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Vorlage - 097/2015  

 
 
Betreff: Angemessene Unterkunftskosten im Rahmen
der Sozialgesetzbücher II und XII
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Kenntnisnahme
30.06.2015 
Sitzung des Sozialausschusses ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

Die Verwaltung wird beauftragt ein „Schlüssiges Konzept“ zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten gemäß § 22 SGB II und § 35 SGB XII zu erstellen. Die Erstellung erfolgt über externe Auftragsvergabe. Unter Berücksichtigung der Vergabevorschriften im SGB II erfolgt eine öffentliche Ausschreibung.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Im Rahmen der Sozialhilfe (SGB XII) und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wurde vom Gesetzgeber geregelt, dass die angemessenen Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten als Bedarf anzuerkennen sind.

 

Die Sozialleistungsträger haben regelmäßig Obergrenzen definiert. Die bei der Einführung des SGB II und SGB XII maßgebliche Obergrenze wurde ab 2005 aus den bis dahin für das frühere Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geltenden Regelungen übernommen. Der Sozialausschuss des Ostalbkreises hatte 1997 beschlossen, dass die Angemessenheit der Unterkunftskosten entsprechend der Haushaltsgröße nach den Höchstbeträgen des damals geltenden § 8 Wohngeldgesetz für Neubauten ermittelt wird.

 

Zum 01.01.2009 wurde das Wohngeldgesetz novelliert. Dabei fiel die Unterscheidung nach Baujahren weg und die Städte und Gemeinden des Ostalbkreises wurden in andere, teilweise höhere Wohngeldstufen eingeteilt. Eine Anpassung der seit 1997 angewendeten Obergrenzen ist zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.

 

Die Sozialleistungsträger sind im Rahmen der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II und SGB XII verpflichtet, angemessene Kosten für die Unterkunft anhand eines „Schlüssigen Konzepts“ zu ermitteln. Dieses Erfordernis ist Ausfluss aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu § 22 Abs. 1 SGB II. Mit einem „Schlüssigen Konzept“ soll der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Unterkunftskosten gesetzeskonform und gerichtsfest konkretisiert werden.

 

Der Ostalbkreis hat bislang kein „Schlüssiges Konzept“ erarbeitet.

 

Fehlt es an nachvollziehbaren Daten für die Ermittlung der Mietobergrenzen in den jeweiligen Wohnortgemeinden, so dass ein „Schlüssiges Konzept“ auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht ermittelt werden kann, ist auf die Werte der Wohngeldtabelle nach § 12 Wohngeldgesetz zurückzugreifen.

 

Dieser Rechtsprechung folgend werden nach dem Beschluss des Sozialausschusses vom 14.10.2013 seit dem 01.11.2013 zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft die Werte des Tabellenwohngeldes zuzüglich 10 % angesetzt.

 

Die Bundesregierung hat am 18.03.2015 einen Gesetzesentwurf zur Wohngeldreform beschlossen. Neben weiteren Änderungen sollen die sogenannten Tabellenwerte um bundesweit durchschnittlich bis zu 39 Prozent (für den Ostalbkreis bis zu 18 Prozent) angepasst werden. Aufgrund der Finanzierung durch Bund und Länder bedarf das Gesetz noch der Zustimmung des Bundesrats. Die Reform soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten.

 

In der folgenden Grafik sind die sich daraus ergebenden voraussichtlichen Entwicklungen für den Ostalbkreis dargestellt:

 

 

Die Auswirkung der Anpassung der bisherigen Tabellenwohngeldsätze auf die Kosten im SGB II und SGB XII zum 01.01.2016 ist finanziell schwer kalkulierbar. Die Tabellenwohngeldwerte sind stark pauschaliert. Die Kostensteigerungen von bis zu 18 % spiegeln nach Erfahrung der Verwaltung nicht die Wohnungsmarktsituation im Ostalbkreis und die allgemeine Preisentwicklungen der vergangen zwei Jahre wider.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, den Mietwohnungsmarkt im Ostalbkreis differenziert bzw. individuell zu beurteilen und ein „Schlüssiges Konzept“ zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten für den Ostalbkreis zu erstellen.

 

II. Verfahren

 

Bei einem „Schlüssigen Konzept“ handelt es sich um die systematische Ermittlung und Bewertung des lokalen Mietwohnungsmarktes. Dabei werden die ermittelten Daten unter Berücksichtigung der aktuellen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt und den verschiedenen Wohnungsgrößen im Erhebungszeitraum zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft ausgewertet.

 

Zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten nach dem SGB II und SGB XII ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in drei Schritten vorzugehen, die wie folgt definiert sind:

 

  • Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards
  • Bestimmung des konkreten räumlichen Vergleichsmaßstabs für die weiteren Prüfschritte
  • Ermittlung der notwendigen Aufwendungen für eine nach Größe und Standard angemessene Wohnung auf dem für den Hilfeempfänger maßgeblichen Wohnungsmarkt.

 

Unter Berücksichtigung verschiedener Entscheidungen des Bundessozialgerichtes haben sich folgenden Mindestanforderungen an ein „Schlüssiges Konzept“ manifestiert:

 

  • Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Gebiet und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen.
  • Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen.
  • Es muss eine Differenzierung nach Standard der Wohnungen, der Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit) und eine Differenzierung nach Wohnungsgröße erfolgen.
  • Es muss Angaben über den Beobachtungszeitraum enthalten.
  • Die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen) muss festgelegt und enthalten sein.
  • Der Umfang der einbezogenen Daten muss repräsentativ sein (Angebots- und Bestandsdaten).
  • Die Datenerhebung muss valide sein.
  • Die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung muss gegeben sein und
  • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder

Kappungsgrenze) müssen enthalten sein.

 

Für den Ostalbkreis soll daher zum Zwecke der Festlegung angemessener Kosten der Unterkunft im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II bzw. § 35 Abs. 2 SGB XII ein den sozialgerichtlich dargestellten Mindestanforderungen entsprechendes „Schlüssiges Konzept“ erstellt werden.

 

Das geforderte Fachwissen sowie die vorhandenen personellen Ressourcen des Ostalbkreises reichen nicht aus, selbst ein sozialgerichtlich belastbares „Schlüssiges Konzept“ zu erstellen. Daher ist die Beauftragung eines externen Beratungsbüros zur Erstellung eines „Schlüssigen Konzepts“ vorgesehen.

 

Für eine externe Beauftragung kommen bundesweit verschiedene Unternehmen in Frage. Sozialgerichtliche Erfahrungen zu den erstellten „Schlüssigen Konzepten“ liegen noch nicht bei allen Unternehmen vor. Das liegt daran, dass einige Konzepte erst seit kurzer Zeit in Kraft sind und noch keine individuellen Klageverfahren anhängig sind. Soweit sozialgerichtliche Erfahrungen vorliegen, bleiben diese bundesweit uneinheitlich. Zum Teil hielten „Schlüssige Konzepte“ einer sozialgerichtlichen Prüfung stand, zum Teil wurden auch Nachbesserungen angemahnt (meist in der ersten Klageinstanz).

 

Unter Berücksichtigung der Vergabevorschriften ist eine öffentliche Ausschreibung für die externe Auftragsvergabe vorgesehen. Die Geschäftsbereiche Soziales und Jobcenter werden hierfür eine Leistungsbeschreibung entwickeln und mit dem Geschäftsbereich Rechnungsprüfung abstimmen.

 

Neben den grundsätzlichen Rahmenbedingungen und den zu erfüllenden beschriebenen Mindestanforderungen an das „Schlüssige Konzept“ sind in der Leistungsbeschreibung folgende Komponenten ergänzend vorgesehen:

 

  • Umsetzungsberatung
  • Präsentation vor Gremien
  • Mitarbeiterinformation und -schulungen
  • Gutachterliche Stellungnahmen bzw. Heranziehung als Beigeladene in sozialgerichtlichen Verfahren
  • Ermittlung der abstrakten kalten Betriebs- und Heizkosten
  • Regelmäßige Fortschreibung des „Schlüssigen Konzepts“.

 

Die öffentliche Ausschreibung zur Angebotsabgabe kann nach der Beschlussfassung des Sozialausschusses am 30.06.2015 erfolgen. Die Angebotsabgabe erfolgt bis voraussichtlich Ende August 2015.

 

Im Sozialausschuss am 13.10.2015 wird ein Zwischenbericht über die Angebotsvergabe vorgelegt. Der Beschluss über die Anwendung des erstellten „Schlüssigen Konzepts“ kann voraussichtlich frühestens im Sozialausschuss am 03.12.2015 erfolgen.


Finanzierung und Folgekosten

 

Die möglichen Kosten der Anbieter variieren. Abhängig vom eigenen Datenermittlungsaufwand werden für den Ostalbkreis Kosten zwischen 30.000 und 45.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer prognostiziert.

Mittel für den externen Einkauf der Leistung Erstellung eines schlüssigen Konzepteskönnen über den Verwaltungshaushalt des Jobcenters bereitgestellt werden.

 

Der Bund erstattet an den Kosten für Unterkunft im SGB II derzeit 34,1 Prozent über die Bundesbeteiligung nach § 46 SGB II. Die Ausgaben im 4. Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) sind voll über den Bund erstattungsfähig.

 

Die konkreten finanziellen Auswirkungen eines Schlüssigen Konzeptsauf die Kosten der Unterkunft in beiden Rechtskreisen sind derzeit nicht kalkulierbar.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

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Koch                                         Traub

 

 

Dezernat

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel