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Vorlage - 209/2014  

 
 
Betreff: Informationen zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz des Landes Baden-Württemberg
Status:öffentlich  
Federführend:Sozialdezernat - Beratung, Planung, Prävention   
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Kenntnisnahme
04.12.2014 
Sitzung des Sozialausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung:

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung:

 

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Bislang existieren in Baden-Württemberg keine gesetzlichen Regelungen über Hilfen für psychisch Kranke. Einzig die Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Unterbringungs- sowie des Maßregelvollzugsrechts sind im Unterbringungsgesetz festgelegt.

 

Nach über 2 Jahren Vorarbeit soll zum 1. Januar 2015 das erste Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz in Kraft treten. Damit wird es erstmals in Baden-Württemberg verbindliche Vorgaben für die wohnortnahe und bedarfsorientierte Versorgung von psychisch kranken oder behinderten Menschen geben. Dieses Gesetz sieht vor, die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte psychiatrische Versorgung verbindlich sicher zu stellen und die Rechtsstellung psychisch kranker Personen zu stärken. Freiheitsentziehende Maßnahmen bei der Durchführung der Unterbringung von psychisch Kranken und sucht- oder drogenkranken Straftäterinnen und -tätern sollen eine umfassende gesetzliche Grundlage erhalten.

 

 

II. Wesentliche Ziele und Inhalte des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes

 

Psychisch Kranke oder auf Grund einer solchen Erkrankung behinderte Personen sind in besonderer Weise auf Hilfestellungen angewiesen. Um eine chancengleiche Gesundheitssicherung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu erlangen und gleichzeitig deren gesellschaftliche Teilhabe zu fördern, ist es dem Gesetzgeber ein wichtiges sozialpolitisches Anliegen, die hierfür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen verbindlich festzulegen.

 

Die wesentlichen Inhalte des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes sind:

 

  1. Verpflichtender Ausbau bestehender Strukturen



Die Landeszuschüsse zur Förderung der Sozialpsychiatrischen Dienste werden gesetzlich verbindlich sichergestellt. Die Sozialpsychiatrischen Dienste haben sich hierbei in Gemeindepsychiatrische Verbünde auf Ebene der Stadt- und Landkreise einzufügen.


Im Ostalbkreis wurde bereits am 01.07.2006 durch eine Kooperations- vereinbarung aller Träger, die im Bereich Psychiatrie tätig sind, ein Gemeindepsychiatrischer Verbund (GPV) gegründet.


Eine weitere Zielsetzung des neuen Gesetzes besteht in der besseren Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten.


Auch bei der Bewältigung dieser Herausforderung steht der Ostalbkreis nicht am Anfang. Seit Jahren finden im Rahmen des regelmäßig tagenden Psychiatriearbeitskreises unter der Leitung des Sozialdezernenten enge Abstimmungen über die Weiterentwicklung der Angebotsstrukturen und deren Vernetzung statt.

 

  1. Neue Anlaufstellen zum Schutz der Patienten- und Angehörigenrechte

    Durch die Einrichtung von sogenannten Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen (IBB-Stellen) auf Kreisebene soll die seit 1994 bereits erprobte Institution der Patientenfürsprecherin und des -fürsprechers gestärkt und ausgebaut werden; sie wird in die Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen integriert. Anfragen und Beschwerden können somit innerhalb eines Gremiums, dem neben einem Vertreter mit professionellem Hintergrund im psychiatrischen Versorgungssystem auch Vertreter der Angehörigen und Psychiatrie-Erfahrene angehören, in einen Austausch überführt und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erfahrungshorizonte einer Problemlösung zugeführt werden.


Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen sollen die betroffenen Menschen sowohl im ambulanten, als auch teilstationären und stationären Bereich unterstützen. Ihre vermittelnde Tätigkeit zwischen Einrichtungen und Betroffenen soll zur Qualitätskontrolle und -entwicklung beitragen. Darüber hinaus erteilen diese Stellen allgemeine Informationen über die für die möglichst wohnortnahe Versorgung in Betracht kommenden Hilfs- und Unterstützungsangebote. Hierdurch wird ein Beitrag geleistet, die Zugangsschwelle bzw. etwaige Zugangshemmnisse von Menschen mit einer psychischen Erkrankung bei der Wahrnehmung psychiatrischer Hilfestellungen zu verringern.


Am 01.01.2002 wurde Frau Irmela Seraphim zur Patientenfürsprecherin im Ostalbkreis bestellt. Sie hat am 14.05.2014 ihre Tätigkeit aus Altersgründen aufgegeben. Eine Nachfolge wurde bislang aufgrund der anstehenden gesetzlichen Neuerungen nicht eingesetzt.


