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Vorlage - 112/2016  

 
 
Betreff: Konzept zur beruflichen Integration von Flüchtlingen im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Jobcenter Ostalbkreis Beteiligt:D e z e r n a t V
Beratungsfolge:
Ausschuss für Arbeit und Grundsicherung Kenntnisnahme
28.06.2016 
Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Grundsicherung zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme


Sachverhalt/Begründung

 

Aktuell befinden sich im Ostalbkreis rund 2.000 Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung und in Anschlussunterbringungen.

 

Die Bewohnerzusammensetzung in den Unterkünften gestaltet sich wie folgt:

 

 

Somit sind rund 35 % der Flüchtlinge im Ostalbkreis aus Herkunftsländern mit hoher Bleibeperspektive (Iran, Irak, Syrien und Eritrea). Der überwiegende Teil von Flüchtlingen stammt aus Ländern, bei denen eine Ablehnung des Asylverfahrens und somit die Abschiebung droht bzw. vorerst eine Duldung erfolgen kann.

 

Nur bei den Flüchtlingen aus den unsicheren Herkunftsländern ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese eine Anerkennung erhalten und ins SGB II überwechseln. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass bei vielen nach Anerkennung ein Umzug geplant ist und diese nicht im Ostalbkreis verbleiben. Die Zahl derer, die im Jobcenter Ostalbkreis zur beruflichen Integration anstehen, ist eher gering (ca. 2 – 3 Neuanträge/Übergänge im Monat). Jedoch ziehen auch anerkannte Flüchtlinge aus anderen Landkreisen in den Ostalbkreis, aktuell verstärkt ins Stadtgebiet Schwäbisch Gmünd. Im März 2016 waren es allein in Schwäbisch Gmünd 17 Neuanträge aus anderen Landkreisen.

 

Zuständigkeiten

 

Die berufliche Integrationsarbeit für Asylbewerber und Geduldete liegt in der Zuständigkeit des Geschäftsbereichs Integration und Versorgung des Landratsamts und der Agentur für Arbeit.

 

Für die Asylberechtigten ist das Jobcenter Ostalbkreis für die berufliche Integration verantwortlich. Derzeit befinden sich ca. 350 Flüchtlinge, die erwerbsfähig sind, in Betreuung. Seit Januar 2016 werden die Flüchtlinge als Zielgruppe im Jobcenter Ostalbkreis geführt und von spezialisierten Integrationsfachkräften betreut. Rund 300 davon befinden sich in der Aktivierung zum Erwerb der Sprache sowie der beruflichen Orientierung. Bei den verbleibenden 50 Personen stehen aktuell Themen wie z. B. Gesundheit und Kindererziehung im Vordergrund.


Zuständigkeiten und Übergänge im Überblick:

 

Erlernen der Sprache als Grundlage für die berufliche Integration

 

Vor der beruflichen Integration steht das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund. Der jeweilige Spracherwerb hängt stark von Vorbildung, Lernfähigkeit und Sprachbegabung des Einzelnen ab. Angestrebtes Ziel ist der Abschluss eines B1 Sprachniveaus. Bis dahin ist die Teilnahme an den Integrationskursen für SGB II-Empfänger kostenlos. Mit B1 ist eine selbständige Sprachanwendung möglich, was bedeutet, dass Hauptpunkte bei einer klaren Standardsprache in Verbindung mit vertrauten Dingen wie z. B. aus der Arbeit verstanden werden. Für eine Ausbildung oder komplexere Qualifikationsmaßnahme ist es oft sogar notwendig ein B2 Niveau zu erreichen. Das geschätzte Qualifikationspotenzial hierbei liegt aktuell bei max. 30 %.

Aktivitäten der Flüchtlinge (Maßnahmen) – Wer macht was?

Die Angebotsstrukturen werden laufend untereinander abgestimmt. Es konnten auch bereits mehrere Maßnahmen konzipiert werden, in denen Teilnehmer aus unterschiedlichen Rechtskreisen gefördert werden.  Rund 90 % der im Jobcenter gemeldeten Flüchtlinge besuchen derzeit die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie die VAB-Klassen an den beruflichen Schulen.

 

Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen benötigt, um die berufliche Integration zu unterstützen. Da die Integrationskurse in Teilzeit am Vormittag oder Nachmittag stattfinden, werden diese teilweise parallel zum Sprachkurs angeboten. Im Einzelnen sind dies:

 

Maßnahmebezeichnung

 

Inhalte

Grundqualifizierung Bau

Förderung der beruflichen Weiterbildung

Sechsmonatige Grundqualifizierung in den verschiedenen Bauberufen mit Vermittlung beruflicher Fachsprachkenntnissen

Aktivierungsmaßnahme über Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein

Berufliche Orientierung mit Praktikumsanteilen beim Arbeitgeber, Kompetenzfeststellungen, Unterstützung bei der Anerkennung von Zeugnissen, Vermittlung von notwendigen berufsbezogenen Sprachkenntnissen.

Maßnahme in Teilzeit parallel zur Sprachkursteilnahme möglich.

ESF-Projekt NIFO der

AJO e.V.

Einzelfallbetreuung mit aufsuchenden Ansätzen, Berufsorientierung, Unterstützung bei komplexeren vermittlungsrelevanten Problemlagen.

Dolmetscher werden bei Bedarf bereitgestellt.

Maßnahmen bei Arbeitgeber

(MAG)

Gezielte Praktika zur Eignungsfeststellung und Kenntnisvermittlung bei Arbeitgebern mit Hinblick auf eine mögliche Arbeitsaufnahme oder einem Ausbildungsplatz nach Beendigung des Sprachkurses.

Deutsch für den Beruf

(ESF)

Kostenloser berufsbezogener Sprachkurs mit Praktikumsanteilen sowie die Möglichkeit B2 Niveaus zu erlangen.

 

Potenziale, Hemmnisse und erste Erfolge

 

Schulbildung

 

Etwa 20 % der im Jobcenter gemeldeten Flüchtlinge haben eine Schulbildung von 11 - 14 Jahren und verfügen teilweise über Diplomabschlüsse in den Herkunftsländern.

80 % der Flüchtlinge waren nur wenige Jahre oder nie in einer Schule.

 

Berufliche Tätigkeit in den Herkunftsländern

 

Bei den im Ausland ausgeübten Berufen handelt es sich bei ca. 90 % der Flüchtlinge mit Berufserfahrung um Tätigkeiten im Helferbereich wie Landwirtschaft, Bau, Handwerk und Produktion. Rund 10 % haben in Berufe mit höheren Bildungsabschlüssen wie Juristen, Pädagogen, Ingenieuren gearbeitet.

 

Hemmnisse

 

Natürlich ist die berufliche Integration von Flüchtlingen oft von schwierigen Themen begleitet. So bringt eine Fluchterfahrung auch kleinere und in manchen Fällen sehr große Traumas mit sich, die in Einzelfällen behandlungsbedürftig sind. Viele belastet die Situation der Familien, die noch im Kriegsgebiet leben, sich auf der Flucht befinden oder der Familiennachzug geplant ist. Einige entscheiden sich sehr kurzfristig für einen Umzug, da die Familie in anderen Landkreisen untergebracht wurde oder Großstädte oft anziehender wirken. Die sprachliche Entwicklung ist sehr unterschiedlich und individuell, Analphabetismus ist nicht selten. Auch die kulturellen Hürden können die berufliche Integration hemmen, z. B. Rolle der Frau, Arbeitstugenden in Deutschland etc..

 

Integrationen

 

Durch die intensive Arbeit mit den Flüchtlingen und den Netzwerkpartnern konnten im Jobcenter Ostalbkreis bereits erste Erfolge verbucht werden. 15 Flüchtlinge haben seit Jahresbeginn eine Arbeit aufgenommen und befinden sich auch aktuell weiterhin in Beschäftigung.

 

 

Netzwerke und Zusammenarbeit

 

Ein wichtiger Bestandteil der neuen Zielgruppenarbeit ist der Auf- und Ausbau von notwendigen Netzwerken und die Intensivierung der Zusammenarbeit um die „Informationsflut“ zu bündeln, gemeinsame Strategien zu entwickeln und Doppelstrukturen zu vermeiden.

 

So finden regelmäßig Abstimmungsgespräche auf Leitungsebene sowie zwischen den Fachkräften im Sozialdienst, Integrationsfachkräfte der Agentur für Arbeit und Projektträger statt. Im Übergang SGB III und SGB II wurden Schnittstellen optimiert, Arbeitgeberanfragen werden gemeinsam koordiniert, Praktika Stellen ausgetauscht und gemeinsame Maßnahmen konzipiert.

 

Beispiele gelungener Zusammenarbeit sind:

 

        Gemeinsame Maßnahmeplanungen und auch Maßnahmedurchführung mit der Agentur für Arbeit wie z. B. die aktuell laufende Grundqualifizierung Bau.

        Gemeinsame Besetzung von Praktikum- und Arbeitsstellen z. B. bei RUD-Ketten Aalen und Weleda Schwäbisch Gmünd.

 

        Entwicklung und Einführung eines individuellen Integrationsplanes für Flüchtlinge. Die Ausgabe einer Integrationsmappe und Fortschreibung des Integrationsplanes erfolgt durch den Sozialdienst in den Unterkünften, die Integrationsfachkräfte Flüchtlinge der Agentur für Arbeit sowie des Jobcenters, Mitarbeiter im Projekt Nifo der AJO e.V. und des PFIFF (Projektstelle für Integration und für Flüchtlinge) in Schwäbisch Gmünd. Der Integrationsplan soll die Flüchtlinge im gesamten Integrationsprozess begleiten. Alle Stellen, die Flüchtlinge hierbei unterstützen, können sich dadurch einen Überblick über stattgefundene und zukünftig geplante Aktivitäten verschaffen.

        Regelmäßig findet ein Jour fixe mit der Flüchtlingsstabstelle im PFIFF Schwäbisch Gmünd zu den Themen gesellschaftliche Integration von Flüchtlingen, ergänzende Maßnahmen zur Arbeit des Jobcenters, Wohnen bei z. B. Familiennachzug/Unter-bringung statt.

 

Ausblick und zukünftige Handlungsbedarfe

 

Die bisherigen Erkenntnisse aus den Beratungen der Zielgruppe und die daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe müssen stetig weiterentwickelt werden. Bisher kann noch nicht vorausgesagt werden, wie die geplanten Maßnahmen tatsächlich wirken und wie diese von den Flüchtlingen angenommen werden. Ob die Integrationen dauerhaft bleiben oder weitere Unterstützung notwendig wird, muss beobachtet und zeitnah darauf reagiert werden. Auf Grund der bereits erwähnten Hemmnisse ist es durchaus absehbar, dass das bisherige Beratungsangebot mit spezialisiertem Fallmanagement ausgebaut werden muss. Eine engere Vernetzung mit den Integrationskursträgern wird angestrebt, um Abläufe, Übergänge und Möglichkeiten während der Sprachförderung zu optimieren. Der Ausbau von qualifizierten Kompetenzfeststellungen vor allem in Verbindung mit praktischer Erprobung soll erfolgen.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Dem Jobcenter wurden in 2016 vom Bund zusätzliche Haushaltsmittel für Flüchtlinge in Höhe von 918.735 Euro zugeteilt. Diese Mittel werden für Verwaltungsausgaben und Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung eingesetzt.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsführer

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Koch

 

 

Sozialdezernent

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel