnels mit Blick auf die bevorstehenden Umstrukturierungsmöglichkeiten in den Jahren 2017 bis 2020. Der bestehende Fusionsplan wird vom Groben ins Detail aktuell weiter ausgearbeitet. In 2017 geht es in die Umsetzungsphase, in der dann konzentriert Projekt für Projekt abgearbeitet wird. Die Erfolge werden durch Abarbeitung des bestehenden Planes eintreten. Kurzfristig wirksame Sofortmaßnahmen wurden, ohne in blinden Aktionismus zu verfallen, bereits getroffen.

 

Die Projekte werden mit höchster Dringlichkeit ausgearbeitet und anschließend umgesetzt. Entsprechend der Satzung der AöR werden wir im 1. Halbjahr 2017 den Verwaltungsrat über diese Projektumsetzungen im Detail informieren und entsprechend der Satzungsregelungen zur Zustimmung vorlegen.

 


 

 

 

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Koord. Krankenhausdirektor

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Janischowski

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel