Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung
Der Zuschuss an den Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. wird ab dem Haushaltsjahr 2016 auf jährlich bis zu 35.000 Euro erhöht.
Sachverhalt/Begründung
I. Ausgangssituation und Allgemeines
Erwachsene, die wegen psychischer Krankheit, geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung ganz oder teilweise nicht in der Lage sind, ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Belange selbst zu regeln, benötigen eine Betreuung. In Baden-Württemberg sind die Stadt- und Landkreise örtliche Betreuungsbehörden. Zu den Aufgaben der Betreuungsbehörde gehören die Unterstützung der Betreuungsgerichte, die Beratung und Unterstützung von Betreuerinnen und Betreuern, Netzwerkarbeit sowie das Führen von Betreuungen. Die Betreuungsbehörde für den Ostalbkreis hat ihren Dienstsitz in Schwäbisch Gmünd und nimmt von dort aus ihre Aufgaben für das gesamte Kreisgebiet wahr. Gemäß § 1900 Bürgerliches Gesetzbuch soll die Betreuung durch einen Verein der Betreuung durch eine Behörde vorgezogen werden. Grundsätzlich sollen ehrenamtliche Betreuer bestellt und die Kosten vom Betreuten selbst getragen werden.
II. Betreuungsverein Ostalbkreis e. V.
1. Grundsätzliches
Der Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. wurde 1995 gegründet und hat 1996 seine Arbeit aufgenommen. Gründungsmitglied war auch der Landkreis. Der Betreuungsverein ist für das gesamte Kreisgebiet zuständig. Seine Aufgaben lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Querschnittsaufgaben
-planmäßige Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer -Einführung in die Aufgaben, Fortbildung und Beratung ehrenamtlicher Betreuer -Beratung Bevollmächtigter -planmäßige Information über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen
Gremienarbeit/Öffentlichkeitsarbeit
-Mitarbeit in Gremien wie der Arbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten oder der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft -Vorträge und Informationsveranstaltungen zum Betreuungsrecht -Schulung von Mitarbeitern in Einrichtungen und Organisationen -Erstellung von Informationsmaterial und Arbeitshilfen
Führen von Betreuungen
Der Verein führt auch eigene Betreuungen. Im Jahr 2014 wurden 189 Betreuungen durch hauptamtliche Mitarbeiter des Vereins geführt.
2. Finanzierung des Betreuungsvereins
Der Betreuungsverein finanziert sich in erster Linie aus Betreuungsvergütungen (Mittel der Justizkasse und Vermögen der Betreuten), dem Zuschuss des Landes sowie dem Zuschuss des Landkreises. Hinzu kommen Drittmittel wie Spenden und Mitgliedsbeiträge.
2014 hat der Betreuungsverein mit einem Defizit von 14.799 Euro abgeschlossen. Ausgehend von vergleichbaren Zahlen bei den Betriebseinnahmen und den betrieblichen Ausgaben unter Berücksichtigung der tariflichen und arbeitsvertraglichen Erhöhungen der Personalkosten prognostiziert der Betreuungsverein für das Jahr 2015 einen Verlust in Höhe von 22.995 Euro. Der Betreuungsverein geht davon aus, dass sich diese defizitäre Entwicklung auch im Jahr 2016 fortsetzen wird.
Beim Zuschuss des Landes handelt es sich seit 01.01.2012 um eine leistungsorientierte Förderung. Diese war bislang auf einen maximalen Landeszuschuss in Höhe von 24.600 Euro begrenzt. Aufgrund der landesweit schwierigen Situation der Betreuungsvereine hat das Sozialministerium am 22. Juni 2015 im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift die Landesförderung angepasst und damit die Möglichkeit geschaffen, den Landeszuschuss leistungsabhängig zu erhöhen. Die Förderrichtlinien des Landes gehen davon aus, dass sich die kommunalen Träger an den Querschnittsaufgaben des Betreuungsvereins in gleicher Höhe wie das Land beteiligen. Inwieweit der Betreuungsverein seinen Landeszuschuss wird steigern können, hängt von mehreren Faktoren ab. Zwar sind die Begleitprämie für bestehende ehrenamtliche Betreuungen und die Zusatzförderung für weitere außerfamiliäre Betreuungen bezüglich der berücksichtigungsfähigen Fallzahlen zukünftig nicht mehr begrenzt. Darauf, wie viele Ehrenamtliche der Betreuungsverein tatsächlich akquirieren kann und wie viele davon letztlich von den Betreuungsgerichten als Betreuer eingesetzt werden, hat der Betreuungsverein jedoch nur wenig Einfluss.
Durch seine Beratungstätigkeit und die planmäßige Information über Vorsorgevollmachten leistet der Betreuungsverein einen wichtigen Beitrag zur Betreuungsvermeidung. Darüber hinaus entlastet der Betreuungsverein die örtliche Betreuungsbehörde des Landkreises sowohl durch die Gewinnung von ehrenamtlichen Betreuern als auch durch das Führen von eigenen Betreuungen. Müssten diese Betreuungen vom Ostalbkreis geführt werden, wären hierzu weitere Mitarbeiter erforderlich. Im Gegensatz zum Betreuungsverein hätte die Betreuungsbehörde jedoch weder Anspruch auf Landeszuschüsse noch einen Vergütungsanspruch gegenüber der Justizkasse.
Zwar sieht die Verwaltung vorrangig das Land in der Finanzierungsverantwortung, da eine gut aufgestellte Querschnittsarbeit des Betreuungsvereins vor allem die Justizkasse entlastet. Letztlich handelt es sich jedoch bei der Querschnittsarbeit um eine weisungsfreie Pflichtaufgabe des Landkreises und eine Auflösung der Vereine würde dazu führen, dass bei der Betreuungsbehörde des Landkreises ein erheblicher finanzieller Mehraufwand entsteht.
Bei der angespannten finanziellen Situation des Betreuungsvereins Ostalbkreis e. V. handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Dass diese Problematik landesweit besteht, stellte eine Landtagsanfrage an das Sozialministerium vom 08.07.2015 zur Situation der Betreuungsvereine in Baden-Württemberg dar.
In Gesprächen mit dem Betreuungsverein wurde die Entwicklung der defizitären finanziellen Situation eingehend erörtert. Es wurde deutlich, dass der Verein in den letzten Jahren intensiv daran gearbeitet hat, sich wirtschaftlich gut aufzustellen, so dass der Zuschuss des Landkreises für die Jahre 2010 bis 2013 nicht in Anspruch genommen werden musste.
Grund dafür war die verstärkte Übernahme von eigenen Betreuungen durch den Betreuungsverein.
Mit dem vorhandenen Personal ist nun jedoch eine Grenze erreicht. In diesem Bereich bestehen keine Möglichkeiten mehr, weitere finanzielle Mittel zu erschließen. Zudem sind die Vergütungssätze für die geführten Betreuungen in den letzten zehn Jahren gleichgeblieben, die Personalkosten jedoch stetig gestiegen.
Landesförderung
Auch auf Landesebene wurde auf die landesweit schwierige Situation der Betreuungsvereine reagiert und am 22. Juni 2015 im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift die Landesförderung angepasst. Den Betreuungsvereinen wird damit die Möglichkeit eröffnet, den Landeszuschuss leistungsabhängig zu erhöhen. Die Fördermöglichkeit durch das Land gestaltet sich für den Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. damit wie folgt:
Da die Betreuungsvereine mit ihren hauptberuflichen Mitarbeitern sowie den ehrenamtlichen Betreuern einen Beitrag zur Entlastung der kommunalen Betreuungsbehörden leisten, geht das Land davon aus, dass sich die kommunalen Träger an den Ausgaben der Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine mindestens in gleicher Höhe wie das Land beteiligen.
III. Stellungnahme und Vorschlag der Verwaltung
In dem Bemühen, seine Finanzierung aus eigener Kraft sicherzustellen, hat der Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. in der Vergangenheit der Übernahme von Betreuungen Vorrang gegeben und seine Personalkapazitäten verstärkt in diesem Bereich eingesetzt. Dies war wirtschaftlich gesehen insofern sinnvoll, als Betreuungsvergütungen eine sichere Einnahmequelle darstellen.
Jedoch hat diese Vorgehensweise auch dazu geführt, dass die sogenannten Querschnittsaufgaben, die zur Anerkennung von Betreuungsvereinen und deren Förderung durch das Land Voraussetzung sind, teilweise zu kurz kamen und daher auch die Landesförderung nicht bis zum Maximalbetrag abgerufen werden konnte. Selbst wenn der Betreuungsverein Ostalbkreis e.V. mehr Kapazitäten in die Akquise von neuen ehrenamtlichen Betreuungen investiert hätte, wäre ihm jedoch eine höhere Landesförderung nicht sicher gewesen, da die Betreuungsvereine nur sehr eingeschränkt Einfluss darauf haben, wie viele ehrenamtliche Betreuungen letztlich eingerichtet werden.
Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass eine Unterfinanzierung der Querschnittsarbeit kontraproduktiv ist, da die Betreuungsvereine dann gezwungen sind, sich über die Führung von beruflichen Betreuungen zu finanzieren und dadurch die gesetzlich vorgesehene und den Landkreis entlastende Querschnittsarbeit zu vernachlässigen.
Dem Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. sollte daher durch eine planungssichere Finanzierung die Möglichkeit geben werden, seinen Querschnittsaufgaben in ausreichender Weise nachzukommen. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Landesförderung ausgeschöpft werden kann.
Damit der Betreuungsverein Ostalbkreis e. V. seine Personalkapazitäten verstärkt im Bereich der Querschnittsarbeit einsetzen kann, schlägt die Verwaltung vor, ab dem Haushaltsjahr 2016 einen Personal- und Sachkostenzuschuss zur Finanzierung einer 0,5 Fachkraftstelle für Querschnittsarbeit zu bewilligen. Damit ist die Erwartung verbunden, dass mit Intensivierung der Querschnittsaufgaben eine Erhöhung der Landesförderung eintreten wird. Deshalb sollte der Landkreiszuschuss als Fehlbetragszuschuss gewährt werden, der sich entsprechend reduziert, wenn der Gesamtfinanzierungsbedarf des Betreuungsvereins Ostalbkreis e. V. anderweitig gedeckt werden kann.
Finanzierung und Folgekosten
Durch den Personal- und Sachkostenzuschuss werden jährlich Kosten in Höhe von bis zu 35.000 Euro entstehen.
Anlagen
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Sichtvermerke
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