Bürgerinformationssystem

Vorlage - 166/2015  

 
 
Betreff: Analyse der Zielgruppe 50plus im SGB II
Status:öffentlich  
Federführend:Jobcenter Ostalbkreis   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Arbeit und Grundsicherung Kenntnisnahme
13.10.2015 
Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Grundsicherung zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Auf Antrag des Ausschusses für Arbeit und Grundsicherung wurde die Zielgruppe der über 50-jährigen näher analysiert.

 

Leistungsberechtigte ab 50 Jahren gehören seit Beginn des SGB II im Jahre 2005 zu einer der wichtigsten Zielgruppen in der beruflichen Integrationsarbeit. Als logische Konsequenz daraus hat sich das Jobcenter Ostalbkreis ab 2009 im Rahmen des Bundesprogramms „Perspektive 50plus - Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen“ dem Pakt „Silverstars Pforzheim“ angeschlossen. Diesem Pakt gehören 25 Grundsicherungsstellen in Baden-Württemberg an. Das Bundesprogramm „Perspektive 50plus wurde im Oktober 2005 ins Leben gerufen und ist in allen Bundesländern vertreten. Es verfolgt das Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigungschancen älterer Menschen zu verbessern. Perspektive 50plus ist ein erfolgreiches Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Seit 6 Jahren werden die integrationsfähigen Menschen ab 50 Jahren im Bereich des Jobcenters Ostalbkreis von einem spezialisierten Projektteam mit einem niedrigen Fallzahlenschlüssel von 1:85 betreut. Ältere Langzeitarbeitslose bringen neben Fachwissen, Erfahrung, Flexibilität und Zuverlässigkeit ein hohes Maß an Loyalität und Motivation mit. Werte, die in der heutigen Arbeitswelt unverzichtbar sind. Sie haben jedoch vermehrt mit Vorurteilen zu kämpfen. Durch intensivere Unterstützung mittels einer hohen Kontaktdichte sowie eine intensive Zusammenarbeit mit den Bildungs- und Beschäftigungsträgern konnten jährlich zwischen 100 - 150 ältere Menschen in Arbeit integriert werden.

 

Das Bundesprogramm läuft Ende des Jahres aus und die vielen guten Erkenntnisse mit dieser Zielgruppe werden in das Regelgeschäft übertragen.

 

 

II. Entwicklung der Arbeitslosigkeit 50plus im SGB II

 

Abbildung 1: Entwicklung der Arbeitslosigkeit 50plus nach Rechtskreisen

 

 

In der Entwicklung der Arbeitslosigkeit von über 50-jährigen im Bereich SGB II gibt es seit Beginn 2013 nur geringe Schwankungen. Sie lag, abgesehen von einem kurzen Zeitraum, seit 2012 unter der Arbeitslosigkeit im SGB III. Trotz hoher Dynamik bei den Zu- und Abgängen sowie guten Integrationszahlen kann die Arbeitslosigkeit bei dieser Zielgruppe kaum gesenkt werden.

 

III. Profillagen 50plus

 

Abbildung 2: Profillagenverteilung der über 50-jährigen

 

Der mit 38 % größte Anteil der über 50-jährigen befindet sich in der Profillage G mit wenig oder keinen realistischen Integrationschancen auf dem Arbeitsmarkt. Hierbei handelt es sich überwiegend um Menschen, die gesundheitlich stark beeinträchtigt sind. Diese Gruppe hat in der Regel auch mit intensiver Unterstützung des Jobcenters und der Maßnahmeträger seit mindestens 5 Jahren nicht mehr beruflich Fuß fassen können. Betrachtet man alle SGB II-Empfänger, dann befinden sich nur 15 % in dieser Profillage G. In absoluten Zahlen ausgedrückt, sind von rund 1.000 Hilfeberechtigten in der Profillage G ca. 800 über 50 Jahre alt.

 

Die nächst größte Gruppe wird in der Profillage D betreut. Durch das beschäftigungsorientierte Fallmanagement werden hier gute Chancen gesehen, die Vermittlungshemmnisse abzubauen und innerhalb der nächsten 3 Jahre wieder eine berufliche Eingliederung zu erreichen.

 

Nur bei rund 11 % (Profillagen B und C) der Hilfebedürftigen gibt es eine positive Prognose, sie innerhalb eines Jahres in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.

 

Bemerkenswert ist auch die Gruppe der Integrierten in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. 260 Menschen über 50 Jahren benötigen trotz Arbeit weiter die Unterstützung des Jobcenters. Hierbei handelt es sich häufig um Frauen in Teilzeitbeschäftigungen, die wegen Erziehungszeiten lange nicht im Berufsleben standen.

 

IV. 50plus nach Regionen

 

Abbildung 3: Verteilung 50plus nach Regionen im Ostalbkreis

 

Die über 50-jährigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten verteilen sich analog zu allen Leistungsberechtigten auf die Regionen im Ostalbkreis.

 

V. Struktur der Bedarfsgemeinschaften

 

Abbildung 4: Struktur der Bedarfsgemeinschaften 50plus

 

Von den 2.145 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten über 50 Jahren leben rund 58 % alleine. Betrachtet man alle Altersgruppen, so liegt die Zahl der sogenannten „Single-Bedarfsgemeinschaften“ nur bei 53 %. Im Vergleich leben ältere SGB II-Empfänger also häufiger alleine als Jüngere. Unter den 1.250 Einpersonenhaushalten sind mit 52 % mehr Männer als Frauen.

 

VI. 50plus nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht

 

Abbildung 5: Staatsangehörigkeiten und Geschlecht 50plus

 

Unter den über 50-jährigen sind 23 % Ausländer. Die größte Gruppe unter ihnen sind Migrantinnen und Migranten aus der Türkei, gefolgt von Italien und Griechenland. Bei diesen Menschen sind, trotz teilweise langer Aufenthaltsdauer in Deutschland, meist sprachliche Barrieren das größte Vermittlungshemmnis. Insbesondere ältere Ausländerinnen waren häufig noch nie oder nur in geringfügigen Beschäftigungen in Deutschland beruflich tätig.

 

VII. Vermittlungshemmnisse 50plus

 

Abbildung 6: Vermittlungshemmnisse 50plus

 

Gesundheitliche Einschränkungen sind mit großem Abstand das häufigste Vermittlungshemmnis der über 50-jährigen. Sie gehören oftmals zu den psycho-sozialen Folgen der langen Beschäftigungslosigkeit. Aber auch Erkrankungen des Bewegungsapparats aus langjähriger, körperlich besonders belastender Arbeit, sind nicht selten. Hinzu kommen psychische Erkrankungen, zu denen auch die Suchterkrankungen gehören.

 

Rund ein Viertel der Kunden ab 50 Jahren haben Qualifikationsdefizite. Obwohl sie teilweise viele Jahre im Berufsleben standen, haben sie nur arbeitsplatzbezogene Qualifikationen erworben und/oder die Qualifikationen sind veraltet und somit nicht mehr am Markt verwertbar. Hier gilt es, insbesondere mit der Gruppe bis 58 Jahre, die Motivation herzustellen, sich im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu qualifizieren.

 

Die übrigen Hemmnisse liegen meist zusammen mit Gesundheit und Qualifikation vor.

 

VIII. Integrationen 50plus

 

Für die Analyse wurden die Integrationen von über 50 Jährigen in versicherungspflichtige Beschäftigung von Januar bis Juli 2015 näher betrachtet.

 

Tätigkeiten der über 50-jährigen

 

Von den insgesamt 75 Integrationen erfolgten 60 in Helfertätigkeiten. Darunter fanden 20 im klassischen Produktionshelferbereich eine Arbeit. 13 mündeten in Tätigkeiten im Bereich Küche, Service und Reinigung ein. 8 wurden in die Bereiche Pflege und Hauswirtschaft vermittelt. Die übrigen Helfertätigkeiten sind z.B. kaufmännische Hilfskräfte, Lagerhelfer, Verkaufshelfer, Wachleute. 15 Menschen fanden als Fachkräfte eine Tätigkeit. Diese Gruppe ist sehr heterogen und reicht von kaufmännischen Fachkräften über Pflegeberufe bis hin zu Bauberufen.

 

Geschlecht

 

Unter den 75 Integrierten sind 37 Männer und 38 Frauen. Während von den Männern 33 eine Vollzeitbeschäftigung aufnahmen, waren dies bei den Frauen nur 16. Im Hinblick auf die drohende Altersarmut sind diese Zahlen bedenklich. Es muss weiterhin daran gearbeitet werden, dass besonders Frauen, bei denen die Kinderziehung abgeschlossen ist, Tätigkeiten mit einem höheren Stundenumfang ausüben können.

 

Branchen

 

Unter den Branchen, bei denen über 50-jährige eine Arbeit aufnehmen, sind Zeitarbeitsunternehmen (17 Integrationen), Einzel- und Großhändler (6 Integrationen), Pflegeeinrichtungen (5 Integrationen), Restaurants und Gaststätten (5 Integrationen) sowie Wach- und Sicherheitsdienste (4 Integrationen) die Spitzenreiter. 4 Integrationen erfolgten im Umfeld der Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in Ellwangen. Durch den nach wie vor hohen Personalbedarf in der LEA, werden in den nächsten Monaten noch höhere Integrationszahlen auch für die Personengruppe 50plus erwartet.

 

Betriebsgröße

 

Nur 12 von 75 nahmen Arbeit in Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern auf. Über die Hälfte (38 Personen) fand in Betrieben mit unter 25 Mitarbeitern eine Anstellung.

 

Die Ergebnisse sind unserer Ansicht nach auch auf die Integrationen aus den Vorjahren übertragbar.

 

IX. Gründe für die Hilfebedürftigkeit von 50plus

 

Abbildung 7: Bewilligte Antragstellungen von über 50-jährigen mit Antragsgründen von

Januar 2015 bis Juli 2015

 

Die Spitzenpositionen bei den Gründen für die Hilfebedürftigkeit im SGB II nehmen die Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs (22%), der Zuzug aus dem Ausland oder aus anderen Regionen (20%) und die Notwendigkeit von ergänzenden Leistungen zum Arbeitsentgelt (15%) ein. Nur 12% der über 50-jährigen stellen den Antrag wegen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses.

 

X. Dauer des Leistungsbezugs 50plus

 

Abbildung 8: Dauer des Leistungsbezugs nach Altersgruppen 50plus

 

Das Risiko, eines langen Verbleibs im Leistungsbezug SGB II steigt mit zunehmenden Alter. Sind in der Altersgruppe zwischen 50-54 Jahren noch rund 54% über 37 Monate im Bezug, so steigert sich der Anteil in der Altersgruppe zwischen 55-60 Jahren auf 59% und in der Altersgruppe zwischen 61-65 Jahren sogar auf 62%. Das Jobcenter erwartet für die Zukunft einen Rückgang der Dauer des Leistungsbezuges bei den 61-65-jährigen. Ein unlängst bestätigtes Urteil des Bundessozialgerichtes sieht vor, dass Jobcenter unter bestimmten Bedingungen auch dann Anträge auf vorzeitige Altersrente für SGB II-Leistungsberechtigte stellen dürfen, wenn damit dauerhafte Rentenabschläge verbunden sind.

 

XI. Fazit

 

Aufgrund des demographischen Wandels wird die Altersgruppe 50plus auf Dauer Zielgruppe im Bereich SGB II bleiben. Durch die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre wird es in Zukunft bedeutend wichtiger, Menschen ab 50 Jahren für Qualifizierungen zu gewinnen bzw. deren Qualifikationen durch Arbeitsmöglichkeiten weiter zu entwickeln. Die Erhaltung der Gesundheit ist ebenfalls ein wichtiges Ziel. Bereits in den letzten Jahren wurden deshalb Maßnahmen mit gesundheitsfördernden Inhalten vom Jobcenter eingekauft.


Finanzierung und Folgekosten

 

Das Jobcenter Ostalbkreis erhielt bis 2015 hrliche Sonderzuteilungen für aktive Leistungen aus dem Bescftigungspakt Perspektive 50plus „Silverstars“ in Höhe von 348.000 Euro. Nach Beendigung des Beschäftigungsprojektes des Bundes „Perspektive 50plus“ zum 31.12.2015 werden die Förderungen ab 2016 über den Eingliederungstitel erfolgen.


Anlagen

 

--

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

__________________________________________

 

Koch

 

 

Sozialdezernat

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel