Bürgerinformationssystem

Vorlage - 207/2014  

 
 
Betreff: Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in der Ellwanger Reinhardt-Kaserne
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Integration und Versorgung   
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
25.11.2014 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   
Anlagen:
S42BW-414111108410
Anlage 2 - Reinhardt Kaserne Ellwangen

Antrag der Verwaltung:

 

  1. Der Kreistag stimmt der Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle (LEA) in der Ellwanger Reinhardt-Kaserne nach den unter Ziffer II./2. dieser Vorlage beschriebenen Rahmenbedingungen zu.
     
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, diese Eckpunkter die künftige Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen mit dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Ellwangen in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zu regeln.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung:

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

1. Flüchtlingsströme

 

Der Zustrom von Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland ist seit 2 Jahren von einem permanenten Anstieg geprägt. Hatte Baden-Württemberg im gesamten Jahr 2011 noch knapp 5.000 Asylerstantragsteller aufzunehmen, ist nach jüngsten Prognosen für das laufende Jahr mit insgesamt 26.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern zu rechnen. Im gesamten Bundesgebiet geht man im Jahr 2014 von einer Aufnahme von rund 175.000 Personen aus.

 

Die bisher landesweit einzige Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Karlsruhe sowie deren beiden Außenstellen in Karlsruhe und Mannheim sind mittlerweile regelmäßig überfüllt, wie auch die vom Land angemieteten Notunterkünfte in Bruchsal und Heidelberg. Zeitweilig müssen Flüchtlinge sogar in Zelten untergebracht werden.

 

Auch bei einer Reihe von Stadt- und Landkreisen ist die Unterbringungssituation prekär. Einzelne Kreise sind aktuell dabei, Sporthallen und auch Zelte für die Unterbringung von Flüchtlingen herzurichten.

 

Durch den steilen Anstieg der Zugangszahlen und die begrenzten Kapazitäten in Karlsruhe, besteht für das Land dringender Handlungsbedarf weitere Landeserstaufnahmestellen zu erschließen. Die Herausforderungen vor denen das Land, aber auch die Kommunen stehen, wird um so deutlicher, wenn die Erwartung zutreffen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland im kommenden Jahr mit bis zu 300.000 Flüchtlingsneuzugängen rechnen muss. Allein Baden-Württemberg müsste dann ca. 45.000 Flüchtlinge und Asylbewerber aufnehmen.

 

Vor diesem Hintergrund hat das Land vor kurzem eine zusätzliche Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten (Zollernalbkreis) eröffnet. Weitere sind geplant, unter anderem in Freiburg, Tübingen, Mannheim und aktuell auch Ellwangen.

 

 

2. System der Flüchtlingsunterbringung in Baden-Württemberg

 

Die Flüchtlingsunterbringung ist in Baden-Württemberg im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) geregelt und in ein dreistufiges System gegliedert:

 

-         Das Land Baden-Württemberg übernimmt vom Bund im Rahmen der Erstaufnahme Flüchtlinge und versorgt diese in einer Landeserstaufnahmestelle (LEA). Alle aufgenommenen Personen werden dort registriert, medizinisch untersucht und stellen ihren Asylantrag. Nach ca. 4 bis 6 Wochen (derzeitiger Stand) werden die Flüchtlinge den Stadt- und Landkreisen zugeteilt. Diese sind dann für die vorläufige Unterbringung zuständig. Die Flüchtlinge werden in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften für die Dauer des Asylverfahrens bzw. für maximal 2 Jahre untergebracht.


Nach dem Ende der vorläufigen Unterbringung erfolgt die Anschlussunterbringung. Die Landkreise teilen dazu die einzubeziehenden Personen den Städten und Gemeinden zu.

 

 

 

 

II. Neue Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Ellwangen

 

 

1. Hintergründe und bisheriges Verfahren

 

Eine Entspannung bei der Zugangssituation von Flüchtlingen ist angesichts der Vielzahl von Kriegen und Krisenherden nicht zu erwarten. Alle Bundesländer, die Stadt- und Landkreise und auch die Städte und Gemeinden, müssen deshalb Vorkehrungen treffen, in großem Umfang weitere Unterbringungskapazitäten zu erschließen.

 

Anfang September diesen Jahres fand u. a. mit Vertretern des baden-württembergischen Integrationsministeriums, der Stadt Ellwangen und des Landratsamtes eine Besichtigung der früheren Kompaniegebäude im Bereich Hungerberg der Reinhardt Kaserne statt. Dabei wurden die Liegenschaften für die Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle als zweckmäßig und geeignet bewertet.

 

Eine erste Information der kommunalen Gremien erfolgte in einer gemeinsamen - nicht öffentlichen Sitzung - des Gemeinderates der Stadt Ellwangen sowie des Ausschusses für  Bildung und Finanzen und des Sozialausschusses des Kreistags am 23.09.2014 im Aalener Landratsamt.

 

Am Tag darauf wurden die Medien in einem Pressegespräch im Ellwanger Rathaus informiert.

 

Im Rahmen einer Informationsveranstaltung in der Ellwanger Stadthalle wurde das geplante Vorhaben von der baden-württembergischen Ministerin für Integration Bilkay Öney, Landrat Klaus Pavel und Oberbürgermeister Karl Hilsenbek umfassend vorgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger hatten dabei Gelegenheit, ihre Anliegen zu verdeutlichen. Es wurde auf Fragestellungen, u. a. zur Sicherheit, zur medizinischen Versorgung und zu internen Betriebsabläufen der LEA eingegangen. Die große Mehrheit der anwesenden Bürgerinnen und Bürger signalisierte Zustimmung zur Einrichtung einer LEA in Ellwangen angesichts der großen humanitären Herausforderung.

 

Am 06.11.2014 befasste sich der Gemeinderat der Stadt Ellwangen im Rahmen einer öffentlichen Sitzung in der Stadthalle in Ellwangen mit der geplanten Landeserstaufnahmestelle in der Reinhardt-Kaserne. Bei drei Enthaltungen fand das Vorhaben eine breite Unterstützung. Der Gemeinderat formulierte in seinem Beschluss Vorgaben und Rahmenbedingungen für den Betrieb der LEA. Daneben wurden Erwartungen gegenüber dem Land Baden-Württemberg geäußert, die unter anderem die Einrichtung von Hochschulplätzen in Ellwangen, die vorrangige Berücksichtigung von Ellwangen bei der Ansiedlung neuer Einrichtungen und bei der Verkehrsinfrastruktur, sowie die Übertragung von Flächen nach Aufgabe der LEA an die Stadt Ellwangen betreffen (siehe Anlage 1 - Gemeinderatsbeschluss vom 06.11.2014).

 

Die Verwaltung geht davon aus, dass das Land bei infrastrukturellen Weichenstellungen und Entscheidungen die Belange und Erwartungen der Stadt Ellwangen und des Ostalbkreises berücksichtigten wird. Dies gilt auch für die Einrichtung von Hochschulplätzen und den Aufbau einer Europäischen Ausbildungs- und Transferakademie.

 

2. Rahmenbedingungen der künftigen Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Ellwangen

 

Das Land Baden-Württemberg erarbeitet derzeit unter Beteiligung von Mitarbeitern der Stadt Ellwangen und des Landratsamtes Ostalbkreis die Betriebskonzeption für die künftige LEA in der Reinhardt-Kaserne in Ellwangen. Eine Lenkungsgruppe unter der Leitung von Herrn Regierungsvizepräsident Dr. Christian Schneider koordiniert und steuert alle wesentlichen Entscheidungsprozesse. In den 6 Arbeitsgruppen

 

Sicherheit/                            Bau/Liegenschaften/                            Gesundheit/                           

Soziales/Ehrenamt/               Personal/                                          Haushalt/Finanzen

 

werden die einzelnen Herausforderungen und Aufgabenstellungen bearbeitet.

 

Die LEA Ellwangen soll im Februar/März 2015 ihren Betrieb aufnehmen und in der Regelbelegung 500 Flüchtlingen, in Notsituationen maximal 1.000 Flüchtlingen Unterkunft bieten.

 

Die Nutzungsdauer beträgt ab Inbetriebnahme 5 Jahre und wird bei einer Verlängerung mit der Stadt Ellwangen und dem Ostalbkreis neu verhandelt.

 

Die Sporthalle und die Sportplätze im Bereich Hungerberg der Reinhardt-Kaserne sollen von Flüchtlingen und den Ellwanger Vereinen gemeinsam genutzt werden können. Um dies zu ermöglichen, will das Land die Sporthalle Hungerberg und die Rasensportplätze ertüchtigen. Einer der Rasensportplätze soll vom Land in einen Kunstrasenplatz umgewandelt werden.

 

Wichtige Grundlage des Betriebs der LEA ist ein internes und externes Sicherheitskonzept. Dazu gehört auch eine entsprechende Personalaufstockung beim Polizeirevier Ellwangen.

 

Die amtsärztlichen Untersuchungen der Flüchtlinge und auch deren hausärztliche Versorgung  finden innerhalb der LEA statt.

 

Der Betrieb der LEA in Ellwangen ist grundsätzlich eine Landesaufgabe. Alle wesentlichen Verfahrensschritte im Zuge der Erstaufnahme, wie die Registrierung, die Antragsstellungen sowie die medizinischen Untersuchungen werden vor Ort zu gewährleistet. Der materielle Lebensunterhalt der Flüchtlinge wird durch Sachleistungen in Form von Verpflegung, Bekleidung usw. sichergestellt. Darüber hinaus erhalten die Flüchtlinge einen Taschengeldbetrag.

 

Zur Aufgabenerfüllung wird das Land eigenes Personal einsetzen, daneben aber auch externe Dienstleistungen einkaufen. Die nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz vorgeschriebene verfahrensunabhängige Sozialberatung soll durch externe Träger erfolgen. Dieses Angebot soll durch Ehrenamtliche ergänzt werden. Aus vielen Erfahrungswerten heraus ist bekannt, dass das Engagement von Ehrenamtlichen überaus wichtig und wertvoll ist.

 

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge plant mit ca. 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ellwangen präsent zu sein, um die Asylanträge zeitnah und kompetent bearbeiten zu können.

 

 

III. Auswirkungen der LEA auf den Ostalbkreis

 

Für die Dauer des Betriebs der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen muss der Ostalbkreis keine neuen Asylbewerber im Rahmen der vorläufigen Unterbringung aufnehmen. Er bekommt aber weiterhin Asylfolgeantragsteller, Kontingentflüchtlinge, Spätaussiedler und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zugewiesen.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist es erforderlich, eine Konzeption zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Ostalbkreis auf den Weg zu bringen, die über einen 5-jährigen Zeithorizont hinaus reicht. Nach derzeitiger Einschätzung werden die Flüchtlingszugänge vorerst nicht spürbar abnehmen. Vorschnelle und kurzfristig angelegte Weichenstellungen müssen vermieden werden.

 

Insoweit wird auf den gesonderten Tagesordnungspunkt „Konzeption zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Ostalbkreis“ verwiesen.

 

 


Finanzierung und Folgekosten:

 

Der Betrieb der LEA in Ellwangen ist grundsätzlich eine Aufgabe des Landes Baden-Württemberg. Insoweit ist das Land auch zur Kostentragung verpflichtet.

 

Teile der medizinischen Aufgaben werden vom Gesundheitsdezernat des Ostalbkreises wahrgenommen. In den anstehenden Verhandlungen und Gesprächen mit dem Land wird ein vollständiger Kostenersatz angestrebt.

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1 - Beschluss des Gemeinderates Ellwangen vom 06.11.2014 zur Einrichtung
                     einer Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in der Reinhardt Kaserne.

 

Anlage 2 - Luftbild der Reinhardt Kaserne Ellwangen (geplantes LEA-Areal ist blau

                hinterlegt)

 

 

 

Sichtvermerke:

 

Geschäftsbereichsleiter

__________________________________________

 

Betz

 

 

Dezernent/in

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 S42BW-414111108410 (533 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 2 - Reinhardt Kaserne Ellwangen (798 KB)