Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung
Kenntnisnahme Sachverhalt/Begründung
I. Ausgangssituation und Allgemeines
Kreisrat Elmar Hägele, Bündnis 90/Die Grünen, hatte in der Kreistagssitzung am 25.11.2014 beantragt, in einer der nächsten Sitzungen des Kreissozialausschusses über die Aufwendungen des Ostalbkreises für die Unterbringung, Betreuung und Versorgung von Flüchtlingen und die Kostenerstattung in diesem Aufgabenfeld durch das Land Baden-Württemberg zu informieren.
Die Flüchtlingsaufnahme ist in Baden-Württemberg nach den Vorschriften des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) in einem 3-stufigen System geregelt.
Nach Aufnahme der Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (u. a. Karlsruhe, Meßstetten und in Kürze Ellwangen) werden diese von dort nach erfolgter Asylantragstellung auf die Stadt- und Landkreise verteilt.
Die Stadt- und Landkreise versorgen die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge in Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung, sog. Gemeinschaftsunterkünften. Die Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften ist begrenzt auf die Dauer des Asylverfahrens oder max. 2 Jahre.
Anschließend werden die Flüchtlinge im Rahmen der Anschlussunterbringung quotengerecht auf alle Städte und Gemeinden der Kreise verteilt. Ab diesem Zeitpunkt obliegt den Städten und kreisangehörigen Gemeinden die endgültige Unterbringung.
In den Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung werden Asylbewerber, Kontingentflüchtlinge, Asylfolgeantragsteller und unerlaubt eingereiste Ausländer untergebracht.
- Asylbewerber sind Personen, die in Deutschland um Asyl nachsuchen und deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
- Asylfolgeantragsteller sind Flüchtlinge, die bereits ein Asylverfahren durchlaufen haben und deren Asylbegehren abgelehnt wurde. Sollten neue Gründe die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens rechtfertigen, kann ein weiterer Asylantrag gestellt werden.
- Kontingentflüchtlinge sind Flüchtlinge, die in festgelegten Anzahlen (Kontingente) gleichmäßig auf die einzelnen Länder verteilt werden, z. B. im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion (Syrien).
Das Land Baden-Württemberg erstattet den Landkreisen für die aufgenommenen und in Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Asylbewerber, Kontingentflüchtlinge und unerlaubt eingereiste Ausländer (sonstige Personen) einmalig eine Pauschale.
Mit den Pauschalen sollen die notwendigen Ausgaben für den personellen und sächlichen Verwaltungsaufwand, für Flüchtlingssozialarbeit, für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), für liegenschaftsbezogene Ausgaben sowie für Aufwendungen der Gemeinden im Rahmen der Anschlussunterbringung erstattet werden.
Die Pauschalen werden für jede aufgenommene Person nur einmal gewährt. Für Asylbewerber sollen sie die Aufwendungen der Kreise für 18 Monate (durchschnittliche Dauer der Asylverfahren) und für Kontingentflüchtlinge und sonstige Ausländer für sechs Monate (Ende der Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen) decken.
Für Folgeantragsteller erhält der Landkreis nur dann eine einmalige Pauschale, wenn die Personen vor dem 31.03.2004 ausgereist und nach dem 01.01.2014 wieder eingereist sind und vorläufig untergebracht werden.
II. Höhe und Bestandteile der Kostenerstattungspauschale des FlüAG
Zum 1. April 2004 vollzog der Landesgesetzgeber eine endgültige Abkehr von der Kostenerstattung im Wege der Spitzabrechnung. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden insbesondere die Aufwendungen der Kreise für Krankenhilfe zu 100% erstattet.
An Stelle der Spitzabrechnung trat die o. a. einmalige Gesamtpauschale.
Für die vom Landkreis in der vorläufigen Unterbringung nach den Voraussetzungen des FlüAG untergebrachten Personenkreise stellt sich die Kostenerstattungspauschale des Landes wie folgt dar:
Die Gesamtpauschale soll die entstehenden Ausgaben der Kreise ausschließlich im Rahmen der vorläufigen Unterbringung (Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften) decken und setzt sich aus folgenden einzelnen Pauschalenbestandteilen zusammen:
Mit den einzelnen Pauschalenbestandteilen sollen insbesondere nachfolgende Aufwendungen gedeckt werden:
III. Pauschalenrevision und weiteres Verfahren
Durch die Verstärkung des Zustroms von Flüchtlingen sowie die Anhebung der AsylbLG-Leistungen auf Hartz IV-Niveau wurde die von kommunaler Seite stets kritisierte Nichtauskömmlichkeit der Pauschalen offensichtlich.
Insbesondere im Bereich der Unterbringungskosten berücksichtigt die Höhe der Pauschale nicht den tatsächlichen Aufwand der kommunalen Träger, die aufgrund der starken Flüchtlingszugänge eine Vielzahl neuer Unterkünfte erschließen müssen. Die hohe Zahl der von den Kreisen untergebrachten Flüchtlinge ließ zudem die sozialhilferechtlichen Leistungsaufwendungen und die Krankenhilfe-Ausgaben massiv ansteigen.
Die den Kreisen entstehenden hohen finanziellen Aufwendungen für eine angemessene soziale Beratung und Betreuung werden ebenfalls durch die Gesamtpauschale nicht in dem Maße abgebildet, wie sie tatsächlich gegeben sind.
Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu dem zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen neuen Flüchtlingsrecht konnten sich die Stadt- und Landkreise mit ihrer Forderung für eine Erstattung der tatsächlichen Ist-Kosten jedoch nicht durchsetzen.
Vor diesem Hintergrund war es den Kommunalen Landesverbänden wichtig, zumindest möglichst schnell eine Revision der Pauschalen zu erreichen. Die ursprünglich im neuen FlüAG vorgesehene Revision ab 2016 kommt nach Auffassung aller Stadt- und Landkreise zu spät.
Das Land war nach Verhandlungen bereit, nach Inkrafttreten des neuen FlüAG im Januar 2014 eine Überprüfung der liegenschaftsbezogenen Anteile der Pauschale vorzunehmen. Es wurden dann auch andere Pauschalen-Anteile in diese Revision einbezogen, u. a. die Verwaltungsaufwendungen, die Leistungsausgaben, die Krankenhilfeausgaben und die Betreuungsaufwendungen.
Bis Ende September 2014 wurden alle geleisteten Ausgaben in 43 Stadt- und Landkreisen erhoben, die im Vorjahr, also 2013 entstanden sind. Die Stadt Karlsruhe nahm an dieser Erhebung nicht teil, da sie als Standort einer Landeserstaufnahmestelle von der vorläufigen Unterbringung von Asylbewerbern ausgenommen ist.
Bei Gegenüberstellung der Aufwendungen aller 43 Stadt- und Landkreise haben nur 3 Kreise auskömmliche Kostenpauschalen erhalten. Alle anderen - darunter auch der Ostalbkreis - mussten im Jahr 2013 zum Teil erhebliche kommunale Mittel einbringen.
Der Ostalbkreis hatte im Jahr 2013 Aufwendungen pro untergebrachtem Flüchtling in Höhe von 9.542,00 € und erhielt dafür eine Pauschalerstattung vom Land von 6.707,10 €. Für jeden in einer Gemeinschaftsunterkunft des Ostalbkreises untergebrachten Flüchtling waren somit Aufwendungen im Umfang von 2.834,90 € von der Kostenpauschale des Landes nicht gedeckt und mussten aus Kreismitteln aufgebracht werden.
Bei durchschnittlich 486 Personen, die 2013 in der vorläufigen Unterbringung des Ostalbkreises untergebracht waren, ergibt dies einen Zuschussbedarf aus Landkreismitteln in Höhe von 1.377.761 €.
Die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge ist im vergangenen Jahr nochmals sprunghaft angestiegen, was sich deutlich in allen Kostenbereichen wieder spiegelt. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass sich der Zuschussbedarf im Jahr 2014 nochmals deutlich erhöht hat.
Um diese Gesichtspunkte bei den Verhandlungen mit dem Land einbringen zu können, hat der Landkreistag Baden-Württemberg eine Darstellung der Kostensituation im Jahr 2014 bei den Kreisen veranlasst. In einem ersten Schritt wurden hierzu bereits die liegenschaftsbezogenen Ausgaben ermittelt. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird kurzfristig mit dem Land über eine Neubemessung der Kostenpauschalen verhandelt.
Finanzierung und Folgekosten:
siehe Ziff. III Anlagen
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Sichtvermerke
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