Bürgerinformationssystem

Vorlage - 099/2015  

 
 
Betreff: Aktueller Bericht zur Flüchtlingssituation im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Integration und Versorgung   
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Kenntnisnahme
30.06.2015 
Sitzung des Sozialausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Nach der letzten Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für das Jahr 2015 von einem bundesweiten Zugang von 400.000 Asylantragstellern und 50.000 Folgeantragstellern auszugehen. Unter Zugrundelegung dieser Prognose ist in Baden-Württemberg für 2015 mit einem Landeszugang von etwa 52.000 Erstantragstellern und ca. 7.000 Folgeantragstellern zu rechnen. Ursächlich für diese hohe Zahl an zu erwartenden Asylsuchenden sind insbesondere folgende Entwicklungen:

 

  • Weitere Zunahme von Konflikten, Kriegen und Bürgerkriegen, Verfolgung und Armut in vielen Ländern
  • Verstärkte Nutzung der Mittelmeerrouten als Fluchtwege durch afrikanische Migranten
  • Unerwarteter zusätzlicher Migrationsdruck aus den Westbalkanstaaten (u. a. Kosovo, Albanien)

 

 

 

Flüchtlingszugänge im Ostalbkreis Januar - Mai 2015

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahr 2015 hat der Ostalbkreis bisher (Stand: Ende Mai):

  • 147 Asylbewerber
  •   52 Folgeantragsteller
  •   10 Spätaussiedler
  •   44 jesidische Flüchtlingsfrauen und Kinder aus dem Irak

 

also insgesamt 253 Flüchtlinge aufgenommen.

 

Mit dem baden-württembergischen Integrationsministerium war Ende letzten Jahres vereinbart worden, dass die Verpflichtung des Ostalbkreis zur Aufnahme von Asylbewerbern bis zur Inbetriebnahme der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Ellwangen reduziert wird. Ab Eröffnung der LEA soll das aufgelaufene Aufnahmesoll sukzessive je nach freien Unterkunftsplätzen in den Gemeinschaftsunterkünften abgebaut werden.

 

Vor diesem Grund wurde dem Ostalbkreis bis April 2015 monatlich ein Drittel der ursprünglichen Aufnahmequote, also ca. durchschnittlich 30 Asylbewerber/Monat, zugewiesen. Zusätzlich nahm der Kreis im gleichen Zeitraum monatlich durchschnittlich 15 Asylfolgeantragsteller und Spätaussiedler auf.

 

Seit Mai 2015 ist der Ostalbkreis von der Verpflichtung, Asylbewerber aufnehmen zu müssen, mittels Verordnung des Integrationsministeriums ausgenommen. Diese Privilegierung gilt landesweit für alle Kreise mit LEA-Standorten.

 

Das seit Ende letzten Jahres bis April 2015 aufgelaufene Aufnahmesoll des Ostalbkreises von 339 Asylbewerbern wird nun schrittweise monatlich je nach zur Verfügung stehenden freien Unterkunftsplätzen abgebaut.

 

Die Verwaltung rechnet im Jahr 2015 mit insgesamt ca. 660 Flüchtlingen (Asylbewerber und Asylfolgeantragstellern), die aufgenommen und untergebracht werden müssen.

 

 

Aktuelle Wohnheimstruktur im Ostalbkreis

 

 

Ende Mai lebten in 40 Gemeinschaftsunterkünften des Ostalbkreises 980 Flüchtlinge. In den Städten und Gemeinden wohnen darüber hinaus weitere rund 1.000 Flüchtlinge.

 

In folgenden Städten und Gemeinden des Ostalbkreises bestehen aktuell vom Landkreis angemietete und betriebene Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Flüchtlingen:

 

 

 

 

 

Kommune

Anzahl

Gemeinschaftsunterkünfte

Gesamtkapazität

Aalen

9

271

Abtsgmünd

1

28

Bopfingen

3

23

Ellwangen

2

70

Essingen

1

7

Gschwend

1

17

Kirchheim

1

30

Mögglingen

1

10

Neresheim

1

17

Oberkochen

4

72

Schechingen

1

5

Schwäbisch Gmünd

13

425

Spraitbach

1

14

Unterschneidheim

1

7

 

40 Gemeinschaftsunterkünfte

996 Plätze

 

Auf der Grundlage des entsprechenden Kreistagsbeschlusses werden auch nftig rund 1.000 Unterbringungsplätze in Gemeinschaftsunterkünften vorgehalten.

 

Wegfallende Plätze (u. a. durch Auslaufen von Mietverträgen) werden durch Neuanmietungen von kleineren und mittelgroßen Objekten zur Flüchtlingsunterbringung kompensiert.

 

 

II. Landeserstaufnahmestelle (LEA) Ellwangen

 

Die LEA in Ellwangen nahm am 01.04.2015 offiziell ihren Betrieb auf. Die ersten Flüchtlinge kamen am 09.04.2015 in Ellwangen an.

 

Um den laufenden Betrieb (Verwaltung, Sozialbetreuung, Verfahrensberatung, Dienstleistungen durch European Homecare, Sicherheitsdienst und Asylantragsbearbeitung durch das BAMF) kümmern sich bei Vollbelegung ca. 150 Beschäftigte.

 

Ende Mai waren dort ca. 900 Flüchtlinge untergebracht. Die wöchentlichen Zugänge schwanken stark und liegen zwischen 50 und 250 Personen. Da ab Juni auch Flüchtlinge aus anderen Bundesländern direkt nach Ellwangen verbracht werden, werden ab diesem Zeitpunkt die Zugangszahlen noch schwerer kalkulierbar sein.

 

Auch die wöchentlichen Abgänge schwanken stark. Ende Mai wurden bspw. innerhalb einer Woche 120 Flüchtlinge auf die Kreise verlegt. Es wird angestrebt, die Zahl der Abgänge auf wöchentlich ca. 200 Personen zu stabilisieren.

 

Aktuell halten sich Flüchtlinge aus Albanien, Algerien, Bosnien-Herzegowina, Indien, Kamerun, Mazedonien, Pakistan, Serbien und Syrien in der LEA Ellwangen auf. In den nächsten Monaten werden nach Ellwangen auch Flüchtlinge aus dem Kosovo, Nigeria, Georgien und Gambia kommen.

 

Ca. 75 Ehrenamtlich unterstützen derzeit mit beispielhaftem Engagement in vielerlei Bereichen die Arbeit des hauptamtlichen LEA-Teams.

 

 

III. Soziale Beratung und Betreuung von Flüchtlingen

 

 

Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz hat der Ostalbkreis eine angemessene soziale Beratung und Betreuung für Flüchtlinge sicherzustellen.

 

Dazu setzt der Landkreis eigene SozialpädagogInnen ein, die die Sozialbetreuung nicht nur in den 40 Unterkünften, sondern auch für die kommunal untergebrachten Flüchtlinge wahrnehmen.

 

Zu den Aufgaben der Sozialbetreuung in den Gemeinschaftsunterkünften zählen u. a.:

 

  • Beratung und Erklärung des Asylverfahrens für Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden

 

  • Einführung in das soziale, kulturelle, rechtliche und gesellschaftliche System der Bundesrepublik

 

  • Enge Zusammenarbeit und gegenseitiger Austausch mit der Verwaltung der Gemeinschaftsunterkunft in Fragen des „Alltagsbetriebs“ in den Gemeinschaftsunterkünften, bei individuellen Problemen der Flüchtlinge und in Konflikt- und Krisensituationen

 

  • Einführung der neu aufgenommenen Flüchtlinge in die organisatorischen Abläufe und Beschäftigungsmöglichkeiten in den Gemeinschaftsunterkünften

 

  • Individuelle Beratung der Flüchtlinge, gegebenenfalls Weitervermittlung an Fachdienste wie z. B. Konfliktberatung, Suchtberatung, Jugendhilfe, sozialpsychiatrischer Dienst

 

  • Konfliktlösungen bei Problemen der Flüchtlinge im gegenseitigen Umgang

 

  • Durchführung von Maßnahmen und Projekten in den Gemeinschaftsunterkünften, die eine sinnvolle Tagesstruktur der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften ermöglichen

 

  • Arbeitsmarktintegration und Bildungsberatung

 

  • Betreuung und Begleitung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit

 

  • Organisation und Begleitung von Sprachfördermaßnahmen

 

  • Mitarbeit in diversen Arbeitskreisen und Runden Tischen

 

  • Informationsveranstaltungen und Betreuung von Praktikanten

 

Nach ihrer Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden des Ostalbkreises unterstützt der Sozialdienst des Geschäftsbereichs Integration und Versorgung die Flüchtlinge weiterhin bei der Bewältigung spezieller Problemlagen.

 

Für die in der Raumschaft Schwäbisch Gmünd befindlichen Gemeinschaftsunterkünfte sowie die in diesem Bereich wohnhaften kommunalen Flüchtlinge sind aktuell fünf Sozialpädagoginnen zuständig.

 

461 der nahezu zu 100 % mit Flüchtlingen belegten Wohnheimplätze werden durch diese fünf Mitarbeiterinnen ebenso betreut wie ca. 400 Personen, die in dieser Raumschaft in den Städten und Gemeinden untergebracht sind.

 

Zusätzlich dazu führt eine dieser Sozialpädagoginnen mit einem Arbeitszeitanteil von 30 % ein Flüchtlingsrückkehrprojekt in Kooperation mit der Stadt Schwäbisch Gmünd durch.

 

Ein besonderer Schwerpunkt der Schwäbisch Gmünder Mitarbeiterinnen ist aktuell die Betreuung des seit Ende Mai vom Landkreis aufgenommenen Sonderkontingents von 44 jesidischen Frauen und Kindern. Diese sind zum Teil durch schreckliche Erlebnisse traumatisiert und brauchen eine besonders intensive Betreuung, die weit über das Übliche hinausgeht. Die Unterbringung der jesidischen Flüchtlingsfamilien erfordert daneben einen besonders geschützten Rahmen. Weitere spezielle Herausforderungen sind die Sprachbarrieren und die besonderen kulturellen und religiösen Gegebenheiten. Die Vermittlung von Behandlungsangeboten, die Begleitung der Familien „rund um die Uhr“, sowie der Aufbau geregelter Tagesstrukturen für die Erwachsenen und auch für die Kinder und Jugendlichen sind aktuell von den Mitarbeiterinnen des Geschäftsbereiches Integration und Versorgung sicher zu stellen.

 

Für die in der Raumschaft Aalen bestehenden Gemeinschaftsunterkünfte sowie die im Rahmen der Anschlussunterbringung untergebrachten Flüchtlinge sind aktuell sieben Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen (6,5 Stellen) eingesetzt. Diese betreuen insgesamt 535 Wohnheimplätze und ca. 600 kommunal wohnhaften Flüchtlinge. Fünf der sieben SozialpädagogInnen nehmen zudem Aufgaben der Wohnheimleitung war und betreuen mehrere kleine und mittelgroße Gemeinschaftsunterkünfte im Altkreis Aalen.

 

Neben der permanenten Auslastung aller derzeit vorhandenen 1.010 Wohnheimplätze und der Betreuung der dort wohnhaften Asylbewerber ist in den kommenden Jahren insbesondere mit einem Anstieg der zu betreuenden kommunalen Flüchtlingen zu rechnen. Allein im Jahr 2015 ist beabsichtigt, ca. 200 Flüchtlinge den Städten und Gemeinden zur Anschlussunterbringung zuzuweisen.

 

Die Vermittlung von Sprachkenntnissen sowie darauf aufbauend schulische und berufliche Qualifikationen werden in den nächsten Jahren die zentralen Herausforderungen der Flüchtlingsbetreuung sein. Die Verwaltung erhofft sich dabei klare und verlässliche Rahmenbedingungen durch die Bundes- und Landespolitik.

 

 

 

 

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Zur Deckung aller Ausgaben für die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung (Lebensunterhalt, Sozialbetreuung, liegenschaftsbezogene Aufwendungen und Verwaltungskosten) erhält der Ostalbkreis eine einmalige, bislang nicht kostendeckende Pauschale pro zugewiesenem Asylbewerber in Höhe von derzeit 13.260 vom Land Baden-Württemberg.

 

Nach intensiven Verhandlungen und Kostenerhebungen hat das Land zugesagt, die liegenschaftsbezogenen Kosten rückwirkend für das Jahr 2014 zu erstatten. Zu den anderen Kostenblöcken werden weitere Verhandlungen mit dem Land folgen.

 


Anlagen

 

---

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

__________________________________________

 

Betz

 

 

Dezernat

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel