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Vorlage - 143/2015  

 
 
Betreff: Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion zur Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ellwangen
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
28.07.2015 
Sitzung des Kreistags zur Kenntnis genommen   
Anlagen:
Antrag der CDU Kreistagsfraktion zur LEA Ellwangen

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Vor dem Hintergrund des erheblichen Anstiegs der Flüchtlingszahlen im Land und im gesamten Bundesgebiet beschloss das baden-württembergische Integrationsministerium im Oktober 2014 die Errichtung einer weiteren Landeserstaufnahmeeinrichtung im Regierungsbezirk Stuttgart. Mit der Stadt Ellwangen und dem Ostalbkreis verständigte sich das Land auf die befristete Nutzung eines Teils des Geländes der ehemaligen Reinhardt-Kaserne in Ellwangen zur Flüchtlingsunterbringung.

 

Der Gemeinderat Ellwangen stimmte dem Vorhaben der Landesregierung für die Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) am 06.11.2014 zu.

In der zwischen der Stadt Ellwangen, dem Ostalbkreis sowie dem Land Baden-Württemberg im Januar 2015 geschlossenen Vereinbarung über die Erstaufnahme von Asylbewerbern auf dem Gelände der früheren Kaserne wurde u. a. vereinbart, dass

 

  • in der LEA eine Regelunterbringung von 500 Asylbewerbern und eine Maximalbelegung von 1.000 Personen vorgesehen ist

 

  • für die Dauer des Betriebs der LEA das Polizeirevier Ellwangen bedarfsorientiert verstärkt wird sowie

 

  • ein Sicherheitskonzept für das Gelände der LEA und dessen unmittelbare Umgebung umgesetzt wird.

 

Die LEA in Ellwangen nahm am 01.04.2015 offiziell ihren Betrieb auf. Mitte Juni war bereits die vertraglich festgelegte Maximalbelegung von 1.000 Flüchtlingen überschritten.

 

Nachdem sich die Unterbringungssituation und die direkt mit ihr zusammen hängenden Probleme in der LEA selbst sowie im Stadtgebiet von Ellwangen von Woche zu Woche verschärften, drängten Landrat Klaus Pavel, Oberbürgermeister Karl Hilsenbek und Bürgermeister Volker Grab auf ein Abstimmungsgespräch mit leitenden Mitarbeitern der zuständigen Ministerien in Stuttgart. Dieses Gespräch fand am 07.07.2015 im baden-württembergischen Staatsministerium statt.

 

Von kommunaler Seite wurden insbesondere die gravierende Überbelegung und die mangelhafte Personalausstattung in den verschiedensten Aufgabenbereichen der LEA thematisiert. Die Vertreter des Landes sagten eine Reduzierung der Belegungszahl bis Ende August auf rund 1.000 Personen zu. Zugesagt wurden daneben eine verstärkte Polizeipräsenz, eine Aufstockung des Personals in der Sozial- und Verfahrensberatung (Personalschlüssel 1:100), der Einsatz eines Streetworkers in Ellwangen sowie der Zugang der Flüchtlinge zu kostenlosem WLAN in der LEA.

 

 

 

II. Anfrage der CDU-Kreistagsfraktion

 

Mit Antrag vom 22.06.2015 (siehe Anlage 1), bittet die CDU-Kreistagsfraktion die Landkreisverwaltung unter Hinzuziehung von Vertretern des Landes, der Leitung der LEA und der Polizei zu folgenden Fragestellungen zu berichten:
 

1. Aufnahmekapazität

2. Sicherung des Asylrechts

3. Sicherheitsbedürfnis der einheimischen Bevölkerung

4. Weitere aktuelle Maßnahmen

5. Ehrenamt

 

Mit Blick auf die Zuständigkeiten in den einzelnen Arbeitsbereichen wurden das Regierungspräsidium Stuttgart und das Polizeipräsidium Aalen um Stellungnahmen zu den Fragestellungen gebeten. Diese liegen zwischenzeitlich vor, so dass die Anfrage wie folgt beantwortet werden kann:

 

  1. Aufnahmekapazität

    a) Wie sieht die vertragliche Regelung aus?

    Die Vereinbarungen des Landes mit der Stadt Ellwangen und dem Ostalbkreis sehen vor, dass die LEA Ellwangen für eine Regelunterbringung von 500 und einer maximalen Belegung von 1.000 Flüchtlingen eingerichtet wird.

    b) Wie viel Asylbewerber halten sich aktuell auf?

    Diese Zahl schwankt wegen der ungesteuerten Zugänge und den Verlegungen in die Stadt- und Landkreise täglich. Am 08.07. waren 1.453 Personen untergebracht.

    c) Aus welchen Herkunftsländern stammen die Bewerber?

    Die Flüchtlinge in der LEA Ellwangen kommen aus Albanien, Algerien, Bosnien-Herzegowina, Indien, Iran, Irak, Kosovo, Kroatien, Marokko, Mazedonien, Pakistan, Serbien und Syrien.

    d) Wie hoch ist der Anteil aus sog. sicheren Drittländern?

    Der Begriff „Drittland“ ist mehrdeutig: Ein sicherer „Drittstaat“ ist ein zentraler Begriff des Asylrechts. Nach § 26a AsylVfG fallen darunter grundsätzlich alle Staaten der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz. Wer über sichere Drittstaaten einreist, wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Sofern die Frage auf den sicheren „Herkunftsstaat“ abzielt, sind diese in Anlage II zu § 29a AsylVfG gesetzlich festgelegt. Hierunter zählen neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Mazedonien, Serbien und Senegal. Nach der aktuellen Statistik des Integrationsministeriums vom Juni 2015 lag der Anteil der Flüchtlinge in Baden-Württemberg aus den vorgenannten Herkunftsstaaten bei 15 %.

    e) Verläuft die Verfahrensabwicklung zügig oder gibt es Bearbeitungs-
        rückstände?

    Bei aktuell 400 - 450 Zugängen in der Woche sind die Arbeitskapazitäten bei allen Organisationen ausgereizt. Insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) war von einer deutlich langsameren Belegung ausgegangen; dieses hat bislang ca. 2/3 des für die Regelbelegung vorgesehen Personals eingestellt. Verlegungen in die Stadt- und Landkreise erfolgen deshalb häufig bereits vor Asyl-Antragstellung.
     
  2. Sicherung des Asylrechts

    a) Wie werden die aus sicheren Drittländern stammenden Asylbewerber
        verfahrensrechtlich behandelt?

    Alle Asylbewerber unterliegen demselben Verfahren. Der Aufenthalt in der LEA variiert danach, wann der Termin zur Asylantragstellung beim BAMF von dort terminiert wird und deshalb oft schon vor Antragstellung und Anhörung in die Kreise verlegt werden muss, um eine Überbelegung zu vermeiden.

    b) Erfolgt eine rasche Abschiebung?

    Eine Abschiebung erfolgt zentral vom Regierungspräsidium Karlsruhe und ist grundsätzlich erst nach (rechtskräftigem) Abschluss des Asylverfahrens möglich; zu diesem Zeitpunkt sind Asylbewerber nicht mehr in der LEA.

    c) Falls nicht, beeinträchtigt dies das Asylrecht der anderen?

    Nein.

    d) Trifft es zu, dass Schleuser Antragsteller bis vor die Türe fahren?

    Dies wurde von den Beschäftigten in der LEA bislang noch nicht beobachtet. Die meisten Zugänge erfolgen über die Bahn von den Aufnahmestellen in Bayern.

    e) Werden die Strafverfolgungsbehörden in diesen Fällen eingeschaltet?

    Die in der LEA tätigen Organisationen sind angewiesen, diese Fälle umgehend zur Anzeige zu bringen.
     
  3.               Sicherheitsbedürfnisse der einheimischen Bevölkerung

    a) Trifft es zu, dass Delikte, wie Raub, Ladendiebstahl und andere deut-
        lich zugenommen haben?

    Im Juni 2015 registrierte das Polizeipräsidium Aalen insgesamt 143 Vorkommnisse in Zusammenhang mit der LEA Ellwangen. Darunter waren 89 Straftaten. Diese untergliedern sich wie folgt:

    - 60 einfache Diebstähle, davon 37 Ladendiebstähle
    - 8 besonders schwere Fälle des Diebstahls
    - 5 Körperverletzungsdelikte
    - 2 Bedrohungen
    - 2 Beleidigungen
    - 1 Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte
    - 15 sonstige Straftaten

    Die Vorkommnisse sind nicht ausschließlich auf Ellwangen und umliegende Ortschaften beschränkt. Es wurden unter anderem auch Diebstähle in Aalen und Urbach sowie auf verschiedenen Bahnhofsarealen bzw. in Zügen registriert.

    b)  Werden Persönlichkeitsrechte Dritter durch verbale und auch nonver-
         bale Belästigungen - auch sexueller Art - verletzt?

    In Bürgerversammlungen wird unter anderem auch von verbalen und nonverbalen Belästigungen durch LEA-Bewohner berichtet. Jedoch liegen bislang keine strafrechtlichen Anzeigen gegen LEA-Bewohner bezüglich der Verletzung von Persönlichkeitsrechten Dritter in dieser Form vor.

                                               -----------------

    Derzeit ist noch keine aussagekräftige Bewertung in Bezug auf die Kriminalitätsentwicklung möglich. Es kann jedoch grundsätzlich festgestellt werden, dass seit Inbetriebnahme der LEA Ellwangen die Fallzahlen des Polizeireviers Ellwangen deutlich gestiegen sind und dass die Intensität der zu führenden Einsätze deutlich zugenommen hat.

                                              -------------------

    c) Wie hoch ist die Polizeipräsenz und reicht diese aus?

    Im Zusammenhang mit der Einrichtung der LEA erhielt das Polizeirevier Ellwangen fünf Revierdienstunterstützungskräfte des Polizeipräsidiums Einsatz (Göppingen) zugeteilt. Diese werden zur Unterstützung der Streifentätigkeiten eingesetzt. Außerdem wird ein zusätzlicher Sachbearbeiter für die Ermittlung der Anzeigen in Zusammenhang mit der LEA eingesetzt. Darüber hinaus wurde innerhalb des Polizeireviers Ellwangen umgeschichtet, sodass die Polizeiwache der LEA Ellwangen mit zwei Beamten besetzt ist.

    In Bedarfsfällen wird das Polizeirevier Ellwangen unter anderem von Einsatzkräften der anderen Reviere, insbesondere der Polizeireviere Aalen und Crailsheim, zur Lagebewältigung in der LEA Ellwangen unterstützt. Vom Polizeipräsidium Aalen werden darüber hinaus regelmäßig weitere Einsatzkräfte wie z. B. Polizeireiter und Einsatzbeamte vom Polizeipräsidium Einsatz zur Verstärkung des Polizeireviers Ellwangen eingesetzt.

    d) Nimmt die Inanspruchnahme der Polizei für die Einrichtung soviel Zeit
        in Anspruch, dass das restliche Einzugsgebiet des Reviers darunter lei-
        det?

    Derzeit erfolgt zwischen dem Innenministerium und dem Polizeipräsidium Aalen die Abstimmung bezüglich der Bereitstellung von weiteren Unterstützungskräften für das Polizeirevier Ellwangen. Hierzu erhielt das Polizeipräsidium Aalen bereits positive Signale seitens des Innenministeriums. Nähere Details hierzu werden derzeit noch geklärt.

     
  4. Weitere aktuelle Maßnahmen

    a) Ist WLAN oder Internet-Zugang im Kasernenbereich möglich, um das
        Kommunikationsbedürfnis für Bewerber zu befriedigen?

    Das Regierungspräsidium arbeitet mit Hochdruck an der Installierung von WLAN auf dem ehemaligen Kasernengelände. Hierzu müssen leistungsfähige Datenleitungen verlegt und die entsprechende Technik installiert werden. Der Betreiber wird voraussichtlich derselbe sein wie in der Ellwanger Innenstadt. Das Regierungspräsidium geht von einer schnellen Realisierung in den nächsten Wochen aus.

    b) Ist die unzumutbare und missbräuchliche Inanspruchnahme der Frei-
        willigen Feuerwehr zwischenzeitlich abgestellt?

    Durch Änderungen im Brandschutzkonzept ist es gelungen, Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr Ellwangen auf ein Minimum zu begrenzen. Aufgrund der hohen Sicherheitsstandards gerade bei Anlagen zur Unterbringung einer Vielzahl von Menschen werden sich allerdings Fehlalarmierungen nie ganz ausschließen lassen.

    c) Wird ein privater Sicherheitsdienst eingesetzt?

    Ohne einen privaten Sicherheitsdienst wäre die Anlage nicht zu betreiben. Die Fa. SIBA mit Sitz in Karlsruhe hat in der LEA Ellwangen ca. 45 Personen im Einsatz. Die Tagesschicht ist dabei regelmäßig mit 18 und die Nachtschicht mit 12 Personen besetzt.

    d) Wird dieser auch in der Stadt tätig oder bleiben Geschäftsinhaber mit
        ihren Sorgen allein?

    Die Fa. SIBA ist grundsätzlich nur auf dem Gelände der LEA tätig. Ihre Tätigkeit dient vor allem der Durchsetzung des Hausrechts. Das Regierungspräsidium nimmt die Sorgen der Öffentlichkeit ernst. Das Land wird die Einstellung eines Streetworkers vorantreiben, der sich vor allem um die Flüchtlinge und ihr Verhalten außerhalb der LEA kümmern wird. Darüber hinaus wird gemeinsam, insbesondere mit der Stadt, dem Landkreis, dem Ehrenamt und der Polizei ein Runder Tisch eingerichtet. Es gibt nahezu wöchentlich einen Jour Fixe mit der Polizei und dem Sicherheitsdienst. Geschäftsinhaber werden bei Bedarf von der Polizei beraten.

 

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Die Flüchtlingszugänge nach Baden-Württemberg sind im Juni 2015 auf fast 5.000 Erstantragsteller angestiegen. Im Vergleich zum Vormonat ist das ein Plus von 37 % und im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus von 177 %. Auf Grund dieses starken Anstiegs will die Landesregierung schnellstmöglich weitere Bedarfsorientierte Erstaufnahmeeinrichtungen (BEA´s) einrichten.

Zum Einen ist vorgesehen, die Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen wieder zu aktivieren. Dort waren bereits Mitte Februar bis Ende April 2015 Flüchtlinge untergebracht. Bereits ab August will das Ministerium für Integration in einem Teilbereich der Kaserne Flüchtlinge unterbringen.

Daneben soll auf einem landeseigenen Grundstück in Tübingen neben dem Landratsamt eine BEA errichtet werden. Dort sollen künftig 500 bis 600 Flüchtlinge eine Unterkunft finden. Die Laufzeit soll auf 5 Jahre beschränkt werden.

Angesichts der Unterbringungsnot prüft das Integrationsministerium derzeit weitere BEA-Standorte in verschiedenen Landesteilen, sowohl auf landeseigenen als auch auf (ehemals) militärischen oder privaten Grundstücken.

 


Finanzierung und Folgekosten:

 

Die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Ellwangen wird vom Land Baden-Württemberg betrieben und finanziert.


Anlagen:

 

Antrag der CDU Kreistagsfraktion zur LEA Ellwangen

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereich

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Hiller

 

 

Dezernat

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag der CDU Kreistagsfraktion zur LEA Ellwangen (240 KB)