Eine weitere Neuerung ist die Ombudsstelle auf Landesebene. Diese trägt zum Einen zur Qualitätssicherung bei, in dem sie Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen bei komplexeren Sachverhalten berät. Zum Anderen wird durch das im Verantwortungsbereich der Ombudsstelle angesiedelte landesweite zentrale Melderegister, in dem Unterbringungsmaßnahmen und freiheitsentziehende Zwangsmaßnahmen innerhalb anerkannter Unterbringungseinrichtungen zu erfassen sind, ein hohes Transparenzniveau geschaffen. Über ihre Tätigkeit berichtet die Ombudssstelle einmal in der Legislaturperiode dem Landtag.


In den besonders grundrechtssensiblen Bereichen der öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Unterbringung in einer stationären Einrichtung wird mit den Besuchskommissionen ein weiteres Kontrollgremium eingerichtet. Es besteht aus professionellen Mitgliedern, Vertretern der Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen, den Angehörigen sowie Psychiatrie- erfahrenen und hat die Aufgabe, die allgemeinen Verhältnisse und die Qualität in den Einrichtungen zu überprüfen und den Patienten die Möglichkeit zu geben, ihre individuellen Anliegen vorzutragen.

 

  1. Unterbringung psychisch Kranker


Der Maßregelvollzug bei aufgrund von strafgerichtlichen Entscheidungen untergebrachten Straftätern wird erstmalig durch spezialgesetzliche Vorschriften geregelt. Inhalt und Umfang der Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte der untergebrachten Person sind speziell auf die durch strafgerichtliche Entscheidungen angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt abgestimmt. Das Gesetz wendet sich bewusst ab vom reinen Verwahrvollzug der untergebrachten Patienten. Die über die Sicherung der Allgemeinheit hinausgehende Aufgabe des Maßregelvollzugs, den Patienten zu behandeln, zu rehabilitieren und zu resozialisieren, wird durch Inhalt und Aufbau der einzelnen Bestimmungen zu unterstreichen und herauszustellen versucht.
 

III. Regelungsfolgenabschätzung

 

Im Wege der erstmaligen gesetzlichen Festlegung von Hilfen und deren finanzielle Umsetzung unter anderem durch die verbindliche Sicherstellung der Förderung der sozialpsychiatrischen Dienste rechnet der Gesetzgeber mit einer Verbesserung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sowie der Wiedereingliederung in die Gesellschaft des betroffenen Personenkreises.


Durch die im Gesetz verankerte zwingende Einfügung der sozialpsychiatrischen Dienste in einen gemeindepsychiatrischen Verbund auf der Ebene der Stadt- und Landkreise als zusätzliche Fördervoraussetzung wird ein Impuls für die weitere Vernetzung der Leistungssysteme und deren regionalen Ausbau gesetzt. Es wird erwartet, dass durch den Ausbau und die gesetzliche Sicherstellung von Hilfen psychische Erkrankungen in einem noch früheren Stadium erkannt und professionell behandelt werden können. Die Niederschwelligkeit und Gemeindenähe der Hilfeangebote spielen hierbei eine wichtige Rolle.

 

Durch die neu zu etablierenden Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen wird die seit 1994 bereits erprobte Institution der Patientenfürsprecherin und des

-fürsprechers gestärkt und ausgebaut.

 

Durch die Einführung verschiedener Instrumente zur Kontrolle und Qualitätssicherung (Ombudsstelle auf Landesebene, Besuchskommissionen) sollen die Rechte psychisch kranker Menschen gestärkt werden. Den Besonderheiten im Bereich des Maßregelvollzugs wurde in einem eigenen Gesetzesteil Rechnung getragen, wobei hier eindeutig der Resozialisierungs- und Therapiegedanke im Vordergrund steht.

 

 

 


Finanzierung und Folgekosten:

 

Die Etablierung von Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen ist mit Kosten für die Stadt- und Landkreise verbunden. Die Ausgangslagen in den Kreisen sind sehr unterschiedlich. Eine Konkretisierung der Kosten ist von der praktischen Ausgestaltung abhängig. Die Kommunalen Landesverbände werden gemeinsam mit den Verbänden der Liga der Freien Wohlfahrtspflege am 29.01.2015 bei einer Fachtagung in Stuttgart beraten, welche Umsetzungsoptionen in Frage kommen, auch unter Berücksichtigung der finanziellen Folgewirkungen.

 

 


Anlagen:

 

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Sichtvermerke:

 

Geschäftsbereich

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Weiß                                             Pachner

 

 

Dezernent/in

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel